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Die Magnetostratigraphie auch magnetische Stratigraphie ist in der Erdgeschichte ein Teilgebiet der Stratigraphie das sich mit dauerhaft magnetisierten Gesteinseinheiten und deren zeitlicher Abfolge befasst Sie basiert auf den Wechseln der Polaritat des Erdmagnetfelds umgangssprachlich Polsprung die sich in der Erdgeschichte sehr haufig ereignet haben 1 Die Methode ist allerdings nur in Kombination mit anderen Methoden der Stratigraphie sinnvoll z B der Biostratigraphie 2 Lithostratigraphie 3 Chronostratigraphie 4 oder der Radiocarbonmethode 5 kann dann allerdings eine noch feinere Auflosung als bspw die Biostratigraphie allein erreichen Das Ergebnis ist eine Polaritats Zeit Skala die die Polaritatswechsel im Erdmagnetfeld in einer zeitlichen Abfolge darstellt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Grundlagen der Methodik 3 Einheiten 4 Die magnetostratigraphische Zeitskala 4 1 Geochronologische Phasen 5 Andere Anwendungen 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Nachweis der Umkehr des Erdmagnetfeldes aus palaomagnetischen Messungen gelang erstmals Bernard Brunhes vom Observatorium des Puy de Dome im Jahre 1905 In den 1950er Jahren fanden Keith Runcorn Edward A Irving P M S Blackett und andere aus der palaomagnetischen Rekonstruktion der Polwanderung Hinweise auf die Kontinentalverschiebung Wahrend der 1960er Jahre wurden die Ozeane der Erde erstmals intensiv untersucht Die Messung des Magnetfeldes in den uberwiegend basaltischen Gesteinen des Ozeanbodens ergab ein Muster von unterschiedlich breiten Streifen das parallel zu den Mittelozeanischen Rucken verlief Die Streifen wiesen abwechselnd eine jeweils unterschiedliche Polaritat auf und lieferten damit den Beweis einer vielfachen Umkehrung des Erdmagnetfeldes wahrend der letzten 150 Millionen Jahre der Erdgeschichte s auch Plattentektonik Diese Wechsel in der Polaritat wurden mit verfeinerten Methoden spater auch in Sedimenten gefunden Grundlagen der Methodik BearbeitenIm Wesentlichen konnen vier palaomagnetische Phanomene durch die Methode erfasst werden die Polaritat des damaligen Erdmagnetfeldes die Position der beiden Pole des magnetischen Dipols die Hinweise gibt auf die scheinbaren Polwanderungen die Nicht Dipol Komponente des Magnetfelds Sakulare Variation und die Intensitat des magnetischen Feldes Fur die Magnetostratigraphie und damit die relative Altersbestimmung eines Gesteins oder die Korrelation verschiedener Gesteinsabfolgen ist nur die Polaritat relevant Die entsprechenden Informationen entstammen der Konservierung des Palaomagnetfeldes infolge einer naturlichen remanenten Magnetisierung des Gesteins die bei einem hohen Anteil an ferrimagnetischen Mineralen zumeist Magnetit besonders ausgepragt ist Die Magnetisierung erfolgt auf verschiedenen Wegen u a durch Thermoremanenz Chemoremanenz oder Sedimentationsremanenz Die Rekonstruktion des Palao Erdmagnetfeldes aus der in Gesteinen uberlieferten Information wird dadurch erschwert dass die ursprungliche primare Magnetisierung im Laufe der geologischen Geschichte eines Gesteins sich andern bzw uberpragt werden kann Beispielsweise fuhrt eine Erhitzung eines Gesteins uber die Curie Temperatur eines bestimmten enthaltenen ferrimagnetischen Minerals mit nachfolgender Abkuhlung zu einem thermischen Reset der von diesem Mineral hervorgerufenen Magnetisierung Ubersteigt die Temperatur den Curie Punkt aller ferromagnetischen Minerale des Gesteins erfolgt eine komplette Remagnetisierung Des Weiteren konnen beispielsweise Magnetit oder Hamatit in einem bereits sedimentar magnetisierten Sedimentgestein wahrend der Diagenese neu gebildet werden wodurch zusatzlich zum Palaomagnetfeld zur Zeit der Ablagerung auch das Palaomagnetfeld zum Zeitpunkt der Mineralneubildung konserviert wird Sehr haufig sind daher mehrere Palao Erdmagnetfelder in einem Gestein uberliefert deren magnetische Informationen sich uberlagern Durch spezielle Methoden mit Hilfe derer Informationen zu einzelnen Palaomagnetfeldern aus der magnetischen Gesamtinformation eines Gesteins entfernt werden z B thermische Entmagnetisierung konnen diese indirekt gemessen und damit isoliert bzw bestimmt werden Einheiten BearbeitenIn der Magnetostratigraphie wird die Vorsilbe Magneto benutzt um alle Aspekte der remanenten Magnetisierung zu beschreiben z B Magnetointensitat Magnetopolaritat etc In der Magnetostratigraphie werden derzeit nur die haufigen Wechsel der Polaritat des Magnetfeldes fur die Stratigraphie und damit fur die relative Altersdatierung benutzt Die heutige Ausrichtung des Erdmagnetfeldes wird als normal bezeichnet die umgekehrte Ausrichtung als revers Die chronologische Abfolge der messbaren Magnetfeldumkehrungen kann bei luckenloser Dokumentation im Sediment Hinweise auf das relative Alter liefern Jede Einheit der Magnetopolaritat ist ein Gesteinskorper der durch eine bestimmte remanente Polaritat von einem anderen Gesteinskorper mit unterschiedlicher Polaritat unterschieden ist Fur jede Einheit muss ein Stratotyp bestimmt werden wie lange das Intervall dauert braucht nicht in der Definition enthalten sein Fur die Korrelation der Einheiten mit anderen stratigraphischen Zeitskalen sind jedoch biostratigraphische oder geochronologische Daten notwendig Die Ober und Untergrenzen einer Einheit sind durch Wechsel der Magnetopolaritat im Gestein markiert Diese Wechsel konnen durch einen tatsachlichen im Sediment dokumentierten Wechsel in der Polaritat des Erdmagnetfeldes bedingt sein oder durch Ablagerungslucken wahrend derer eine oder mehrere Umkehrereignisse stattfanden Die Grundeinheit der Magnetostratigraphie ist die Polaritatszone Wenn Verwechslungen mit anderen Anwendungen der Polaritat moglich sind wird empfohlen den Begriff Magnetopolaritatszone zu verwenden Sollte bei weiteren genaueren Untersuchungen eine weitere formale Untergliederung moglich sein kann diese als Polaritats Subzone bezeichnet werden Mehrere Polaritats Zonen konnen in Polaritats Superzonen gruppiert werden Der Rang einer Polaritatszone kann auch geandert werden sollte sich dies als notwendig erweisen Der Name fur eine formal definierte Magnetopolaritatszone sollte aus einem geografischen Namen und dem Zusatz Polaritatszone zusammengesetzt sein Die magnetostratigraphische Zeitskala Bearbeiten nbsp Geomagnetische Polaritat im Oberen Kanozoikumnormale Polaritat schwarz reverse Polaritat weiss Die Globale Magnetopolaritats Zeitskala Global Magnetic Polarity Time Scale abgekurzt GMPTS reicht heute bis in den Jura zuruck Die Polaritatszonen Anomalien werden im Kanozoikum einschliesslich der Oberkreide und dann wieder ab der Unterkreide separat gezahlt und mit Buchstaben versehen s u Die Zahlrichtung ist zeitlich ruckwarts die jungste Zone tragt also die Nummer 1 Die Polaritatszonen des Kanozoikums werden mit dem Buchstaben C versehen von engl Cenozoic Sie beginnen mit der C1 Anomalie der Jetzt Zeit und enden mit der C34 Anomalie in der Kreide und bestehen immer aus einem jungeren Anteil uberwiegend normaler Polaritat und einem alteren Anteil mit uberwiegend reverser Polaritat 6 Die beiden Anteile konnen unterschiedlich lang sein Die jungsten vier Polaritatszonen erhielten Eigennamen Brunhes nach Bernard Brunhes benannt uberwiegend normal Matsuyama nach Motonori Matsuyama benannt uberwiegend revers Gauss oder Gauss nach Carl Friedrich Gauss benannt uberwiegend normal und Gilbert nach William Gilbert benannt uberwiegend revers Die Brunhes Umkehr von revers zu normal ereignete sich vor 780 000 Jahren Allerdings gab es seit dieser Umkehrung eine Reihe weiterer kurzzeitiger Polaritatsumkehrungen von normal zu revers die ebenfalls mit Namen bezeichnet werden Die M Anomalien beginnen mit der M0 Anomalie im Unteren Aptium wobei das M fur Mesozoikum steht Die M Anomalien werden zuruck in die Erdgeschichte bis M 41 gezahlt letztere Anomalie wird in das Bathonium datiert Die C34 und M0 Anomalien stellen eine Besonderheit dar Die C34 Anomalie wird auch als Cretaceous Magnetic Quiet Zone Kretazische magnetisch ruhige Zone bezeichnet Dies ist eine annahernd 41 Millionen Jahre andauernde Periode von etwa 83 5 bis 124 5 Ma von uberwiegend normaler Polaritat Der strikt genommen dazugehorende Anteil mit reverser Polaritat ist die M0 Anomalie In der Zwischenzeit wurden aber drei sehr kurzzeitige Zeitabschnitte mit reverser Polaritat auch in der C34 Anomalie gefunden zwei Ereignisse im Albium und ein Ereignis im mittleren Abschnitt des Aptiums Die M Anomalien sind bis zu M25 Kimmeridgium noch relativ deutlich ausgebildet die Anomalien M26 bis M41 sind dagegen von sehr raschen Wechseln in der Polaritat gekennzeichnet Ihre normalen Anteile enthalten viele kurzzeitige Umkehrungen zu reverser Polaritat und die reversen Anteile viele kurzzeitige normale Polaritaten An der Erweiterung der Globalen Magnetopolaritats Zeitskala zuruck bis in das Palaozoikum wird derzeit intensiv gearbeitet Geochronologische Phasen Bearbeiten Um sich auf bestimmte Stellen in dem langen magnetostratigraphischen Muster beziehen zu konnen ist es hierarchisch in benannte Abschnitte unterteilt Ein Chron fruher Epoche dauert typischerweise 1 000 000 Jahre hat eine durchweg dominierende Polaritat und ist begrenzt von Phasen dominierender umgekehrter Polaritat Ein Chron darf von Subchrons fruher Ereignissen bis etwa 100 000 Jahren Dauer unterbrochen sein Beispielsweise dauerte das Gauss Chron knapp 1 Ma und enthalt Kaena und Mammoth als Subchrons mit 70 000 bzw 110 000 Jahren Dauer Es gibt auch Einteilungen die Megachrone Hyperchrone und Superchrone unterscheiden welche weitestgehend mit den Erdzeitaltern ubereinstimmen 7 Obige Einteilungen haben keine physikalische Grundlage die Zeitdauer zwischen Umpolungen weist ein breites unstrukturiertes Spektrum auf was auf einen chaotischen Prozess als Ursache hinweist Zum kurzen Ende hin ist das Spektrum begrenzt durch die Dauer der Umpolungen selbst die einschliesslich der Schwacheperioden vor und nach der eigentlichen Umpolung mehreren 1000 Jahre betragt Vorgange in diesem Zeitbereich die nicht zu einer anhaltenden Feldumkehr fuhren heissen geomagnetische Exkursion Beispiele sind das Laschamp Ereignis und die Mono Lake Exkursion Andere Anwendungen BearbeitenNeben den Umkehrungen des fruheren Magnetfeldes Palaomagnetfeld kann auch die Richtung des Palaomagnetfeldes gemessen werden z B um einen Polwanderpfad zu erstellen der die Drift der Kontinentalplatten im Rahmen der Plattentektonik darstellt Mit zunehmender Datendichte kann u U die Polwanderkurve dann auch zur Korrelation von prakambrischen Gesteinen benutzt werden Literatur BearbeitenNorth American Commission on Stratigraphic Nomenclature NACSM North American stratigraphic code PDF 1 1 MB American Association of Petroleum Geologists Bulletin 67 841 875 Tulsa Oklahoma 1983 ISSN 0149 1423 Dirk Schuler und R B Frankel Bacterial magnetosomes microbiology biomineralization and biotechnological applications Applied Microbiology and Biotechnology 52 464 473 Berlin amp Heidelberg 1999 ISSN 0175 7598 Wolfgang Oschmann Evolution der Erde Geschichte der Erde und des Lebens Haupt Verlag Bern 2016 ISBN 978 3 8252 4401 9 UTB 4401 383 S 17 f kurz Einzelnachweise Bearbeiten Ogg Gabi 2012 Chapter 8 Magnetostratigraphic polarity units In Homepage der Geologic Time Scale Foundation englisch abgerufen am 10 Marz 2013 Galbrun Bruno 1997 Did the European dinosaurs disappear before the K T event Magnetostratigraphic evidence PDF 988 kB In Earth and Planetary Science Letters 148 1997 S 569 579 englisch Lerbekmo J F amp K C Coulter 1985 Magnetostratigraphic and Lithostratigraphic Correlation of Coal Seams and Contiguous Strata Upper Horseshoe Canyon and Scollard Formations Maastrichtian to Paleocene Red Deer Valley Alberta In Bulletin of Canadian Petroleum Geology Vol 33 1985 No 3 September S 295 305 englisch Ogg Gabi 2012 Chapter 10 Relation between different kinds of stratigraphic units In Homepage der Geologic Time Scale Foundation englisch abgerufen am 10 Marz 2013 Ojha Tank Prasad 2009 Magnetostratigraphy Topography and Geology of the Nepal Himalaya A GIS and Paleomagnetic Approach Dissertation am Department fur Geowissenschaften der Universitat Arizona ProQuest UMI Nr 3352636 James G Ogg Magnetic Polarity Time Scale of the Phanerozoic In Thomas J Ahrens Hrsg Global earth physics a handbook of physical constants AGU reference shelf Series Band 1 American Geophysical Union Washington DC 1995 ISBN 0 87590 851 9 S 240 Molostovskii E A D M Pechersky und I Yu Frolov 2007 Magnetostratigraphic Timescale of the Phanerozoic and Its Description Using a Cumulative Distribution Function PDF 188 kB In Physics of the Solid Earth 2007 Vol 43 No 10 S 811 818 ISSN 1069 3513 doi 10 1134 S1069351307100035 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Magnetostratigraphie amp oldid 225440421