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Die Zweifinger Faultiere Choloepus sind eine Saugetiergattung aus der Familie der Choloepodidae und der Unterordnung der Faultiere Die Bezeichnung Zweizehen Faultiere die manchmal fur die Gruppe verwendet wird ist insofern irrefuhrend als sie nur an den Vorderfussen zwei an den Hinterfussen jedoch drei Zehen aufweisen Die Gattung umfasst zwei rezente Arten das Eigentliche Zweifingerfaultier Choloepus didactylus auch Unau genannt und das Hoffmann Zweifingerfaultier Choloepus hoffmanni Beide Arten bewohnen den zentralen und nordlichen Teil Sudamerikas ersteres ist zudem auch in Teilen Mittelamerikas zu finden Hauptsachlich kommen die Zweifinger Faultiere in tropischen Regenwaldern des Flach und Berglands vor Sie ernahren sich meist von pflanzlicher gelegentlich auch von tierischer Nahrung Die Tiere leben einzelgangerisch und sind nachtaktiv Besonderheiten stellen vor allem die mit dem Rucken nach unten in den Asten hangende Lebensweise und Fortbewegung ebenso wie die aufgrund der energiearmen Ernahrung niedrige Stoffwechselrate einhergehend mit sehr langsamen Bewegungen dar Zweifinger Faultiere Hoffmann Zweifingerfaultier Choloepus hoffmanni Systematik Uberordnung Nebengelenktiere Xenarthra Ordnung Zahnarme Pilosa Unterordnung Faultiere Folivora Uberfamilie Mylodontoidea Familie Choloepodidae Gattung Zweifinger Faultiere Wissenschaftlicher Name der Familie Choloepodidae J E Gray 1871 Wissenschaftlicher Name der Gattung Choloepus Illiger 1811 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 1 1 Habitus 1 2 Schadel und Gebissmerkmale 1 3 Skelettmerkmale 1 4 Fell 1 5 Lautausserungen und Sinnesleistungen 2 Verbreitung 3 Lebensweise 3 1 Sozialverhalten und Aktivitaten 3 2 Ernahrung und Stoffwechsel 3 3 Fortpflanzung 3 4 Fressfeinde und Uberlebensstrategien 4 Systematik 5 Bedrohung 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksBeschreibung BearbeitenHabitus Bearbeiten nbsp Eigentliches Zweifingerfaultier Choloepus didactylus Die Zweifinger Faultiere erreichen eine Kopf Rumpf Lange von 54 bis 72 cm und ein Korpergewicht von 3 3 bis 9 kg Der Korper ist perfekt an eine an den Asten hangende Lebensweise angepasst Das Fell der Tiere ist im Gegensatz zu den meisten anderen Saugetieren vom Bauch zum Rucken hin gescheitelt um einen besseren Abfluss des Regenwassers zu ermoglichen Seine Farbe variiert von gelblich bis graubraun wobei der Kopf eine hellere Farbung als der ubrige Korper aufweist die Gliedmassen teilweise eine dunklere Es kann jedoch durch Algen einen grunen Farbton annehmen Der Kopf ist gerundet und besitzt zwei kleine nach vorn gerichtete Augen mit kleinen Pupillen Die ebenfalls kleinen Ohren bleiben im Fell verborgen ebenso wie der kurze Schwanz Die Gliedmassen sind im Gegensatz zu den Dreifinger Faultieren annahernd gleich lang an den Vorderfussen befinden sich zwei und an den Hinterfussen drei Zehen die allesamt lange Krallen tragen Allerdings sind die seitlich aussen und innen anliegenden Zehenstrahlen noch rudimentar erhalten 1 2 3 4 Schadel und Gebissmerkmale Bearbeiten nbsp Schadel und Unterkiefer eines Zweifinger Faultiers Der Schadel der Zweifinger Faultiere ist mit durchschnittlich 10 9 cm kurz gestaltet jedoch langer als bei den Dreifinger Faultieren Er besitzt im Profil eine deutlich gerundete Form Charakteristische Merkmale fur Faultiere allgemein stellen der verlangerte Oberkiefer und der stark gekurzte Mittelkieferknochen dar der zudem nicht mit dem Nasenbein in Kontakt steht Weiterhin ist der Jochbogen nicht vollstandig ausgebildet Am Jochbein setzten zwei Knochenauswuchse an Der des Jochbogens reicht bei den Zweifinger Faultieren nicht so deutlich nach oben wie bei den Dreifinger Faultieren sondern ist eher nach hinten orientiert Er beruhrt zudem fast das vordere Ende des Bogenansatzes des Schlafenbeins Der zweite Knochenauswuchs weist schrag nach hinten und unten und ist relativ und absolut kurzer als bei den Dreifinger Faultieren Ein weiterer Unterschied findet sich in der Ohrregion hier haben die Zweifinger Faultiere wie fast alle ausgestorbenen bodenbewohnenden Faultiere einen tympanischen Ring ausgebildet im Gegensatz zu ihren rezenten Verwandten mit einer Paukenblase 5 Typisch fur den Unterkiefer der Zweifinger Faultiere ist die spatelformig nach vorn gezogene kraftig verknocherte Symphyse Die Gelenkaste sind im Vergleich zu den Dreifinger Faultieren relativ niedrig die Gelenkverbindung zum Schadel liegt dadurch nur wenig uber der Kauflache was an die Raubtiere erinnert Das Gebiss zeichnet sich gegenuber den anderen Hoheren Saugetieren durch das Fehlen des Zahnschmelzes aus zudem ist es abweichend strukturiert Generell fehlen die Schneide und Eckzahne Je Kieferhalfte sind im Oberkiefer funf und im Unterkiefer vier Zahne ausgebildet insgesamt also 18 Die hinteren besitzen eine molarenartige Gestalt der jeweils vorderste ist eckzahnartig caniniform gestaltet und deutlich vergrossert so dass er die anderen Zahne uberragt Er wird durch eine Lucke Diastema von den restlichen Zahnen getrennt Hochstwahrscheinlich entspricht der caniniforme vordere Zahn nicht dem eigentlichen Eckzahn der Saugetiere da beim geschlossenen Gebiss der untere hinter dem oberen liegt und nicht wie sonst umgekehrt Die Gebissgestaltung gilt als ursprunglich fur die Faultiere und tritt auch bei zahlreichen fossilen Formen auf etwa bei den Mylodontidae Die gegenuberliegenden Backenzahne besitzen abweichend zu den Dreifinger Faultieren bei Kieferschluss eine alternierende Stellung zueinander 5 6 Skelettmerkmale Bearbeiten nbsp Skelett eines Zweifinger Faultiers Mit 5 bis 7 Halswirbeln ist der Nacken deutlich kurzer als der der Dreifinger Faultiere 8 oder 10 Teilweise wird vermutet dass die ersten beiden rippentragenden Brustwirbel zuruckverlagerte Halswirbel darstellen 7 8 Die Brustwirbelsaule besteht aus 24 Wirbeln davon dienen 21 als Ansatzstelle fur Rippen Dreifinger Faultiere weisen dagegen nur 16 Brustwirbel auf 14 davon mit Rippen versehen Der Schwanz ist ausserst kurz und besteht aus nur 4 bis 5 Wirbeln Die in den Asten hangende Lebensweise fuhrte auch zu Veranderungen im Bewegungsapparat der von dem der bodenlebenden Saugetiere etwas abweicht Dabei sind vor allem der Brust und Schulterbereich betroffen zudem schliesst dies auch Veranderungen in der Anordnung der Muskulatur ein etwa im Bereich der Brust und oberen Ruckenmuskulatur Diese Veranderungen waren erforderlich um einerseits der Gravitation bei der hangenden Lebensweise entgegenzuwirken andererseits um den Bewegungsantrieb zu gewahrleisten da hier die Vorderbeine im Gegensatz zu bodenbewohnenden Saugetieren als Antrieb dienen 1 9 Fell Bearbeiten Das Fell der Zweifinger Faultiere besteht nur aus einer Lage dem Deckhaar das zottelig lang ist wobei die Haare im Schulterbereich bis zu 17 cm Lange erreichen Der Aufbau des Felles ist abweichend von den Dreifinger Faultieren mit ihrem zweilagigen Haarkleid Auch unterscheidet sich die Haarform deutlich von der ihrer dreifingrigen Verwandten Der Durchmesser liegt bei nur 0 16 mm weiterhin laufen uber die gesamte Lange der Aussenflache 3 bis 9 Langsrippeln und rillen was einmalig unter Saugetieren ist Die Cuticula ist nicht durchgehend ausgebildet sondern wird von kleinen Grubchen unterbrochen In den Grubchen nisten Algen die das Fell teilweise grunlich schimmern lassen was vor allem in der Regenzeit haufig zum Vorschein tritt und den Tarneffekt im Geast erhoht Zu den haufigsten Algenformen gehoren Rotalgen der Gattung Rufusia und Grunalgen wie Dictyococcus und Chlorococcum Wie allen Faultieren gemein fehlt den Haaren der Markkanal Medulla 10 1 Lautausserungen und Sinnesleistungen Bearbeiten Lautausserungen der Zweifinger Faultiere sind nur wenige bekannt haufig handelt es sich um Rufe von Jungtieren die vom Muttertier getrennt wurden Aufgrund des Baus der Ohren konnen die Tiere nur Tone in einem niedrigen Frequenzbereich wahrnehmen der zwischen 0 3 und 30 kHz liegt optimal zwischen 0 5 und 3 kHz Erwachsene Tiere werden dadurch uberwiegend durch Laute von 2 bis 8 kHz aktiviert was sich auch die Jungtiere auf der Suche nach dem Muttertier zunutze machen Der Sehsinn ist unterentwickelt da der Musculus ciliaris fehlt Dadurch sind die Tiere kurzsichtig Die stark gekrummte Hornhaut der Augenlinse bewirkt eine Sehscharfe von 3 bis 4 Dioptrien Die Sehfahigkeit der Jungtiere ist allerdings in der Regel besser als die der Adulten 11 1 4 Verbreitung BearbeitenDie Zweifinger Faultiere leben in Mittel und Sudamerika ihr Verbreitungsgebiet reicht von Nicaragua bis Peru und Brasilien Sie bewohnen tropische Regenwalder des Tief und Berglands aber teilweise auch laubabwerfende Walder und Sekundarwalder Gelegentlich werden Tiere auch in offeneren Landschaften beobachtet Aufgrund des nur einlagigen Fells tolerieren die Zweifinger Faultiere keine kuhleren Temperaturen Die Thermoneutralitat liegt bei etwa 24 C und damit hoher als bei den Dreifinger Faultieren mit ihrem dichten Unterfell Aus diesem Grund sind die Zweifinger Faultiere selten in Hochgebirgslagen anzutreffen Allerdings wurde ein Tier in einer Hohenlage von fast 3 300 m gesichtet Vertreter von Populationen in hoherlagigen Verbreitungsgebieten haben haufig ein dichter ausgebildetes Fell 12 10 4 Lebensweise BearbeitenSozialverhalten und Aktivitaten Bearbeiten nbsp Eigentliches Zweifingerfaultier im Geast Die Lebensweise wildlebender Zweifinger Faultiere ist nur unzureichend erforscht Sie verbringen nahezu ihr gesamtes Leben in den Asten hangend ihre Lebensweise ist aufgrund des geringen Nahrwerts ihrer Nahrung auf Energiesparen ausgerichtet Allerdings sind sie im Vergleich zu den Dreifinger Faultieren weniger wahlerisch in Bezug auf ihre Nahrung weswegen sie als agiler als ihre Verwandten gelten Auch Schlaf Nahrungsaufnahme Paarung und Gebarvorgang erfolgen in der hangenden Lebensweise die Zweifinger Faultiere verlassen das Geast lediglich um zu einem anderen Baum zu kommen oder zum Defakieren In den Baumen konnen sie taglich bis zu 40 m zurucklegen in Ausnahmefallen bis zu 300 m und mehr Die erreichten Geschwindigkeiten liegen bei 0 1 bis 0 16 m je Sekunde 360 bis 580 m je Stunde maximale Geschwindigkeiten wurden mit 0 47 m je Sekunde 1690 m je Stunde registriert 13 Am Boden sind sie eher hilflos und vermogen ihren Korper nur fur kurze Zeit vom Boden zu heben 13 Allerdings konnen sie sehr gut schwimmen Die Tiere verbringen rund 13 Stunden pro Tag schlafend ihre Aktivitatsperioden konzentrieren sich auf die Nachtstunden Sie sind vorwiegend Einzelganger einzelne Tiere nutzen Aktionsraume von 0 4 bis 3 9 ha Grosse In mehr offenen Landschaften konnen diese auch deutlich grosser sein Territoriales Verhalten konnte dabei nur selten beobachtet werden 14 Die Populationsdichte schwankt abhangig von der Region zwischen 0 04 und 2 7 Individuen je Hektar 11 15 1 4 Ernahrung und Stoffwechsel Bearbeiten Die Zweifinger Faultiere sind weniger wahlerisch als Dreifinger Faultiere sie nehmen neben Blattern auch Fruchte Bluten und Knospen zu sich Gelegentlich verzehren sie auch Insekten Vogeleier und Nestlinge Die generell energiearme Pflanzenkost fuhrt zu einer geringen Stoffwechselrate die nur bei 40 bis 45 eines vergleichbar grossen Saugetiers liegt und eine sehr energiesparende Lebensweise zur Folge hat So ist unter anderem die Muskelkontraktion etwa 4 bis 6 mal langsamer als bei einer Hauskatze die Muskelrelaxation sogar 9 bis 11 mal langsamer Die Defakation erfolgt in der Regel nur einmal wochentlich Die Korpertemperatur ist variabel und schwankt zwischen 32 7 und 35 5 C vor allem wahrend des Schlafes oder wahrend kuhlerer Tageszeiten beziehungsweise bei feuchtem Wetter sinkt sie teilweise stark ab 11 Wildlebende Zweifinger Faultiere schlafen und ruhen etwa 13 Stunden taglich zwischen den einzelnen Ruhephasen liegen Zeiten erhohter zumeist nachtlicher Aktivitat die auch bis zu 7 5 Stunden anhalten kann Um aber wichtige Erganzungsstoffe zu erhalten die durch die eher energiearme Nahrung nicht verfugbar sind hat sich bei den Zweifinger Faultieren wie bei den Dreifinger Faultieren eine besondere Symbiose entwickelt Im Fell leben Motten der Gattung Cryptoses welche ihre Eier in den Dung der Faultiere legen Sie geben zudem Stickstoffverbindungen an die ebenfalls im Fell lebenden Algen ab Durch Ablecken des Fells nehmen die Zweifinger Faultiere die Algen auf und erhalten dadurch die Erganzungsstoffe Der Effekt ist aber bei den Dreifinger Faultieren deutlicher entwickelt 1 10 16 4 Fortpflanzung Bearbeiten nbsp Etwa 10 Monate altes Zweifinger Faultier im Zoo Dresden Die Paarung ist ganzjahrig kann bei einigen Populationen unter Umstanden aber auch abhangig von den Jahreszeiten sein und findet dann zu Beginn der Trockenzeit statt Die Tragzeit dauert zehn bis elf Monate in der Regel wird ein einzelnes Jungtier geboren Dieses ist rund 21 bis 25 cm lang und wiegt rund 360 bis 450 g Die ersten Lebenswochen verbringt es an den Bauch der Mutter geklammert mit spatestens funf Wochen nimmt es erstmals feste Nahrung zu sich Die Stillzeit liegt bei rund funf Monaten Endgultig selbststandig wird es mit sechs bis neun Monaten der Prozess kann aber auch bis zu zwei Jahre dauern Weibchen werden mit rund drei Jahren geschlechtsreif Mannchen mit vier bis funf Jahren Der Abstand zwischen zwei Geburten betragt etwa anderthalb Jahre Die Lebenserwartung der Zweifinger Faultiere in freier Wildbahn ist unbekannt in menschlicher Obhut konnen sie 40 Jahre und alter werden 17 1 4 Das hochste dokumentierte Lebensalter hatte ein mindestens 50 Jahre altes in menschlicher Obhut gehaltenes Zweifingerfaultier 18 Fressfeinde und Uberlebensstrategien Bearbeiten Bedeutendste Fressfeinde sind Greifvogel wie die Harpyie grossere und kleinere Katzen so der Jaguar und der Ozelot und Riesenschlangen etwa Anakondas Mit ihren Vorderkrallen und Zahnen konnen sich die Zweifinger Faultiere gegenuber Fressfeinden verteidigen meist sind sie aber durch ihr Fell und ihre sehr langsamen Bewegungen getarnt 11 1 Systematik BearbeitenInnere Systematik der Faultiere nach Presslee et al 2019 basierend auf Proteinanalysen 19 Folivora Megalocnoidea Acratocnidae Parocnidae Megatherioidea Nothrotheriidae Megatheriidae Megalonychidae Bradypodidae Mylodontoidea Scelidotheriidae Choloepodidae Mylodontidae Vorlage Klade Wartung Style Die Unterteilung der Megalocnoidea erfolgt nach Delsuc et al 2019 20 Innere Systematik der Faultiere nach Varela et al 2019 basierend auf skelettanatomischen Merkmalen 21 Folivora Eufolivora Megatherioidea Megatheriidae Nothrotheriidae Megalonychidae einschliesslich Zweifinger Faultiere Mylodontoidea Mylodontidae Orophodontidae Scelidotheriidae Bradypodidae Vorlage Klade Wartung Style Die Zweifinger Faultiere Choloepus sind eine Gattung innerhalb der monotypischen Familie der Choloepodidae aus der Unterordnung der Faultiere Folivora Die Faultiere bilden gemeinsam mit den Ameisenbaren Vermilingua eine engere Verwandtschaftsgruppe die Zahnarmen Pilosa Diese stellen eine Ordnung innerhalb der Uberordnung der Nebengelenktiere Xenarthra dar die eine der vier Hauptlinien der Hoheren Saugetiere ist Mit Hilfe molekulargenetische Untersuchungen konnte eine Abspaltung der Faultiere von der gemeinsamen Linie mit den Ameisenbaren im ausgehenden Palaozan vor etwa 58 Millionen Jahren ermittelt werden Die heute nachstverwandte Gruppe innerhalb der Faultiere sind die Dreifinger Faultiere Bradypus aus der ebenfalls monotypischen Familie der Bradypodidae 22 23 Ursprunglich hielt man die Zwei und Dreifinger Faultiere fur eng miteinander verwandt und verwies beide in die Familie der Bradypodidae wobei diese den ausgestorbenen bodenbewohnenden Faultieren gegenuberstand 24 5 Allerdings beruhen die ausserlichen Ahnlichkeiten weitgehend auf konvergenter Evolution wie spatere skelettanatomische Untersuchungen zeigten In der Folgezeit favorisierten viele Wissenschaftler eine nahere Verwandtschaft der Zweifinger Faultiere mit den bodenbewohnenden Faultieren aus der Familie der Megalonychidae wofur unter anderm der vergrosserte und eckzahnartig gestaltete vorderste Zahn die Struktur des Jochbeins und das Fehlen einer verknocherten Paukenblase am Mittelohr sprachen Fur die Dreifinger Faultiere wurde dagegen ein Schwestergruppenverhaltnis zu allen anderen Faultieren angenommen 25 3 21 Mit dem Aufkommen molekulargenetischer Analysemethoden zeigte sich die zeitliche Kluft die die Zwei und Dreifinger Faultiere aus stammesgeschichtlicher Sicht deutlich trennt da beide Gattungen bereits seit dem Oligozan vor rund 29 Millionen Jahren eigene Entwicklungslinien formten 22 23 nbsp Historische Darstellung eines Zweifinger Faultiers aus dem Jahr 1902 In der klassischen Sichtweise wurden die Megalonychidae als sehr formenreiche Gruppe erachtet die sich sowohl aus grossen Bodenfaultieren Sud und Nordamerikas als auch den Vertretern der Westindischen Inseln zusammensetzten Die Zweifinger Faultiere sollten dabei vor allem mit letzteren naher verwandt sein unter anderem kamen Neocnus und Acratocnus in Frage 25 Die Verwandtschaftsverhaltnisse der Zweifinger Faultieren zu den Megalonychidae blieben jedoch weitgehend ungeklart da die stark modifizierte Anatomie der heutigen Baumfaultiere die sich aus der speziellen Lebensweise entwickelte Vergleiche erschwerte Zudem liegen von den Zweifinger Faultieren keine Fossilnachweise vor womit Ubergangsformen unbekannt sind 26 Umfangreiche molekulargenetische Untersuchungen und Proteinanalysen an den rezenten und fossilen Faultieren aus dem Jahr 2019 widersprachen der gangigen Meinung der Verwandtschaftsverhaltnisse einerseits der rezenten Baumfaultiere andererseits auch der Megalonychidae allgemein Letztere erwiesen sich als polyphyletisch bestehend aus drei Linien die Zweifinger Faultieren die grossen Bodenfaultiere des kontinentalen amerikanischen Festlandes und die kleineren Faultiere der Westindischen Inseln Fur die Zweifinger Faultiere ergibt sich eine engere Beziehung zu den ausgestorbenen Mylodontidae und Scelidotheriidae die gemeinsam die Uberfamilie der Mylodontoidea formen Die Bodenfaultiere Nord und Sudamerikas gruppieren sich mit den Megatheriidae und den Nothrotheriidae ein Verwandtschaftsverhaltnis das schon vorher angenommen wurde und in der Uberfamilie der Megatherioidea vereint wird Hierin stehen auch die Dreifinger Faultiere Die karibischen Faultiere wiederum bilden eine eigenstandige Uberfamilie die Megalocnoidea 20 19 Die Zweifinger Faultiere werden in zwei rezente Arten unterteilt 3 Eigentliches Zweifingerfaultier oder Unau Choloepus didactylus Linnaeus 1758 Hoffmann Zweifingerfaultier Choloepus hoffmanni Peters 1858 Laut den vorliegenden genetischen Untersuchungen bildeten sich die beiden Linien im Oberen Miozan vor etwa 9 Millionen Jahren heraus 23 27 Eine Untersuchung aus dem Jahr 2018 zeigte auf dass diese im Bereich des nordwestlichen Amazonasbeckens nicht vollstandig getrennt sind Ob dies auf Hybridisierung auf einen nicht differenzierbaren Phanotyp innerhalb der Zweifinger Faultiere oder auf ungenugende Informationen zur Verbreitung der zwei Arten zuruckzufuhren ist kann momentan aufgrund der zu geringen Datenlage nicht gesagt werden 27 In menschlicher Gefangenschaft treten gelegentlich Hybridformen auf 28 Die Erstbeschreibung der Gattung Choloepus erfolgte im Jahr 1811 durch Johann Karl Wilhelm Illiger wobei er die Typusart das Eigentliche Zweifingerfaultier als Bradypus didactylus ansprach ein Name den Linnaeus bereits 1758 benutzt hatte Dies wurde erst 1827 von John Edward Gray geandert der aber falschlicherweise die Bezeichnung Chaelopus verwendete 3 Nach Linnaeus lag die Typuslokalitat des Eigentlichen Zweifingerfaultiers in Zeylona das heutige Sri Lanka erst 1911 wurde von Oldfield Thomas Suriname als eigentliche Typuslokalitat festgelegt 29 Der Gattungsname Choloepus stammt aus der griechischen Sprache und leitet sich von xwlos cholos lahm und poys pous Fuss her er bezieht sich somit auf die langsamen Bewegungen der Tiere 1 2 Die Bezeichnung Choloepus als Basis fur die Benennung einer hoheren taxonomischen Einheit nutzte erstmals John Edward Gray im Jahr 1871 Er definierte die Tribus der Choloepodini als Choloepina und trennte damit auch formal die Zwei und Dreifinger Faultiere auf Tribus Ebene 30 Eine heute korrekte Schreibweise geht auf Theodore Gill zuruck der 1872 die Choloepodinae als Unterfamilie fuhrte 31 Bedrohung BearbeitenAls Bewohner der Regenwalder leiden Zweifinger Faultiere an deren Abholzung und dem damit verbundenen Verlust ihres Lebensraumes Einen weiteren Anteil der Bedrohung macht zusatzlich die Jagd aus zum Teil fur Nahrungszwecke allerdings auch fur den Verkauf als Heimtiere Aufgrund des weiten Verbreitungsgebietes gelten beide Arten laut IUCN als nicht gefahrdet least concern Im Gegensatz zu Dreifinger Faultieren werden Zweifinger Faultiere haufiger in zoologischen Einrichtungen gehalten 12 Literatur BearbeitenNadia Moraes Barros Megalonychidae Two toed sloths In Don E Wilson Russell A Mittermeier Hrsg Handbook of the Mammals of the World Volume 8 Insectivores Sloths and Colugos Lynx Edicions Barcelona 2018 S 104 117 ISBN 978 84 16728 08 4 Ronald Nowak Walker s Mammals of the World Johns Hopkins University Press Baltimore 1999 ISBN 0 8018 5789 9 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i Virginia Hayssen Choloepus hoffmanni Pilosa Megalonychidae In Mammalian Species 43 1 2011 S 37 55 a b Peter J Adam Choloepus didactyla In Mammalian Species 621 1999 S 1 8 a b c d Alfred L Gardner Virginia L Naples Family Megalonychidae P Gervais 1855 In Alfred L Gardner Hrsg Mammals of South America Volume 1 Marsupials Xenarthrans Shrews and Bats University of Chicago Press 2008 ISBN 978 0 226 28240 4 S 165 168 a b c d e f Nadia Moraes Barros Megalonychidae Two toed sloths In Don E Wilson Russell A Mittermeier Hrsg Handbook of the Mammals of the World Volume 8 Insectivores Sloths and Colugos Lynx Edicions Barcelona 2018 S 104 117 ISBN 978 84 16728 08 4 a b c Virginia L Naples Cranial osteology and function in the tree sloths Bradypus and Choloepus In American Museum Novitates 2739 1982 S 1 21 Sergio F Vizcaino The teeth of the toothless novelties and key innovations in the evolution of xenarthrans Mammalia Xenarthra In Paleobiology 35 3 2009 S 343 366 Lionel Hautier Vera Weisbecker Marcelo R Sanchez Villagra Anjali Goswami Robert J Asher Skeletal development in sloths and the evolution of mammalian vertebral patterning In PNAS 107 44 2010 S 18903 18908 pnas org Hideki Endo Osamu Hashimoto Hajime Taru Keisuke Sugimura Shin ichi Fujiwara Takuya Itou Hiroshi Koie Masato Kitagawa Takeo Sakai Comparative Morphological Examinations of the Cervical and Thoracic Vertebrae and Related Spinal Nerves in the Two Toed Sloth In Mammal Study 38 3 2013 S 217 224 John A Nyakatura Martin S Fischer Functional morphology of the muscular sling at the pectoral girdle in tree sloths convergent morphological solutions to new functional demands In Journal of Anatomy 219 2011 S 360 374 a b c D P Gilmore C P Da Costa 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Jonathan Bloch Adam Hajduk Fabiana M Martin Rodolfo Salas Gismondi Marcelo Reguero Christian de Muizon Alex Greenwood Brian T Chait Kirsty Penkman Matthew Collins Ross D E MacPhee Palaeoproteomics resolves sloth relationships In Nature Ecology amp Evolution 3 2019 S 1121 1130 doi 10 1038 s41559 019 0909 z a b Frederic Delsuc Melanie Kuch Gillian C Gibb Emil Karpinski Dirk Hackenberger Paul Szpak Jorge G Martinez Jim I Mead H Gregory McDonald Ross D E MacPhee Guillaume Billet Lionel Hautier Hendrik N Poinar Ancient mitogenomes reveal the evolutionary history and biogeography of sloths In Current Biology 29 12 2019 S 2031 2042 doi 10 1016 j cub 2019 05 043 a b Luciano Varela P Sebastian Tambusso H Gregory McDonald und Richard A Farina Phylogeny Macroevolutionary Trends and Historical Biogeography of Sloths Insights From a Bayesian Morphological Clock Analysis In Systematic Biology 68 2 2019 S 204 218 a b Frederic Delsuc Sergio F Vizcaino Emmanuel J P Douzery Influence of Tertiary paleoenvironmental changes on the diversification of South American mammals a relaxed molecular clock study within xenarthrans In BMC Evolutionary Biology 4 11 2004 S 1 13 a b c Gillian C Gibb Fabien L Condamine Melanie Kuch Jacob Enk Nadia Moraes Barros Mariella Superina Hendrik N Poinar Frederic Delsuc Shotgun Mitogenomics Provides a Reference Phylogenetic Framework and Timescale for Living Xenarthrans In Molecular Biology and Evolution 33 3 2015 S 621 642 George Gaylord Simpson The Principles of Classification and a Classification of Mammals In Bulletin of the American Museum of Natural History 85 1945 S 1 350 S 72 a b Timothy J Gaudin Phylogenetic relationships among sloths Mammalia Xenarthra Tardigrada the craniodental evidence In Zoological Journal of the Linnean Society 140 2004 S 255 305 Timothy J Gaudin On the Osteology of the Auditory Region and Orbital Wall in the Extinct West Indian Sloth Genus Neocnus Arredondo 1961 Placentalia Xenarthra Megalonychidae In Annals of Carnegie Museum 80 1 2011 S 5 28 a b Manuel Ruiz Garcia Diego Chacon Tinka Plese Ingrid Schuler Joseph Mark Shostell Mitogenomics phylogenetic relationships of the current sloth s genera and species Bradypodidae and Megalonychidae In Mitochondrial DNA Part A 29 2 2018 S 281 299 doi 10 1080 24701394 2016 1275602 Cynthia C Steiner Marlys L Houck Oliver A Ryder Species identification and chromosome variation of captive two toed sloths In Zoo Biology 30 6 2011 S 623 635 doi 10 1002 zoo 20360 Oldfield Thomas The mammals of the tenth edition of Linnaeus an attempt to fix the types of the genera and the exact bases and localities of the species In Proceedings of the Zoological Society of London 1911 S 120 158 John Edward Gray Notes on the species of Bradypodidae in the British Museum In Proceedings of the Zoological Society of London 1871 S 428 449 online Theodore Gill Arrangement of the Families of Mammals Washington 1872 S 1 98 S 24 online Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Zweifinger Faultiere Album mit Bildern Videos und Audiodateien Gefahrdungsgrad der einzelnen Arten in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zweifinger Faultiere amp oldid 243211479