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Nach einem heute veralteten Modell lassen sich die Zweige der indogermanischen Sprachfamilie in zwei Gruppen einteilen Kentumsprachen und Satemsprachen Diese Unterscheidung beruht auf der Entwicklung der ursprunglichen palatalen Gaumenlaute Tektale k g und g ʰ In den Kentumsprachen verloren diese Laute ihren palatalen Charakter und fielen dadurch mit den velaren Gaumenlauten k g und gʰ zusammen Die Labiovelare kʷ gʷ und gʷʰ blieben dagegen erhalten In den Satemsprachen wurden die ererbten palatalen Gaumenlaute dagegen palatalisiert d h regelhaft zu verschiedenen stimmlosen oder stimmhaften Sibilanten oder Affrikaten weiterentwickelt Die velaren und labiovelaren Gaumenlaute fielen durch Aufgabe der Lippenrundung zu einer Lautreihe zusammen Kentumsprachen blau und Satemsprachen rot um 500 v Chr Die Bezeichnungen Kentumsprachen und Satemsprachen sind aus zwei Wortern fur hundert abgeleitet namlich lateinisch centum und jungavestisch satem August Schleicher Franz Bopp und andere vertraten ursprunglich die Auffassung die Kentumsprachen seien der westliche Zweig der indogermanischen Sprachen und die Satemsprachen der ostliche Zweig Man vermutete dass die Aufteilung auf eine fruhe Verzweigung gemass der Stammbaumtheorie zuruckgehe Diese Auffassungen sind inzwischen relativiert worden und haben als Theorie nur noch historische Bedeutung Inhaltsverzeichnis 1 Die verwandtschaftliche Einordnung und Gliederung des Indogermanischen 2 Lautverschiebungen in den Kentum und Satemsprachen 3 Relevanz der Einteilung 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDie verwandtschaftliche Einordnung und Gliederung des Indogermanischen BearbeitenSchon in fruher Zeit als die Keimzellen der spateren indogermanischen Einzelsprachen einander noch verhaltnismassig ahnlich waren wurde die Gesamtheit des Indogermanischen in zwei grosse Gruppen geschieden Die Satem Sprachen stellen das Indische Altindisch Vedisch und Sanskrit das Iranische Altiranisch Avestisch und Altpersisch das Armenische das Thrakische und das Phrygische das Albanische das Baltische Litauisch Lettisch Altpreussisch das Slavische d h Sudslawisch Bulgarisch Serbo Kroatisch Slovenisch Ostslavisch Grossrussisch Ukrainisch oder Kleinrussisch Weissrussisch und Westslavisch Polnisch Tschechisch und Slowakisch Wendisch oder Sorbisch Die Kentum Sprachen umfassen das Griechische Altgriechisch Ionisch Attisch Achaisch Dorisch Nordwestgriechisch das Italische d h Latino Faliskisch mit dem Lateinischen und den daraus entstandenen romanischen Sprachen und Oskisch Umbrisch das Keltische d h das Goidelische Irisch Schottisch Galisch und Manx die Sprache der Insel Man und das Britannische Kymrisch Kornisch Bretonisch ferner das Altgallische das Venetische in Oberitalien das Illyrische wozu im alten Italien das Messapische das Tocharische noch im 7 Jahrhundert nach Christus in Turkistan gesprochen das Hethitische im 2 Jahrtausend vor Christus in Kleinasien dazu das Luvische das Germanische 1 Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal beider Sprachgruppen ist die verschiedene Behandlung der grundsprachlichen gutturalen Verschlusslaute Wahrend die Palatale in den Kentum Sprachen als k Laute erhalten blieben und mit den Velaren zusammenfielen indogermanisch kmtom 100 griechisch e aton latein centum altirisch cet tocharisch kant gotisch hund gotisch hund wurden sie in den Satem Sprachen in Zischlaute verwandelt altirisch satam avestisch satǝm litauisch sim tas Andererseits fielen die Labio velare in den Satem Sprachen mit den Velaren zusammen wurden also reine k Laute indogermanisch qṷi qṷo als Stamm des Interrogativums altirisch kaḥ avestisch kō litauisch kas wer blieben aber in den Kentum Sprachen von diesen gesondert und nahmen eine vielfaltig verschiedene Entwicklung wobei haufig das labiale Element Oberhand gewann griechisch tis wer poṽ wo latein quis oskisch umbrisch pis kymrisch pwy hethitisch kuis gotisch ƕas wer Innerhalb der Kentum Sprachen nimmt das Germanische eine durchaus selbstandige Stellung ein Es ist von den ubrigen Gliedern dieser Gruppe durch einschneidende Neuerungen auf dem Gebiet des Lautstands und des Formenschatzes scharf geschieden Die wichtigsten dieser Neuerungen welche das Germanisch von allen anderen indogermiaschen Sprachen unterscheidet sind Die Festlegung des indogermanischen freien Wortakzents auf die erste Silbe des Wortes Die sogenannte erste oder germanische Lautverschiebung Die Entwicklung der indogermanischen sonantischen Liquiden und Nasale r l ṃ ṇ zu ur ul um un Der Zusammenfall der Vokale ặ und ǒ in ặ und a und ō in ō ahnlich auch in anderen Sprachen Die besonderen Auslautgesetze Die systematische Verwendung des indogermanischen Ablautsystems im Ausbau des starken Verbums Der Synkretismus einer Reihe von Casus in der Nominal und Pronominaldeklination Der Ausbau der n Deklination beim Substantiv die sogenannte schwache Deklination Die Ausbildung und Scheidung einer starken und schwachen Adjektiv Deklination Der Verlust mehrerer Formenkategorien namentlich auf dem Gebiet der Tempora und Modi beim Verbum Die Schaffung des schwachen Prateritums Lautverschiebungen in den Kentum und Satemsprachen BearbeitenDieser Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung Der Text ist verwirrend und tw unverstandlich formuliert Bitte hilf mit ihn zu verbessern und entferne anschliessend diese Markierung Die Differenzierung aufgrund der Lautverschiebungen zeigt die Entwicklung von drei Isoglossen innerhalb der indogermanische Sprachfamilie anhand der dorsalen Konsonanten auf 2 Fur die indogermanische Ursprache wurden tektale Plosive rekonstruiert die an drei Artikulationsorten im Bereich des Gaumendachs gebildet werden Palatale werden am vorderen harten Gaumen und Velare am hinteren weichen Gaumen artikuliert Labiovelare werden wie Velare artikuliert aber mit gleichzeitiger Lippenrundung 3 palatal velar labiovelarStimmlose Plosive k k kʷStimmhafte Plosive g g gʷAspirierte stimmhafte Plosive g ʰ gʰ gʷʰDie Fortsetzungen in den indogermanischen Sprachzweigen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen Bei den Kentumsprachen fielen die Palatale mit den Velaren zusammen k k k wahrend die Labiovelare erhalten blieben So wurde im Latein k m tom zu centum lat lt c gt wird als k ausgesprochen Weitere Kentumsprachen sind das Griechische die germanischen Sprachen die keltischen Sprachen das Hethitische und das Tocharische In den Satemsprachen fielen dagegen labiovelare und velare Plosive zusammen k kʷ k und das palatale k wurde allmahlich zu einem Zischlaut s bzw ʃ Dieser Lautwandel trat z B bei den indoiranischen Sprachen auf zu denen Sanskrit Persisch und Avestisch gehoren Im Avestischen wurde k m tom zu satem Auch in den fruhen slawischen und baltischen Sprachen sowie im Albanischen gab es diesen Vorgang Einige Nachfolgesprachen des Lateinischen entwickelten sich spater ahnlich so heisst das lateinische centum im Spanischen heute cien 8ien im Franzosischen cent sɑ und im Italienischen cento tʃɛnto Die Kentum Satem Unterscheidung lasst sich wie folgt zusammenfassen am Beispiel der stimmlosen Plosive palatal velar labiovelarProtoindoeuropaisch k k kʷKentumsprachen k kʷSatemsprachen k kRelevanz der Einteilung Bearbeiten nbsp Vermutete Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der indoeuropaischen Sprachfamilie Die roten Linien deuten Sprachkontakte an Vor hundert Jahren nahm man an dass sich das Indogermanische zuerst in zwei Sprachen geteilt habe eine Kentumsprache im Westen und eine Satemsprache im Osten Alle damals bekannten westlichen indogermanischen Sprachen schienen Kentumsprachen und alle ostlichen Satemsprachen zu sein Doch nicht erst die Entdeckung des kentumsprachlichen Hethitischen und noch mehr des Tocharischen das im Gebiet des heutigen China entdeckt wurde widersprechen dieser Annahme So steht zum Beispiel auch das satemsprachliche Armenisch dem kentumsprachlichen Griechisch am nachsten Auch innerhalb des anatolischen Zweiges gibt es mit dem Hethitischen zwar eine Kentumsprache doch zeigen z B das Luwische 4 und das Lykische 5 eine Satementwicklung der Palatale und keinen Zusammenfall der drei tektalen Verschlusslautreihen Zudem erfolgte die Satemisierung erst zu einer Zeit als sich die Einzelsprachen bereits herausgebildet hatten Daher ist dieser Lautwandel fur die Frage nach der Aufgliederung nicht relevant 6 7 8 Die tatsachlichen Verhaltnisse sind viel komplexer Beispielsweise werden in einem vereinfachenden Stammbaum Modell die Sprachkontakte nicht berucksichtigt Sie sind jedoch fur eine korrekte Rekonstruktion der Entwicklung unverzichtbar vgl die Grafik rechts In nichtwissenschaftlichen Kreisen wird der auffallige Unterschied zwischen Kentum und Satemsprachen immer noch falschlich fur eine genealogische Unterteilung der indogermanischen Sprachen herangezogen 9 10 Siehe auch BearbeitenUrindogermanische LauteWeblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Kentumsprache Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary Satemsprache Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Krahe Hans Verfasser Seebold Elmar Mitwirkender Historische Laut und Formenlehre des Gotischen Zugleich eine Einfuhrung in die germanische Sprachwissenschaften Hrsg Krahe Hans 2 Aufl bearb von Elmar Seebold Carl Winter Universitatsverlag Heidelberg 1967 S 11 12 J P Mallory D Q Adams Hrsg The Encyclopedia of Indo European Culture 1997 S 461 Hans Krahe Einleitung in das vergleichende Sprachstudium Institut fur vergleichende Sprachwissenschaften der Universitat Innsbruck 1970 ISBN 3 85124 500 8 S 43 Online PDF Michael Meier Brugger Indogermanische Sprachwissenschaft 8 uberarbeitete und erganzte Auflage Walter de Gruyter Berlin New York 2002 S 130 134 Ignacio Javier Adiego Greek and Lycian In Anastasios Phoibos Christidis Hrsg A History of Ancient Greek From the Beginnings to Late Antiquity Cambridge University Press Cambridge 2007 ISBN 978 0 521 83307 3 S 766 767 Johann Tischler Hundert Jahre kentum satem Theorie Indogermanische Forschungen 1990 95 63 98 Michael Meier Brugger 2010 L339 Indogermanische Sprachwissenschaft Berlin De Gruyter Wolfram Euler und Konrad Badenheuer Sprache und Herkunft der Germanen Verlag Inspirations Un Limited Frankfurt 2009 36 Wolfram Euler und Konrad Badenheuer Sprache und Herkunft der Germanen Verlag Inspirations Un Limited Frankfurt 2009 29 36 J P Mallory D Q Adams Hrsg Proto Indo European Encyclopedia of Indo European Culture London Chicago Fitzroy Dearborn Publishers 1997 ISBN 1 884964 98 2 S 461 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kentum und Satemsprachen amp oldid 236445416