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Die anatolischen Sprachen bilden einen ausgestorbenen Sprachzweig der indogermanischen Sprachfamilie und wurden in Anatolien im zweiten und ersten Jahrtausend v Chr gesprochen Ihr wichtigster Vertreter ist das Hethitische Die altesten bislang gefundenen indogermanischen Schriftzeugnisse 17 Jahrhundert v Chr sind auf hethitisch verfasst Verbreitung der anatolischen Sprachen wahrend der Bronzezeit und Antike Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verwandtschaftsbeziehungen 2 Veranderungen vom Urindogermanischen zum Anatolischen 3 Gliederung des anatolischen Zweigs 4 Einzelnachweise 5 Literatur 6 WeblinksHerkunft und Verwandtschaftsbeziehungen BearbeitenDie anatolischen Sprachen bilden einen eigenstandigen Zweig des Indogermanischen Nach der derzeit in der Indogermanistik meistenteils vertretenen Theorie waren die Trager der anatolischen Sprachen aus dem unteren Wolgagebiet Sudrussland wahrscheinlich uber die Balkanhalbinsel alternativ uber den Kaukasus nach Kleinasien eingewandert Anhanger der konkurrierenden Anatolien Hypothese z B Colin Renfrew sehen aber Kleinasien selbst als die ursprungliche Heimat der Indogermanen an Die anatolischen Sprachen sind die altesten schriftuberlieferten indogermanischen Sprachen Zur Zeitstellung nehmen vergleichende Betrachtungen des mykenischen Griechisch der altesten hethitischen Schriftzeugnisse und der altesten indischen und iranischen Schriftdenkmaler eine gemeinsame Ursprache grob um 3000 v Chr an Gert Klingenschmitt stellte 2005 folgende Uberlegung dazu an Der durch Schriftdenkmaler bezeugte mykenische Dialekt um 1200 v Chr weist bereits eine historische Orthographie auf Die Schrifttradition des Griechischen durfte daher bereits alter sein und um 1400 v Chr begonnen haben Das Griechische war zu jener Zeit ausserdem bereits geringfugig dialektal differenziert so dass man fur das Urgriechische die erste Halfte des zweiten Jahrtausends v Chr annehmen darf In etwa die gleiche Zeit durfte das Urindoiranische die anzunehmende Grundsprache des Indischen und Iranischen reichen Die fruheste Bezeugung hethitischer Worter namentlich ispatallu Nachtquartier und isḫuil Lohnvertrag in den altassyrischen Texten Anatoliens 19 oder 18 Jahrhundert v Chr vgl Kultepe Bevolkerung lasst vermuten dass der spatestmogliche Zeitpunkt fur das Uranatolische am Ende des dritten Jahrtausends v Chr liegt Die hypothetische indogermanische Ursprache musste somit in die Zeit um 3000 v Chr gestellt werden oder etwas junger Viel junger aber nicht da die Aufspaltung der indogermanischen Sprachen wohl nicht lange nach der Erfindung des im gemeinsamen Grundwortschatz vorkommenden Rades wahrscheinlich um 3500 v Chr stattfand Die oft gemachte Annahme von 4000 v Chr halt Klingenschmitt damit fur unwahrscheinlich Diese Schlussfolgerung gilt freilich in umso starkerem Masse fur die Anatolien Hypothese die sogar eine Datierung um etwa 7000 v Chr voraussetzt Veranderungen vom Urindogermanischen zum Anatolischen BearbeitenPhonologie Die aspirierten Medien sind mit den einfachen Medien vollstandig zusammengefallen Tenues und h wohl x wie in Bach zwischen unakzentuierten Moren werden stimmhaft und verschmelzen mit dem Ergebnis dieses Zusammenfalls Spater werden die Tenues zu Geminaten jedenfalls zwischen Vokalen und die Medien stimmlos Die Laryngale sind oft im Uranatolischen vielleicht noch nahezu vollstandig als eigene Phoneme erhalten mindestens der zweite teils offenbar auch der dritte Die Lautfolge h w wird zu einem eigenstandigen uranatolischen Phonem xʷ Unakzentuierte aus dem Urindogermanischen ererbte Langvokale werden gekurzt Die Fortsetzung des uridg Langvokals e eː kontrastiert mit dem Ergebnis von eh das zu einem offeneren ǣ ɛː wird Bereits fruh moglicherweise aber noch nicht im Uranatolischen wird uridg ei monophthongiert und fallt mit uridg e zusammen wahrend uridg eṷ mit u aus anderen Quellen zusammenfallt Weitere Entwicklungen sind einzelsprachlich Nominalmorphologie Alle Kasus der indogermanischen Ursprache wurden erhalten Dativ und Lokativ weisen jedoch im Althethitischen dieselben Endungen auf Der althethitische Ablativ und Instrumental unterscheidet keinen Numerus mehr Ein Femininum existiert im Anatolischen nicht allenfalls Spuren d h es gibt nur ein Genus commune und ein Neutrum wahrscheinlich gab es aber auch im Urindogermanischen noch kein vollstandig grammatikalisiertes Femininum Dafur entwickelt das Anatolische Split Ergativitat markiert durch ein individualisierendes Suffix ent das erlaubte Neutra als Subjekte transitiver Verben einzusetzen Verbalmorphologie Das anatolische Verbalsystem weist erhebliche Unterschiede zur Verbalmorphologie der anderen indogermanischen Sprachzweige auf Das anatolische Verb verfugt uber zwei Tempora Prasens und Prateritum zwei Modi Indikativ und Imperativ sowie zwei Diathesen Aktiv und Mediopassiv Von den Modi Konjunktiv und Optativ finden sich keine Spuren sie sind wahrscheinlich nie aufgebaut worden Uber die ḫi Konjugation existieren die verschiedensten Hypothesen aus dem Medium aus dem Nomen aus der thematischen Verbalflexion nach einer alteren Hypothese entstammt sie einem unreduplizierten Perfekt wie etwa grundsprachlich ṷoi d h e ich weiss Keine der Hypothesen kann jedoch uberzeugend erklaren warum es beispielsweise zu den normalen mi Verben keinerlei Bedeutungsunterschiede gibt warum die ḫi Konjugation bei nasalinfigierten und bestimmten suffigierten Verben auftritt warum sie ein ganz normales Mediopassiv bei sich hat und vor allem warum die Pluralendungen identisch mit denen der mi Verben sind Der einzige Unterschied zu den mi Verben besteht in einem trotz aller Ursprunglichkeit sehr formenreichen Verbalsystem Mediopassiv vollstandig erhaltenes ererbtes Stativ System darin dass anstelle von 1 Sg mi 2 Sg si und 3 Sg ti als Singularendungen 1 Sg h ei 2 Sg th ei und 3 Sg ei verwendet werden Das weist deutlich darauf hin dass der Gebrauch dieser drei Endungen eine sekundare Besonderheit nur der anatolischen Sprachen darstellt Gliederung des anatolischen Zweigs BearbeitenDer anatolische Zweig der indogermanischen Sprachen wird meist in folgende Sprachen unterteilt Zentralanatolisch Hethitisch Westanatolisch Palaisch Lydisch Luwisch Keilschrift Luwisch Hieroglyphen Luwisch Pamphylisch Pisidisch Sidetisch Lykisch Lykisch A Lykisch B oder Milyisch KarischLuwisch Lykisch Karisch Pisidisch und Sidetisch werden gelegentlich als luwische Sprachen zusammengefasst da sie naher verwandt zu sein scheinen Mallory und Adams gliedern das Palaische mit dem Hethitischen in eine eigene Unterfamilie 1 Einzelnachweise Bearbeiten J P Mallory d Q Adams The Oxford Introduction to Proto Indo European and the Proto Indo European World Oxford University Press 2006 S 29 Literatur BearbeitenJay H Jasanoff Hittite and the Indo European Verb Oxford New York Oxford University Press 2003 ISBN 0 19 928198 X Gert Klingenschmitt Sprachverwandtschaft in Europa In Gene Sprachen und ihre Evolution Hrsg v Gunter Hauska Universitatsverlag Regensburg 2005 S 112 ISBN 3 930480 46 8 Alwin Kloekhorst Etymological Dictionary of the Hittite Inherited Lexicon Brill Leiden 2008 ISBN 90 04 16092 2 derzeit durchweg auf dem neuesten Forschungsstand basierende Etymologien einschliesslich der anatolischen Nachbarsprachen Craig Melchert Anatolian Historical Phonology Rodopi Amsterdam 1994 Sylvain Patri L alignement syntaxique dans les langues indo europeennes d Anatolie Studien zu den Boǧazkoy Texten 49 Harrassowitz Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 447 05612 0 Maciej Popko Volker und Sprachen Altanatoliens Harrassowitz Wiesbaden 2008 ISBN 978 3 447 05708 0 Elisabeth Rieken Der Archaismus des Hethitischen eine Bestandsaufnahme In Incontri Linguistici 32 Pisa und Rom 2009 ISSN 0390 2412 ISSN Elettronico 1724 1669 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Anatolisch Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Digital etymological philological Dictionary of the Ancient Anatolian Corpus Languages eDiAna Ludwig Maximilians Universitat Munchen abgerufen am 14 Marz 2017 Vorlage Cite web temporar Volker und Sprachen des Alten Anatoliens Ubersetzung des Buches Ludy i jezyki starozytnej Anatolii von Maciej Popko PDF 584 kB Normdaten Sachbegriff GND 4120140 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Anatolische Sprachen amp oldid 228888324