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Fruchte sind in der Rechtswissenschaft die Erzeugnisse oder der Ertrag einer Sache oder eines Rechts Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 3 Rechtsfragen 4 Arten 5 International 6 Siehe auch 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenEin Teil des Rechtsbegriffs Frucht deckt sich mit dem in der Botanik verwendeten Begriff der Frucht soweit sie dem Menschen als Nahrung dient Rechtsnormen mussen sich mit durch Menschen genutzten Fruchten befassen weil hieraus Rechtsfragen wie das Eigentum vor und nach ihrer Trennung durch Ernte entstehen Daruber hinaus erfasst der Rechtsbegriff Frucht jedoch auch die anorganische Ausbeute und sogar Mietertrage des Vermieters Pachteinnahmen des Verpachters oder Leasinggebuhren des Leasinggebers als Fruchte Dadurch weist der Rechtsbegriff einen grosseren Begriffsinhalt als der umgangssprachliche Begriff auf Geschichte BearbeitenDas romische Recht kannte als Fruchte lateinisch fructus naturales die organischen Erzeugnisse von Pflanzen Tieren und Grundstucken und die Ausbeute von Bodenbestandteilen 1 sowie den Miet oder Pachtzinsertrag lateinisch fructus civiles als Entgelt fur die Gebrauchsuberlassung 2 Der Fruchtgewinn lateinisch de fructibus et usuris findet sich bereits im Zwolftafelgesetz im Jahre 450 vor Christus 3 Das Kalb eines Tieres gilt demnach als Eigentum dessen der das Muttertier in gutem Glauben besitzt 4 Ulpian berichtete uber einen Rechtsstreit des Publius Mucius Scaevola ob Sklavenkinder Fruchte seien oder nicht Die Losung bestand darin dass jede Sklavenarbeit als Frucht anzusehen sei Danach galt Frucht lateinisch fructus Genuss nicht nur als das organische Erzeugnis einer Sache sondern auch der Fruchtgenuss gehorte dazu Juristisch galt die Frucht als eine durch die organische Kraft eines Korpers entstehende Sache die durch die Abtrennung von jenem Korper Muttersache zur Einzelsache und mithin Gegenstand der Disposition wird 5 Das romische Recht kannte kein Sondereigentum an Fruchten diese gehorten vielmehr nach dem Substantialprinzip dem Eigentumer der Muttersache 6 Die Frucht oder der Ertrag galt als Vorbedingung fur die Entstehung des Rechtsinstituts des Niessbrauchs lateinisch ususfructus Die okonomische Idee des Niessbrauchs geht auf Marcus Porcius Cato Licinianus im Jahre 160 vor Christus zuruck 7 Er beurteilte die Verpachtung von Wiesen oder ganzen Schafherden als eintraglich 8 Der ususfructus galt als das dingliche Recht eine fremde Sache unter Schonung der Substanz zu gebrauchen und von ihr Fruchte zu ziehen 9 Die Personalservituten lateinisch servitutes personae fassten Niessbrauch lateinisch usufructus Gebrauchsrecht ohne Fruchtgenuss lateinisch usus dingliches Wohnrecht lateinisch habitatio und das dingliche Recht auf Arbeitsleistung fremder Sklaven lateinisch operae servorum oder Tiere lateinisch operae animalium zusammen 10 Die Romer unterschieden Fruchte danach ob sie noch mit der Muttersache verbunden waren lateinisch fructus pendentes davon getrennt sind lateinisch fructus separati sie sich noch bei demjenigen befinden der sie geerntet hat lateinisch fructus extantes und wenn sie veraussert oder verbraucht wurden lateinisch fructus consumpti 11 Das romische Recht kannte auch bereits den Ertrag aus rechtsgeschaftlicher Betatigung insbesondere Zinsen lateinisch fructus civiles 12 In Deutschland ist das Lehnwort Frucht auf das althochdeutsche fruht zuruckzufuhren das erstmals im Jahre 830 nach Christus auftauchte 13 und die botanische Frucht meinte Die Wortbildung ist wohl auf Monche zuruckzufuhren die damit die Erzeugnisse ihrer Felder und Garten bezeichneten 14 Im Jahre 1224 erschien das mittelhochdeutsche Wort vrucht im Sachsenspiegel ebenfalls mit botanischem Inhalt verbunden So bestimmte der Sachsenspiegel dass die Feldfruchte dem Ehemann gehoren wenn dieser das Gut mit dem Pflug beim Tod der Ehefrau bestellt hat Das Einsammeln der Fruchte auf fremdem Grund erlaubte der Sachsenspiegel ausdrucklich demjenigen der die Frucht erwirbt 15 Werner Ogris zufolge verstand die mittelalterliche Rechtssprache unter Fruchten nur die rein naturliche Frucht wahrend andere wirtschaftliche Ertragnisse Zivilfruchte als Nutzungen galten 16 Auch der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis vom Januar 1756 verstand hierunter noch fruchtbare Sachen Der osterreichische Codex Theresianus vom Dezember 1766 sah bereits ein Sondereigentum des Fruchteinhabers vor 2 3 1 5 der Codex erlangte jedoch keine Rechtsgeltung Das Allgemeine Preussische Landrecht APL vom Juni 1794 bezeichnete Fruchte als Nutzungen einer Sache die nach dem Laufe der Natur mit oder ohne hinzukommende Bearbeitung aus ihr selbst entstehen I 9 220 APL Die Legaldefinition des APL deckte sich noch mit dem botanischen Begriff der Frucht Es erkannte dem Fruchtziehungsberechtigten ebenfalls ein Sondereigentumsrecht an Fruchten zu I 9 221 APL Der Begriffsinhalt erweiterte sich ersichtlich erstmals im sachsischen BGB vom Marz 1865 das zwischen naturlichen und burgerlichen Fruchten Einkunfte unterschied 73 Sachsen BGB Das seit Januar 1900 geltende BGB dehnte den Fruchtbegriff sogar auf anorganische Sachen wie Bodenschatze aus solange die Muttersache Boden erhalten bleibt 17 Rechtsfragen BearbeitenDas BGB erfasst in 99 BGB unmittelbare Sachfruchte 99 Abs 1 BGB unmittelbare Rechtsfruchte 99 Abs 2 BGB und mittelbare Sach und Rechtsfruchte 99 Abs 3 BGB Sachfruchte sind nicht nur Fruchte im biologischen Sinne sondern auch alle organischen Erzeugnisse und die sonstige Ausbeute 18 Hierzu gehoren insbesondere Produkte die wiederholt gewonnen werden konnen Durch die bestimmungsgemass gewonnene sonstige Ausbeute gehort auch die Bodennutzung zu den Sachfruchten Nutzungen sind gemass 100 BGB die Fruchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewahrt Die Muttersache etwa der Apfelbaum im Verhaltnis zu seinen Apfeln darf bei der Fruchtgewinnung weder vernichtet noch bleibend wesentlich gemindert werden ihre Substanz ist zu erhalten Daher ist das Huhnerei eine Frucht des Huhns das Kuken jedoch keine Frucht des Eies Das Rindfleisch ist keine Frucht des Rindes 19 Wer jedoch einen Baum fallt oder einen Salatkopf erntet zieht Fruchte des Bodens denn der Boden als Muttersache bleibt erhalten 20 und wird neue Baume oder Salate hervorbringen Arten BearbeitenAlle Arten der Fruchte unterliegen dem Grundsatz der Substanzerhaltung wonach die Muttersache in ihrer Substanz weitgehend erhalten bleiben muss Die Fruchte treten neben die Muttersache die unter Umstanden durch die Nutzung abgenutzt oder abgewirtschaftet wird 21 Unmittelbare Sachfruchte lateinisch fructus naturales Erzeugnisse einer Sache sind auf Kulturboden wachsende naturliche Pflanzenprodukte Obst Gemuse Baumwolle Weintrauben nicht aber Wein Bodenprodukte Getreide Kartoffeln Baume nicht aber Mehl Tierprodukte Eier Milch Schafwolle Honig Kalber nicht aber das Tierfleisch 22 oder die Bodennutzung Sand Kies Torf oder Kohleabbau Die Bodennutzung ist eine sonstige Ausbeute auch wenn der Boden durch die Nutzung abgewirtschaftet wird Unmittelbare Rechtsfruchte lateinisch fructus civiles insbesondere aus Nutzungsrechten gezogene Ertrage wie die aus Pacht oder Niessbrauch gezogenen Erzeugnisse Sie werden anders als unmittelbare Sachfruchte nicht aufgrund Eigentums sondern wegen eines Nutzungsrechts gezogen Ausserdem gehoren hierzu alle Zinsen Habenzinsen aus Geldanlage Kreditzinsen aus Kreditgewahrung Leistungen aus Erbbaurechten Reallasten Rentenschulden Leibrenten Altenteilen Lizenzen Patenten und sonstigen Schutzrechten oder Dividenden Die herrschende Meinung sieht den Unternehmensgewinn als unmittelbare Rechtsfrucht an 23 Mittelbare Sach und Rechtsfruchte sind die durch eine rechtsgeschaftliche Uberlassung des Gebrauchs oder der Nutzung als Gegenleistung vom Nutzer gezahlten Vergutungen 24 wie Mietertrag fur den Vermieter Pachteinnahmen fur den Verpachter Kreditzinsen fur den Kreditgeber oder Leasinggebuhren fur den Leasinggeber Nicht alle naturlichen Erzeugnisse sind Frucht gefallte Baume nicht alle Fruchte sind naturliche Erzeugnisse Pachtzins Kreditzins Gesetzessystematisch stellen die Fruchte einer Sache deren Erzeugnisse oder sonstige Ausbeute dar Ertrage hingegen entstehen aus der Nutzung von unmittelbaren Rechten oder mittelbaren Fruchten oder Rechten International BearbeitenIn Osterreich und der Schweiz ist der Fruchtbegriff in den Gesetzen nicht als Legaldefinition enthalten In Osterreich ist stattdessen die Fruchtniessung in den 509 bis 520 ABGB geregelt Nach 509 ABGB ist die Fruchtniessung das Recht eine fremde Sache mit Schonung ihrer Substanz ohne alle Einschrankung zu geniessen Der Fruchtniesser muss gemass 512 ABGB aus dem gezogenen Fruchtertrag alle Lasten auch Kreditzinsen ubernehmen Nach 513 ABGB hat der Fruchtniesser die Pflicht aus dem Fruchtertrag etwaige Ausbesserungen vorzunehmen In der Schweiz ist die Nutzniessung Schriftweise Nutzniessung in den Artikeln 745 bis 778 ZGB geregelt Nach Art 745 ZGB kann die Nutzniessung an beweglichen Sachen an Grundstucken an Rechten oder an einem Vermogen bestellt werden Sie verleiht dem Berechtigten im Regelfall den vollen Genuss des Gegenstandes Der Nutzniesser ist verpflichtet das Nutzniessungsvermogen in seinem Bestand zu erhalten Art 764 Abs 1 ZGB Gemass Art 749 ZGB endet die Nutzniessung spatestens mit dem Tod des Nutzniessers der nach Art 752 ZGB fur den Untergang der Sache haftet und Recht auf ihren Besitz den Gebrauch und die Nutzung der Sache hat Art 755 ZGB Art 767 ZGB verlangt vom Nutzniesser die Versicherung der Sache gegen Feuer und andere Gefahren zu Gunsten des Eigentumers In Frankreich sind Fruchte franzosisch fruits in den Art 583 ff Code civil CC geregelt 25 Fruchte sind nach Art 583 CC diejenigen Naturalfruchte franzosisch fruits naturels welche die Erde aus eigener Kraft franzosisch spontane hervorbringt Als Naturalfruchte gelten auch die Erzeugnisse der Tiere und der Zuwachs an Vieh Gewerbliche Fruchte franzosisch fruits industriels eines Grundstucks sind die Grundstucksertrage durch Kultivierung Zivilfruchte franzosisch fruits civils Art 584 CC sind Miet Zins und Pachtertrage Bei Fruchten kann es sich um eine bewegliche unbewegliche unkorperliche oder verbrauchbare Sache handeln Art 587 CC Siehe auch BearbeitenGebrauchsvorteilWeblinks Bearbeiteneingeschrankte Vorschau in der Google BuchsucheEinzelnachweise Bearbeiten Ulpian Digesten 24 3 7 14 Ulpian Digesten 5 3 29 Gustav Ernst Heimbach Die Lehre von der Frucht nach den gemeinen in Deutschland geltenden Rechten 1843 S 1 L 28 Digesten de usuris 22 1 Gustav Ernst Heimbach Die Lehre von der Frucht nach den gemeinen in Deutschland geltenden Rechten 1843 S 15 Ulrike Kobler Werden Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes 2010 S 90 f Candida Ten Brink Die Begrundung der Marktwirtschaft in der Romischen Republik 1994 S 111 Marcus Porcius Cato Licinianus De agri cultura 9 149 f Iulius Paulus Digesten 7 1 1 lateinisch usus fructus est iuris alienis rebus utendi fruendi salua rerum substantia Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht 2001 S 175 Freiherr Fritz von Schwind Romisches Recht I Geschichte Rechtsgang System des Privatrechtes 1950 S 197 Freiherr Fritz von Schwind Romisches Recht I Geschichte Rechtsgang System des Privatrechtes 1950 S 196 Gerhard Kobler Etymologisches Rechtsworterbuch 1995 S 139 Alfred Gotze Trubners Deutsches Worterbuch Band 2 1940 S 458 Sachsenspiegel II Art 58 3 die herre nimt die vrucht dar af Werner Ogris Handworterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Band 1 1964 Sp 1316 Otto Palandt Jurgen Ellenberger BGB Kommentar 73 Auflage 2013 99 Rn 2 Susanne Wurthwein Schadensersatz fur Verlust der Nutzungsmoglichkeit einer Sache oder fur entgangene Gebrauchsvorteile 2001 S 97 ff Gaius Digesten 7 4 30 Hans Josef Wieling Sachenrecht Band 1 1990 S 103 Josef Kohler Lehrbuch des Burgerlichen Rechts Band 2 1906 205 weil das Weiterleben der Muttersache Tier erforderlich ist BGHZ 7 208 218 Susanne Wurthwein Schadensersatz fur Verlust der Nutzungsmoglichkeit einer Sache oder fur entgangene Gebrauchsvorteile 2001 S 100 Heinrich Gottfried Wilhelm Daniels Code civil 1805 S 245 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4322837 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Frucht Recht amp oldid 211444139