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Das Kloster Lippoldsberg auch Lipsberg ist ein ehemaliges Kloster der Benediktinerinnen das den Ursprung des Ortes Lippoldsberg an der Weser im nordlichen Hessen bildete Klosteranlage von WestenKlosterkirche von Suden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Klosterkirche 2 1 Taufstein 2 2 Orgel 3 Chroniken 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksGeschichte Bearbeiten nbsp Blick von der Nonnenempore nach Osten nbsp Blick aus dem Chorquadrum nach WestenZwischen 1051 und 1059 kam Erzbischof Lippold von Mainz in das heutige Lippoldsberg und veranlasste den Bau einer ersten holzernen Kirche Anlass war vermutlich die gunstige Lage Lippoldsberg lag an einer der wenigen Furten an der Oberweser und am Weg vom Rhein uber Geismar nach Thuringen Das Gelande erwarb er von der Abtei Corvey Lippolds Nachfolger Siegfried legte als er 1078 fur vier Jahre wahrend des Investiturstreits in die Gefangenschaft Kaiser Heinrichs IV geriet ein Gelubde ab in Lippoldsberg eine steinerne dem heiligen Georg gewidmete Kirche zu errichten Die Kirche wurde reich ausgestattet Ihr wurden die Mainzer Eigenkirche von Oedelsheim sowie die Geistlichen von funf um Lippoldsberg liegenden Ortschaften darunter Bodenfelde unterstellt Im Jahr 1086 grundete Erzbischof Ruthard dort das Frauenkloster oder Frauenstift und bis etwa 1093 erfolgt der Bau von Klosteranlagen Das Vogteirecht fur das Kloster sollte bei den Grafen von Northeim liegen Die erste eigentliche Urkunde des Klosters die Eidesurkunde der Nonnen ist auf 1099 1101 zu datieren Darin verpflichteten sich 25 Nonnen nach dem Vorbild des Klosters St Agnes in Schaffhausen den Regelungen der Hirsauer Reform als Benediktinerinnen zu folgen Dieser bekannt gewordene Nonneneid wurde von insgesamt 117 fuhrenden Bischofen Abten und weltlichen Fursten unterzeichnet 1137 wahlte der Konvent den Augustinerchorherren Gunther zum Propst der zwar widerstrebte aber vom Papst selbst bestatigt wurde Er baute relativ bald eine neue Kirche die bereits 1151 geweiht werden sollte Sie ist der erste durchgewolbte Kirchenbau der Region begonnen zusammen mit dem allerdings erst 1181 vollendeten Wormser Dom s u Im Jahr 1151 erschien auch das von der Abtissin Margarethe in Auftrag gegebene Chronikon welches uber die ersten 100 Jahre der Klostergeschichte berichten soll Da ein Grossteil der Beschaftigung der Nonnen in dem Kopieren von Buchern und sonstigen Schriftstucken bestand wuchs die Bibliothek des Klosters schon bis zur Erstellung des Chronikon auf die fur damalige Verhaltnisse grosse Zahl von 61 Banden an Die im Chronikon uberlieferte Bestandsliste bietet wesentliche Einblicke in die Geisteswelt des 12 Jahrhunderts Das Kloster florierte trotz einiger Ruckschlage in den folgenden Jahrhunderten so dass man bald die Errichtung einer Schutzburg der Vorlauferin der spateren Sababurg finanzieren konnte nbsp AltarfensterIm Jahre 1526 fuhrte Landgraf Philipp I die Reformation in der Landgrafschaft Hessen ein Wie an vielen anderen Orten blieb das Kloster zunachst weiter bestehen Erst im Marz 1538 wurde in einem Vergleich zwischen dem Landgrafen und dem Herzog von Braunschweig die Schliessung des Klosters und die Aufteilung des Besitzes festgelegt Die Landguter des Klosters fielen an die Herzoge von Braunschweig das Kloster und das Dorf verblieben im Besitz der hessischen Landgrafen In den 1540er Jahren erfolgte ein Aufnahmestopp fur Novizinnen so dass das allmahliche Aussterben des Klosters vorbestimmt war 1562 schenkte Landgraf Ludwig IV von Hessen Marburg das Klostergut samt zwei Meierhofen seinem Statthalter und Berater Burkhard VI von Cramm in dessen Familie es mehrere Generationen verblieb 1 1563 wurde der Klosterbesitz inventarisiert Im Jahre 1564 wurde der erste protestantische Pfarrer in sein Amt als Pfarrer von Lippoldsberg eingefuhrt Er teilte sich mit dem Kloster die Kirche bis die Nonnen mit der letzten Abtissin Lutrudis von Boyneburg im Jahr 1569 ausstarben Die Klosterkirche ging zur weiteren Nutzung vollstandig an die evangelische Gemeinde uber und die Geschichte des eigentlichen Klosters endete Die Klosteranlage machte in der Folgezeit weitere Wirren durch Im Jahr 1644 wurde im Laufe des Dreissigjahrigen Krieges der Turm der Kirche auf den sich die Bevolkerung gefluchtet hatte beschossen bis er Feuer fing Die Kirche nahm allerdings wenig Schaden und der Turm wurde bis 1667 erneuert Um das Jahr 1713 wurde der ungenutzte Westflugel des Klosters vom Landgrafen Karl von Hessen Kassel zu einem Jagdschloss umgebaut Im Jahr 1722 erhielt der Kirchturm die heutige barocke Haube Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das sogenannte Jagdschloss im Westflugel des Klosters von dem volkischen Schriftsteller Hans Grimm erworben In dieser Anlage wurden in den 1960er Jahren Mosaikreste und Saulen gefunden die auf die ursprungliche Anordnung des Kreuzganges schliessen lassen Klosterkirche Bearbeiten nbsp Scheiben wur fel kapi telle mit LiliensymbolDie Klosterkirche ist eine romanische Basilika mit dreiteiliger Choranlage mit Apsidenschluss ausladendem Querhaus dreischiffigem Langhaus und ehemals zweiturmiger Westfassade deren nordlicher Turmaufsatz nach Zerstorung im Dreissigjahrigen Krieg nicht wiedererrichtet wurde Der heute steinsichtige Aussenbau wird von der klaren kubischen Gestaltung der Baukorperform ohne jegliche Artikulation durch Gesimse oder Lisenen bestimmt und auch die Portale sind durch ihre reine Rahmenform ohne Relief bestimmt Der Kirchenraum ist wie der wie der Speyerer Dom seit dessen Ausbau von 1080 1106 im gebundenen System uber rechteckige Wandvorlagen mit Viertelkreisabkragungen und Gurtbogen kreuzgratgewolbt die Seitenschiffsarkaden werden von Zwischenpfeilern getragen deren abgefaste Kanten durch Ecksaulen mit Wurfelkapitellen betont sind Die Gewolbe haben rundbogige Gurt und Schildbogen aber die Grate verlaufen in Vierung und Querhaus schon etwas spitzbogig gehoren zu den fruhesten Spitzbogengewolbe in Deutschland sind aber wohl junger als die ersten ebenfalls spitzbogigen Bandrippengewolbe des Wormser Doms 2 Das Westjoch des dreijochigen Mittelschiffs nimmt die Nonnenempore uber einer dreischiffig gewolbten Eingangshalle ein Die Wurfelkapitelle der tragenden Saulen sind teilweise mit Liliensymbolen geschmuckt Das in der Lippoldsberger Klosterkirche verwirklichte Formensystem fand Nachfolge in weiteren Klosterkirchen im Weserraum und sogar im Lubecker Dom 3 nbsp Mittelschiff nach Westen Nonnenempore nbsp Nordseitenschiff n Westen nbsp Chorquadrum und rechte Nebenkapelle nbsp Rechte Nebenkapelle nbsp Vierung und SudquerhausZur mittelalterlichen Ausstattung der Klosterkirche hatte ein Lettner am Choreingang gehort den der Kasseler Baumeister Daniel Engelhard 1822 zur Aufstellung eines Kanzelaltares beseitigte dessen Fundament aber 1925 archaologisch nachgewiesen werden konnte Im Vorfeld seiner Restaurierung der Lippoldsberger Klosterkirche konnte Carl Schafer 1868 verschiedene historische Ausmalungsschichten nachweisen 4 Unter einer 1694 datierten hellpfirsichfarbenen Malschicht mit blauen Gesimsen und Fenstereinfassungen sowie einer im Querhausbereich gefundenen spatgotischen Ornamentmalerei entdeckte Schafer die noch weitgehend erhaltene romanische die architektonische Gliederung artikulierende Erstausmalung mit Ornamentfriesen Saulenarkaden der Fenster rippenartigen Betonungen der Gewolbegrate und einer figurlichen Ausmalung der Apsis Die von Schafer nachfolgend wiederherstellte Gesamtausmalung des Kirchenraums wurde bei der Entrestaurierung der Kirche 1956 als vermeintlich historistische Neuausmalung zugunsten der heutigen Steinsichtigkeit beseitigt 5 Taufstein Bearbeiten Spatromanischer Taufstein nbsp nbsp nbsp nbsp Im Zuge der Schaferschen Restaurierung wurde der zwischen 1230 und 1240 geschaffene reich mit szenischen Darstellungen und Figuren verzierte spatromanische Taufstein der wohl im Laufe der Bildersturmerei zur Zeit des Landgrafen Moritz aus der Kirche entfernt und im Kirchhof als Traufe oder Tranke eingegraben worden war wieder im Kirchenraum aufgestellt Aus den Resten des ehemaligen Lettners schuf Schafer eine nicht erhaltene Kanzel Orgel Bearbeiten Im Zuge der Restaurierung der Klosterkirche durch Carl Schafer erhielt sie 1878 eine neue Orgel aus der Werkstatt der Gebruder Euler in Gottsburen die bei der erneuten Wiederherstellung im Jahr 1959 durch Friedrich Euler Hofgeismar in einem modernen asymmetrischen Prospekt umgebaut und dabei um ein drittes Manual erweitert wurde Das Instrument hat seither die folgende Disposition 6 nbsp Die Lippoldsberger OrgelII Hauptwerk C f31 Gedacktpommer 16 2 Principal 8 3 Spitzflote 8 4 Gedackt 8 5 Oktave 4 6 Gedacktflote 4 7 Quinte 2 2 3 8 Flageolett 2 9 Terz 1 3 5 10 Rauschwerk III 2 11 Mixtur IV12 Schalmeioboe 8 III Schwellwerk C f313 Singend Principal 8 14 Lieblich Gedackt 8 15 Holzprincipal 4 16 Gemshorn 4 17 Oktave 2 18 Quinte 2 2 3 19 Flageolett 2 20 Nasard 1 1 3 21 Scharff IV 1 22 Trompete 8 Tremulant I Ruckpositiv C f323 Gedackt 8 24 Nachthorn 4 25 Quintade 4 26 Prinzipal 2 27 Blockflote 1 28 Gedacktflote 4 29 Zimbel III 1 4 Tremulant Pedal C d130 Prinzipalbass 16 31 Subbass 16 32 Oktavbass 8 33 Gedacktbass 8 34 Oktavbass 4 35 Rauschpfeife IV36 Posaune 16 37 Klarine 4 Koppeln III II I II III P III P I PDie Klosterkirche verfugt ausserdem uber eine 1964 von Paul Ott aus Gottingen geschaffene Chororgel Manual C d31 Gedackt 8 2 Rohrflote 4 3 Prinzipal 2 4 Mixtur II IIIBass und Diskantteilung fur alle RegisterChroniken BearbeitenDie Geschichtsschreibung des Klosters Lippoldsberg beruht vor allem auf drei wesentlichen Aufzeichnungen dem Lippoldsberger Chronikon welches im Jahr 1151 die Fruhzeit des Klosters berichtet und vollstandig erhalten ist der bis 1437 zuruckreichenden Itterschen Turmknaufchronik welche Amtsvogt Conrad Itter 1722 verfasste und die durch ihre Verwahrung im namengebenden Turmknauf der Klosterkirche die Jahrhunderte uberstand der Chronik die im Jahr 1913 Pfarrer Carl Emil Stock vor allem aus den Pfarrarchiven als Versuch erstellte die Lucke von 1722 bis 1913 zu schliessen Literatur BearbeitenDieter Grossmann Kirche und Kloster St Georg Lippoldsberg Evang Pfarramt Lippoldsberg 1961 Jochen Desel Das Kloster Lippoldsberg und seine auswartigen Besitzungen Gutenberg Melsungen 1967 Johann Josef Boker Die Lippoldsberger Bauschule Zu Soziogenese und Rezeption einer Kirchenbauform des 12 Jahrhunderts In Franz J Much Hrsg Baukunst des Mittelalters in Europa Hans Erich Kubach zum 75 Geburtstag Gesellschaft fur Kunst und Denkmalpflege Stuttgart 1988 S 123 140 Thorsten Quest Uta Schafer Richter Dorfleben Die Geschichte der Dorfer Lippoldsberg und Vernawahlshausen Herausgegeben von der Gemeinde Wahlsburg Verlag Die Werkstatt GmbH Gottingen 1989 Mareike Liedmann Die Klosterkirche Lippoldsberg und die Frage mittelalterlicher Architekturrezeption zwischen Weser und Ostsee Regensburg 2018 Einzelnachweise Bearbeiten Helpoldessen Historisches Ortslexikon fur Hessen Stand 23 November 2022 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Dehio Handbuch Rheinland Pfalz Saaarland Deutscher Kunstverlang 1984 S 1159 Dehio Handbuch Hamburg Schleswig Holstein Deutscher Kunstverlag 2009 S 476 Carl Schafer Gutachten die Untersuchung und Aufdeckung der ubertunchten Wandmalereien in der Kirche zu Lippoldsberg betreffend In Carl Schafer Von deutscher Kunst und nachgelassene Schriften Wilhelm Ernst Berlin 1910 S 47 53 Hermann Schmidt Die Restaurierung der Lippoldsberger Klosterkirche In Heimatbuch fur den Kreis Hofgeismar 1960 S 30 33 Disposition der Orgel auf der Website der KlosterkircheWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Kloster Lippoldsberg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Kloster Lippoldsberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Benediktinerinnenkloster Lippoldsberg Kloster und Orden Stand 2 August 2022 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 5 August 2022 Kunsthistorische Einordnung der Klosterkirche Informationen uber die Kirche des ehemaligen Klosters in Lippoldsberg Normdaten Korperschaft GND 3010832 9 lobid OGND AKS 51 6254 9 5575 Koordinaten 51 37 31 4 N 9 33 27 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kloster Lippoldsberg amp oldid 239111307