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Klassifikation nach ICD 10B01 Varizellen Windpocken B01 0 Varizellen Meningitis G02 0 B01 1 Varizellen Enzephalitis G05 1 B01 2 Varizellen Pneumonie J17 1 B01 8 Varizellen mit sonstigen KomplikationenB01 9 Varizellen ohne KomplikationenICD 10 online WHO Version 2019 Die Windpocken oder Varizellen veraltet auch Varicellen sind eine durch Tropfcheninfektion ubertragbare Infektionskrankheit die durch das Varizella Zoster Virus ausgelost wird Andere Bezeichnungen fur Windpocken sind Wasserpocken Spitzblattern Spitze Blattern Wilde Blattern vor allem in Osterreich Feuchtblattern Schafplattern bzw Schafblattern Der Name Windpocken beruht auf der Ubertragung dieser Krankheit durch den Wind die Viren werden auch uber einige Meter in der Luft ubertragen 1 Die Windpocken sind zu unterscheiden von den Pocken Variola einer gefahrlichen Infektionskrankheit die von Viren der Gattung Orthopoxvirus verursacht wird Die Windpocken betreffen uberwiegend Kinder im Vorschulalter und fuhren bei der Mehrzahl der Infizierten anschliessend zu einer lebenslangen Immunitat weshalb man sie auch zu den Kinderkrankheiten zahlt Symptome sind im Wesentlichen Fieber und ein charakteristischer juckender Hautausschlag mit wasserklaren Blaschen Es konnen Komplikationen in Form von Kleinhirn oder Hirnentzundungen einer Lungenentzundung oder bakteriellen Superinfektionen der Haut auftreten Da es sich um eine Virusinfektion handelt ist die Behandlung in der Regel symptomatisch In besonderen Fallen beispielsweise bei immunsupprimierten Patienten kann ein Virostatikum eingesetzt werden Nachdem die Krankheitszeichen abgeklungen sind verbleiben Varizella Viren in den Spinal oder Hirnnervenganglien und konnen von hier aus in Form einer Gurtelrose Herpes Zoster wieder reaktiviert werden Zur Prophylaxe gibt es eine Impfung die seit Juli 2004 in Deutschland allgemein empfohlen ist 2 Seit August 2006 ist auch ein Mehrfachimpfstoff gegen Masern Mumps Roteln und Windpocken verfugbar 3 Auch eine Postexpositionsprophylaxe mit Passiv Impfung oder mit Virostatika ist moglich Windpocken sind in Deutschland meldepflichtig Inhaltsverzeichnis 1 Haufigkeit 2 Erreger 3 Ubertragung 4 Krankheitsentstehung 5 Klinische Erscheinungen 5 1 Windpocken bei Kindern 5 2 Windpocken bei Erwachsenen 5 3 Komplikationen 5 4 Windpocken in der Schwangerschaft 5 4 1 Windpocken bei der Schwangeren 5 4 2 Fetales Varizellen Syndrom 5 4 3 Konnatale Varizellen 5 5 Gurtelrose als Zweiterkrankung 6 Therapie 7 Vorbeugung 7 1 Expositionsprophylaxe 7 2 Postexpositionsprophylaxe 7 3 Impfung 7 3 1 Impfstoff 7 3 2 Indikationen zur Impfung 7 3 3 Gegenanzeigen zur Impfung 8 Geschichte 9 Meldepflicht und gesetzliche Verbote 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseHaufigkeitVor der allgemein empfohlenen Impfung waren Windpocken mit deutschlandweit 750 000 Fallen jahrlich und Haufigkeitsgipfel im Kindesalter die haufigste impfpraventable Erkrankung Mehr als 90 aller Jugendlichen waren bis zum 14 Lebensjahr infiziert Ein Herpes Zoster trat gewohnlich jenseits des 40 Lebensjahres auf Bei Kindern war Herpes Zoster wesentlich seltener von 1000 Kindern erkrankte durchschnittlich lediglich eines nach 5 2 5 Jahren an Herpes Zoster 4 Eine Krankheitshaufung besteht im Winter und Fruhjahr In Folge der COVID 19 Pandemie in Deutschland und der damit einhergehenden Hygienemassnahmen lag die Zahl der in den Kalenderwochen 10 bis 32 registrierten Falle im Jahr 2020 im Mittel rund 51 Prozent unter den Werten der Vorjahre 5 Erreger nbsp Varizella Zoster Virus TEM Aufnahme Der Erreger der Windpocken ist das Varizella Zoster Virus VZV das gemass der Virus Taxonomie auch als Humanes Herpesvirus 3 HHV 3 bezeichnet wird Einziges bekanntes Reservoir ist der Mensch 6 Dieses Virus ist ein behulltes doppelstrangiges DNA Virus dsDNA und gehort zur Familie der Herpesviridae zur Unterfamilie Alphaherpesvirinae und zur Gattung Varicellovirus Alle Viren dieser Familie umschliessen ihre DNA mit einem ikosaedrischen Kapsid einer aus Dreiecksflachen bestehenden Proteinhulle Das Varizella Zoster Virus ist weltweit verbreitet und wird bereits in der Kindheit ubertragen Exemplarisch stieg bei Kindern in Schweden zwischen 9 und 12 Jahren in den letzten 30 Jahren die Pravalenz von Antikorpern gegen VZV von etwa 50 Ende der 1960er Jahre bis auf 98 1997 7 was der zunehmend verbreiteten Impfung zugeschrieben wird Bei der erwachsenen Bevolkerung in Mitteleuropa sind bei etwa 93 bis 96 Antikorper nachweisbar 8 Die vom Erreger verursachte Windpocken Erkrankung als Erstinfektion des VZV nimmt nur sehr selten einen todlichen Verlauf dies kann gelegentlich ohne Vorerkrankung bei Patienten mit intaktem Immunsystem vorkommen haufiger jedoch bei Immundefizienten und Schwangeren 9 Dies zeigt auch dass das VZV sehr stark an den Menschen als seinen einzigen Wirt angepasst ist und es daher als wirtsspezifisch und teiladaptiert eingestuft werden kann Es verbleibt nach einer Infektion stets lebenslang als DNA Ring im Nukleoplasma der Nervenzellen der Spinal oder Hirnnervenganglien UbertragungDie hoch ansteckenden Viren werden teils uber direkten Kontakt mit den Varizellen oder Zosterblaschen ubertragen Die Tropfcheninfektion also direktes Einatmen von Ausatmungstropfchen Exspirationstropfchen infizierter Personen ist ein bis zwei Tage vor Ausbruch des Exanthems moglich Es ist moglich dass das Varizella Zoster Virus mit der Luft ubertragen wird Wind pocken Da die Erreger an der Luft einige Meter weit fliegen und uberlebensfahig sind ist eine Ansteckung uber die Luft auch bei nicht direktem Kontakt moglich Eine Ubertragung durch herumliegende Kleidung oder Spielzeug ist in der Regel nicht zu befurchten Eine Exposition ist sicher immer dann anzunehmen wenn bei immunkompetenten Personen der Kontakt langer als eine Stunde gedauert hat bei abwehrgeschwachten Personen ist von einer Mindestzeit von zehn Minuten auszugehen 4 Nach einer Virusexposition infizieren sich uber 90 von 100 empfanglichen zuvor seronegativen Personen mit diesem Virus und erkranken auch anschliessend die Windpocken treten bei ihnen sichtbar auf 6 Windpocken sind bereits zwei Tage vor Auftreten des Hautausschlags ansteckend und bleiben dies funf bis zehn Tage nach Bildung der ersten Blaschen bzw bis das letzte Blaschen verkrustet ist Die Meinung dass die Ansteckungsfahigkeit bis zum Abfallen der letzten Kruste vorhanden sei gilt als uberholt In dieser Zeit sollte die erkrankte Person nicht in Kontakt mit anderen kommen vor allem nicht mit Risikopersonen wie Immuninkompetenten Cortisonbehandlung AIDS Krebskranke Neurodermitiskranke altere Menschen oder auch Frauen die sich in der 8 bis 21 Schwangerschaftswoche befinden da bei den letztgenannten eine Gefahrdung des ungeborenen Kindes und auch der Mutter gegeben ist Eine Windpockenerkrankung der Mutter zwischen sieben Tagen vor und drei Tagen nach der Entbindung kann fur sie todlich verlaufen Siehe auch Windpocken in der Schwangerschaft Ein Nestschutz bei Neugeborenen und Sauglingen immuner Mutter durch ubertragene IgG Antikorper besteht sicher drei Monate danach nimmt die Empfanglichkeit bei den Kindern zu ab dem sechsten Lebensmonat besteht kein Nestschutz mehr ab dem neunten Monat kann eine Impfung durchgefuhrt werden 10 KrankheitsentstehungFruhere pathogenetische Konzepte mussten sich aufgrund der strengen Wirtsspezifitat von VZV auf klinische Beobachtungen und Untersuchungen des Mausepockenvirus als Tiermodell stutzen Es wurde angenommen nach Eindringen uber die Schleimhaut der oberen Luftwege erfolge zunachst eine erste Virusreplikation im lymphatischen Gewebe des Rachenraumes mit einer anschliessenden monozytaren Viramie Erst nach einer zweiten Replikationsphase in den retikuloendothelialen Organen Leber Milz gelangten die Erreger mit einer sekundaren Viramie in die Haut Die Infektion der sensiblen Nervenzellen in deren Ganglien die Viren anschliessend lebenslang uberdauern erfolge entweder von den Hautlasionen aus oder auch uber den Blutweg Durch dieses Konzept war die lange Inkubationszeit gut erklart Mittlerweile gibt es Untersuchungen an Mausen mit schwerem Immundefekt denen menschliche T Zellen Haut und Nervengewebe transplantiert wurden Die Ergebnisse legen nahe dass die Viren direkt nach der ersten Replikation in regionalen Lymphknoten des Rachens T Zell gebunden uber die Blutbahn in die Haut gelangen Die lange Zeit zwischen Infektion und Ausbruch des Hautausschlags wird damit erklart dass VZV zunachst bisher unbekannte angeborene sehr wirksame Abwehrmechanismen uberwinden mussen Dazu gehort eine direkt in den Zellen der Oberhaut verankerte a Interferon Produktion 11 Klinische ErscheinungenWindpocken bei Kindern nbsp Kleinkind mit Windpocken nbsp Blaschen nbsp Typisches Verteilungsmuster des Hautausschlags bei Windpocken im Vergleich zu den echten Pocken Bei den Windpocken ist der Hautausschlag mehr stammbetont Nach einer Inkubationszeit von 10 bis 21 meist 14 bis 17 Tagen kann es zum Auftreten von leichtem und kurzanhaltendem Fieber sowie Kopf und Gliederschmerzen kommen Tags darauf bilden sich im Bereich des Rumpfes und Gesichtes typischerweise aber auch des behaarten Kopfes erst spater an den Gliedmassen bis zu linsengrosse manchmal juckende rote Flecken aus denen spater Knotchen entstehen in deren Zentrum sich innerhalb von Stunden bis maximal Tagen reiskorngrosse Blaschen bilden Diese sind haufig gedellt Seltener konnen auch die Schleimhaute im Bereich des Mundes hier vor allem am Gaumen als gelblich belegte Erosionen sichtbar der Nase der Augen sowie die Haut der Genitalien und des Afters betroffen sein Die Blaschen platzen schliesslich und es bildet sich eine hellbraune Kruste Da die Lasionen nicht gleichzeitig entstehen findet sich zu einem gegebenen Zeitpunkt eine vielgestaltige Auspragung der Hauterscheinungen so dass oft von einem Bild ahnlich einem Sternenhimmel gesprochen wird das eine Blickdiagnose ermoglicht Der Krankheitsverlauf ist meist gutartig und dauert in der Regel drei bis funf Tage an 6 Die Krusten fallen ohne Narbenbildung ab sofern das Kind nicht kratzt und die Hautlasionen auf die Oberhaut begrenzt bleiben Gewohnlich kann der Mensch Windpocken nur einmal im Leben bekommen er ist also nachdem er die Krankheit einmal durchgemacht hat immun Es gibt jedoch Ausnahmen namlich dann wenn das erste Auftreten der Windpocken sehr leicht und sehr fruh in der Kindheit stattfand und sich somit nicht genugend Antikorper bilden konnten Windpocken bei Erwachsenen nbsp Mann mit WindpockenErstinfektion mit dem Varizella Zoster Virus im Erwachsenenalter Varicellae adultorum die Windpocken der Erwachsenen sind aufgrund der hohen Durchseuchung eher selten und nehmen meist einen schwereren Krankheitsverlauf als bei Kindern Es sind Komplikationen mit Meningoenzephalitis Lungen Pneumonie und Leberentzundung Hepatitis moglich So zeigen sich bei Erwachsenen meist deutlich mehr Effloreszenzen Der gesamte Rumpf der behaarte Kopf das Gesicht Beine Arme und die Genitalien konnen befallen sein Rund eine Woche lang treten immer wieder neue Pocken auf bei manchen Erwachsenen bis zu vier Wochen Sie erscheinen zuerst als rote Punkte die sich dann mit Flussigkeit fullen dann eitern und entweder direkt verkrusten oder zuvor aufplatzen Das Fieber kann auf uber 40 Grad ansteigen und tritt meist schon vor den ersten roten Punkten gemeinsam mit allgemeinem Krankheitsgefuhl auf Bei Erwachsenen muss besonders auf Komplikationen geachtet werden da hier Gehirnhautentzundung Meningitis Lungenentzundung oder Magen Darm Komplikationen auftreten konnen Zur Abklarung einer Hirnhautentzundung sollte uberpruft werden ob das Kinn schmerzfrei auf die Brust gesenkt werden kann Prufung auf Meningismus Treten Atembeschwerden oder Auswurf aus der Lunge auf muss sofort eine Rontgenaufnahme des Brustkorbes zum Ausschluss einer Lungenentzundung gemacht werden Starke Bauchschmerzen und ein geblahter Bauch weisen auf Komplikationen im Magen Darm Trakt hin Um eine Immunisierung im Kindesalter zu erreichen werden u a in den USA und dem Vereinigten Konigreich von Impfgegnern so genannte pox parties Pocken Partys abgehalten um bei Kindern gezielt Infektionen mit Windpocken herbeizufuhren siehe auch Masernparty Komplikationen Bei ca 5 7 der Windpockenerkrankungen ergeben sich mehr oder minder schwere Komplikationen 2 Aufgrund der bestehenden Impfprogramme ist die Hospitalisierungsrate dagegen mittlerweile niedrig nur 2 5 bis 7 von 100 000 Einwohnern mussen in Deutschland jahrlich wegen Varizellen in ein Krankenhaus aufgenommen werden 2 Die haufigsten Komplikationen sind bakterielle Superinfektionen meist durch Staphylokokken wie eine Lungenentzundung bei Erwachsenen 0 2 bis 0 3 eine kleinhirnbedingte Koordinationsstorung Ataxie oder eine bakterielle korperweite Infektion Sepsis ausgehend von der Haut bei Kindern 2 3 10 000 Weitere schwere Komplikationen sind das Reye Syndrom eine Enzephalitis oder Meningitis also eine Entzundung des Gehirns oder der Hirnhaute sowie eine Leberentzundung Hepatitis oder Gelenksbeschwerden Eine weitere seltene Windpocken bedingte Komplikation betrifft die Veranderung von Blutgefassen Angiopathie welche zu Schlaganfallen fuhren konnen 12 In einer Schweizer Untersuchung wurde eine Sterblichkeit von 1 auf 100 000 Erkrankungsfalle bei nicht geimpften Personen gefunden 13 Windpocken in der Schwangerschaft Da nur etwa 3 4 aller Frauen im gebarfahigen Alter keine Antikorper gegen Varizella Zoster Virus aufweisen und somit empfanglich fur die Erkrankung sind treten Windpocken in der Schwangerschaft mit etwa 1 7 Fallen je 10 000 Schwangerschaften insgesamt selten auf 14 Aufgrund der moglichen schwerwiegenden Folgen sowohl fur die Schwangere als auch das ungeborene Kind verdienen sie eine besondere Betrachtung Dagegen stellt eine Gurtelrose wahrend der Schwangerschaft kein erhohtes Risiko fur Mutter oder Kind dar da einerseits keine Streuung der Viren uber das Blut erfolgt und die Mutter andererseits Antikorper gegen die Erreger produziert die auf das Ungeborene ubertragen werden und es vor einer Infektion schutzen 15 Windpocken bei der Schwangeren Eine erfolgreiche Schwangerschaft erfordert Veranderungen des Abwehrsystems damit es den genetisch von der Mutter verschiedenen Fetus toleriert Obwohl nur wenig uber diese Anpassungsvorgange des Immunsystems bekannt ist gilt es als anerkannte Tatsache dass wahrend einer Schwangerschaft sowohl eine erhohte Infektanfalligkeit besteht als auch erschwerte Verlaufe von Infektionskrankheiten beobachtet werden Windpockenerkrankungen fuhren bei Schwangeren etwa zehnmal haufiger zu einer Lungenentzundung als Komplikation als bei Nichtschwangeren Gleichzeitig steigt die Sterblichkeit an einer solchen Varizellen Pneumonie auf das etwa Dreifache von etwa 11 auf 35 16 Fetales Varizellen Syndrom Eine Ubertragung der Windpockenerreger von der erkrankten Mutter auf das Kind kann uber den Mutterkuchen diaplazentar wahrend der gesamten Schwangerschaft erfolgen Die Art der Schadigung hangt dabei vom Zeitpunkt ab und reicht von der symptomlosen Infektion bis zur Fehlgeburt Da nur in etwa einem Viertel der Windpockenerkrankungen in einer Schwangerschaft mit einer Ubertragung gerechnet werden muss und von diesen wiederum nur ein Bruchteil von einem fetalen Varizellen Syndrom betroffen sind wird eine Embryo oder Fetopathie lediglich mit einer Haufigkeit von etwa 1 2 aller Windpockenerkrankungen in der Schwangerschaft gefunden 14 Eine Ubersichtsarbeit listet insgesamt 112 Falle seit der Erstbeschreibung 1947 auf Als haufigstes Symptom werden Hautdefekte die sich einem sogenannten Dermatom zuordnen lassen in etwa drei Vierteln der Falle gefolgt von Schadigungen des Nervensystems Gewebsschwund von Gehirn oder Ruckenmark Lahmungen Krampfanfalle und andere in knapp zwei Dritteln der betroffenen Kinder beobachtet Etwa jeweils jedes zweite Neugeborene weist daruber hinaus Augenerkrankungen oder Fehlbildungen des Skelettsystems auf Schadigungen innerer Organe oder der Muskulatur kommen vergleichsweise seltener vor 25 30 der Kinder versterben 14 Fast 80 aller fetalen Varizellen Syndrome traten nach mutterlicher Erkrankung zwischen der neunten und zwanzigsten Schwangerschaftswoche auf wobei schon ab der 5 und bis zur 24 Schwangerschaftswoche ein grundsatzliches Risiko fur diese Komplikation besteht Konnatale Varizellen Vom fetalen Varizellen Syndrom abzugrenzen ist eine Windpocken Erkrankung des Neugeborenen die kurz vor der Entbindung noch im Mutterleib uber den Mutterkuchen ubertragen wurde und nach der Geburt bis zum zwolften Lebenstag zur Erkrankung fuhrt Gefahrdet sind Kinder deren Mutter funf Tage vor bis zwei Tage nach Entbindung erkennbar an Windpocken erkranken 6 Ausserhalb dieses Zeitraums hat die Mutter schon so viele schutzende Antikorper produziert und dem Neugeborenen mitgegeben dass dieses nicht so schwerwiegend erkrankt Entsprechend dem riskanten Zeitraum der mutterlichen Infektion haben besonders diejenigen Neugeborenen ein hohes Risiko fur einen schwerwiegenden Verlauf ihrer Windpocken Erkrankung bei denen der Ausschlag zwischen dem sechsten und elften Lebenstag auftritt In dieser Gruppe betragt die Sterblichkeit ohne antivirale Therapie fast ein Viertel 15 Gurtelrose als Zweiterkrankung nbsp Gurtelrose Herpes zoster Etwa 20 der Menschen die eine Infektion mit Windpockenviren durchgemacht haben erkranken in ihrem weiteren Leben mindestens einmal an einer Gurtelrose Herpes Zoster 17 Die Ursache bilden nach der Erkrankung im Korper verbliebene Varicella Zoster Viren die entlang sensibler Nervenfasern in die Spinalganglien wandern und dort latent verbleiben Bei einem geschwachten Immunsystem auch bedingt durch Stress konnen nun diese Viren reaktiviert werden und eine Gurtelrose im Verbreitungsgebiet der betroffenen Nerven verursachen Patienten mit Gurtelrose konnen Windpocken auf Ungeschutzte ubertragen TherapieDie Behandlung der Windpocken beschrankt sich meist auf symptomatische Massnahmen Dazu gehort die Linderung eines bestehenden Juckreizes indem kuhle und feuchte Kompressen aufgelegt oder adstringierende Emulsionen aufgetragen werden Die Fingernagel des Kindes konnen geschnitten werden um die Gefahr der Entwicklung einer bakteriellen Superinfektion zu minimieren Ein bestehendes Fieber darf mit Paracetamol oder Ibuprofen behandelt werden Acetylsalicylsaure ist wegen der moglichen Auslosung eines Reye Syndroms bei Kindern kontraindiziert Aciclovir oder Vidarabin konnen als virushemmende ursachliche Therapie die Symptome bei Kindern die alter als zwei Jahre sind minimieren helfen sofern sie innerhalb 24 Stunden eingenommen werden Bei einer bestehenden Immunschwache ist eines dieser Medikamente immer angezeigt In Studien konnte eine gegenuber Aciclovir 100 fach erhohte Wirksamkeit des Wirkstoffs Brivudin nachgewiesen werden das daher in kleineren Dosen und nur einmal taglich gegeben werden kann VorbeugungExpositionsprophylaxe In der hauslichen Umgebung sind keine besonderen Massnahmen fur Patienten und Kontaktpersonen notig Lediglich Risikopersonen sollen den Kontakt zu Erkrankten meiden Im Krankenhaus ist hingegen eine strenge Isolierung von Patienten mit Windpocken einzuhalten 6 Ausserdem durfen an Varizellen Erkrankte keine Tatigkeiten in Gemeinschaftseinrichtungen ausfuhren 34 1 Infektionsschutzgesetz bei denen sie in Kontakt mit den betreuten Personen kommen Postexpositionsprophylaxe Nach einer Ansteckung mit Windpocken kann eine vorbeugende Behandlung Postexpositionsprophylaxe mit einem Antikorper Praparat das einen besonders hohen Anteil an spezifischen Antikorpern gegen Varizella Zoster Virus enthalt sogenanntes Varizellen Zoster Immunglobulin den Ausbruch der Erkrankung verhindern wenn es innerhalb der ersten 96 Stunden verabreicht wird Dies wird fur Schwangere ohne Impfung und ohne Windpocken in der Vorgeschichte abwehrgeschwachte Patienten mit fehlender oder unbekannter Varizellenimmunitat und Neugeborene deren Mutter funf Tage vor bis zwei Tage nach Entbindung an Windpocken erkranken empfohlen 6 Impfung Eine Impfung ist verfugbar und gehort seit Juli 2004 zu den von der STIKO Standige Impfkommission empfohlenen Impfungen 2 Impfstoff Hauptartikel Varicellaimpfstoff Der Impfstoff besteht aus abgeschwachten Varizella Zoster Viren die sich im Geimpften vermehren Die Impfung kann ab einem Alter von neun bzw zwolf Monaten je nach Impfstoffhersteller gegeben werden Kinder vor dem 13 Geburtstag erhalten eine Injektion Bei Kindern ab dem 13 Geburtstag Erwachsenen und Sauglingen die eine erste Impfung vor Vollendung des zwolften Lebensmonats erhalten haben ist eine zweite Injektion im Mindestabstand von sechs Wochen notwendig Bei normaler Immunkompetenz wird ca drei bis funf Wochen nach der letzten Injektion eine Immunitat erworben Eine zweifache Impfung erhoht den Impfschutz von 72 auf uber 90 Seit August 2006 ist ein Vierfachimpfstoff gegen Masern Mumps Roteln und Varizellen MMRV in Deutschland zugelassen und allgemein verfugbar Das Praparat ist fur Kinder zwischen 9 Monaten und 12 Jahren zugelassen und muss zweimal geimpft werden 3 Die STIKO am RKI empfiehlt seit September 2011 bei der ersten Impfung gegen Varizellen nicht den Vierfachimpfstoff zu verwenden sondern die Impfung gegen Windpocken getrennt von jener gegen Masern Mumps Roteln MMR vorzunehmen weil sich in Vergleichsstudien herausgestellt hat dass bei der ersten Impfung mit MMRV Kombinationsimpfstoff 5 12 Tage nach der Impfung vermehrt Fieber auftrat im Vergleich zu der gleichzeitigen Impfung von MMR und Windpocken Impfstoff an zwei verschiedenen Impforten Die zweite Impfung gegen MMRV kann dagegen mit einem Kombinationsimpfstoff erfolgen hier ergaben sich keine Unterschiede bei der Fieberentwicklung 18 Indikationen zur Impfung Die Impfung ist in Deutschland fur Kinder im Alter von 11 bis 14 Monaten oder fruhestens vier Wochen nach MMR Impfung empfohlen Personen die noch keine Windpocken durchgemacht haben sollen im Alter zwischen 9 und 17 Jahren geimpft werden Fur empfangliche Personen besteht daruber hinaus eine Impfempfehlung fur Frauen mit Kinderwunsch Patienten mit schwerer Neurodermitis Patienten mit Leukamie Patienten vor geplanter die Funktion des Immunsystems unterdruckender immunsuppressiver Therapie oder Organtransplantation Personen mit Kontakt zu den oben genannten Patienten Medizinisches Personal besonders in der Kinderheilkunde Onkologie Frauenheilkunde Geburtshilfe und Intensivmedizin und Neuangestellte in Gemeinschaftseinrichtungen fur das Vorschulalter In Osterreich wird eine Varizellen Impfung seit 2005 fur alle ungeimpften 9 bis 17 Jahrigen ohne Windpocken Erkrankung in der Vorgeschichte angeraten 19 In der Schweiz ist die Varizella Zoster Impfung fur alle 11 bis 15 Jahrigen ohne Windpocken Anamnese empfohlen Eine Nachimpfung wird fur alle jungen Erwachsenen unter 40 Jahren insbesondere bei Frauen mit Kinderwunsch empfohlen wenn diese noch keine Windpocken durchgemacht haben 13 Gegenanzeigen zur Impfung Wer an einer akuten behandlungsbedurftigen Krankheit mit Fieber uber 38 5 C leidet sollte nicht geimpft werden Im Allgemeinen werden auch Personen mit geschwachtem Immunsystem nicht gegen Windpocken geimpft allerdings sind Ausnahmen unter Umstanden moglich und notwendig Wahrend einer Schwangerschaft wird in der Regel keine Impfung vorgenommen da das Impfvirus auf das Kind im Mutterleib ubertragen werden konnte Aus dem gleichen Grund ist fur die Dauer von mindestens drei Monaten nach der Impfung eine Schwangerschaft zu vermeiden Sollte jedoch zufallig eine Schwangere geimpft worden sein zum Beispiel weil die Schwangerschaft noch nicht festgestellt wurde besteht kein Anlass zu einem Schwangerschaftsabbruch weil in solchen Fallen bislang keine Schaden des ungeborenen Kindes nachgewiesen worden sind GeschichteLange Zeit wurden die Windpocken als eine Sonderform der Pocken angesehen Erstmals im 16 Jahrhundert wurden sie von verschiedenen Autoren unter dem Begriff Cristalli oder Verole volante fliegende Blattern vgl franzosisch petite verole volante von diesen abgegrenzt Der Ausdruck Windpocken wird unter anderem Daniel Sennert 1632 zugesprochen Erst der englische Arzt William Heberden grenzte die Windpocken englisch chickenpox wieder klar von den Pocken ab obwohl dies ein Streitpunkt unter Gelehrten bis ins 19 Jahrhundert hinein blieb Von der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts an stellten Eduard Heinrich Henoch und Antoine Marfan die Gefahren der Erkrankung genauer dar Der Hamburger Hautarzt Paul Gerson Unna beschrieb die feingeweblichen histologischen Veranderungen der pockenartigen Elemente 1894 exakt In der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts wurde allmahlich der Zusammenhang zwischen den Windpocken und der Gurtelrose erkannt und schliesslich 1925 am Menschenexperiment nachgewiesen Von 1952 an wurde Serum von Rekonvaleszenten zur Behandlung schwerer Verlaufe eingesetzt noch bevor sich 1956 die Erkenntnis durchsetzte dass insbesondere abwehrgeschwachte Menschen durch die Erkrankung gefahrdet sind 1947 gelang der elektronenmikroskopische Nachweis des verursachenden Virus 20 21 Meldepflicht und gesetzliche VerboteIn Deutschland sind Windpocken fruher Varizellen seit dem 23 Marz 2013 eine meldepflichtige Krankheit nach 6 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes IfSG Die namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht Erkrankung und Tod 22 In Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten Schulen Heimen oder Ferienlagern gilt nach 34 Absatz 1 IfSG das Verbot des Aufenthaltes und Arbeitens bei Verdacht auf und Erkrankung an Windpocken Das Verbot in Gemeinschaftseinrichtungen zu arbeiten oder sich aufzuhalten gilt nach 34 Absatz 3 IfSG sinngemass auch fur Personen in Wohngemeinschaft mit Personen bei denen laut eines arztlichen Urteils eine Erkrankung an oder ein Verdacht auf Windpocken besteht Weblinks nbsp Commons Windpocken Album mit Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Windpocken Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Varizellen Windpocken Herpes zoster Gurtelrose Zoster Informationen des Robert Koch Instituts Bilder von Windpocken auf dermis net Ist eine Elimination der Varizellen durch eine allgemeine Impfung moglich Epidemiologische und gesundheitsokonomische Daten als Basis fur eine zukunftige Varizellenimpfstrategie in Deutschland In Deutsches Arzteblatt 2002 Ist eine Elimination der Varizellen durch eine allgemeine Impfung moglich Realitatsfern In Deutsches Arzteblatt 2002 Starker Ruckgang der Windpocken durch Impfung In Deutsches Arzteblatt 2013Einzelnachweise Albrecht N Rauch Krankheitsnamen im Deutschen Eine dialektologische und etymologische Untersuchung der Bezeichnungen fur Diphtherie Febris scarlatina Morbilli Parotitis epidemica und Varicellae Stuttgart 1995 Zeitschrift fur Dialektologie und Linguistik Beiheft 84 a b c d Begrundung der STIKO fur eine allgemeine Varizellenimpfung PDF 142 kB a b Fragen und Antworten rund ums Impfen Memento vom 6 Dezember 2008 im Internet Archive In ImpfDialog 3 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nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www swiss paediatrics org a b c A Sauerbrei P Wutzler Fetales Varizellensyndrom In Monatsschrift Kinderheilkunde Band 151 Nr 2 2003 S 209 213 doi 10 1007 s00112 002 0478 z a b A Sauerbrei P Wutzler Neonatal Varicella PDF 417 kB In Journal of Perinatology 2001 21 S 545 549 PMID 11774017 D J Jamieson et al Emerging infections and pregnancy In Emerg Infect Dis 2006 12 11 S 1638 1643 PMID 17283611 cdc gov PDF englisch Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Infektiologie Zoster und Zosterschmerzen Epidemiologie Memento vom 23 Marz 2010 im Internet Archive Zur Kombinationsimpfung gegen Masern Mumps Roteln und Varizellen MMRV In Robert Koch Institut Hrsg Epidemiologisches Bulletin Nr 38 26 September 2011 S 352 353 Online PDF 128 kB abgerufen am 31 August 2021 Bundesministerium fur Gesundheit Familien und Jugend 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