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Eine aufgeworfene Rechtsfrage lasst sich mit Hilfe der Rechtsanwendung Subsumtion und Auslegung der Rechtsnormen und oder der vorhandenen Rechtsprechung durch die rechtliche Wurdigung des vorliegenden Tatbestands beantworten Komplementarbegriff ist die Tatfrage Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 3 Rechtsbegriff 4 Prozessrecht 5 Rechtsfragen im Alltag 6 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenRechtsfragen treten auf wenn Rechtssubjekte naturliche Personen juristische Personen einen bestimmten Sachverhalt Tatsache rechtlich zu bewerten haben oder ihn unterschiedlich beurteilen Rechtsfragen stellen sich mithin nur bei Vorliegen einer Tat sachen frage Rechts und Tatfragen hangen daher regelmassig miteinander zusammen denn nur bei geklarter Tatfrage ist auch die Rechtsfrage zu beantworten Gegenstand einer Tatsache ist also die Tatfrage Gegenstand einer Rechtsvorschrift ist die Rechtsfrage 1 Rechtsfragen betreffen die sich aus Rechtsanwendung Subsumtion und Auslegung ergebende rechtliche Wurdigung eines Sachverhalts Tat sachen fragen sind dagegen alle Feststellungen die im Wege der Beweiserhebung und Beweiswurdigung getroffen werden 2 Gesetze wie die ZPO verlangen eine prozessuale Trennung von Rechts und Tatfragen denn das was geschehen ist Tatfrage lasst sich von der Bewertung des Geschehenen Rechtsfrage trennen 3 Das entscheidende Trennungskriterium von Rechts und Tatfrage ist der Zweck fur das Rechtsmittel der Revision bei der das Revisionsgericht lediglich Rechtsfragen zu prufen hat 4 Erkennt es Mangel bei der Tatsachenaufklarung durch die Vorinstanz kann es nicht selbst entscheiden sondern muss den Fall zuruckverweisen Die Revision muss deshalb stets auf einer vorinstanzlichen Rechtsverletzung beruhen etwa 337 Abs 1 StPO Rechtsfragen sind daher revisibel anfechtbar Tatfragen dagegen nicht 5 Die Verbindung zwischen Tat und Rechtsfrage ergibt sich daraus dass das Gericht einen Tatbestand feststellt und dann im Rahmen der Subsumtion eine Rechtsnorm sucht die eine hierauf passende Tatbestandsbeschreibung enthalt 6 Die gefundene Rechtsnorm beantwortet dann die Rechtsfrage Vor der Vornahme von Rechtshandlungen haben deshalb alle Rechtssubjekte stets zu prufen ob und gegebenenfalls welche Rechtsfragen auftreten konnten und zu klaren sind Ob jemand beispielsweise verdorbene Ware verkauft ist eine Rechtsfrage ob die verkaufte Ware auch tatsachlich verdorben ist ist eine Tatsachenfrage 7 Tatsachen sind die vorhandenen Eigenschaften Produktqualitat der Ware Die zugesicherten Eigenschaften und die gesetzlichen Anforderungen hieran sind Rechtsfragen Wird jemand durch den Fehler eines Produkts oder einer Dienstleistung getotet sein Korper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschadigt 1 Abs 1 Produkthaftungsgesetz sind die zugesicherten Eigenschaften nicht erfullt Ein Produkt hat gemass 3 ProdSG einen Fehler wenn es nicht die Sicherheit bietet die unter Berucksichtigung aller Umstande insbesondere seiner Darbietung des Gebrauchs mit dem billigerweise gerechnet werden kann und des Zeitpunkts in dem es in den Verkehr gebracht wurde berechtigterweise erwartet werden kann Die Rechtsfrage ob tatsachlich verdorbene Ware verkauft werden darf wird deshalb mit nein zu beantworten sein weil dieser Verkauf ansonsten eine Produkthaftung oder Sachmangelhaftung des Verkaufers auslosen wurde Geschichte BearbeitenSchon das Corpus iuris civilis des romischen Kaisers Justinian I aus dem Jahre 534 nach Christus unterschied zwischen der Rechtsfrage lateinisch quaestio iuris und der Tatfrage lateinisch quaestio facti 8 Der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz legte im Jahre 1690 grossen Wert auf die Unterscheidung zwischen einer Tatsachenfrage und einer Rechtsfrage 9 Diese Grundsatze griff Ludwig Hopfner 1803 auf und verband mit der Rechtsfrage die Prufung ob Personen unter 25 Jahren Vertrage schliessen konnten 10 Der Rechtsphilosoph Adolf Merkel beschrieb im Jahre 1909 die Anwendung des Rechts durch die Gerichte mit dem Beispiel dass A dem B gesagt hat er sei ein Trunkenbold was er als Entscheidung der Tatfrage einordnete 11 In einem zweiten Schritt folgt die Anwendung des einschlagigen Rechtsbegriffs auf diesen Tatbestand oder die Subsumtion dieses tatsachlichen Vorgangs unter den zutreffenden Rechtssatz lateinisch ius in thesi wonach die Ausserung des A als Rechtsfrage die Merkmale des Rechtsbegriffs der Beleidigung beinhalte Darauf baut dann nach Merkel die Strafe als Rechtsfolge auf Rechtsbegriff BearbeitenDas Wort Rechtsfrage ist ein unbestimmter Rechtsbegriff der im formellen Recht haufig vorkommt So entscheidet nach dem Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshofe des Bundes RsprEinhG der Gemeinsame Senat wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will 2 Abs 1 RsprEinhG Das gilt auch fur die Senate eines Bundesgerichts BGH 132 Abs 2 GVG und unterinstanzliche Gerichte Die Beschwerde ist nach 17a Abs 4 GVG zuzulassen wenn die Rechtsfrage grundsatzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshofe des Bundes abweicht Von grundsatzlicher Bedeutung ist eine Rechtssache wenn es massgebend auf eine konkrete uber den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt deren Klarung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung und Anwendung geboten erscheint 12 Zu den Rechtsfragen zahlt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs BGH vom Januar 2016 neben der Klarstellung des Inhalts einer Rechtsnorm auch die Subsumtion eines Tatbestandes unter das Gesetz 13 Die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode beispielsweise sei keine Rechtsfrage sondern Teil der Tatsachenfeststellung und beurteile sich nach der wirtschaftswissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und praxis Dagegen ist es eine Rechtsfrage ob eine vom Tatrichter gewahlte Bewertungsmethode oder ein innerhalb der Bewertungsmethode gewahltes Berechnungsverfahren den gesetzlichen Bewertungszielen widerspricht 14 Prozessrecht BearbeitenEine Rechtsfrage ist klarungsbedurftig wenn sie die Rechtssicherheit die Rechtseinheitlichkeit oder die Fortentwicklung des Rechts beruhrt Dies ist der Fall wenn es sich um eine aus rechtssystematischen Grunden bedeutsame und auch fur die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handelt deren Bedeutung sich nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschopft und wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt so dass mehrere Losungen vertretbar sind 15 Es bleibt den Gerichten uberlassen wie sie die Rechtsfragen die fur die Entscheidung eines Rechtsstreits massgebend sein konnen losen wollen Klarungsfahig ist eine Rechtsfrage wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach Massgabe des Verfahrensrechts beantwortet werden kann Klarungsbedurftig ist eine Rechtsfrage vor allem dann wenn sie hochstrichterlich noch nicht entschieden und ihre Beantwortung nicht offenkundig ist 16 Eine Rechtsfrage ist dann nicht klarungsbedurftig wenn die Antwort praktisch ausser Zweifel steht sich etwa unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits hochstrichterlich geklart ist Als hochstrichterlich geklart ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrucklich entschieden hat jedoch schon eine oder mehrere hochstrichterliche Entscheidungen ergangen sind die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsatzlich herausgestellten Rechtsfrage geben 17 Wenn also die Rechtsfrage von einem obersten Gerichtshof des Bundes bereits entschieden ist ist sie nicht mehr klarungsbedurftig Ausnahmsweise kann jedoch eine von einem obersten Gerichtshof des Bundes bereits entschiedene Rechtsfrage wieder klarungsbedurftig werden wenn gegen diese Entscheidung in der Rechtsprechung und im Schrifttum gewichtige Gesichtspunkte vorgebracht werden Im Prozessrecht mussen Gerichte stets die Rechtsfrage entscheiden ob in einem konkreten Fall eine bestimmte Rechtsnorm Rechtsanwendung findet oder nicht Bei einer Tatsachenfrage hat das Gericht zu entscheiden ob eine bestimmte Tatsache gegeben ist oder nicht Rechtsfragen muss das Gericht stets entscheiden Bei Tatsachenfragen kann es wenn es nicht entscheiden kann ob die Tatsache vorliegt oder nicht auch zu einem so genannten non liquet gelangen Bei einem non liquet kommt es dann im Zivilprozess auf die Beweislast an es verliert derjenige den Prozess der die Tatsache zu beweisen hatte und nicht beweisen konnte Wenn im Rahmen einer Hauptfrage eine Vorfrage gepruft wird spricht man von einer Inzidentprufung Rechtsfragen im Alltag BearbeitenAusserhalb des Prozessrechts konnen sich auch im Alltag fur den durchschnittlichen juristisch nicht vorgebildeten Burger Rechtsfragen ergeben wie etwa bei einer Bestellung die durch Beratung uber die hierzu bestehende Rechtssituation mit Hilfe der Rechtsberatung etwa Verbraucherberatung Rechtsanwalte oder Notare beantwortet werden konnen Einzelnachweise Bearbeiten Philipp Zenthofer That und Rechts Frage 1870 S 129 Regina Michalke Hrsg Ulfrid Neumann Festschrift fur Rainer Hamm zum 65 Geburtstag am 24 Februar 2008 2008 S 531 Bernhard Wieczorek Rolf A Schutze Hanns Prutting Grosskommentar ZPO und Nebengesetze Band 7 2014 546 Rn 8 Othmar Jauernig Zivilprozessrecht 27 Auflage Munchen 2002 ISBN 3 406 48695 9 74 VII 1 S 304f Werner Beulke Strafprozessrecht 2016 S 387 Hans Martin Pawlowski Methodenlehre fur Juristen 1999 S 139 Regina Michalke Hrsg Ulfrid Neumann Festschrift fur Rainer Hamm zum 65 Geburtstag am 24 Februar 2008 2008 S 529 Wilhelm Henke Recht und Staat Grundlagen der Jurisprudenz 1988 S 511 Gottfried Wilhelm Leibniz Elemente des Naturrechts IV 1690 S 221 f Ludwig Julius Friedrich Hopfner Theoretisch practischer Commentar uber die Heineccischen Institutionen nach deren neusten Ausgabe 1803 S 39 f Adolf Merkel Juristische Enzyklopadie 1909 S 148 Bundesverfassungsgericht Beschluss des Zweiten Senats vom 8 Dezember 2009 2 BvR 758 07 Rn 1 100 BVerfGE 125 104 lt 140 gt BGH Beschluss vom 12 Januar 2016 Az II ZB 25 14 Volltext BGH Beschluss vom 29 September 2015 Az II ZB 23 14 Volltext Bernhard Schwarz Armin Pahlke Hrsg AO FGO 115 FGO Rn 19 BAG Beschluss vom 14 April 2005 Az 1 AZN 840 04 BAGE 114 200 BSG Beschluss vom 2 Marz 2015 Az B 5 RS 23 14 BBitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4139247 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rechtsfrage amp oldid 221425900