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Als Reichsvikare vicarius imperii oder provisor imperii bezeichnete man im Heiligen Romischen Reich die Verweser die fur die Zeit zwischen dem Tod des Kaisers bzw Konigs und der Wahl bzw Kronung eines Nachfolgers Sedisvakanz oder Interregnum die laufenden Geschafte fortfuhrten August der Starke er erhob in seiner Eigenschaft als Reichsvikar die freiherrliche Familie derer zu Hoym 1711 in den Reichsgrafenstand Inhaltsverzeichnis 1 Territoriale Zustandigkeit der Reichsvikare 2 Kompetenzen der Reichsvikare 3 Veranderungen durch den Streit um die pfalzische Kurwurde 4 Reichsgubernator 5 Siehe auch 6 Literatur 7 AnmerkungenTerritoriale Zustandigkeit der Reichsvikare BearbeitenFur Deutschland schrieb 1356 die Goldene Bulle eine bereits fruher bestehende Regelung zur Reichsverweserschaft durch die weltlichen Kurfursten endgultig fest Die Kurfursten von Sachsen teilten sich mit den rheinischen Pfalzgrafen das Reichsvikariat 1 Danach war der Kurfurst von der Pfalz Reichsvikar fur die Gebiete frankischen Rechts und der Kurfurst von Sachsen fur die Gebiete sachsischen Rechts Die Grenzen zwischen diesen Gebieten insbesondere in den Regionen Hessen Julich Kleve Berg Luttich und Ostfriesland waren bis 1750 umstritten Der Konig von Bohmen und der Erzherzog von Osterreich weigerten sich sogar irgendeinen Vikar uber sich anzuerkennen Im Alten Reich gab es zeitweise Reichsvikare fur die deutschen und italienischen Gebiete sowie fur das Arelat Das Reichsvikariat uber Reichsitalien dessen Besetzung zeitweise die Papste als ihr Recht beanspruchten war zwischen den Herzogen von Savoyen und Mantua umstritten Auch innerhalb Reichsitaliens setzten die Kaiser zeitweise Reichsvikare fur einzelne Regionen ein so begannen die Visconti in Mailand und die Gonzaga in Mantua die Herrschaft uber ihre Kommunen jeweils als Reichsvikare die sie im Lauf der Zeit dann zu Signorien und schliesslich zu erblichen Herzogtumern als Fahnlehen des Reichs ausbauen konnten 1624 wurde fur Reichsitalien das Amt des Generalkommissars bzw Plenipotentiars geschaffen welches faktisch die ursprunglichen Aufgaben des Reichsvikariats das seit Karl IV nur noch ein Titularvikariat war ubernahm 2 Das Haus Savoyen fuhrte den Titel Furst und standiger Vikar des Heiligen Romischen Reiches auch uber das Ende des Alten Reiches 1806 hinaus und integrierte es in die sardinische und italienische Konigstitulatur Er existierte bis zur Abschaffung der Monarchie 1946 3 Kompetenzen der Reichsvikare BearbeitenDie Reichsvikare besassen ausser der Vergabe von Fahnlehen und der Verausserung von Reichsgut alle kaiserlichen Rechte 4 Zu den Kompetenzen der Reichsvikare gehorten insbesondere die Fortfuhrung der laufenden Geschafte des Kaisers bzw Konigs die Hofgerichtsbarkeit der Einzug von Steuern Legitimierungen Emanzipationen die Vergabe von Privilegien und die Investitur in Reichslehen mit Ausnahme der Fahn und Szepterlehen zu denen auch die Reichsfurstentumer gehorten Ausserdem durften sie Standeserhohungen im Reichsadel Erhebungen in den Reichsadels Reichsritter Reichsfreiherren Reichsgrafen und Reichsfurstenstand vornehmen ubten die Jurisdiktion des Konigs Kaisers aus und waren an der Bestatigung kirchlicher Pfrunden beteiligt Uber das Reichsgut durften sie nicht verfugen auch waren sie an die Wahlkapitulation des vorherigen Herrschers gebunden Die Vikare nutzten haufig ihre Privilegien um ihnen getreue oder zumindest zahlungswillige Vasallen oder sogar ihre Matressen in den Adelsstand zu erheben weswegen in Zeiten eines Interregnums besonders viele Adelsdiplome ausgestellt wurden Nach seiner Wahl musste der neue Konig die Beschlusse der Vikare nachtraglich bestatigen wozu er auch durch seine Wahlkapitulation angehalten wurde Der Reichshofrat hob jedoch gelegentlich Entscheidungen der Vikare wieder auf Veranderungen durch den Streit um die pfalzische Kurwurde Bearbeiten Hauptartikel Causa palatina nbsp Das Doppelbildnis des Kurfursten Johann Wilhelm von der Pfalz und seiner Gemahlin Anna Maria Luisa de Medici von Jan Frans van Douven aus dem Jahr 1708 verweist durch Abbildung der Reichskrone in der Bildmitte auf den Titel des Reichsvikars den der pfalzische Kurfurst beanspruchte Kurfurst Friedrich V von der Pfalz verlor zu Beginn des Dreissigjahrigen Krieges die Wurde des Reichsvikars fur die Gebiete frankischen Rechts zusammen mit der pfalzischen Kurstimme und der Wurde des Erz Truchsessen an den Kurfursten von Bayern Jedoch beanspruchte die im Westfalischen Frieden 1648 wiederhergestellte Kurpfalz bereits im Interregnum von 1657 58 die pfalzische Kurwurde und die Wurde des Vikars wieder fur sich was aber weder vom Erzkanzler dem Erzbischof von Mainz noch von Kursachsen Kurbayern und dem spater gewahlten Kaiser Leopold I anerkannt wurde Nur als im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges der Kurfurst von Bayern aus Deutschland geflohen und in die Reichsacht erklart worden war konnte Johann Wilhelm der Kurfurst von der Pfalz die 1685 an die katholische Linie Pfalz Neuburg gefallen war im Jahre 1711 das Reichsvikariat ausuben Dessen Nachfolger schloss 1724 mit seinen wittelsbachischen Vettern in Bayern einen Vertrag der eine gemeinsame Ausubung des Reichsvikariats vorsah was aber vom Reichstag nicht akzeptiert wurde 1745 kam es dann zu der Vereinbarung das Reichsvikariat abwechselnd auszuuben wobei Bayern der Vortritt gelassen wurde Kaiser Franz I erkannte diese Regelung nach seiner Wahl an und wurde darin 1752 vom Reichstag bestatigt Nach dem Aussterben der bayerischen Wittelsbacher fielen 1777 beide Kurwurden und damit auch die Vikarswurden wieder auf die nun in Bayern regierende pfalzische Linie Von diesem Streit unberuhrt wurde das Reichsvikariat fur die Gebiete sachsischen Rechts bis zum Ende des Heiligen Romischen Reiches ohne Unterbrechung durch die Kurfursten von Sachsen ausgeubt Sachsische Vikariatsmunzen in Gold und Silber belegen umfangreich samtliche Vikariatsfalle der sachsischen Kurfursten Besonders die Vikariatsmunzen Johann Georgs II zeigen wie wichtig die politische Korrektheit bei der Gestaltung der Munzen war Die kurpfalzischen Vikariatsmunzen wurden in wesentlich geringerem Umfang gepragt da die Pfalz und Bayern mit den silberreichen sachsischen Kurfursten nicht mithalten konnten Reichsgubernator Bearbeiten Hauptartikel Reichsgubernator Wahrend der haufigen Abwesenheit Kaiser Friedrichs II im Reich ernannte dieser als Stellvertreter und Vormund fur seine Sohne Heinrich VII und Konrad IV sogenannte Reichsgubernatoren Siehe auch BearbeitenVikariatsmunzen Sachsen Vikariatsmunzen Pfalz und Bayern Vikariatsmunzen Johann Georgs II Sachsen Locumtenenstaler 1507 erscheint erstmals in Sachsen die Wurde des Reichsvikars in Form von Imperique locumtenens generalis lat Reichsgeneralstatthalter Literatur BearbeitenAdalbert Erler Reichsverweser In Handworterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Band 4 1 Aufl Erich Schmidt Berlin 1990 Sp 806 f Marie Luise Favreau Lilie Reichsherrschaft im spatmittelalterlichen Italien Zur Handhabung des Reichsvikariates im 14 15 Jahrhundert In Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 80 2000 S 53 116 online Marie Luise Heckmann Stellvertreter Mit und Ersatzherrscher Regenten Generalstatthalter Kurfursten und Reichsvikare in Regnum und Imperium vom 13 bis zum fruhen 15 Jahrhundert Studien zu den Luxemburgern und ihrer Zeit 9 2 Bande Fahlbusch Warendorf 2002 Wolfgang Hermkes Das Reichsvikariat in Deutschland Reichsvikare nach dem Tode des Kaisers von der Goldenen Bulle bis zum Ende des Reiches Studien und Quellen zur Geschichte des deutschen Verfassungsrechts 2 C F Muller Karlsruhe 1968 Walther Lammers Reichsvikariat In Handworterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Band 4 1 Aufl Erich Schmidt Berlin 1990 Sp 807 810 Anmerkungen Bearbeiten Lienhard Buck Die Munzen des Kurfurstentums Sachsen 1763 bis 1806 Berlin 1981 S 200 Florian Runschke Das Generalkommissariat in Italien von 1624 1632 Auftrag Arbeit und Akzeptanz der ersten beiden Amtsinhaber In Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 99 2019 S 214 online Royal Styles gt Italy gt Titles of the king of Italy In heraldica org Walther Haupt Sachsische Munzkunde Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974 S 167Normdaten Sachbegriff GND 4035984 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reichsvikar amp oldid 238197608