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Als Morde von Mechterstadt auch Massaker von Mechterstadt wird die Erschiessung von 15 zuvor festgenommenen Arbeitern auf der Strasse von Mechterstadt nach Gotha in Thuringen durch Mitglieder des Studentenkorps Marburg am 25 Marz 1920 bezeichnet Der Vorfall und die nachfolgenden Freispruche der Tater erregten grosses offentliches Aufsehen und wurden in Publizistik und Politik kontrovers diskutiert Vertreter der politischen Linken und demokratischen Mitte verurteilten die Tat der Studenten als feigen Mord und betrachteten sie als symptomatisch fur die reaktionare republikfeindliche Einstellung grosser Teile der Studentenschaft wahrend konservative und nationale Kreise das Vorgehen im Kontext der Abwehr revolutionarer Aufstande und der Wiederherstellung der staatlichen Ordnung billigten Der Gedenkstein in ThalDer Gedenkstein bei MechterstadtGedenktafel in Marburg Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 1 1 Aufstellung des Marburger Studentenkorps 1 2 Einsatz in Thuringen 2 Die Morde 3 Bekanntwerden der Tat 4 Marburger Studentenprozess 5 Nachwirkungen 6 Gedenken 7 Literatur 8 Zeitgenossische Rezeption 9 Filme 10 Einzelnachweise 11 WeblinksVorgeschichte BearbeitenAufstellung des Marburger Studentenkorps Bearbeiten Nachdem Reichswehrminister Gustav Noske am 11 September 1919 die Reichswehr zur Aufstellung zusatzlicher Zeitfreiwilligenverbande aufgefordert hatte berichtete die in Kassel stationierte Reichswehrbrigade 11 am 24 September uber ihr Vorhaben gezielt an Universitaten und Technischen Hochschulen um Freiwillige zu werben Viele der damaligen Studenten hatten im Ersten Weltkrieg gedient oft als Offiziere 1 Die Werbung richtete sich vor allem an Korporierte die in der Studentenschaft der Universitat Marburg die fuhrende Rolle spielten 2 Bereits im Fruhjahr desselben Jahres waren Verbindungsstudenten von der ortlichen Reichswehreinheit mit Waffen ausgestattet worden da angeblich mit einem kommunistischen Angriff auf Marburg zu rechnen sei 3 Nach Beginn des Kapp Putschs am 13 Marz 1920 wurde das Studentenkorps Marburg kurz StuKoMa mobilisiert Etwa 1 800 Mann stellten sich zur Verfugung und bildeten zwei Bataillone mit insgesamt zehn Kompanien Die 1 bis 6 Kompanie bildeten das erste Bataillon die 7 bis 10 Kompanie das zweite Bataillon Die Kompanie Einteilung richtete sich nach den Korporationen denen die Studenten angehorten Die 1 Kompanie bildeten die Corps Teutonia Hasso Nassovia Guestphalia und Palatia Strassburg die 2 Kompanie die Burschenschaften Arminia Alemannia und Germania die 3 Kompanie die Turnerschaften Philippina Schaumburgia und Saxonia Die 4 Kompanie bestand aus den Landsmannschaften Hasso Guestfalia Hasso Borussia sowie einem Zug Nichtkorporierter die 5 Kompanie aus dem Marburger Wingolf und den katholischen Verbindungen Rhenania Palatia und Thuringia Die 6 Kompanie bildeten schliesslich die schwarzen Verbindungen VDSt Marburg AMV Fridericiana ATV Marburg und ATV Kurhessen Der Stab und die Kompaniefuhrer waren beritten die Infanteristen marschierten zu Fuss Die insgesamt 805 studentischen zeitfreiwilligen Freikorpskampfer des ersten Bataillons waren zu einem grossen Teil Offiziere und Unteroffiziere der Reserve Alle trugen die graue Reichswehruniform ohne Abzeichen die Korporierten zudem ihr Couleurband unter dem Waffenrock 4 Zum Kommandeur des ersten Bataillons mit der 1 bis 6 Kompanie wurde ein Geschichtsstudent und fruherer Marineoffizier der Fregattenkapitan a D Bogislav von Selchow gewahlt sein Adjutant war der Medizinstudent Otmar von Verschuer 5 Erster Ordonnanzoffizier war der Westfale Oberleutnant Rudolf Baldus zweiter Ordonnanzoffizier der Hessen Nassauer Wolfgang Fischer Weitere bekannte Mitglieder waren Karl August Eckhardt 6 Heinrich Wilhelm Kranz 7 und Paul Hinkler Erst einige Tage nach Abmarsch des ersten Bataillons aus Marburg wurde das zweite Bataillon 7 bis 10 Kompanie des StuKoMa unter der Fuhrung des Hauptmann a D Karl Ludwig von Buttlar mit 800 Mann aufgestellt Einerseits sollte Marburg nicht ohne Schutz bleiben andererseits fehlten die Kapazitaten fur einen gemeinsamen Transport beider Bataillone Deshalb versah das zweite Bataillon zuerst Wachdienst Die 7 Kompanie bildeten die Studentenverbindung Chattia die Freie Burschenschaft Normannia die Burschenschaft im ADB Sigambria das Corps Irminsul und die Schwarzburgverbindung Frankonia Die 8 Kompanie bildeten die wissenschaftlichen Vereinigungen die 9 Kompanie die sogenannte Volkskompanie wahrend die 10 Kompanie aus kriegsversehrten Studenten bestand Letztere war nur fur Objektschutz und Sicherungsaufgaben vorgesehen und zog auch nicht mit in den Einsatz nach Thuringen 8 Nichtkorporierte Studenten machten ein Drittel der Mitglieder des gesamten StuKoMa aus jedoch wurden demokratische und linksgerichtete Studenten aber auch die Mitglieder der nationalkonservativen judischen Studentenverbindung Hassia im KC abgewiesen Daraufhin organisierte der Jurastudent Ernst Lemmer Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei DDP und Leutnant der Reserve der schon fruher gegen die enge Zusammenarbeit von Universitat und Reichswehr mit den Korporationen protestiert und zur Abwehr des Putschs vergeblich die Bewaffnung der Arbeiter gefordert hatte gemeinsam mit anderen republiktreuen Studenten darunter Gustav Heinemann Wilhelm Ropke und Viktor Agartz die Aufstellung einer Volkskompanie mit 80 Mitgliedern aus Anhangern der Weimarer Koalition und Angehorigen der Hassia Sie wurde dem zweiten Bataillon des StuKoMa als 9 Kompanie angegliedert und von dem Theologieprofessor Heinrich Hermelink gefuhrt 9 Nachdem sich schon zu Beginn des Kapp Putschs einige Marburger Korporationen unter der Koordination Selchows mit einem Flugblatt hinter die Berliner Putschisten gestellt hatten nahm von Selchow Kontakt zu den Putschisten auf und wurde von diesen am 16 Marz beauftragt bis zum 21 Marz Hessen zu besetzen Dazu kam es jedoch nicht da Selchow zunachst den Erfolg des Putsches in Berlin abwarten wollte der aber schon am 17 Marz infolge eines Generalstreiks zusammenbrach Der Marburger Senioren Convent hatte bereits bei Gefahrdung der Verbindungshauser durch Arbeiter eine Besetzung Marburgs gefordert 10 Einsatz in Thuringen Bearbeiten Siehe auch Kapp Putsch in Thuringen In Thuringen wo sich die Fuhrung der dort stationierten Reichswehrverbande dem Kapp Putsch angeschlossen und den Ausnahmezustand verhangt hatte kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit der Arbeiterbewegung die von der USPD und KPD dominiert war Die Streiks und Kampfe dauerten auch nach dem Ende des Putsches an und steigerten sich unter Beteiligung von burgerlichen Einwohnerwehren insbesondere in der Region um Gotha und Eisenach zu burgerkriegsahnlichen Gefechten mit zahlreichen Todesopfern Die Reichsregierung entschloss sich die Arbeiteraufstande durch die Reichswehr gewaltsam niederschlagen zu lassen Dabei wurden zahlreiche Arbeiter standrechtlich oder willkurlich erschossen Am 19 Marz liess in Marburg der Ortskommandant der Reichswehr einen Aufruf plakatieren wonach in Thuringen Aufstand herrsche und bewaffnete Banden raubend und plundernd durch das Land zogen 11 Mit der Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung wurde die Brigade Rumschottel beauftragt die aus Teilen der Reichswehrbrigade 11 und dem Studentenkorps Marburg bestand Am folgenden Tag wurde das erste Bataillon des Studentenkorps nach Thuringen in Marsch gesetzt das zweite Bataillon unter dem Kommando des Hauptmanns a D von Buttlar folgte am 26 Marz In seiner Verabschiedungsrede verglich der Rektor der Universitat Wilhelm Busch den Geist der Truppe mit dem des Kriegsausbruchs im August 1914 Die Morde BearbeitenAm 18 Marz 1920 hatte der Gendarmeriewachtmeister Hess aus dem Ort Thal im Landkreis Gotha dem Landratsamt berichtet dass in zwei Versammlungen zur Bildung einer roten Garde aufgerufen worden sei Am folgenden Tag hatten etwa 150 200 Arbeiter in Trupps aufgeteilt zur Beschaffung von Waffen die Ortschaften Kalberfeld Schonau Kahlenberg Sattelstadt und Sondra durchkammt und unter Androhung von Gewalt die Herausgabe von Schusswaffen erzwungen Daneben sei es auch zu Lebensmitteldiebstahlen und Plunderungen von privaten Anwesen gekommen Selchow dessen Truppe auf dem Vormarsch von Eisenach nach Gotha die nahegelegenen Orte Sattelstadt und Mechterstadt erreicht hatte erhielt davon Nachricht und entsandte am 24 Marz 60 Mann der 1 und 2 Kompanie unter dem Kommando des Oberleutnants Rudolf Baldus Corps Guestfalia auf vier Lkws nach Thal mit dem Auftrag den dortigen Aufstand zu unterdrucken und die Radelsfuhrer festzunehmen Der zuvor telefonisch in Kenntnis gesetzte Gendarm Hess und der Thaler Schultheiss Schein ubergaben dem studentischen Trupp eine Liste mit 40 Verdachtigen die als Vertrauenspersonen der Arbeiterschaft galten und festgenommen wurden obwohl die meisten von ihnen nicht politisch aktiv waren 25 von ihnen wurden wieder freigelassen die ubrigen funfzehn darunter vier der sechs Gemeinderate von Thal wurden unter dem Verdacht festgehalten Anfuhrer des geplanten roten Aufstandes zu sein 12 Zudem wurden Waffenlager ausgehoben 13 Bei den Gefangenen handelte sich um funfzehn Manner im Alter von 18 bis 54 Jahren Paul Doll 1895 Alex Hartmann 1899 Karl Hornschuh 1890 Otto Pass 1890 Alfred Rossiger 1878 Rudolf Rosenstock 1893 Albert Schroder 1889 Karl Schroder 1900 Otto Soldan 1895 Gustav Soldan 1901 Reinhold Steinberg 1865 Gustav Wedel 1885 sowie wie drei Bruder Karl 1883 Ernst 1888 und Fritz 1899 Fuldner Sie wurden am Abend des 24 Marz auf einem Leiterwagen nach Sattelstadt gebracht und dort uber Nacht im Spritzenhaus eingeschlossen Im spateren Prozess sagte Selchow aus das Studentenkorps habe die Verhafteten vor einer aufgebrachten Menge aus Einwohnern und Reichswehrsoldaten schutzen mussen Er habe von der Fuhrung der Brigade Rumschottel den Befehl erhalten die Gefangenen beim Marsch auf Gotha am nachsten Tag mitzunehmen damit sie dort vor Gericht gestellt werden konnten Am nachsten Morgen zwischen 5 und 6 Uhr traten die Verhafteten in dichtem Morgennebel den Fussmarsch von Sattelstadt nach Gotha an Ihnen wurde bei Fluchtversuchen sofortige Erschiessung angedroht 14 Die Wachmannschaft bestand aus zwanzig Soldaten der 1 und 2 Kompanie unter dem Kommando von Leutnant Heinrich Goebel Die Gruppe bewegte sich etwa einen Kilometer hinter dem Gros der Truppe Die Gefangenen gingen in Zweierreihe und wurden an allen vier Seiten von Wachen eskortiert Karl Hornschuh der als besonders gefahrlich galt marschierte mit drei Bewachern einzeln am Ende der Kolonne Auf dem Weg erschossen die Wachmannschaften alle funfzehn Gefangenen Als erster wurde kurz nach 7 30 Uhr beim alten Bahnhof hinter Sattelstadt Hornschuh erschossen kurz darauf zwei weitere Nachdem die Gruppe Mechterstadt erreicht hatte ubernahm sie von der dort stationierten 6 Kompanie vorubergehend zehn weitere Gefangene die aber in einer gesonderten Gruppe ein Stuck weiter vorn eskortiert wurden Etwa eine halbe Stunde spater wurden die restlichen zwolf Gefangenen erschossen Die Leichen der Erschossenen blieben am Strassenrand liegen Nach der Ankunft in Gotha verfasste Goebel einen Bericht wonach zunachst Hornschuh und kurz darauf zwei weitere Gefangene in einer dichten Nebelbank zu fliehen versucht hatten und dabei erschossen worden seien Etwa einen Kilometer ostlich von Mechterstadt hatten die restlichen zwolf Gefangenen einen gemeinsamen Ausbruchsversuch unternommen und seien teils sofort teils nach kurzer Verfolgung erschossen worden 15 Bekanntwerden der Tat BearbeitenNachdem die Leichen der Erschossenen die meisten davon furchtbar entstellt von ortsansassigen Bewohnern aufgefunden worden waren kam es in der nahegelegenen Stadt Ruhla zu Arbeiterunruhen Daraufhin wurden zwei Kompanien des zweiten Bataillons des Studentenkorps Marburg darunter die Volkskompanie nach Eisenach verlegt und besetzten am 27 Marz Ruhla Es gelang ihnen ohne Blutvergiessen oder Verhaftungen die Ruhe wiederherzustellen unter anderem durch die Zusicherung Hermelinks dass die in Weimar tagende Nationalversammlung uber den Vorfall informiert und eine grundliche Untersuchung folgen werde Hermelink ausserte seinerseits in einem Bericht an seine Vorgesetzten sein Entsetzen daruber dass dem Studentenkorps die Ermordung wehrloser Gefangener nachgesagt wurde Vor dem Ruckmarsch der Truppe nach Eisenach meldete Ernst Lemmer sich krank und begab sich auf eigene Faust zu Nachforschungen nach Thal die seinen Verdacht eines Verbrechens bestarkten Ein Versuch den Reichskommissar Albert Grzesinski telegrafisch von dem Massenmord in Bad Thal in Kenntnis zu setzen scheiterte an der Militarzensur Daraufhin meldete Lemmer sich abermals krank und fuhr nach Berlin wo er sich mit Abgeordneten der Nationalversammlung in Verbindung setzte Nach einem Besuch von Lemmer und Walther Schucking DDP beim soeben ernannten Reichswehrminister Otto Gessler DDP forderte dieser eine strenge Untersuchung und untersagte weitere Einsatze des Marburger Studentenkorps 16 Der Abgeordnete Ludwig Haas DDP gab bereits in der Sitzung der Nationalversammlung am 29 Marz einen noch ungenauen Bericht uber die Vorgange 17 am 27 April folgte eine parlamentarische Anfrage des Gothaer USPD Abgeordneten Wilhelm Bock zu den in grausamster Weise hingemordet en Arbeitern 18 Der Vorfall erregte reichsweit Aufsehen In der republikanischen Presse fanden sich emporte Stellungnahmen Die Marburger Universitat und die organisierte Studentenschaft stellten sich dagegen hinter die Studenten die in der Stunde der Not dem Rufe der Regierung in opferwilliger Hingabe gefolgt seien Marburger Studentenprozess BearbeitenDie von der Reichswehr durchgefuhrte Untersuchung ergab hinreichende Anhaltspunkte um am 28 April gegen die Angehorigen des Transportkommandos Anklage wegen rechtswidrigen Waffengebrauchs in Verbindung mit Totschlag zu erheben 18 Die Verhandlung fand vom 15 bis zum 18 Juni 1920 im grossen Saal des Landgerichts Marburg vor einem Kriegsgericht der 22 Division der Reichswehr statt Angeklagt waren 14 Studenten der Wachmannschaft neun Corpsstudenten und funf Burschenschafter die Jurastudenten Heinrich Goebel Burschenschaft Germania Paul Heerhaber Corps Teutonia Hermann Krauts Corps Rhenania Freiburg Alfred Voss Corps Hasso Nassovia die Medizinstudenten Heinrich Engelbrecht Corps Hasso Nassovia Frank Jahn Corps Hasso Nassovia Heinrich Schuler Burschenschaft Germania Alwin Springer Burschenschaft Alemannia Kurt Blum Burschenschaft Alemannia Ernst Nedelmann Corps Teutonia Oskar Koch Corps Hasso Nassovia Julius Volker Corps Hasso Nassovia Lorenz Lange Corps Hasso Nassovia und der Philologiestudent Friedrich von Uffel Burschenschaft Germania 19 Sie wurden verteidigt von Walter Luetgebrune einem prominenten Anwalt in zahlreichen Verfahren gegen Rechtsextreme Auf Antrag Luetgebrunes wurde vor Beginn der Verhandlung das einzige Mitglied des Kriegsgerichts aus dem Mannschaftsstand ein Gefreiter durch einen Offizier ersetzt Ausser den Tatern selbst gab es keine uberlebenden Augenzeugen Lemmer und Hermelink als Belastungszeugen konnten sich nur auf unbestatigte Aussagen Dritter berufen Die Angeklagten behaupteten ubereinstimmend dass die Erschossenen samtlich bei Fluchtversuchen getotet worden seien Nach ihrer Darstellung soll zunachst ein Gefangener auf der Flucht erschossen worden sein 500 Meter weiter zwei weitere Gefangene desgleichen Nach der Durchquerung des Dorfes Mechterstadt seien zwei weitere Erschiessungen erfolgt kurz darauf die nachsten zwei Der Truppfuhrer habe die Gruppe haltmachen lassen um die verbliebenen Gefangenen zu verwarnen diese seien daraufhin ebenfalls geflohen und erschossen worden 20 Gegen diese Darstellung spricht dass nach den Ergebnissen der Obduktion 13 der 15 Personen von zahlreichen Kugeln in den Kopf und Oberkorper getroffen wurden zum Teil aus nachster Nahe von vorne Die Verteidigung versuchte dagegen mit medizinischen und ballistischen Gutachten nachzuweisen dass die Verletzungen auch bei der Verfolgung Fliehender hatten entstanden sein konnen Der Belastungszeuge Oskar Wagner ein Berufsunteroffizier der Reichswehr der dem Marburger Studentenbataillon als Bagage Unteroffizier zugeteilt worden war sagte aus er habe sich am Morgen des 25 Marz mit seiner Feldkuche etwa 200 Meter vor dem Gefangenentransport befunden Nachdem er im Nebel die Schusse auf die ersten drei Gefangenen gehort habe sei er nach hinten gegangen und habe beobachtet wie die Gefangenen mit Fusstritten und Gewehrkolbenstossen misshandelt wurden Zudem habe ihm der Medizinstudent Hohnemann erzahlt man habe versucht die Gefangenen mit Schlagen von der Strasse herunterzutreiben um auf diese Weise einen Fluchtversuch vorzutauschen Die Verteidigung versuchte Wagner als personlich unglaubwurdig hinzustellen Auch andere Zeugen bestatigten die Misshandlung der Gefangenen zudem ausserten begleitende Studenten dass die Gefangenen absichtlich erschossen worden seien Bogislav von Selchow der als Entlastungszeuge vernommen wurde bestritt dass es einen Erschiessungsbefehl gegeben habe betonte aber der Gebrauch der Waffe sei ganz in seinem Sinne geschehen 21 Im Schlusspladoyer schloss sich der Anklagevertreter der Darstellung der Angeklagten an Sie hatten geschossen aber ohne die Absicht zu erschiessen Dass alle Gefangenen getotet wurden sei ein grausamer Zufall gewesen Die fliehenden Gefangenen seien beim Einbiegen in einen Feldweg alle an einer Stelle gefallen Eine Misshandlung der Gefangenen sei nicht erwiesen Juristisch beschrankte sich die Anklage auf die Frage ob die Angeklagten vor Feuereroffnung alle anderen Verfolgungsmoglichkeiten ausgeschopft hatten und beantragte die drei Bewacher Hornschuhs Engelbrecht Krauts und Jahn unter Berucksichtigung mildernder Umstande wegen Totschlags zu zwei Jahren Gefangnis zu verurteilen und die ubrigen Angeklagten aus Mangel an Beweisen freizusprechen Die Verteidigung bezeichnete das Verhalten der Truppe als musterhaft von rechtswidrigem Waffengebrauch konne keine Rede sein Das Gericht sprach nach kurzer Beratung alle Angeklagten mangels Beweises frei 22 23 Dieses Urteil trug dem Gericht den Vorwurf politischer Voreingenommenheit ein und wurde weithin als offensichtlicher Justizskandal angesehen 24 Die Arbeiterschaft Republikaner und die politische Linke gingen von einer Ermordung der Arbeiter aus politischem Hass aus Die Berufungsverhandlung vor dem Schwurgericht Kassel endete im Dezember 1920 ebenfalls mit Freispruchen Nachwirkungen BearbeitenDurch den Vorfall bekam das Bild Marburgs als studentisches Idyll tiefe Risse Friedrich Facius sah in den Urteilen einen der grossten Skandale der Justiz in der Weimarer Zeit Wilhelm Ropke damals Student in Marburg sprach von der Tragodie von Mechterstadt Carl von Ossietzky nahm die Morde zum Anlass um vor einer Balkanisierung Deutschlands zu warnen 25 Der vor dem Kriegsgericht bezeugte Ausspruch eines Studenten Unsere Anatomie braucht Leichen wurde von Klabund 26 und Tucholsky 27 angeprangert Der preussische Kultusminister Konrad Haenisch SPD sprach in einem Artikel fur das Berliner 8 Uhr Abendblatt vom feigen Meuchelmord der Marburger Buben was so emporte Reaktionen von studentischer Seite zur Folge hatte dass er schliesslich diese Wendungen offentlich zurucknehmen musste 28 Eine Gedenktafel deren Text die Marburger Studenten anklagte wurde in der NS Zeit dahingehend abgeandert dass die Opfer in den blutigen Wirren der Nachkriegszeit gestorben seien Das DDR Regime machte in den sechziger Jahren den 25 Marz zu einem Gedenktag mit einer verordneten Feierstunde 29 Verschiedene Marburger Verbindungen Turnerschaften Christliche Verbindungen lehnten 1996 in einer Marburger Erklarung 30 eine Relativierung der Morde ab Dass der Marburger Studentenhistoriker Holger Zinn Landsmannschaft Chattia 31 noch 2006 in einem von der Universitat unterstutzten Sammelband uber die Universitat Marburg in der Weimarer Zeit 32 schrieb die Arbeiter seien unter zweifelhaften Umstanden zu Tode gekommen wurde von Marburger Professoren scharf kritisiert 33 Theo Schiller schrieb in einer Rezension Wie und warum der seit 1920 offenkundige Mord an diesen unbewaffneten Arbeitern bezweifelt und bemantelt werden kann bleibt unerfindlich 34 Zinns Beitrag fuhrte zu einer kleinen Anfrage von Thomas Spies SPD im Hessischen Landtag In seiner Antwort bedauerte der damalige hessische Wissenschaftsminister Udo Corts CDU die verharmlosende Darstellung Zinns und betonte dass der Vizeprasident der Universitat Herbert Claas sich gegenuber der Presse deutlich distanziert habe 35 Gedenken BearbeitenZur Erinnerung an das Ereignis wurden in Thal und an der B 7 zwischen Mechterstadt und Teutleben Gedenksteine errichtet Hauptartikel Denkmal fur die Marzgefallenen Mechterstadt Am 25 Marz 2010 fand auf dem Friedhof in Thal eine Gedenkveranstaltung mit Vertretern der Gemeinde Hinterbliebenen und einer Abordnung des Magistrats der Stadt Marburg statt 36 Am 2 April 2019 wurde im Rahmen einer Gedenkveranstaltung der Philipps Universitat der Universitatsstadt Marburg und des Allgemeinen Student innenausschusses AStA der Philipps Universitat an der Alten Universitat in Marburg eine Gedenktafel enthullt 37 Literatur BearbeitenDietrich Heither Adelheid Schulze Die Morde von Mechterstadt 1920 Zur Geschichte rechtsradikaler Gewalt in Deutschland Metropol Berlin 2015 ISBN 978 3 86331 261 9 Helmut Seier Radikalisierung und Reform als Problem der Universitat Marburg 1918 1933 In Walter Heinemeyer Thomas Klein Hellmut Seier Hrsg Academia Marburgensis Beitrage zur Geschichte der Philipps Universitat Marburg Band 1 Marburg 1977 ISBN 3 7708 0583 6 S 303 352 Helmut Poppelbaum Wolfgang Bruning Winold Vogt Philipp Schutz Die Ereignisse von Mechterstadt in ihrem zeitgeschichtlichen Zusammenhang In Einst und Jetzt Band 38 1993 S 155 200 Peter Kruger Anne Christine Nagel Hrsg Mechterstadt 25 3 1920 Skandal und Krise in der Fruhphase der Weimarer Republik Studien zur Geschichte der Weimarer Republik 3 Lit Verlag Munster 1997 ISBN 3 8258 3061 6 Bruno W Reimann Die Morde bei Mechterstadt 25 Marz 1920 In Thuringen Blatter zur Landeskunde ZDB ID 1316491 0 unpag Bruno W Reimann Kein Ende des Traumas in Sicht Mechterstadt und die Universitat Marburg In Gothaer Museumsheft 1999 ISSN 0863 2421 S 86 97 Bruno W Reimann Das Ende des Traumas Mechterstadt und die Universitat Marburg In Forum Wissenschaft Band 16 Nr 1 1999 S 40 43 Bruno W Reimann Das Massaker in Mechterstadt 1920 Ausstellungskatalog Historische Ausstellung in Kooperation mit der Rosa Luxemburg Stiftung Thuringen Weimar 2015 ISBN 978 3 945294 14 7 Bruno W Reimann Rechts gegen links Mechterstadt als Symbol Eckhaus Verlag Weimar 2017 ISBN 978 3 945294 20 8 Bernhard Schroeter Marburger Studenten im Freikorps Einsatz in Thuringen und die Ereignisse von Mechterstadt WJK Verlag Hilden 2023 ISBN 978 3 910672 01 7 James J Weingartner Massacre at Mechterstadt The case of the Marburger Studentencorps 1920 In The Historian Band 37 1975 S 598 618 Zeitgenossische Rezeption BearbeitenErnst Wallenburger Arbeitermord von Mechterstadt Tafelbild Ol auf Leinwand 60 79 5 cm 1920 Museum Schloss Friedenstein Gotha Theobald Tiger Kurt Tucholsky Die Marburger In Kurt Tucholsky Gesammelte Werke in zehn Banden Band 2 Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1975 S 365 366 Zuerst in Berliner Volkszeitung vom 22 Juni 1920 Theobald Tiger Kurt Tucholsky Marburger Studentenlied In Kurt Tucholsky Gesammelte Werke in zehn Banden Band 2 Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1975 S 372 373 Zuerst in Die Weltbuhne Nr 28 vom 8 Juli 1920 S 55 Ignaz Wrobel Kurt Tucholsky Schaumloffelei In Kurt Tucholsky Gesammelte Werke in zehn Banden Band 2 Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1975 S 395 398 Zuerst in Freiheit vom 11 August 1920 Besprechung des Buchs von K Schaumloffel Das Studentenkorps Marburg in Thuringen Ein Kriegstagebuch im Frieden verfasst und zusammengestellt vom Stabsfeldwebel des Studentenkorps Marburg 1920 Halali Die ersten Chargierten der Marburger Corps besichtigen die Strecke Memento vom 13 August 2016 im Internet Archive Titelblatt von Freie Welt Illustrierte Wochenschrift der USPD Jg 2 Heft 24 George Grosz Marburg Du wunderschone Stadt Darinnen mancher Morder gar gute Freunde hat Memento vom 5 Juni 2016 im Internet Archive Henning Duderstadt Der Schrei nach dem Recht Die Tragodie von Mechterstadt Marburg 1920 Filme Bearbeiten1962 Fernsehpitaval Auf der Flucht erschossen Reihe Fernsehpitaval Deutscher Fernsehfunk Autoren Friedrich Karl Kaul und Walter Jupe Einzelnachweise Bearbeiten James J Weingartner Massacre at Mechterstadt The Case of the Marburger Studentencorps 1920 In The Historian Band 37 1975 S 600 601 Siegfried Weichlein Studenten und Politik in Marburg Die politische Kultur einer Universitatsstadt 1918 1920 In Peter Kruger Anne C Nagel Hrsg Mechterstadt 25 3 1920 Skandal und Krise in der Fruhphase der Weimarer Republik Lit Verlag 1997 S 30 Siegfried Weichlein Studenten und Politik in Marburg Die politische Kultur einer Universitatsstadt 1918 1920 In Peter Kruger Anne C Nagel Hrsg Mechterstadt 25 3 1920 Skandal und Krise in der Fruhphase der Weimarer Republik Lit Verlag 1997 S 37 Bernhard Schroeter Marburger Studenten im Freikorps Einsatz in Thuringen und die Ereignisse von Mechterstadt Hilden 2023 ISBN 978 3 910672 01 7 S 147 Siegfried Weichlein Studenten und Politik in Marburg Die politische Kultur einer Universitatsstadt 1918 1920 In Peter Kruger Anne C Nagel Hrsg Mechterstadt 25 3 1920 Skandal und Krise in der Fruhphase der Weimarer Republik Lit Verlag 1997 S 40 f Martin Niemann Karl August Eckhardt In Matthias Schmoeckel Hrsg Die Juristen der Universitat Bonn im Dritten Reich Rechtsgeschichtliche Schriften Band 18 Koln Weimar Wien 2004 S 169 books google de Hans Christian Harten Uwe Neirich Matthias Schwerendt Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs Bio bibliographisches Handbuch Berlin 2006 S 297 books google de Bernhard Schroeter Marburger Studenten im Freikorps Einsatz in Thuringen und die Ereignisse von Mechterstadt Hilden 2023 ISBN 978 3 910672 01 7 S 174 175 James J Weingartner Massacre at Mechterstadt The Case of the Marburger Studentencorps 1920 In The Historian Band 37 1975 S 602 604 Siegfried Weichlein Studenten und Politik in Marburg Die politische Kultur einer Universitatsstadt 1918 1920 In Peter Kruger Anne C Nagel Hrsg Mechterstadt 25 3 1920 Skandal und Krise in der Fruhphase der Weimarer Republik Lit Verlag 1997 S 38 f Zit nach Michael Lemling Das Studentenkorps Marburg und die Tragodie von Mechterstadt In Peter Kruger Anne C Nagel Hrsg Mechterstadt 25 3 1920 Skandal oder Krise in der Fruhphase der Weimarer Republik Lit Munster 1997 S 60 vgl auch Siegfried Weichlein Studenten und Politik in Marburg Die politische Kultur einer Universitatsstadt 1918 1920 In Peter Kruger Anne C Nagel Hrsg Mechterstadt 25 3 1920 Skandal und Krise in der Fruhphase der Weimarer Republik Lit Verlag 1997 S 39 Denkmal der Marzgefallenen auf mechterstaedt de James J Weingartner Massacre at Mechterstadt The Case of the Marburger Studentencorps 1920 In The Historian Band 37 1975 S 605 606 Hans Peter Bleuel Ernst Klinnert Deutsche Studenten auf dem Weg ins Dritte Reich Ideologien Programme Aktionen 1918 1935 Gutersloh 1967 S 74 James J Weingartner Massacre at Mechterstadt The Case of the Marburger Studentencorps 1920 In The Historian Band 37 1975 S 606 607 James J Weingartner Massacre at Mechterstadt The Case of the Marburger Studentencorps 1920 In The Historian Band 37 1975 S 607 609 Protokolle der Nationalversammlung 157 Sitzung vom 29 Marz 1920 S 4977f a b Protokolle der Nationalversammlung 172 Sitzung vom 27 April 1920 S 5487f Nach Michael Lemling Das Studentenkorps Marburg und die Tragodie von Mechterstadt In Peter Kruger Anne Christine Nagel Hrsg Mechterstadt 25 3 1920 Skandal und Krise in der Fruhphase der Weimarer Republik Munster 1997 S 63 Hans Peter Bleuel Ernst Klinnert Deutsche Studenten auf dem Weg ins Dritte Reich Ideologien Programme Aktionen 1918 1935 Gutersloh 1967 S 74f Joachim Bergmann Dietrich Grille Herbert Homig Die innenpolitische Entwicklung Thuringens von 1918 bis 1932 Europaforum Verlag 2001 S 125 Der Marburger Freispruch In Vossische Zeitung Sonntags Ausgabe vom 20 Juni 1920 S 4 James J Weingartner Massacre at Mechterstadt The Case of the Marburger Studentencorps 1920 In The Historian Band 37 1975 S 609 614 Thomas Nipperdey Die deutsche Studentenschaft in den ersten Jahren der Weimarer Republik In Wilhelm Zilius Adolf Grimme Hrsg Kulturverwaltung der Zwanziger Jahre Stuttgart 1961 books google de Gegen die Balkanisierung Deutschlands In Berliner Volks Zeitung 14 September 1920 Lied der Zeitfreiwilligen Kaspar Hauser Marburger Nachwuchs In Freiheit 23 Juni 1920 Hans Peter Bleuel Ernst Klinnert Deutsche Studenten auf dem Weg ins Dritte Reich Ideologien Programme Aktionen 1918 1935 Gutersloh 1967 S 75ff Morde von Mechterstadt bewegen Marburg bis heute In Marburger Neue Zeitung 28 Marz 2004 nach der 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Hinterbliebenen In Thuringische Landeszeitung Lokalseite Eisenach 24 Marz 2010 www marburg de mechterstaedtWeblinks BearbeitenDenkmal der Marzgefallenen In mechterstaedt de Abgerufen am 25 Marz 2020 Bruno W Reimann Das Ende des Traumas Mechterstadt und die Universitat Marburg In Forum Wissenschaft 10 Januar 1999 abgerufen am 25 Marz 2020 wiedergegeben auf linksnet de Julia Hartung Relativierung der Morde von Mechterstadt mp3 Audio 2 5 MB 2 44 Minuten In Radio Unerhort Marburg Abgerufen am 25 Marz 2020 Tobias Barth Lorenz Hoffmann Das Massaker von Mechterstadt mp3 Audio 47 9 MB 52 19 Minuten Nicht mehr online verfugbar In MDR Sendung Feature 25 Marz 2020 archiviert vom Original am 25 Marz 2020 abgerufen am 25 Marz 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Morde von Mechterstadt amp oldid 238745148