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Als Grande Coupure wird in der Palaontologie ein bedeutender Faunenaustausch bezeichnet der sich an der Wende Eozan Oligozan Grenze Priabonium Rupelium vor etwa 33 9 Mio Jahren ereignete Dieser Einschnitt war mit einem grossen Artensterben sowie einem markanten Temperaturabfall sowohl an Land als auch in den Weltmeeren verknupft Ein Grossteil der damaligen Palaeotherien fruhe Pferde Primaten Herrentiere Creodonta Urraubtiere und andere Tiergruppen fielen den stark veranderten Umweltbedingungen zum Opfer Neu entstandene Formen ersetzten daraufhin die ausgestorbenen Taxa Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Terminologie 2 Auswirkungen 2 1 Betroffene Faunengruppen 2 2 Neu erschienene Faunengruppen 3 Geochemische Trends in Tiefseesedimenten 4 Mogliche Ursachen 4 1 Plattentektonische Ursachen 4 2 Klimatische Veranderungen 4 3 Extraterrestrische Ursachen 5 Alter 5 1 Datierung anhand von Landsauger Faunengemeinschaften 6 Abschliessende Betrachtung 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseGeschichte und Terminologie BearbeitenDer Begriff Grande Coupure franzosisch grosser Ein Schnitt wurde 1909 vom schweizerischen Palaontologen Hans Georg Stehlin gepragt und in die wissenschaftliche Literatur eingefuhrt 1 Im Englischen wird die Bezeichnung Eocene Oligocene extinction event oder manchmal auch nur MP 21 event verwendet MP fur Mammal Paleogene Auswirkungen BearbeitenDie Bilanz der Grande Coupure fur Europa stellt sich folgendermassen dar Etwa 60 der eozanen Saugetiergattungen starben zu Beginn des Rupeliums Unteres Oligozan aus 66 der wahrend des Rupeliums existierenden Saugetiergattungen waren im Eozan noch nicht vorhanden so treten im Rupelium 13 vollig neue Familien mit 20 neuen Gattungen auf Insgesamt gesehen fuhrte die Grande Coupure zu einer entwicklungsgeschichtlichen Umwalzung Diversifizierung und Faunenerneuerung Faunenaustausch Im Einzelnen wurden folgende Faunengruppen vom Aussterben an der Wende Priabonium Rupelium betroffen Betroffene Faunengruppen Bearbeiten nbsp Der urtumliche Insektenfresser Leptictidium auderienseApatotheria Spitzmausahnliche deren Familie Apatemyidae vollstandig ausstarb Artiodactyla Paarhufer Waren weniger betroffen verloren aber einige Linien unter den Anoplotherioidea Dacrytheroidea Xiphodontoidea Die Familie der Choeropotamidae starb aus Carnivora Raubtiere wurden schwer betroffen Ihre Uberfamilie Arctoidea Marderartige Seehunde Baren etc verlor die Gattung Cynodictis die jedoch von Amphicyonodon ersetzt wurde Cetacea Wale Die Basilosauridae ein Seitenzweig der Archaeoceti sind wahrscheinlich unmittelbar nach der Grande Coupure erloschen Creodonta Urraubtiere Sie waren relativ wenig betroffen Pterodon erlosch Hyaenodon wurde allmahlich durch asiatische Taxa verdrangt Insectivora Insektenfresser Sie verloren die Amphilemuridae und die Nyctitheriidae Leptictida fruhe Insektenfresser Sie starben vollstandig aus Mesonychia Auch sie erloschen vollstandig Perissodactyla Unpaarhufer Equidae Pferde Bei ihnen wurden die Palaeotheriidae ein Urpferde Seitenzweig schwer getroffen Es uberlebten nur wenige Gattungen wie Palaeotherium und Plagiolophus das aber dann 2 Millionen Jahre nach dem Faunenschnitt ebenfalls ausstarb Tapiroidea Tapire Sie verloren die Familien Isectolophidae Lophialetidae Lophiodontidae Primaten Herrentiere Sie verschwanden mit dem Aussterben der Plesiadapiformes fast vollstandig aus Europa nur das Taxon Pseudoloris uberlebte in Spanien starb aber dann wahrend des Oligozans ebenfalls aus Proboscidea Russeltiere Sie verloren die Fruhform Barytherium Rodentia Nagetiere Bei ihnen endeten die Familien Isochromyidae Hornchenverwandte Protoptychidae Reithroparomyidae SciuravidaeNeu erschienene Faunengruppen Bearbeiten nbsp Eusmilus ein nach der Grande Coupure aufgetretener NimravideNeuerscheinungen im Rupelium waren Artiodactyla mit den Gelocidae Hypertragulidae Leptomerycidae Carnivora mit den Felidae Katzen Eusmilus Nimravus und Quercylurus Chiroptera Fledermause Die folgenden Familien entstanden unmittelbar nach der Grande Coupure Megadermatidae Phyllostomatidae Insectivora mit den Soricidae Soricoidea Lagomorpha Hasenartige Perissodactyla Unpaarhufer mit den Chalicotheriidae Ancylopoda Tapiridae Rhinocerotoidea Nashornartige darunter die Amynodontidae mit Cadurcotherium Hyracodontidae mit Paraceratherium Rhinocerotidae mit Epiaceratherium und Ronzotherium Rodentia Nagetiere darunter die Aplodontia Castoroidea Biber mit Stenofiber Caviomorpha Samtliche der auf Sudamerika beschrankten Familien durften aus einer an der Grande Coupure entstandenen Urform hervorgegangen sein Cylindrodontidae Eutypomyidae Heteromyidae Myomorpha mit Eomyidae Sciuroidea Hornchen mit Palaeosciurus TsaganomyidaeGemass J J Hooker u a 2004 wird die Grande Coupure in Europa durch den Ubergang von einer rein endemischen Fauna zu einer Mischfauna mit asiatischen Elementen gekennzeichnet Fur sie wurde die Fauna vor der Grande Coupure eindeutig von der perissodaktylen Familie der Palaeotheriidae von 6 artiodaktylen Familien Amphimerycidae Anoplotheriidae Cebochoeridae Choeropotamidae Dichobunidae und Xiphodontidae von der Nagerfamilie der Pseudosciuridae von den beiden Primatenfamilien Omomyidae und Adapidae sowie von der sehr urtumlichen Insektenfresserfamilie der Nyctitheriidae beherrscht Die Fauna nach der Grande Coupure beinhaltet echte Nashorner Familie Rhinocerotidae 3 artiodaktyle Familien Anthracotheriidae Entelodontidae und Gelocidae Vorlaufer resp der Flusspferde Schweine und Wiederkauer die Nagetierfamilien Castoridae Biber Cricetidae Hamster und die Insektenfresserfamilie Eomyidae Igel Nur die Beutelsaugerfamilie Herpetotheriidae die artiodaktyle Familie Cainotheriidae und die beiden Nagetierfamilien Theridomyidae und Gliridae wurden von der Grande Coupure nicht beruhrt 2 Geochemische Trends in Tiefseesedimenten BearbeitenGeochemische Untersuchungen an benthischen Foraminiferen aus Tiefseesedimenten haben fur die Grande Coupure folgende Ergebnisse geliefert Am auffalligsten ist ein sehr rascher Anstieg in den d18O Werten die so genannte Sauerstoffanomalie Oi 1 Dies deutet auf einen ausgepragten Temperaturabfall der Weltmeere an der Eozan Oligozan Grenze hin Ein genereller Temperaturabfall hatte zwar bereits am Ende des Ypresiums begonnen der Temperaturabfall wahrend der Grande Coupure war mit 1 d18O PDB jedoch markant Erst im Chattium stabilisierten sich die Temperaturen wieder Ab der Grande Coupure beginnt ein sehr deutlicher Anstieg im Strontiumisotopenverhaltnis 87Sr 86Sr der sich ins Neogen hin fortsetzt Erhohte Strontiumisotopenverhaltnisse lassen auf einen erhohten Sedimenteintrag schliessen welcher durch verstarkte orogene Aktivitaten ausgelost wird Gekoppelt an den Anstieg des Sauerstoffisotopenverhaltnisses ist ein leichter kurzzeitiger Anstieg des Kohlenstoffisotops d13C zu beobachten um ebenfalls knapp 1 der im Verlauf des Rupeliums wieder zuruckgeht und dann im Chattium wieder unter das alte Niveau absinkt Dieser etwas eigenartige Befund normalerweise fallen die Kohlenstoffwerte bei steigenden Sauerstoffwerten lasst sich eventuell durch eine erhohte biologische Produktion in den Weltmeeren erklaren In Sedimenten des Priaboniums wurden mindestens zwei Iridium Anomalien entdeckt die mit Meteoriteneinschlagen in Verbindung stehen und moglicherweise den generellen Abkuhlungstrend noch beschleunigten 3 Mogliche Ursachen BearbeitenDie moglichen Ursachen fur den Faunenschnitt sind vielfaltig folgende Moglichkeiten werden in Betracht gezogen Plattentektonik klimatische Veranderungen MeteoriteneinschlagePlattentektonische Ursachen Bearbeiten Fortgesetzte Norddrift der Sudkontinente weg von der Antarktis Offnung des Nordatlantiks zwischen Gronland und Norwegen Alpine Orogenetische Bewegungen Auffaltung und Heraushebung der Alpen Pyrenaen Rocky Mountains etc Klimatische Veranderungen Bearbeiten Die klimatischen Veranderungen waren kausal mit der Plattentektonik beziehungsweise mit der darauf beruhenden Kontinentalverschiebung verknupft So entstanden aufgrund der Norddrift der Sudkontinente Australien und Sudamerika neue Meeresarme namlich die Tasmanische Passage und die Drakestrasse dadurch war die Landmasse von Antarktika von nun an geographisch und thermisch isoliert letzteres aufgrund der Entstehung der starksten Meeresstromung der Erde des Antarktischen Zirkumpolarstroms Auf der Nordhalbkugel offnete sich der Nordatlantik und ermoglichte dadurch eine Verbindung zum Polarmeer Diese Neukonstellationen bewirkten eine Abkuhlung der Meerestemperaturen bis in tiefe Bereiche um 5 C Gleichzeitig kam es auf Antarktika zu ersten Vergletscherungen Demzufolge sank als Ruckkoppelungseffekt der Meeresspiegel um etwa 30 Meter und Schelfmeere fielen trocken darunter auch die zwischen Europa und Asien gelegene Turgai Strasse Dadurch konnten asiatische Faunengruppen nach Europa vordringen und die faunistischen Umwalzungen der Grande Coupure einleiten Das weltweite Absinken der Temperaturen hatte gravierenden Auswirkungen auf Flora und Fauna Existierte beispielsweise in Europa wahrend des Eozans noch eine subtropische Vegetation konnten sich ab der Grande Coupure aufgrund des kuhleren und gleichzeitig trockeneren Klimas ausgedehnte Steppengebiete etablieren Die endemische Fauna Europas sah sich somit einem mehrfachen evolutiven Stress ausgesetzt der durch neue Nahrungskonkurrenten globale Abkuhlung und damit verbundene Umweltveranderungen bewirkt wurde Im spaten Eozan vor rund 35 Millionen Jahren lag die atmospharische CO2 Konzentration noch im Bereich von 1000 ppm Parallel zu der vor 33 7 Millionen Jahren eintretenden globalen Abkuhlung markierte das Wachstum des antarktischen Eisschilds den Beginn des Kanozoischen Eiszeitalters Innerhalb kurzester Zeit nahm die CO2 Konzentration um 40 Prozent ab und sank moglicherweise fur einige Jahrtausende noch tiefer 4 Die Ursachen fur diesen nach geologischen Massstaben rapiden Klimawandel sind in manchen Details noch ungeklart Extraterrestrische Ursachen Bearbeiten Wie bei anderen grossen Faunenschnitten im Fossilbericht werden auch fur die Grande Coupure extraterrestrische Ursachen ins Feld gefuhrt So konnen zum Beispiel die Meteoritenkrater der Chesapeake Bay und von Toms Canyon zeitlich recht nahe sie sind etwa 1 Million Jahre alter an der Grande Coupure eingeordnet werden Hingegen betragt das Alter des 90 bis 100 km durchmessenden Popigai Kraters im nordlichen Sibirien laut einer neuen Datierung 33 7 Millionen Jahre Dieses Impakt Ereignis liegt damit unmittelbar an der Eozan Oligozan Grenze und konnte ursachlich mit dem damaligen Massensterben verknupft sein 5 Alter BearbeitenDie Wende Priabonium Rupelium und damit die Grande Coupure wird absolut mit 33 9 0 1 Millionen Jahre BP datiert 6 Der GSSP fur dieses Ereignis befindet sich in marinen Schichten bei Massignano in Italien Er ist durch das Verschwinden der planktonischen hantkeniniden Foraminiferen definiert letztes Auftreten von Turborotalia azulensis Der GSSP entspricht ferner dem Ende der planktonischen Foraminiferenstufe P 17 innerhalb der Nannofossilzone NP 21 und liegt innerhalb der magnetischen Anomalie C 13r 1 Das Auftreten erster asiatischer Faunen lasst sich in Nordwesteuropa im untersten Oligozan um 33 5 Millionen Jahre nachweisen d h die Grande Coupure erstreckte sich uber einen Zeitraum von etwa 350 000 Jahren 2 Datierung anhand von Landsauger Faunengemeinschaften Bearbeiten Fur das Palaogen wurde eine ausfuhrliche Chronologie anhand der gefundenen Landsaugerassoziationen aufgestellt engl land mammal ages oder LMA Diese fossilen Faunengemeinschaften fallen fur die einzelnen Kontinente sehr unterschiedlich aus folglich besitzt jeder Kontinent seine eigenen chronologischen Stufen Asien ALMA Europa ELMA Nordamerika NALMA und Sudamerika SALMA In Europa liegt die Grande Coupure zwischen den Stufen Headonium und Suevium bzw zwischen den Stufen MP 20 und MP 21 gekennzeichnet durch das letzte Auftreten engl last appearance date oder LAD der Xiphodontidae und kurz darauf der Amphimerycidae sowie von Palaeotherium erstmals auftraten engl first appearance oder FAD die Castoridae Cricetidae Entelodon und die Rhinocerotidae In Asien wird die Grande Coupure als Mongolische Umwalzung engl Mongolian Revolution bezeichnet die zwischen den Stufen Ergilium und Shandgolium erfolgte In Nordamerika liegt die Grande Coupure zwischen den Stufen Chadronium und Orellum gekennzeichnet durch das letzte Auftreten der Brontotheriidae Cylindrodontidae und Oromerycidae sowie dem erstmaligen Erscheinen der Suoidea Schweine und der Gattung Hypertragulus calcaratus In Sudamerika ist sie zwischen den Stufen Mustersum und Tinguiriricum angesiedelt Abschliessende Betrachtung Bearbeiten nbsp Die Grande Coupure letzter Peak rechts im Vergleich zu anderen Massenaussterben im Verlauf des PhanerozoikumsDie Grande Coupure war zweifellos ein bedeutender Einschnitt in die Faunenvielfalt siehe Massenaussterben insbesondere in Europa Das mit ihr verknupfte Artensterben vorwiegend bei den Saugetieren erreichte aber bei weitem nicht die Ausmasse der als Big Five die Grossen Funf bezeichneten Ereignisse Wenden Ordovizium Silur Oberes Devon Kellwasser Ereignis Perm Trias Trias Jura und Kreide Palaogen Ausserdem ist die Grande Coupure im Zeitabschnitt Mittleres Eozan Lutetium bis Unteres Oligozan kein singulares Ereignis sondern wird von mehreren kleineren Zasuren flankiert Siehe auch BearbeitenOligozanLiteratur BearbeitenF Gradstein J Ogg A Smith A Geological Time Scale Cambridge University Press 2004 ISBN 0 521 78673 8 Weblinks BearbeitenUrsprungliche Arbeit Stehlin s aus dem Jahr 1909Einzelnachweise Bearbeiten Stehlin H G Remarques sur les faunules de Mammiferes des couches eocenes et oligocenes du Bassin de Paris In Bulletin de la Societe Geologique de France 9 vierte Serie 1909 S 488 520 a b Hooker J J Collinson M E amp Sille N P Eocene Oligocene mammalian faunal turnover in the Hampshire Basin UK calibration to the global time scale and the major cooling event In Journal of the Geological Society Band 161 2004 Coccioni R et al Marine biotic signals across a late Eocene impact layer at Massignano Italy In Terra Nova Band 12 2000 S 258 263 Mark Pagani Matthew Huber Zhonghui Liu Steven M Bohaty Jorijntje Henderiks Willem Sijp Srinath Krishnan Robert M DeConton The Role of Carbon Dioxide During the Onset of Antarctic Glaciation In Science 334 Jahrgang Nr 6060 Dezember 2011 S 1261 1264 doi 10 1126 science 1203909 englisch pdfs semanticscholar org Memento des Originals vom 20 Februar 2019 im Internet Archive abgerufen am 9 August 2019 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot pdfs semanticscholar org Becky Oskin Russia s Popigai Meteor Crash Linked to Mass Extinction livescience 13 Juni 2014 I Premoli Silva amp D G Jenkins Decision on the Eocene Oligocene boundary stratotype In Episodes Band 16 1993 S 379 382 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grande Coupure amp oldid 227816060