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Die Munstersche Armee war das stehende Heer des Hochstifts Munster von Mitte des 17 Jahrhunderts bis zur Auflosung infolge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 Aufgrund einer Personalunion der Bistumer wurde die Armee zeitweise zusammen mit der Kurkolnischen Armee gefuhrt Wappen Munsters nach Siebmachers Wappenbuch Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der Armee 1 1 Struktur 1 2 Ende der Armee 2 Literatur 3 EinzelnachweiseGeschichte der Armee BearbeitenMunster war das grosste geistliche Territorium des Heiligen Romischen Reiches und spielte bereits im Mittelalter eine bedeutende militarische Rolle Es stellte nach der Reichsmatrikel von 1522 34 Reiter 169 Fusssoldaten und 325 Gulden fur die Reichsarmee Wie alle Reichsstande hatte auch das Hochstift Munster im Zuge des Westfalischen Friedens das Recht auf Unterhalt eines stehenden Heeres erhalten Sogleich begannen viele Reichsfursten mit dem Aufbau auf Dauer angelegter eigener bewaffneter Strukturen 1 Nach dem Dreissigjahrigen Krieg hatte der wegen seiner kriegerischen Auseinandersetzungen bekannte Bischof Christoph Bernhard von Galen 1651 aus der kaiserlichen Armee des Dreissigjahrigen Kriegs in Westfalen fur sein Gebiet 1500 Soldaten rekrutiert die er 1654 zu einer Streitmacht von 3000 Mann aufstockte um sich gegen die protestantischen Nachbarn zu behaupten 2 Ihm gelang die Unterwerfung der Stadt Munster nach anhaltenden Konflikten und zwei Belagerungen Galen legte verschiedene Zitadellen an um die Landstande zum Unterhalt eines starkeren Heeres zu zwingen bei Coesfeld das er als Residenz erwahlte die Ludgerusburg die Zitadelle von Munster und die Zitadelle Vechta Seine Garnisonen lagen zeitweilig uberall verteilt im Stift Warendorf Rheine und Meppen erhielten neue Festungen Im September 1665 ging Galen ein Bundnis mit dem englischen Konig Karl II ein der Verbundete im von ihm losgetretenen Zweiten Englisch Niederlandischen Seekrieg suchte um die Herrschaft in Borkeloh niederlandisch Borculo veraltet Heerlijkheid Borkelo zu erobern Im Juni 1672 unternahm er mit einer Armee von knapp 25 000 Mann im Hollandischen Krieg einen zweiten Versuch jetzt im Bundnis mit Frankreichs Ludwig XIV und dem Kurfursten von Koln Maximilian Heinrich von Bayern Nach anfanglichen Erfolgen die Galen seiner Artillerie verdankte forderte Ludwig XIV Eroberungen in Gelderland jenseits der IJssel Von Galen eroberte Zwolle Kampen Niederlande und Coevorden Die munsterische Offensive blieb im August 1672 vor Groningen stecken Oktober 1673 versuchte von Galen nochmals Coevorden zu erobern und im Marz 1674 scheiterte er zum letzten Mal Groningen zu erobern Munster und Koln schlossen im April 1674 Frieden mit den Niederlanden Der Krieg der Franzosen und ihrer Verbundeten gegen die Niederlande und deren Anhanger endete erst mit dem Friede von Nimwegen 1678 Nach dem Tod Galens am 19 September 1678 ubernahm der Paderborner Bischof Ferdinand von Furstenberg auch im Hochstift Munster die Regierung Mit Frankreich schloss er 1680 ein Schutzbundnis ab Auch andere Machte umwarben ihn er folgte jedoch dem Grundsatz der bewaffneten Neutralitat 3 Der Erzbischof von Koln Maximilian Heinrich von Bayern war nach dem Tod von Ferdinand von Furstenberg im Jahr 1683 postulierter Bischof von Munster Da die papstliche Erlaubnis ausblieb war Maximilian Heinrich zwar der weltliche Herrscher des Hochstifts Munster nicht aber der Bischof des Bistums Munster 4 Seinem Nachfolger Friedrich Christian von Plettenberg gelang es durch seine Aussenpolitik die auf unterschiedliche Bundnispartner setzte wahrend des Pfalzischen Erbfolgekrieges dem Hochstift Munster zum letzten Mal eine halbwegs eigenstandige Rolle zu verschaffen Das Militar verschlang allerdings den grossten Teil der Staatseinnahmen Ohne Subsidien ware die finanzielle Lage des Landes ausgesprochen schlecht gewesen Zu seiner Zeit gliederte sich die Armee in sieben Infanterie und zwei Kavallerieregimenter sowie eine kleine Artillerietruppe Wahrend des Spanischen Erbfolgekrieges stellte Friedrich Christian ab 1702 dem Reich einige Einheiten zur Verfugung Nach Plettenbergs Tod folgte nach einer schwierigen Wahl 1706 Franz Arnold von Wolff Metternich zur Gracht der bereits 1704 Bischof von Paderborn geworden war Er schloss 1708 mit den Niederlanden eine Defensivallianz ab Diese sollte nach dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges fur weitere zwolf Jahre gelten Franz Arnold trat dem Bundnis von Kaiser England und den Niederlandern gegen Frankreich bei Er sagte gegen die Zahlung von Subsidien die Stellung von 3900 Soldaten aus den Hochstiften Munster und Paderborn zu Franz Arnold schloss 1715 mit Friedrich Christian von Schaumburg Lippe ein Schutzabkommen Im Jahr 1716 stellte er den Englandern vier Bataillone zur Verfugung Clemens August I von Bayern als sein Nachfolger nach dessen Tod 1718 wechselte oftmals die Bundnisse Ab 1723 war er auch Kurfurst und Erzbischof von Koln Im Polnischen Thronfolgekriegs verpflichtete er sich im Rahmen eines Subsidienvertrags mit Frankreich seine Armee die auch Soldaten aus dem Erzstift Koln und den Hochstiften Paderborn Osnabruck und Hildesheim umfasste aufzurusten Da er vorher offiziell nicht in der Lage gewesen war sein Kontingent zur Reichsarmee fur den Krieg gegen Frankreich zu stellen wurde er durch das Reich mit Einquartierungen durch die Reichsarmee sanktioniert 5 Territorium Rustungsstand im Sommer 1734 6 Kurfurstentum Koln 6000 MannHochstift Munster 5000 MannHochstift Paderborn 819 Mann Infanterie und eine Invalidenkompanie 7 Hochstift Osnabruck 800 MannHochstift Hildesheim 500 MannIm Siebenjahrigen Krieg war Clemens August Verbundeter Frankreichs und Osterreichs gegen Friedrich II von Preussen Der Siebenjahrige Krieg wurde fur seine Besitzungen schliesslich zu einer schweren Belastungsprobe da hier ein Grossteil der Kampfhandlungen zwischen den Franzosen und der anglo hannoverschen Koalition stattfand Beim Tod des Kurfursten zahlte das Hochstift Paderborn mit Kriegslasten von 7 371 Millionen Reichstalern in Westdeutschland zu den am schwersten durch den Krieg geschadigten Territorien 8 Unter seinem Nachfolger Maximilian Friedrich von Konigsegg Rothenfels gelang in Kurkoln und Munster bis 1780 eine Verbesserung der Staatsfinanzen aber damit verbunden auch ein Bedeutungsverlust der Armee Es verblieben dem Furstbistum nach 1767 nominell noch vier Infanterieregimenter ein als Kavallerie bezeichnetes Dragonerregiment sowie unverandert die kleine Artillerietruppe Im Frieden etwa zur Halfte gekadert ergab sich daraus eine rechnerische Gesamttruppenstarke von rund 2300 Mann 1784 wurde Erzherzog Maximilian Franz von Osterreich Erzbischof Trotz seiner Skepsis hinsichtlich eines Reichskrieges gegen das revolutionare Frankreich erfullte er als dieser 1793 ausbrach bis 1799 1800 seine Verpflichtungen gemass der Reichskriegsordnung und unterstellte zwei Regimenter der Reichsarmee 9 Im Zuge des Ersten Koalitionskrieges musste Maximilian Franz vor der Bedrohung durch den Vormarsch der Franzosen im Dezember 1792 seine Residenz Bonn verlassen Weite Teile Kurkolns wurden besetzt und spater Frankreich einverleibt 1802 kam es zur Besetzung des Hochstifts Munster durch preussische Truppen Struktur Bearbeiten Bis in die Mitte des 18 Jahrhunderts war das stehende Heer zeittypisch ein geworbenes Soldnerheer Seit 1730 wurde in allen Territorien der Personalunion nach dem Vorbild des kaiserlichen Exerzierreglements ausgebildet Nach dem Osterreichischen Erbfolgekrieg erfuhr das preussische Exerzierreglement in Europa eine rasche Verbreitung In Munster und Kurkoln wurde seit 1752 nach dem preussischen Exerzierreglement ausgebildet Das zeitgenossische Urteil uber die Truppen war neutral bis positiv Der franzosische Marschall Charles de Rohan prince de Soubise stufte im Siebenjahrigen Krieg zwei Munstersche Regimenter als gut und drei kurkolnische Regimenter als mittelmassig ein 10 Die altere Geschichtsforschung hat die Streitkrafte der geistlichen Territorien dagegen fast einhellig als untauglich und belanglos beurteilt Ende der Armee Bearbeiten Das Ende des Hochstifts mit dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25 Februar 1803 bedeutete auch das Ende fur die Munstersche Armee Preussen durfte bei der bereits bei der Besetzung des Hochstifts Anfang August 1802 in den wenigen Garnisonsorten einschliesslich der Invaliden keinesfalls mehr als 1200 munstersche Soldaten angetroffen haben Am 1 Marz 1803 wurden noch ganze 981 ehemalige munstersche Unteroffiziere und Mannschaften in das preussische Heer ubernommen 11 Literatur BearbeitenGeorg Tessin Die Regimenter der europaischen Staaten im Ancien Regime des XVI bis XVIII Jahrhunderts 3 Bande Biblio Verlag Osnabruck 1986 1995 ISBN 3 7648 1763 1 Clemens Maria Franz von Bonninghausen Die kriegerische Tatigkeit der munsterschen Truppen 1651 1800 e Beitr zum 300 Todesjahr von Furstbischof Christoph Bernard von Galen Schopfer d bischofl munsterschen Heeres Coesfeld 1978 Dieter Zeigert Die munsterschen Truppen und ihre Ubernahme in das preussische Heer 1802 1803 Westfalische Zeitschrift 141 S 193 ff 1991 Einzelnachweise Bearbeiten Georg Tessin Die Regimenter der europaischen Staaten im Ancien Regime des XVI bis XVIII Jahrhunderts Die Stammlisten Biblio Verlag 1986 ISBN 978 3 7648 1488 5 google com abgerufen am 30 Januar 2022 Friedrich Wilhelm Bautz Christoph Bernhard von Galen In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 2 Bautz Hamm 1990 ISBN 3 88309 032 8 Sp 166 Helmut Lahrkamp Ferdinand von Furstenberg In Helmut Lahrkamp u a Furstenbergsche Geschichte Band 3 S 132 Gunther Christ Maximilian Heinrich In Neue Deutsche Biographie NDB S 496 Winterling Hof der Kurfursten von Koln S 60 61 Herbert Grote Die Politik Kurkolns im Polnischen Erbfolgekrieg 1733 35 Gummersbach 1932 S 46 Franz Murmann Das Militarwesen des ehemaligen Hochstiftes Paderborn seit dem Ausgange des Dreissigjahrigen Krieges Munster 1938 Dissertation Universitat Munster Sven Externbrink Friedrich der Grosse Maria Theresia und das Alte Reich Deutschlandbild und Diplomatie Frankreichs im Siebenjahrigen Krieg Berlin 2006 S 144 Das Steueraufkommen Paderborns belief sich im Frieden nur auf etwa 70 000 Reichstaler im Jahr Wolfgang Burgdorf Der Kurfurst von Koln solle fur einen weltlichen Kurfursten erklart verheiratet und die Kur auf seine Deszendenten festgestellt werden Clemens August der Siebenjahrige Krieg und die Folgen In Frank Gunther Zehnder Hrsg Im Wechselspiel der Krafte Politische Entwicklungen des 17 und 18 Jahrhunderts in Kurkoln Der Riss im Himmel Bd 2 Koln 1999 S 23 42 hier S 27 Gunter Christ Maximilian Franz Erzherzog von Osterreich Kurfurst und Erzbischof von Koln In Neue Deutsche Biographie NDB Band 16 Duncker amp Humblot Berlin 1990 ISBN 3 428 00197 4 S 502 506 Digitalisat Jutta Nowosadtko Stehendes Heer im Standestaat Das Zusammenleben von Militar und Zivilbevolkerung im Furstbistum Munster 1650 1803 Forschungen zur Regionalgeschichte Bd 59 Schoningh Paderborn 2011 S 45 47 260 Die Einschatzung des Marschalls Soubise Ebd S 264 Dieter Zeigert Die munsterschen Truppen und ihre Ubernahme in das preussische Heer 1802 1803 Westfalische Zeitschrift 141 S 213 Stehende Heere im Heiligen Romischen Reich Fruhe Neuzeit Badische Armee Bayerische Armee Braunschweigische Armee Hessen darmstadtische Armee Hessen kasselsche Armee Kaiserliche Armee Kurhannoversche Armee Kurmainzische Armee Kurkolnische Armee Kurpfalzische Armee Kurtrierische Armee Mecklenburger Militar Munstersche Armee Preussische Armee Sachsische Armee Furstbischoflich wurzburgische Armee Wurttembergische Armee Siehe auch Stehendes Heer und Heiliges Romisches Reich Fruhe Neuzeit Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Munstersche Armee amp oldid 224021941