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Die Nebengelenktiere Xenarthra gelegentlich auch noch als Zahnarme Edentata gefuhrt bilden eine Uberordnung der hoheren Saugetiere Sie umfasst zwei Ordnungen die Zahnarmen Pilosa bestehend aus Ameisenbaren und Faultieren und die Gepanzerten Nebengelenktiere Cingulata die heute nur noch durch die Gurteltiere vertreten sind Namensgebend sind ihre zusatzlichen Wirbelfortsatze am Ruckgrat Fruher selbst als Ordnung gefuhrt gelten sie heute als eine der vier Hauptgruppen der hoheren Saugetiere und wurden daher zur Uberordnung aufgewertet Anders als im Falle der drei anderen Gruppen ist ihre enge Verwandtschaft traditionell unumstritten und morphologisch untermauert NebengelenktiereGrosser Ameisenbar Myrmocophaga tridactyla Systematikohne Rang Amnioten Amniota ohne Rang Synapsiden Synapsida Klasse Saugetiere Mammalia ohne Rang TheriaUnterklasse Hohere Saugetiere Eutheria Uberordnung NebengelenktiereWissenschaftlicher NameXenarthraCope 1889Wirbel des Grossen Ameisenbaren Myrmecophaga tridactyla A Seitenansicht des zwolften und dreizehnten Brustwirbels B Ruckseite des zweiten Lendenwirbels C Vorderansicht des dritten Lendenwirbels az Vordere Zygapophyse az1 az2 az3 zusatzliche vordere Gelenkflachen cc Ansatzstelle der Rippe m Metapophyse pz hintere Zygapophyse pz1 pz2 pz3 zusatzliche hintere Gelenkflachen t Querfortsatz tc Ansatzstelle der Rippe Aus Flower s Osteology Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 1 1 Allgemeine Charakteristika 1 2 Definierende Merkmale 1 3 Konvergenzen der spezialisierten Ameisenfresser 2 Verbreitung 3 Evolution und Systematik 3 1 Stammesgeschichte 3 2 Externe Systematik 3 3 Interne Systematik 4 Quellenverweise 4 1 Literatur 4 2 Einzelnachweise und Anmerkungen 4 3 WeblinksMerkmale BearbeitenAllgemeine Charakteristika Bearbeiten Aufgrund ihrer Spezialisierung auf unterschiedliche Habitate und Lebensweise unterscheiden sich die drei Gruppen der Nebengelenktiere deutlich in ihrem Ausseren Die Lange der rezenten Arten variiert von 12 5 Zentimetern bei den Gurtelmullen bis zu 120 Zentimetern beim Grossen Ameisenbaren Das Gewicht schwankt dementsprechend zwischen 85 Gramm und 40 Kilogramm ein Grossteil der ausgestorbenen Riesenfaultiere und der Glyptodontidae waren allerdings deutlich grosser Definierende Merkmale Bearbeiten Die Nebengelenktiere besitzen mehrere einzigartige Merkmale die sie schon forschungsgeschichtlich fruh als eigenstandige Gruppe innerhalb der Hoheren Saugetiere abtrennen liessen Das bedeutendste und namensgebende sind zusatzliche Gelenkflachen an den Wirbelbogen der hinteren Brust und der Lendenwirbel die sogenannten xenarthrischen Gelenke oder Xenarthrale Nebengelenke Alle Nebengelenktiere verfugen uber jeweils zwei derartige Flachen seitlich und mittig des seitlichen Gelenkfortsatzes Zygapophyse Bei den einzelnen Entwicklungslinien innerhalb der Nebengelenktiere konnen noch weitere zusatzliche Gelenkflachen ausgebildet sein 1 Lediglich bei den Glyptodonten sind die Nebengelenke durch die vollstandige Fusion der hinteren Wirbelsaule nicht mehr erkennbar Daruber hinaus kommen noch weitere Merkmale vor Hierzu gehoren die Verknocherung der Querfortsatze der Kreuzbeinwirbel mit dem Sitzbein des Beckens und die Einbindung der vorderen Schwanzwirbel in diese Struktur so dass ein Synsacrum entsteht Des Weiteren besteht ein komplexes Schulterblatt mit einer zweiten Schultergrate einem sehr langen Acromion und einem ausgepragten Coracoidfortsatzes Am Brustbein setzen verknocherte Rippen an die bei anderen Saugetieren uberwiegend knorpelig ausgebildet sind An den Handen und Fussen ist ein jeweils extrem verkurztes zweites Finger und Zehenglied charakteristisch Der Oberschenkelknochen besitzt bei allen Nebengelenktieren einen dritten Rollhugel Trochanter am Schaft der lediglich bei einigen Riesenfaultieren durch den besonderen Bau des Knochens uberdeckt ist Am Schadel ist mit Ausnahme der Ameisenbaren der Jochbogen vollstandig ausgebildet die beiden Bogenfortsatze sind aber nur in den seltensten Fallen miteinander verwachsen Hinzu kommt ein kraftiger abwarts gerichteter Fortsatz Das Gebiss ist stark uberpragt und kann wie bei den Ameisenbaren vollstandig verloren gegangen sein Bei den Faultieren und Gurteltieren sind die Zahne nur bedingt mit den verschiedenen Zahntypen der Hoheren Saugetiere vergleichbar Schneide und Eckzahne kommen prinzipiell nicht vor Das vorhandene Gebiss ist weitgehend homodont die Zahne werden als molarenartig bezeichnet schliessen aber hochstwahrscheinlich die Pramolaren mit ein Ausnahmen bilden hier die Zweifingerfaultiere und einige ausgestorbene Faultiere deren jeweils erster Zahn eckzahnartig gestaltet ist ohne diesem tatsachlich zu entsprechen Generell sind die Zahne einfach gebaut haben mit wenigen Ausnahmen keinen Zahnschmelz und sind haufig hochkronig Als Besonderheit besitzt das Riesenfaultier 80 bis 100 Zahne was die hochste Anzahl unter den landlebenden Saugetieren darstellt 2 3 4 Konvergenzen der spezialisierten Ameisenfresser Bearbeiten Im Vergleich mit den anderen Uberordnungen gibt es einige interessante Falle konvergenter Evolution So haben beispielsweise die zu den Ursaugern gehorigen Ameisenigel Tachyglossidae und die zu den Laurasiatheria gehorigen Schuppentiere Pholidota wie die den Nebengelenktieren zugerechneten Ameisenbaren Vermilingua als Anpassung an den Verzehr von Insekten und Wurmern ihre Zahne verloren und dafur eine verlangerte Zunge ausgebildet Verbreitung BearbeitenDie Nebengelenktiere kommen heute von dem auch im Suden Nordamerikas zu findenden Neunbinden Gurteltier Dasypus novemcinctus abgesehen ausschliesslich in den Tropen Mittel und Sudamerikas vor obwohl sie im Eozan auch in Antarktika zu finden waren und Riesenfaultiere bis ins Pleistozan in Nordamerika verbreitet waren Evolution und Systematik BearbeitenStammesgeschichte Bearbeiten Die Entstehung der Nebengelenktiere wird heute vor allem aufgrund von serologischen und molekularbiologischen Untersuchungen in der Kreidezeit vor etwa 90 bis 100 Millionen Jahren angenommen Der Fossilbefund fur die heute lebenden drei Taxa setzt dagegen erst im spaten Palaozan vor etwa 55 Millionen Jahren fur die Gurteltiere im mittleren Eozan vor etwa 45 Millionen Jahren fur die Faultiere und im fruhen Miozan vor etwa 20 Millionen Jahren fur die Ameisenbaren ein Aufgrund des fruhesten erhaltenen Fossilfundes eines Ameisenbaren in Europa des Eurotamandua joresi aus dem mittleren Eozan in der Grube Messel bei Darmstadt wird angenommen dass sich die Nebengelenktiere entweder in Afrika oder im Bereich der Bruchlinien des spateren Sudamerika und Antarktika bildeten und uber die Tethys auch Europa erreichten Diese These ist umstritten wodurch die Frage nach der Herkunft des europaischen Ameisenbaren noch weitestgehend offen ist Eine phylogenetische Untersuchung auf der Basis morphologischer Merkmale rezenter und fossiler Taxa aus dem Jahr 1998 platziert Eurotamandua joresi an der Basis der Ameisenbaren oder alternativ an der Basis aller Zahnarmen 5 Andere Untersuchungen legen stattdessen nahe dass E joresi identisch ist mit dem ebenfalls aus der Grube Messel stammenden und als Schuppentier identifizierten Fossil Eomanis krebsi 6 letzteres stufen sie als Jungtier von E joresi ein Dem wird vom Entdecker beider Fossilien Gerhard Storch und seinen Mitarbeitern widersprochen indem er auf diverse gravierende Unterschiede der Knochen hinweist 7 nbsp GlyptodonWenn die Nebengelenktiere nicht schon aus Sudamerika stammen sind sie vermutlich um die Wende von Kreidezeit und Tertiar aus Antarktika dorthin eingewandert Auf dem Kontinent kam es zur Ausbildung einer relativ grossen Artenvielfalt innerhalb dieser Tiergruppe Fossil sind uber 200 Arten belegt darunter Riesenformen wie die Riesenfaultiere oder die Glyptodontidae Einige Forscher vertreten die Ansicht auch die Sudamerikanischen Huftiere Meridiungulata eine ausgestorbene Gruppe pflanzenfressender Tiere konnten mit den Nebengelenktieren verwandt sein Externe Systematik Bearbeiten Die Nebengelenktiere gelten heute vor allem auf der Basis molekularbiologischer Untersuchungen neben den Afrotheria den Euarchontoglires und den Laurasiatheria als eines der rezenten vier grossen Taxa innerhalb der Hoheren Saugetiere Eutheria 8 Wahrend die Laurasiatheria und die Euarchontoglires mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit die gemeinsame Gruppe der Boreoeutheria bilden ist die Position der Nebengelenktiere und der Afrotheria in Relation zu den Boreoeutheria noch nicht vollstandig geklart alle drei moglichen Varianten werden diskutiert und finden Bestatigung in unterschiedlichen molekularbiologischen Untersuchungen Eine Variante positioniert die Nebengelenktiere als ursprunglichste Gruppe an die Basis der Hoheren Saugetiere und somit als Schwestergruppe aller anderen Taxa die in dem Fall als Epitheria zusammengefasst werden Diese Variante wird sowohl molekularbiologisch als auch morphologisch auf der Basis des Aufbaus des Innenohres vorgeschlagen Hohere Saugetiere Eutheria Epitheria Afrotheria Boreoeutheria Nebengelenktiere Xenarthra Alternativ werden jedoch auch die Afrotheria als ursprunglichste Gruppe vorgeschlagen Hohere Saugetiere Eutheria Exafroplacentalia Notolegia Nebengelenktiere Xenarthra Boreoeutheria AfrotheriaEine dritte Theorie schliesslich fasst die Afrotheria und die Nebengelenktiere als ein Taxon namens Atlantogenata zusammen und stellt dieses den Boreoeutheria gegenuber Hohere Saugetiere Eutheria Atlantogenata Nebengelenktiere Xenarthra Afrotheria BoreoeutheriaInterne Systematik Bearbeiten nbsp DreifingerfaultierDie Monophylie der Nebengelenktiere gilt als unstrittig und wird durch eine Reihe von morphologischen Merkmalen darunter die namensgebenden zusatzlichen Gelenkungen der Wirbelsaule Becken und Schadelmerkmale und durch verschiedene molekularbiologische Studien unterstutzt Anders als bei den bekannten fossilen Arten ist die Artenanzahl der rezenten Nebengelenktiere sehr begrenzt Sie stellen heute mit nur 37 Arten lediglich 1 2 der Artenvielfalt der hoheren Saugetiere Sie werden in zwei Ordnungen unterteilt 9 die Zahnarmen Pilosa welche die sechs Arten der Faultiere Folivora und die zehn Arten der Ameisenbaren Vermilingua umfassenFaultiere Folivora Dreifinger Faultiere Bradypodidae mit funf Arten der Gattung Bradypus Zweifinger Faultiere Megalonychidae mit zwei Arten der Gattung CholoepusAmeisenbaren Vermilingua Zwergameisenbaren Cyclopes mit insgesamt sieben Arten Grosser Ameisenbar Myrmecophaga tridactyla Tamanduas Tamandua mit zwei Arten den Nordlichen Tamandua T mexicana und den sudlichen Tamandua T tetradactyla dd die Gepanzerten Nebengelenktiere Cingulata zu denen die heutigen Gurteltiere 21 Arten sowie die ausgestorbenen Glyptodontidae die Pampatheriidae die Peltephilidae und die Palaeopeltidae zahlenDasypodidae Langnasengurteltiere Langnasengurteltiere Dasypus mit sieben Arten darunter das Neunbinden Gurteltier D novemcinctus dd ChlamyphoridaeChlamyphorinae Gurtelmulle Gurtelmull Chlamyphorus truncatus Burmeister Gurtelmull Calyptophractus retusus EuphractinaeZwerggurteltier Zaedyus pichiy Sechsbinden Gurteltier Euphractus sexcinctus Borstengurteltiere Chaetophractus mit zwei ArtenTolypeutinaeRiesengurteltier Priodontes maximus Kugelgurteltiere Tolypeutes mit zwei Arten Nacktschwanzgurteltiere Cabassous mit vier Arten dd dd Ein Kladogramm der heute lebenden Nebengelenktiere sieht entsprechend wie folgt aus Nebengelenktiere Xenarthra Zahnarme Pilosa Faultiere Folivora Ameisenbaren Vermilingua Gurteltiere Dasypoda Quellenverweise BearbeitenLiteratur Bearbeiten Gerhard Storch Xenarthra Edentata Nebengelenktiere Zahnarme In W Westheide und R Rieger Spezielle Zoologie Teil 2 Wirbel oder Schadeltiere Spektrum Akademischer Verlag Munchen 2004 S 574 575 ISBN 3 8274 0307 3 Ronald M Nowak Walker s Mammals of the World 2 Auflage The Johns Hopkins University Press Baltimore 1999 S 147 168 ISBN 0 8018 5789 9 Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Timothy J Gaudin The Morphology of Xenarthrous Vertebrae Mammalia Xenathra In Fieldiana Geology NS 41 1999 S 1 38 Lionel Hautier Helder Gomes Rodrigues Guillaume Billet Robert J Asher The hidden teeth of sloths evolutionary vestiges and the development of a simplified dentition In Scientific Reports 6 2016 S 27763 doi 10 1038 srep27763 H Gregory McDonald Xenarthran skeletal anatomy primitive or derived In Senckenbergiana biologica 83 2003 S 5 17 Gerhard Storch Xenarthra Nebengelenktiere Zahnarme In Wilfried Westheide Reinhard Rieger Spezielle Zoologie Teil 2 Wirbel und Schadeltiere 2 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin 2010 S 513 ISBN 978 3 8274 2039 8 Timothy J Gaudin Daniel G Branham The Phylogeny of the Myrmecophagidae Mammalia Xenarthra Vermilingua and the Relationship of Eurotamandua to the Vermilingua In Journal of Mammalian Evolution 5 3 1998 S 237 265 doi 10 1023 A 1020512529767 F S Szalay F Schrenk The middle Eocene Eurotamandua and a Darwinian phylogenetic analysis In Kaupia 7 1998 S 97 186 Ines Horovitz Gerhard Storch Thomas Martin Ankle structure in Eocene pholidotan mammal Eomanis krebsi and its taxonomic implications In Acta Palaeontologica Polonica 50 3 2005 S 545 548 William J Murphy Eduardo Eizirik Stephen J O Brien Ole Madsen Mark Scally Christopher J Douady Emma Teeling Oliver A Ryder Michael J Stanhope Wilfried W de Jong Mark S Springer Resolution of the Early Placental Mammal Radiation Using Bayesian Phylogenetics In Science 294 2001 S 2348 2351 Gillian C Gibb Fabien L Condamine Melanie Kuch Jacob Enk Nadia Moraes Barros Mariella Superina Hendrik N Poinar Frederic Delsuc Shotgun Mitogenomics Provides a Reference Phylogenetic Framework and Timescale for Living Xenarthrans In Molecular Biology and Evolution 33 3 2015 S 621 642Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Nebengelenktiere Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Nebengelenktiere auf Animal Diversity Web engl Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nebengelenktiere amp oldid 238246735