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Bogdan Graf von Hutten Czapski 13 Mai 1851 in Smogulec bei Exin 7 September 1937 in Posen war ein preussischer Politiker und Offizier polnischer Herkunft Hutten Czapski 1891Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft 1 2 Militarische Laufbahn 1873 1895 1 3 Politische Tatigkeit 1895 1914 1 4 Polnische Frage 1915 1918 2 Familie 3 Memoiren 4 Werke 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Bogdan Graf v Hutten Czapski nach 1918 in der Uniform des Malteserordens Portrat von Francis KossuthHerkunft Bearbeiten Bogdan Graf von Hutten Czapski wurde 1851 als Sohn von Joseph Napoleon Graf Hutten Czapski 1797 1852 und dessen Ehefrau Eleonora geb Grafin Mielzynski 1815 1875 auf der elterlichen Herrschaft im preussischen Grossherzogtum Posen geboren Gerade ein Jahr nach seiner Geburt starb sein Vater an der Cholera wodurch Bogdan bereits als Kind Chef seines Hauses wurde Die Familie gehorte zu jener Gruppe polnischer Aristokraten die nach den Teilungen Polens loyale Untertanen des Konigs von Preussen geworden waren ohne ihr polnisches Nationalbewusstsein zu verleugnen In diese Tradition stellte sich auch der junge Graf Hutten Czapski Militarische Laufbahn 1873 1895 Bearbeiten Am 1 Oktober 1873 trat der Zweiundzwanzigjahrige in die preussische Armee ein und diente als Einjahrig Freiwilliger beim 2 Garde Dragoner Regiment in Berlin Zwei Jahre darauf im August 1875 wurde er zum Reserveoffizier dieses Regiments ernannt Im selben Jahr bestand er sein Referendarexamen und trat in den juristischen Staatsdienst beim Kreisgericht Charlottenburg Am 31 Januar 1877 wurde er durch Allerhochste Kabinettsorder zum aktiven Sekondeleutnant befordert und war seither bis 1899 Berufsoffizier In seiner Zeit bei den Gardedragonern bei denen er bis 1881 stand lernte Hutten die Berliner Gesellschaft der Grunderzeit kennen und spielte bereits fruh eine fuhrende Rolle in der beau monde der Hauptstadt Er verkehrte in den Salons von Marie Grafin Schleinitz Anna von Helmholtz und Helene von Lebbin und knupfte enge Beziehungen zu dem alten Kaiserpaar an mit dem er dank seiner Herkunft schon seit Langerem in personlicher Verbindung gestanden hatte Er wurde regelmassig zu den Donnerstagabenden im Salon des Stadtpalais des Kaisers Unter den Linden eingeladen wo sich vor allem die liberale katholikenfreundliche Kaiserin Augusta an der Gegenwart des strengkatholischen polnischen Magnaten erfreute 1 Allerdings trug ihm diese Nahe zur Kaiserin nachmals bei konservativen Staatsmannern allen voran Bismarck auch die Verdachtigung ein ein Agent Augustas oder Vertreter antipreussischer Interessen zu sein was seine Karriere im Staatsdienst einigermassen behinderte In Berlin trat er auch in Verbindung mit Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst 1819 1901 der damals Reichstagsabgeordneter war und dessen Sohn Philipp Ernst sein Regimentskamerad bei den 2 Gardedragonern war Hohenlohe wurde fur ihn bald die wichtigste Bezugsperson seiner beruflichen Existenz ein politischer Lehrmeister und vaterlicher Gonner 2 Am 11 Oktober 1882 wurde Hutten zum Premierleutnant befordert und zugleich in das Leib Garde Husaren Regiment nach Potsdam versetzt wo er den spateren Kaiser Wilhelm II kennenlernte der damals im selben Regiment diente Bereits im August 1884 wurde er dessen Mutter eng mit der 1879 verstorbenen Grafin Manteuffel befreundet gewesen war zum Adjutanten des Reichsstatthalters von Elsass Lothringen Generalfeldmarschall Edwin von Manteuffel ernannt ein prestigetrachtiger Posten den er allerdings bald nach dem Tod Manteuffels am 17 Juni 1885 wieder aufgeben musste Hutten kam nun als Brigadeadjutant zur 20 Kavallerie Brigade nach Hannover wo er bis 1888 verblieb Am 22 Marz 1887 versetzte ihn der alte Kaiser Wilhelm I an seinem neunzigsten Geburtstag unter Beforderung zum Rittmeister zum 2 Kurhessischen Husaren Regiment Landgraf Friedrich II Nr 14 wo er im November 1888 Eskadronchef wurde Politische Tatigkeit 1895 1914 Bearbeiten Am 8 April 1895 wurde Hutten Czapski auf Empfehlung seines alten Gonners Hohenlohe der seit 1894 Reichskanzler war ins Preussische Herrenhaus berufen Damit begann seine offizielle Teilnahme an der preussischen Politik Nachdem seine vom Kriegsminister Walther Bronsart von Schellendorff favorisierte Berufung in den Generalstab vom Kaiser mehrfach abgelehnt worden war entschloss sich Hutten 1896 einen langeren Urlaub anzutreten der 1899 in die Versetzung zur Landwehr umgewandelt wurde Allerdings blieb Hutten auch als Politiker in untergeordneter Position die ihm wohl Einfluss nicht aber Macht einraumte Sein enges Verhaltnis zu Furst Hohenlohe bewirkte indessen dass er verstarkt ins politische Zeitgeschehen eingreifen konnte So wirkte er in den 1890er Jahren an der Durchsetzung der Militarstrafgerichtsreform mit die gegen den Widerstand der Konservativen schliesslich auch gelang Mit dem Abgang Hohenlohes im Jahr 1900 wurde sein Einfluss indessen spurbar geringer Zum neuen Reichskanzler Bernhard von Bulow hatte er zwar ein leidlich gutes Verhaltnis doch sein seit 1906 gefuhrter Kampf gegen das von der preussischen Staatsregierung geplante Enteignungsgesetz das die Uberfuhrung einiger im polnischen Teil Preussens gelegener Guter in Staatseigentum erleichtern sollte blieb letztlich vergeblich Hutten der ja selber Pole war gehorte mit Generalfeldmarschall Gottlieb von Haeseler zu den wenigen Konservativen die sich gegen das Gesetz wandten das damals aufkommende auch nationalistisch motivierte Germanisierungstendenzen in rechtliche Form bringen wollte Anfang 1908 wurde es im Abgeordnetenhaus dann auch im Herrenhaus angenommen Im Herbst 1901 ernannte ihn Kaiser Wilhelm II zum Schlosshauptmann von Posen Polnische Frage 1915 1918 Bearbeiten Mit dem Ersten Weltkrieg begann der bedeutungsvollste Abschnitt in Huttens politischem Lebenslauf Unmittelbar nach Kriegsausbruch im August 1914 wurde er mittlerweile Oberstleutnant der Reserve ins Referat fur Ostfragen im Grossen Generalstab versetzt Nach einem kurzen Zwischenspiel im besetzten Belgien kommandierte man ihn am 10 September zum Stab der 8 Armee nach Ostpreussen die damals General von Hindenburg fuhrte Hier erlebte er den Sieg bei Tannenberg die Zuruckwerfung der russischen Armee und nach einem Intermezzo als Vermittler in der italienischen Frage im Fruhsommer 1915 das allerdings erfolglos endete die Einnahme Warschaus am 5 August 1915 durch die 9 Armee unter Feldmarschall Prinz Leopold von Bayern Anschliessend spielte er eine einflussreiche Rolle als Berater des Militargouverneurs von Polen Generaloberst Hans von Beseler Bereits am 31 Juli 1914 hatte ihm der Kaiser in einer personlichen Audienz eroffnet Es ist mein Entschluss falls Gott der Herr unseren Waffen den Sieg verleiht einen selbstandigen polnischen Staat wiederherzustellen mit welchem im Bunde Deutschland fur immer gegen Russland gesichert sein wurde 3 Als Spross eines polnisch deutschen Geschlechtes mit weitlaufigen politischen und gesellschaftlichen Verbindungen war Hutten Czapski mittlerweile uber sechzig Jahre alt fur eine Vermittlerrolle im angespannten Verhaltnis zwischen preussischer Regierung und polnischer Minderheit wie kein Zweiter pradestiniert Hoffnungen auf eine offizielle politische Verwendung in gehobener Stellung durfte sich der polnische Aristokrat und loyale preussische Staatsdiener allerdings auch jetzt nicht machen wie ein Telegramm Kaiser Wilhelms vom 14 August belegt Seine Majestat der Kaiser und Konig haben zu befehlen geruht dass der Oberstleutnant Graf v Hutten Czapski beim Armeeoberkommando 9 dem Gouvernement Warschau zugeteilt werden solle Allerhochstdieselben sind uberzeugt dass der Oberstleutnant Graf v Hutten Czapski infolge seiner genauen Kenntnis der polnischen Verhaltnisse und seiner guten Beziehungen zu den polnischen Kreisen dem Kaiserlichen Gouvernement eine wertvolle Stutze und ein guter Berater sein werde Der Herr Gouverneur solle seine Dienste in ausgiebiger Weise in Anspruch nehmen 4 Auch jetzt noch blieb Hutten politisch in der zweiten Reihe in jener Zwitterstellung zwischen informellem Einfluss und formeller Bedeutungslosigkeit die er im Nachhinein selber treffend charakterisiert hat Als preussischer Pair sprach ich von der Tribune des Herrenhauses als personlicher Sekretar des Reichskanzlers und Vertrauter Holsteins ubte ich einen gewissen politischen Einfluss aus als Fuhrer meiner Schwadron auf dem Kasernenhofe in der Reitbahn und im Ubungsgelande war ich nichts anderes als Hunderte in gleicher Stellung Wenn mich meine parlamentarischen Verpflichtungen nicht nach Berlin riefen tat ich den gewohnten Dienst in Kassel Aber es lag in den Verhaltnissen dass ich auch als simpler Eskadronschef in Beruhrung mit historischen Personlichkeiten geriet 5 Gleichwohl setzte sich Hutten beim Generalgouvernement Warschau energisch fur eine geplante Wiedererrichtung Polens als Regentschaftskonigreich Polen unter deutschem Protektorat ein Er vertrat ein grosspolnisches Programm im Sinne der historischen Einheit des fruheren Konigreichs Polen ungeachtet der modernen ethnographischen Gegebenheiten forderte aber mit Rucksicht auf die Mittelmachte vorerst nur russische Gebiete Litauen Weissrussland und bedeutende Teile der Ukraine Im Gesprach mit Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg im Juni 1916 trat er gegen die austropolnische Losung also die Vereinigung Russisch Polens mit Galizien unter habsburgischer Herrschaft auf 6 Der Umschwung der Kriegslage und der schliessliche Zusammenbruch der deutschen Monarchien 1918 machten diesem Vorhaben das sein Herzenswunsch als preussischer Staatsburger polnischer Herkunft gewesen war ein jahes Ende Familie Bearbeiten nbsp Das Wappen der Czapskis Leliwa genanntGraf Hutten Czapski blieb unverheiratet Er selber berichtete hierzu eine Anekdote schwieg sich uber seine eigentlichen Beweggrunde jedoch aus Als der Kaiser Wilhelm I im Juni 1880 als Gast in der Mitte unseres Offizierskorps weilte sagte er im Vorbeigehen zu mir wohl weil er gehort hatte dass bei mir getanzt worden war Sie geben ja grosse Balle und haben noch immer keine Frau So vieler Fehler ich mich auch zeihen muss eines habe ich ohne etwaige Leserinnen kranken zu wollen nie bereut dass ich keine Gefahrtin fur meinen Lebensweg genommen habe Der Mangel den mancher darin sehen mag wurde aufgewogen durch meine Unabhangigkeit 7 Trotz des Namens hatten die polnischen Hutten Czapskis nichts mit dem frankischen Geschlecht derer von Hutten zu tun Der Name Czapski stammt vom Familienbesitz den Dorfern Czaple und Czapelki in Pomerellen im Kreise Schwetz 8 Der Beiname Hutten ging hingegen auf eine Familienlegende zuruck Er taucht erst Anfang des 18 Jahrhunderts auf und ist eine Ubersetzung des polnischen Wortes Tschapka zu deutsch Militarhut die der barocken Mode unter polnischen Magnaten entsprach sagenhafte und mittelalterliche auslandische Ursprunge ihrer Geschlechter zu fingieren Den preussischen Grafentitel mit Bestatigung des Namens Hutten verlieh Konig Friedrich Wilhelm III am 27 September 1804 an zwei ehemalige Generale des alten Konigreichs Polen Josef und Nikolaus Diese waren aber mit Bogdan Hutten Czapski und seinem Vater nur entfernt verwandt Die Verleihung des Titels gegeben Berlin am 3 September 1861 an den noch unmundigen Bogdan wurde durch seine Mutter erwirkt die mit der Familie Konig Wilhelms I befreundet war 1922 adoptierte der kinderlose Graf Bogdan einen entfernten Verwandten Emeryk August Hutten Czapski 1897 1979 aus einer bei Minsk beguterten Linie der Familie der einen Teil seines Vermogens erbte Sein Majorat Smogulec vermachte Bogdan einer Stiftung die die Ertrage aus den Gutern an die Warschauer Hochschulen weiterleiten sollte Seine bedeutende Dokumenten und Buchersammlung gelangte an das Czapski Museum in Krakau und zerstreute sich wahrend des Zweiten Weltkrieges Memoiren Bearbeiten nbsp Hutten Czapskis 80 Geburtstag in Smogulec 13 Mai 1931 Emeryk 2 v l Bogdan 3 v l Nach seinem Ruckzug aus der Politik schrieb Hutten Czapski seine Memoiren Sechzig Jahre Politik und Gesellschaft veroffentlicht in zwei Banden Bis heute stellen seine Erinnerungen eine wichtige sozial und kulturgeschichtliche Quelle dar Sie dokumentieren auch wie begrenzt der politische Horizont eines weltlaufigen und scharfsichtigen Mannes wie Hutten in Bezug auf die heraufziehende NS Herrschaft sein konnte Im Vorwort notierte er seine Erwartungen fur eine deutsch polnische Verstandigung in den dreissiger Jahren die sich kaum zwei Jahre nach seinem Tod 1937 als fatale Fehleinschatzung erweisen sollte Leider ist mein Streben nach der Herbeifuhrung eines deutsch polnischen Bundnisses oder auch nur Einvernehmens damals 1918 gescheitert Aber die beiden Manner die das deutsche und polnische Volk als ihre Fuhrer anerkennen Hitler und Pilsudski Anm haben unter vollig veranderten Verhaltnissen und Voraussetzungen eine Verstandigung angebahnt die Dauer und Erfolg erhoffen lasst und daruber hinaus der gesamten europaischen Politik neue Wege gewiesen hat 9 Werke Bearbeiten Hrsg Marian Hutten Czapski Die Geschichte des Pferdes Bath Berlin 1891 Ein Kampf ums Recht Der Prozess um die Herrschaft Romsthal Berlin 1930 Sechzig Jahre Politik und Gesellschaft 2 Bande Berlin 1936 Literatur BearbeitenHutten Czapski Bogdan Graf von In Walther Killy Rudolf Vierhaus Hrsg Deutsche Biographische Enzyklopadie Band 5 Saur Munchen 1997 S 236f Hajime Konno Bogdan Graf von Hutten Czapski und die polnische Frage 1870 1937 Ein preussischer Adliger zwischen Deutschland und Polen In Historische Zeitschrift 302 2016 S 41 77 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Bogdan von Hutten Czapski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Nachlass Bundesarchiv N 2126Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Sechzig Jahre I S 37 ff Vgl Sechzig Jahre I S 183 Vgl Sechzig Jahre II S 145 sowie Werner Conze Polnische Nation und Deutsche Politik im Ersten Weltkrieg Graz Koln 1958 S 61 Vgl Sechzig Jahre II S 232 Vgl Sechzig Jahre I S 186 Hans Beyer Die Mittelmachte und die Ukraine 1918 Munchen 1956 Jahrbucher fur Geschichte Osteuropas NF Beiheft 2 12 ff Vgl Sechzig Jahre I S 57 Konarski Armorial Vgl Sechzig Jahre I S XIX Normdaten Person GND 118775375 lobid OGND AKS LCCN n90600874 NDL 01169548 VIAF 59880043 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hutten Czapski Bogdan vonALTERNATIVNAMEN Hutten Czapski Bogdan Graf von Hutten Czapski Bogdan Franciszek SerwacyKURZBESCHREIBUNG preussischer PolitikerGEBURTSDATUM 13 Mai 1851GEBURTSORT SmogulecSTERBEDATUM 7 September 1937STERBEORT Posen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bogdan von Hutten Czapski amp oldid 221241587