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Diastema von altgriechisch diasthma diastema Zwischenraum 1 oder Diastem nennt man in der Zoologie eine evolutionar erworbene folglich nicht pathologische mehr oder weniger breite Lucke in der Zahnreihe von Saugetieren und anderen Amnioten mit stark differenziertem Gebiss Diastemata kommen bei zahlreichen rezenten und ausgestorbenen Amniotenarten an verschiedenen Positionen im Gebiss vor In der Regel treten Diastemata im Bereich des Eckzahnes bzw im Bereich zwischen dem hintersten Schneidezahn und dem vordersten Backenzahn auf Besonders ausgepragte Diastemata finden sich bei Vertretern von Amniotengruppen die sich auf hartfaserige pflanzliche Nahrung spezialisiert haben unter anderem bei Huftieren Inhaltsverzeichnis 1 Primaten 2 Huftiere 3 Nage und Hasentiere 4 Beuteltiere 5 Dinosaurier 6 Siehe auch 7 EinzelnachweisePrimaten Bearbeiten nbsp Blick auf die Gaumenseite des Schadels eines Schimpansen Pan troglodytes mit deutlich ausgebildeter Affenlucke zwischen Schneide und EckzahnenDas Diastem der Primaten ist der relativ kleine Zwischenraum zwischen Eck und Schneidezahn im Oberkiefer und der noch kleinere Zwischenraum zwischen Eckzahn und erstem Pramolar im Unterkiefer Dieses Diastem wird auch als Affenlucke oder Primatenlucke bezeichnet Sie tritt sowohl bei Hunds als auch bei Menschenaffen auf und hat die Funktion bei geschlossenem Maul Platz fur die Spitzen der relativ grossen insbesondere bei Mannchen bisweilen sehr kraftig entwickelten Eckzahne der gegenuberliegenden Zahnreihe zu bieten Beim modernen Menschen Homo sapiens gibt es keine Affenlucke die Zahnreihe ist geschlossen und die Eckzahne sind nicht grosser als die Schneidezahne Bei fossilen Kiefern von Fruhmenschen gilt das Vorhandensein oder Fehlen der Affenlucke als Hinweis darauf ob das entsprechende Exemplar einer eher affenahnlichen primitiven bzw einer eher menschenahnlichen fortschrittlichen Form zuzuordnen ist So ist schon bei einigen Australopithecinen die Affenlucke komplett reduziert 2 Huftiere Bearbeiten nbsp Schadel eines Przewalskipferdes Equus ferus przewalskii in Seitenansicht mit Diastem zwischen drittem Schneidezahn und erstem PramolarBei Huftieren besteht zwischen den ausseren hinteren Schneidezahnen und den vorderen Backenzahnen meist die Pramolaren ein relativ weites Diastem Die Eckzahne sind bei vielen Huftieren komplett reduziert Bei zahlreichen Paarhuferlinien vor allem aus der Gruppe der Wiederkauer sind zudem auch die oberen Schneidezahne komplett reduziert sodass im Oberkiefer kein Diastem im eigentlichen Sinn vorliegt weil die Bezahnung erst mit den Pramolaren beginnt Beim sehr stark modifizierten Schadel und Gebiss der Elefanten tritt ein echtes Diastem nur im Oberkiefer auf weil der Unterkiefer keine Schneidezahne besitzt Die Funktion des Diastems der Huftiere ist nicht genau geklart Unter anderem wird eine grossere Bewegungsfreiheit der Zunge beim Weiterreichen der Nahrung von den Schneidezahnen zu den Backenzahnen bzw generell bei der Manipulation der Nahrung im Mundraum angefuhrt 3 Ein anderer Erklarungsansatz besagt dass das Diastem eher ein Ausdruck der nachlassenden Hebelwirkung mit zunehmender Lange des Hebelarms ist Weil Mahlzahne relativ hohe metabolische Kosten verursachen ware bei langen Schadeln bzw Kiefern eine Mahlflache die bis zu den Schneidezahnen reicht unokonomisch Ein Diastem ware somit schlicht das Nebenprodukt eines langen Schadels 4 Nage und Hasentiere Bearbeiten nbsp Schadel der Waldmaus Apodemus sylvaticus in Seitenansicht Das Diastem im Oberkiefer ist deutlich breiter als das im Unterkiefer Auch Nage und Hasentiere besitzen ein deutlich ausgepragtes Diastem zwischen den Pramolaren und den Schneidezahnen bei reduziertem Eckzahn wobei die Nagetiere nur einen Schneidezahn pro Kieferhalfte besitzen der aber kraftiger ausgebildet ist als die beiden Schneidezahne der Hasentiere Die Prasenz des Diastems bei den Nagetieren steht in engem Zusammenhang mit der Evolvierung der grossen wurzellosen Schneidezahne Nagezahne die tief in den Knochen hineinreichen wodurch im vorderen Teil der Kiefer kein Platz mehr fur die Wurzeln anderer Zahne ist Zudem sorgt das Diastem fur eine funktionelle Entkopplung der Nagezahne von den Backenzahnen Beim Gebrauch der Nagezahne wird der Unterkiefer nach vorn geschoben und die Backenzahne des Unterkiefers befinden sich dann gegenuber dem Diastem im Oberkiefer So sind sie vor unnotiger Abnutzung geschutzt wahrend das Tier die Kiefer bewegt Zudem konnen Nager mit ihrer tief gespaltenen Oberlippe wahrend des Einsatzes der Nagezahne als reine Gebrauchswerkzeuge z B beim Biber wahrend des Fallens von Baumen fur den Dammbau den dahinterliegenden Mundraum verschliessen sodass sich die Nagezahne dann faktisch ausserhalb des funktionellen Mundraumes befinden 5 Beuteltiere Bearbeiten nbsp Schadel eines Roten Riesenkangurus Macropus rufus in Seitenansicht mit sehr breitem Diastem zwischen Schneide und BackenzahnenAuch einige auf hartfaserige Pflanzennahrung spezialisierte Vertreter der Beuteltiergruppe Diprotodontia unter anderem die Kangurus besitzen ein teils sehr breites Diastem zwischen den Schneidezahnen und den Backenzahnen mit Reduktion der Eckzahne Ursache und Funktion des Diastems durften denen bei den plazentalen Saugetieren ahnlich sein Da Beuteltiere mit Diastem und plazentale Sauger mit Diastem verschiedene gemeinsame Vorfahren ohne Diastem haben handelt es sich jeweils um konvergente Entwicklungen Dinosaurier Bearbeiten nbsp Schadel des hadrosaurinen Ornithopoden Saurolophus osborni Die Zahnbatterie nimmt bei diesem Exemplar nur einen vergleichsweise kleinen Teil des Kiefers ein der Rest ist unbezahnt Eine ahnliche Entwicklung in der Gebissmorphologie fand ausserhalb der Saugetiere bei den Vogelbeckendinosauriern statt insbesondere bei den Ceratopsiern und den Ornithopoden Die Vertreter dieser Gruppen durften sich ahnlich wie Huftiere ernahrt und ihre Nahrung wahrscheinlich ausgiebig gekaut haben Sowohl bei Ceratopsiern als auch bei Ornithopoden wurden die vorderen Zahne komplett durch einen scharfen Hornschnabel ersetzt und die individuell eher kleinen Zahne im hinteren Bereich der Kiefer bildeten sogenannte Zahnbatterien die in der Funktion den Mahlzahnen der Saugetiere sehr ahnlich waren Als Diastem wird bei diesen Vertretern der zahnlose Bereich zwischen Hornschnabel und Zahnbatterie bezeichnet 6 Siehe auch BearbeitenDiastema medialeEinzelnachweise Bearbeiten Wilhelm Gemoll Griechisch Deutsches Schul und Handworterbuch Munchen Wien 1965 Erich Thenius Evolution des Lebens und der Mensch Die erdgeschichtliche Dokumentation Vortrag Wien 1980 PDF Cristine M Janis Correlations between craniodental morphology and feeding behaviour in ungulates reciprocal illumination between living and fossil taxa In Jeff J Thomason Hrsg Functional Morphology in Vertebrate Paleontology Cambridge University Press Cambridge UK New York Melbourne 1995 ISBN 0 521 44095 5 S 76 98 Walter S Greaves Functional predictions from theoretical models of the skull and jaws in reptiles and mammals In Jeff J Thomason Hrsg Functional Morphology in Vertebrate Paleontology Cambridge University Press Cambridge UK New York Melbourne 1995 ISBN 0 521 44095 5 S 99 135 Stuart O Landry Jr The Rodentia as Omnivores The Quarterly Review of Biology Bd 45 Nr 4 1970 S 351 372 JSTOR 2821009 David E Fastovsky Joshua B Smith Dinosaur Paleoecology In David B Weishampel Peter Dodson Halszka Osmolska Hrsg The Dinosauria Zweite Auflage University of California Press Berkeley 2004 S 614 626 ISBN 0 520 24209 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Diastema Zoologie amp oldid 218904773