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Die Dombibliothek von Konstanz war die Bibliothek der Bischofe von Konstanz und des Domkapitels Sie ist heute nicht mehr als Bestand erhalten sondern uber mehrere Bibliotheken verstreut Zu den erhaltenen Schriften zahlen bedeutende Manuskripte aus dem Bodenseegebiet des 8 und 9 Jahrhunderts dem Spatmittelalter und der Renaissance Der Apostel Paulus in einem Kodex aus der Dombibliothek Konstanz Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Verstreuung 3 Bucher aus der Dombibliothek 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Anfange der Konstanzer Dombibliothek werden ins 6 Jahrhundert datiert Rund 45 Handschriften aus dem fruhen Mittelalter sind nachweisbar Die Dombibliothek war zu diesem Zeitpunkt deutlich kleiner als die Bibliothek des Klosters Reichenau mit ihren uber 400 dokumentierten Handschriften besass jedoch dennoch den Ruf das Schriftgut der Zeit reprasentativ widerzuspiegeln Erganzt wurde sie vor allem von den Skriptorien der Abtei St Gallen und dem Kloster Reichenau wobei zwischen dem Bischofssitz und den Klostern ein Austausch stattfand Andere Handschriften kamen aus den Klostern Corvey Echternach Weingarten und St Blasien Auch der Bischofssitz besass spatestens ab dem 11 Jahrhundert ein Skriptorium dessen Produktion jedoch gegen Ende des 12 Jahrhunderts erlahmte Die Bibliothek diente den Bischofen und dem Domkapitel als Arbeitsinstrument ab dem 11 Jahrhundert war sie wohl auch fur die neu gegrundete Domschule zuganglich Aus der Zeit des Investiturstreits stammen die gelehrten Randglossen die vielen Handschriften systematisch hinzugefugt wurden Im Hochmittelalter kamen Handschriften verschiedener Provenienz aus professionellen Skriptorien hinzu unter anderem von den Zisterziensern und der Universitat Paris Ein Katalog von 1343 verzeichnet fast 200 Handschriften in Konstanz Der Umfang nahm vom 14 Jahrhundert an durch Schenkungen stetig zu Zwischen 8 und 15 Bande stiftete etwa der Kirchenrechtslehrer Jakob Grimm um 1470 aus seiner Handbibliothek der Theologe Johannes Crutzlinger vermachte 1506 seinen Besitz an juristischen theologischen und humanistischen Schriften nbsp Titelholzschnitt des gedruckten Rituale Constantiense um 1482Bis etwa 1450 belegte die Bibliothek einen eigenen Raum im Obergeschoss des Kreuzgangs am Konstanzer Munster dem spateren Kapitelsaal dann wurde sie in das Wirtschaftsgebaude sudlich des Kreuzgangs Stauf verlegt Viele Handschriften wurden im 15 Jahrhundert neu in helles Leder gebunden und mit Ketten an den Lesepulten befestigt An diesen Konstanzer Einbanden lassen sich viele der einst zur Dombibliothek gehorenden Schriften heute noch identifizieren Bereits um 1474 erkannte man im Bistum den Wert des Buchdrucks und begann liturgische Schriften zu drucken darunter das erste gedruckte Messbuch uberhaupt Bischof und Domkapitel liessen zunachst in Augsburg Strassburg und Basel drucken Vielleicht gab es in Konstanz bereits ab 1475 76 einen Drucker mit Sicherheit belegt ist der erste lokale Druck erst 1505 Neben Messbuchern und Brevieren wurden fur das Bistum Ritenbucher Kalender und spater auch Gesangbucher fur Laien gedruckt Zu den prominentesten Lesern der Bibliothek gehorten Erasmus von Rotterdam wahrend seines Aufenthalts in Basel sowie im fruhen 17 Jahrhundert der Schweizer Gelehrte Melchior Goldast Wahrend der Reformationszeit fehlte es an Pflege die Bucher zerfielen Nach der Rekatholisierung der Stadt 1549 herrschte Geldmangel so dass die Bucher nicht restauriert werden konnten Schliesslich wurden die mittlerweile 900 Bande im Jahr 1630 fur 300 Gulden an die Abtei Weingarten verkauft Zu den verkauften Stucken zahlten 159 Handschriften auf Pergament und 172 auf Papier sowie etwa 570 gedruckte Bande In Konstanz verblieben nach dem Verkauf nur rund 20 Bande Die ubrigen Schriften teilten das Schicksal der Klosterbibliothek Weingarten Verstreuung BearbeitenMit der Sakularisation fiel die Weingartener Klosterbibliothek zunachst an das Haus Hessen Oranien Nassau so dass ein kleiner Teil der Bestande heute in den Landesbibliotheken Fulda 59 Handschriften und Darmstadt zu finden sind Der grossere Teil der Weingartener Bibliothek wurde 1806 dem Konigreich Wurttemberg zugesprochen und 1810 in die Konigliche Handbibliothek heute Wurttembergische Landesbibliothek in Stuttgart uberfuhrt Von den wenigen in Konstanz verbliebenen Buchern erwarb einige nach Auflosung des Bistums der Sammler Joseph von Lassberg von einem Antiquar darunter der Bibliothekskatalog von 1343 Nach Lassbergs Tod 1855 gingen sie mit seiner Bibliothek durch Kauf an Furstlich Furstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen uber Drei Codices und ein Vetus Latina Fragment wurden 1982 bei Sotheby s versteigert 1993 kaufte das Land Baden Wurttemberg die noch vorhandenen Furstenbergischen Handschriften Die ehemals Konstanzer befinden sich seither ebenfalls in der Wurttembergischen Landesbibliothek Einzelne Handschriften und Inkunabeln finden sich auch in der Kantonsbibliothek Thurgau in Frauenfeld der Universitatsbibliothek Freiburg der Universitatsbibliothek Giessen der British Library und im Stift St Paul im Lavanttal Bucher aus der Dombibliothek Bearbeiten nbsp Kreuzigung aus dem Missale des Hugo von Hohenlandenberg um 1500 Der grosste Schwerpunkt der Bibliothek lag auf Buchern zur Theologie Bibelkommentaren Schriften der Kirchenvater und Heiligenviten Zweiter Schwerpunkt ist das Kirchenrecht Daneben finden sich wissenschaftliche Schriften zur Philosophie Astronomie und Mathematik fur die Ausbildung der Domschuler und Kanoniker Die ehemals Konstanzer Schriften konnten sofern sie nicht in dem Bibliothekskatalog von 1343 verzeichnet sind anhand ihrer Einbande oder ihrer Weingartener Datierung der ehemaligen Dombibliothek zugeordnet werden Zu den wichtigsten erhaltenen Schriften zahlen unter anderem folgende Signaturen beziehen sich soweit nicht anders angegeben auf den Handschriftenkatalog der Wurttembergischen Landesbibliothek Fragmente eines Vetus Latina Kodex Oberitalien oder Nordafrika 4 5 Jh Cod fragm 100 der bei der Neueinbindung von Handschriften im 15 Jh zerschnitten und als Verstarkungsmaterial gebraucht wurde Bibelhandschrift des Theodulf von Orleans Orleans 8 Jh HB II 16 Epiphanius latinus 9 Jh HB VII 4 Evangelienauslegung Alteste nachgewiesene Vita des Hl Willibrord verfasst von Alkuin erstes Drittel des 9 Jh HB XIV 1 Sogenannte Alkuin Bibel um 830 HB II 40 Paulusbriefe Kloster St Gallen um 820 HB II 54 Sakramentar Kloster Reichenau Ende 9 Jh Cod Don 191 Weltchronik des Eusebius Caesariensis 10 Jh HB V 18 Weingartner Liederhandschrift Konstanz zwischen 1310 und 1320 HB XIII 1 ein Aufenthalt dieser weltlichen Handschrift in der Dombibliothek ist nicht gesichert Stadtchronik des Gebhard Dacher Konstanz vor 1470 HB V 22 Euklids Elemente um 1470 HB XI 24 Albertus Magnus Summa theologiae Italien nachgewiesen fur 1470 HB III 29 Augustin Tunger Facetiae Latinae et Germanicae Konstanz 1486 HB V 24a Vierbandiges Missale des Bischofs Hugo von Hohenlandenberg um 1500 Erzbischofliches Archiv von Freiburg im Breisgau Da 42 2 4 Das prachtig illustrierte Missale gilt als kostbarstes Werk der Renaissance Es bestand die Reformation im Privatbesitz des Bischofs weitgehend unbeschadet Der erste Band wurde 1832 in Einzelblatter zerschnitten und verkauft Es gilt als eines der herausragendsten Dokumente suddeutscher Buchmalerei Chronologische Einordnung der Konstanzer Kodizes 1 Jahrhundert Anzahl Jahrhundert Anzahl8 2 12 13 79 38 13 79 10 9 13 14 1710 5 14 3110 11 3 14 15 811 14 15 5111 12 1 15 16 112 4 16 1Literatur BearbeitenMittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz hrsg von Bernhard Bischoff Bd 1 Die Bistumer Konstanz und Chur bearb von Paul Lehmann Beck Munchen 1918 Die Handschriften der Wurttembergischen Landesbibliothek Stuttgart 1 Reihe Wiesbaden 1964ff Die Handschriften der Wurttembergischen Landesbibliothek Stuttgart 2 Reihe Die Handschriften der ehemaligen Hofbibliothek Wiesbaden 1963ff Johanne Autenrieth Die kanonistischen Handschriften der Dombibliothek Konstanz in dies Raymund Kottje Kirchenrechtliche Texte im Bodenseegebiet mittelalterliche Uberlieferung in Konstanz auf der Reichenau und in St Gallen Thorbecke Sigmaringen 1975 ISBN 3 7995 6678 3 Wolfgang Irtenkauf Fulda und Weingarten zur Sakularisierung der Weingartner Klosterbibliothek o O 1978 Wolfgang Irtenkauf Bibliophile Kostbarkeiten Handschriften aus der Konstanzer Dombibliothek Universitatsverlag Konstanz 1987 ISBN 3 87940 318 X Rosgartenmuseum Konstanz Der Glanz der Kathedrale 900 Jahre Konstanzer Munster Konstanz 1989 ISBN 3 9801501 5 1 Christine Sauer Bearb Die gotischen Handschriften der Wurttembergischen Landesbibliothek Stuttgart Hiersemann Stuttgart 1996 ISBN 3 7772 9603 1Weblinks BearbeitenAltere Edition des in den Mittelalterlichen Bibliothekskatalogen massgeblich edierten Katalogs von 1343 im Serapeum 1840 Online Handschriftenkataloge der Wurttembergischen Landesbibliothek Konstanzer Handschriften in Fulda Literatur zu Handschriften Weingartener Provenienz in der Wurttembergischen LandesbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Nach Wolfgang Irtenkauf Die Dombibliothek in Elmar L Kuhn u a Hrsg Die Bischofe von Konstanz Bd 2 Friedrichshafen Gessler 1988 ISBN 3 922137 48 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dombibliothek Konstanz amp oldid 235430688