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Als Wasseraffen Theorie auch Wassertheorie Wasseraffen Hypothese wird eine Reihe von teils spekulativen Hypothesen bezeichnet nach der die Vorfahren des anatomisch modernen Menschen Homo sapiens im Verlauf der Menschwerdung eine teilweise wasserlebende bzw amphibische Phase durchgemacht haben sollen In Fachkreisen konnte sich diese Hypothese nicht durchsetzen 1 2 3 Inhaltsverzeichnis 1 Einfuhrung 2 Geschichtlicher Uberblick 2 1 Die erste Wasseraffen Theorie Westenhofers Aquatile Hypothese 2 2 Hardys Aquatic Ape Theory und die Weiterentwicklung dieses theoretischen Modells 3 Argumente der Befurworter der Wasseraffen Theorie 3 1 Unterhautfettgewebe 3 2 Tauchreflex 3 3 Schwimmhaute 3 4 Der aufrechte Gang 3 5 Der Haarstrich 3 6 Nacktheit 3 7 Geruchssinn 3 8 Nahrstoffbedurfnisse 3 9 Tranenflussigkeit und Schweiss 3 10 Fossilfunde 4 Kuliukas Wat Affen Modell 5 Andere aquatische Primaten 6 Literatur 6 1 Artikel 6 2 Monographien 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseEinfuhrung BearbeitenDie Vertreter der Wasseraffen Theorie sind der Ansicht dass fruhe Vormenschen sich uber lange Zeitspannen und ausdauernd an und in Gewassern und an Uferregionen aufhielten Dies habe zur Folge gehabt dass sich einige spezielle evolutionare Anpassungen an diesen Lebensraum entwickelten die charakteristisch fur den anatomisch modernen Menschen sind Nach dieser aquatischen Phase seien die Hominini wieder zum Leben ausschliesslich an Land ubergegangen Anatomische und verhaltensbiologische Merkmale die zur Stutzung dieser Theorie herangezogen werden sind insbesondere der aufrechte Gang die verlangerten hinteren Gliedmassen die besondere Struktur der Haut und die Einlagerung des Fettgewebes in der Unterhaut im Vergleich zu Menschenaffen der im Vergleich zu anderen Landsaugern deutlich hohere Korperfettanteil des Menschen die fur die Stromungsverhaltnisse bei der Atmung ungunstige nach unten offene Nase der Tauchreflex der Stimmritzenkrampf als Schliessreflex des Kehlkopfes die Kontrolle der Atmung beim Tauchen als Voraussetzung zur Entwicklung einer Lautsprache die fur ein ausschliesslich an Land lebendes Saugetier regelabweichend grossen FusseGeschichtlicher Uberblick BearbeitenDie erste Wasseraffen Theorie Westenhofers Aquatile Hypothese Bearbeiten Einige der Hauptargumente der Wasseraffen Theorie wurden bereits ab 1923 durch den Berliner Pathologen Max Westenhofer 1871 1957 aufgestellt eine Zusammenfassung seiner Ideen ist in seinem 1942 publizierten Buch Der Eigenweg des Menschen zu lesen Er glaubte dass im Verlauf der Stammesgeschichte des Menschen eine aquatische Phase stattgefunden habe und belegte dies anhand anatomischer Vergleiche Er schloss eine Abstammung oder nahe Verwandtschaft von Menschen zu Menschenaffen aus und sah stattdessen den Menschen als direkten weil ebenso wenig spezialisierten und im Feuchten lebenden Nachkommen von Lurchen und Salamandern 4 Hardys Aquatic Ape Theory und die Weiterentwicklung dieses theoretischen Modells Bearbeiten Vermutlich unabhangig von Westenhofer kamen dem Meeresbiologen Alister Hardy um 1930 die ersten Gedanken zu diesem Konzept Er las eine Veroffentlichung in der Besonderheiten des menschlichen Unterhaut Fettgewebes beschrieben wurden Dieses ist anders als bei den meisten Saugetieren so fest mit der Haut verbunden dass es mit angehoben wird wenn man an der Haut zieht Hardy ein Meeresbiologe assoziierte damit die Verhaltnisse bei Walen und uberlegte dass der Mensch in seiner Vorgeschichte eine aquatische Phase gehabt haben konne Im Laufe der Jahre sammelte er weitere Indizien zogerte aber mit der Veroffentlichung Erst im Marz 1960 publizierte Hardy seine Gedanken in dem Artikel Was man more aquatic in the past in der popularwissenschaftlichen Zeitschrift New Scientist 5 Hardy bezeichnete seine Hypothesen in diesem Artikel ausdrucklich als Spekulation er hat kein Buch uber das Thema veroffentlicht Seine Hypothesen wurden zehn Jahre spater durch die britische Journalistin Elaine Morgan aufgegriffen 6 und popularwissenschaftlich und in Verbindung mit feministischen Ansichten weiterentwickelt Morgan veroffentlichte mehrere Werke zu dem Thema Weitere Anhanger der Aquatic Ape Theory Wasseraffen Theorie sind unter anderen der belgische Allgemeinmediziner Marc Verhaegen 7 die schwedische Biologin und Sporttaucherin Erika Schagatay 8 der in Australien lebende aus Grossbritannien stammende IT Experte Algis Kuliukas 9 sowie der Schweizer Sportwissenschaftler Renato Bender und die Schweizer Arztin Nicole Bender Oser die eine gemeinsame Website zur Wasseraffen Theorie unterhalten 10 1987 wurde in Valkenburg Niederlande ein Symposium zu dieser Hypothese durchgefuhrt bei dem Verfechter und Gegner ihre Ansichten austauschten Das zweite Symposium fand 1999 unter dem Titel Water and Human Evolution in Gent Belgien statt Argumente der Befurworter der Wasseraffen Theorie BearbeitenGenerell unterliegen alle Hypothesen zur Erklarung der spezifischen Merkmale des Menschen im Verlauf der Evolution einem Problem Die Argumente beziehen sich in erster Linie auf Vergleiche mit rezenten anatomischen Strukturen und mit Knochenfossilien Fur die meisten evolutionsbiologisch relevanten Merkmale ware jedoch eine Weichteilerhaltung der Fossilien notwendig um den Beweis zu fuhren Zudem ist durch Fossilien belegt dass es in den Gewassern in der Nahe von Hominini Fundstellen gewimmelt hat von hungrigen Krokodilen und aggressiven Flusspferden Unsere kleinen wehrlosen Vorfahren hatten bei einer Konfrontation mit solchem Getier keine Chance gehabt 11 Auch war es bisher nicht moglich aus der Wasseraffen Theorie uberprufbare Vorhersagen abzuleiten die zu ihrer weiteren Untermauerung hatten beitragen konnen Unterhautfettgewebe Bearbeiten Der Mensch besitzt als einziger Primat und neben den wasserlebenden Walen Robben und Seekuhen als einziges landlebendes Saugetier ein ausgepragtes in Ansatzen auch warmeisolierend wirkendes Unterhautfettgewebe Speckschicht Dies gab Hardy den ersten Anstoss zu seiner Hypothese Unterhautfettgewebe isoliert im Wasser den Korper besser als nasse Haare Andere Wissenschaftler sehen jedoch diese Fettschicht insbesondere im Zusammenhang mit der Haarlosigkeit und den Schweissdrusen als Teil eines komplizierten thermoregulatorischen Systems an Das Unterhautfettgewebe ware demnach als Kompensation der mangelhaften Isolierung durch die fehlende Behaarung einzuordnen Eine weitere Erklarung fur dieses Phanomen besagt dass die Speckschicht der Nahrungsreserve diene und insbesondere den erhohten Energiebedarf des Gehirns bei Nahrungsmangel decke Besonders ausgepragt ist der Unterschied im Anteil des Fettgewebes am Korpergewebe von menschlichen Sauglingen vergleichsweise hoher Fettanteil im Vergleich zu Menschenaffen Sauglingen die eher dunn sind Nach der Wasseraffen Hypothese schutzte dies Sauglinge vor dem Auskuhlen im Wasser wenn sie mit ihren Muttern in das Wasser gingen Das im Vergleich der Geschlechter eher durftige Unterhautfettgewebe der Manner wird bei dieser Hypothese allerdings nicht erklart Zudem ist die durchschnittliche Dichte des Korpers von menschlichen Sauglingen deutlich geringer als bei anderen Landsaugern so dass sie mehr Auftrieb haben Ein anderer Erklarungsansatz sieht in diesem Merkmal ausschliesslich eine Energiereserve des Sauglings Auch die beim Menschen im Vergleich zu anderen Primaten ungewohnliche Fettverteilung wird als Argument fur einen regelmassigen Aufenthalt im Wasser angefuhrt Wahrend bei anderen Primaten das Fettgewebe so am Korper verteilt ist dass Kopf Hals und Abdomen gut isoliert sind und Warme hauptsachlich uber die Hinter Beine abgegeben wird wird beim Menschen der Warmeaustausch uber Gesicht Hals Schultern und den oberen Thorax durchgefuhrt Die untere Korperhalfte dagegen ist durch das Fettgewebe an unterem Abdomen Gesass und Beinen gut isoliert Von Vertretern von Wasser bzw Uferhypothesen der menschlichen Evolution wird dieser Umstand als Anpassung an regelmassiges Waten im Wasser gedeutet 12 Unterschiede in der Auspragung des Gewebes gibt es auch von Mensch zu Mensch So uberlebte der islandische Fischer Gudlaugur Fridthorsson dank eines selten dicken Unterhautfettgewebes etwa sechs Stunden im 5 Grad kalten Atlantik 13 Tauchreflex Bearbeiten nbsp Tauchreflex bei BabysEin wesentliches Argument fur die Hypothese ist das Vorhandensein eines Tauchreflexes beim Menschen Taucht man einen Saugling unter Wasser wird er kein Wasser verschlucken Sauglinge sind etwa bis zum zehnten Lebensmonat fahig den Atem reflexhaft anzuhalten und sie erlernen das Schwimmen schnell dies wird u a in Baby Schwimmkursen genutzt Der Tauchreflex verlangsamt den Herzschlag beim Tauchen und sorgt dafur dass das Gehirn vermehrt mit Blut versorgt wird Gegen die Deutung des Tauchreflexes im Sinne der Wasseraffen Theorie wird eingewandt dass ein solcher Reflex bei vielen landlebenden Saugetieren zu beobachten und er daher wahrscheinlich ein ursprungliches Merkmal der Saugetiere sei auch jener denen keine aquatische Phase zugeschrieben wird Schwimmhaute Bearbeiten Bei den meisten Menschen ist vor allem zwischen den Fingern teilweise auch zwischen den Zehen eine flache Hautpartie ausgebildet die als Rudiment von Schwimmhauten interpretiert werden kann Schimpansen und andere Menschenaffen sollen dieses Merkmal nicht zeigen Bei einigen Menschen kommt es zu einer fast vollstandigen Ausbildung solcher Schwimmhaute Atavismus Diese Hautbespannungen deutet Morgan auch als Schwimmhaute die wahrend der aquatischen Phase erworben wurden und moglicherweise wieder teilweise reduziert wurden Langdon setzt dem entgegen dass diese Schwimmhaute bei Feten aller Primaten ganz ausgebildet sind und vor der Geburt reduziert werden 1 Beim Menschen sei die Reduzierung der Schwimmhaute deswegen unvollstandig weil der Mensch an sich neoten sei das heisst dass typische Merkmale jugendlicher Stadien bis ins Erwachsenenalter beibehalten werden Moglicherweise ist dies allerdings lediglich eine Folge der verkurzten Schwangerschaft und der damit einhergehenden Vorverlegung der Geburt die trotz der Verdreifachung des spateren Gehirnvolumens und der damit einhergehenden Zunahme des Kopfumfanges eine Passage des Geburtskanals ermoglicht Der aufrechte Gang Bearbeiten Hauptartikel Aufrechter Gang im Artikel Hominisation Der aufrechte Gang und die Umstrukturierung des Beckens werden als weitere Belege fur die Wasseraffen Hypothese dargebracht Wenn sich Menschenaffen gezwungen sehen in das Wasser zu gehen dann richten sie sich in der Regel auf und gehen auf den Hinterbeinen Wenn der Mensch sich uber lange Zeit im und am Wasser aufgehalten habe und sich schwimmend fortbewegte dann habe er sich dem Wasser stromlinienformig anpassen mussen Das erklare das Kippen des Beckens und die Verlagerung der Beine unter den Korper Von Palaoanthropologen werden mehrere Hypothesen zum Entstehen des aufrechten Ganges bei den Vorfahren des anatomisch modernen Menschen erortert die ohne Verweis auf eine aquatische Phase auskommen siehe Hauptartikel Der Haarstrich Bearbeiten Die Korperbehaarung des Menschen weist ein stromlinienformiges Muster auf welches der Richtung des umgebenden Wassers beim Vorwartsschwimmen entspricht Dabei konnte es sich um eine Zwischenphase der Anpassung vor dem Verlust des Felles gehandelt haben 14 Dieses Phanomen lasst sich aber auch durch schnelleres Abperlen von Regenwasser bei aufrechtem Gang erklaren Moglicherweise aus dem gleichen Grund besitzen auch andere landlebende Saugetiere wie z B Hunde ein ganz ahnliches Muster in ihrem Haarstrich Nacktheit Bearbeiten Hauptartikel Reduzierung der Behaarung im Artikel Hominisation Die sparliche Behaarung des Menschen wird ebenfalls als Argument fur die Wasseraffen Hypothese angefuhrt Verwiesen wird darauf dass Haarlosigkeit im Wasser einen geringeren Stromungswiderstand als Fell biete Zudem sei die Funktion des Felles fur den Schutz gegen UV Strahlen bei amphibischer Lebensweise weniger wichtig ausser am Kopf Eine weitere These verweist auf eine Auslese von stark behaarten Wasseraffen durch die Erkaltungsproblematik bei nassem Fell Es sei also nicht so sehr die effiziente Schwimmanpassung erfolgt sondern die allgemeine Adaption an Flachwassergebiete 15 Von Palaoanthropologen werden mehrere Hypothesen zum Verlust der Behaarung bei den Vorfahren des anatomisch modernen Menschen erortert die ohne Verweis auf eine aquatische Phase auskommen siehe Hauptartikel Geruchssinn Bearbeiten Ein weiteres Argument ist der reduzierte Geruchssinn des Menschen Morgan zufolge sei der Geruchssinn verkummert da er im Wasser kaum eine Bedeutung habe Zwar ist die Wahrnehmung von Geruchen im Wasser sehr gut moglich jedoch nur mit entsprechend angepassten Riechorganen wie bei Haien und anderen Fischen Der Geruchssinn der Primaten ist primar jedoch an der Ubertragung von Duftstoffen uber die Luft angepasst Morgan schliesst daraus dass der Geruchssinn sich zuruckgebildet habe weil er im Wasser nicht mehr nutzlich war Als Gegenargument wird genannt dass der hypothetisch aquatische Affe nahezu die ganze Zeit im Wasser gelebt haben musse damit eine Reduzierung des Geruchssinnes keinen Selektionsnachteil darstelle Aufgrund der sehr unvollstandigen Anpassung des aquatischen Affen an das Wasser ist dies jedoch unwahrscheinlich Morgan berucksichtige zudem nicht dass samtliche Trockennasenaffen eine Unterordnung der Primaten zu der auch der Mensch zahlt einen schlecht entwickelten Geruchssinn besitzen wahrend stark ans Wasser gebundene Sauger wie Otter Biber Wasserspitzmause oder selbst Robben einen recht guten Geruchssinn besitzen Nahrstoffbedurfnisse Bearbeiten Ebenfalls als Indiz fur eine wassergebundene Lebensweise deuten die Vertreter der Wasseraffentheorie die Nahrstoffbedurfnisse des Menschen Einige fur die Entwicklung des Gehirns wichtige Nahrstoffe wie DHA EPA Jod und Taurin seien nur im Wasser in ausreichender Menge verfugbar 16 In einer 2019 veroffentlichten Studie wurde festgestellt dass Bonobos im kongolesischen Salonga Nationalpark ihren Jodbedarf durch den Verzehr von Wasserpflanzen decken Einige der untersuchten Wasserpflanzen haben Jodgehalte die beinahe so hoch wie in Meeresalgen seien Terrestrische Pflanzen im selben Lebensraum wiesen dagegen keinen hohen Jodgehalt auf Die Autoren der Studie sehen darin eine mogliche Erklarung wie Menschen abseits von Kusten ihren Jodbedarf gedeckt haben konnen 17 18 Dagegen wird eingewendet dass auch der Verzehr von Fleisch die genannten Nahrstoffe in ausreichender Menge liefern konne Tranenflussigkeit und Schweiss Bearbeiten Als Beleg fur eine marine Episode unserer Vorfahren wird jedoch die Salinitat der menschlichen Tranenflussigkeit gewertet Mit einem durchschnittlichen Salzgehalt von 3 5 liegt diese im Bereich des Meerwassers Diese Konzentration ist typisch fur Meeres Sauger Terrestrische Saugetiere haben dagegen i d R deutlich weniger Salze in ihrer Tranenflussigkeit Ausnahme der Elefant fur den allerdings eine Abstammung von marinen Vorfahren vorgeschlagen wird Als Hinweis auf marine Vorfahren wird auch der im Vergleich zu anderen Saugern verschwenderisch hohe Salzgehalt von menschlichem Schweiss interpretiert Er konnte zum Beispiel zur Ausscheidung uberflussiger durch die Nahrung aufgenommener Salze gedient haben Fossilfunde Bearbeiten Als weiteres Indiz wird auf Befunde aus vielen fruhen Hominiden Fundstatten verwiesen durch die belegt ist dass die erhalten gebliebenen Knochen in aquatische Sedimente eingebettet wurden Flusse Seen Dies gilt fur Orrorin tugenensis wahrscheinlich kein direkter Vorfahr des Menschen vor 5 6 6 3 Millionen Jahren Ardipithecus ramidus Athiopien vor 4 4 Millionen Jahren Australopithecus anamensis Turkanasee vor 3 6 Millionen Jahren Australopithecus afarensis vor 3 2 4 1 Millionen Jahren Kenyanthropus platyops vor 3 3 3 5 Millionen JahrenLediglich ein Fundort Laetoli weist keine aquatisch entstandenen Sedimente sondern vulkanische Tuffe auf Spatere Funde von Australopithecus africanus vor 2 Millionen Jahren liegen dagegen haufig nicht in aquatischem Kontext Bei der Interpretation dieser Befunde muss allerdings berucksichtigt werden dass in Sedimenten von Flussen und Seen eine deutlich hohere Wahrscheinlichkeit der Fossilisation von organischer Substanz wie z B Knochen besteht als wenn die Knochen an der Erdoberflache zumal in der Nahe von Wasserstellen liegen bleiben und dort von Herdentieren zertreten werden Die Entdeckung von Hominiden Fossilien in aquatischen Ablagerungen allein ist daher keine Stutze fur die Wasseraffen Theorie Bei fossilen Neandertalern hat man auffallig haufig Gehorgangsexostosen gefunden Bei etwa der Halfte der Funde fossiler Neandertaler liessen sich entsprechende Veranderungen des Gehorgangs nachweisen Die Haufigkeit dieses im Englischen auch als Surfer s ear bezeichneten Krankheitsbildes deutet auf einen regelmassigen Aufenthalt in kuhlem Wasser hin 19 Ein weiteres Indiz fur diese Theorie sind Funde von Werkzeugen aus Muscheln die moglicherweise nur durch Tauchen gesammelt werden konnten 20 Kuliukas Wat Affen Modell Bearbeiten nbsp Ein Gorillaweibchen bei der Durchquerung eines GewassersDer Londoner Anthropologe Algis Kuliukas unterzog in seiner Master Arbeit 2001 die Wasseraffen Hypothese einer Untersuchung vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse zu Hominiden Fossilien sowie der Verhaltensforschung Dabei modifizierte und prazisierte er das Modell zu einem Wat Affen Modell wading ape zur Erklarung der zweibeinigen Fortbewegung des Menschen Zugleich versuchte er Kriterien der Uberprufbarkeit anzufuhren Falls das Wat Affen Modell zutrifft so mussten rezente Menschenaffen ebenfalls waten wenn sie angeregt werden sich in das Wasser zu begeben Falls sie sich dagegen vierfussig in das Wasser begeben so ware das Modell widerlegt Tatsachlich ist bekannt dass Tiefland Gorillas die in sumpfigem Gelande leben ein zweibeiniges Waten beim Eintritt in das Wasser zeigen Aus der Literatur ist ausserdem bekannt dass dieses Verhalten auch bei Orang Utans Schimpansen und Bonobos auftritt Darauf folgende Untersuchungen an Bonobos in einem Wildpark bei Brussel zeigten dass diese dem Menschen genetisch am nachsten verwandten Menschenaffen an Land lediglich zu 2 Prozent den aufrechten Gang benutzten Sobald sie teilweise im Wasser waren stieg die Rate auf 50 Prozent Dabei benutzten sie ihre Arme fast immer zum Halten der Balance Bei Bonobos die vollstandig im Wasser waren wurde zu 92 Prozent aufrechter Gang beobachtet und zwar fast immer ohne Unterstutzung durch die Arme Um die richtige historische Perspektive zu bewahren ist es wichtig zu erkennen dass Kuliukas Thesen keine Neuerung in der Wasseraffendiskussion darstellen Als Beispiel sei folgende Aussage aus einem Artikel uber die Entwicklung der Bipedie des Menschen zu erwahnen die im Jahr 1997 im Anthropologischen Anzeiger veroffentlicht wurde Die Vorteile des aufrechten Gangs lassen sich durch die Vielseitigkeit dieser Fortbewegungsart in einer semi aquatischen Lebensweise verstehen Die Bipedie der fruhen Hominiden kann nicht als eine ideale Anpassung an eine isolierte Fortbewegungsart bezeichnet werden denn die menschliche Bipedie deckt ein grosses Spektrum von lokomotorischen Beanspruchungen ab wie das Tauchen Schwimmen Waten Klettern auf Baumen und Felsen und terrestrische Fortbewegung 21 Ferner erscheint es fragwurdig die Bestatigung oder Widerlegung der Wassertheorie von einem einzigen Verhaltensmerkmal Waten bei Menschenaffen abhangig zu machen Der wichtigste Aspekt dieser Theorie basiert auf der Berucksichtigung verschiedener Merkmale des Menschen die als Konvergenzen zu dem Merkmalsmosaik anderer Lebewesen gedeutet werden Und schliesslich war es schon vor der Aufstellung Kuliukas Thesen bekannt dass Primaten darunter auch Menschenaffen im seichten Wasser haufig waten 22 so dass die in der Wissenschaft ubliche Reihenfolge Hypothese aufstellen Hypothese uberprufen hier nicht eingehalten wurde Kuliukas verdient trotzdem Anerkennung in der Wassertheorie Debatte unter anderem fur seinen Versuch eine einheitliche Definition der Wassertheorie zu liefern Andere aquatische Primaten BearbeitenIm Zusammenhang mit dem teilweise vehement ausgetragenen Streit um die Wasseraffen Hypothese stellt sich die Frage ob die postulierte Anpassung der menschlichen Vorfahren an das Wasser ein einmaliger Vorgang in der Gruppe der Primaten sei Tatsachlich gibt es mindestens drei Beispiele fur einen unabhangig erfolgten sekundaren Ubergang von Affen an eine semi amphibische Lebensweise der Nasenaffe Nasalis larvatus der in den Regenwaldern des Tieflands und den Mangrovensumpfen von Borneo lebt Diese Tiere gehoren zu den sogenannten Schlankaffen und zeichnen sich durch gutes Schwimm und Tauchvermogen 23 und eine grosse Nase aus Bei Weibchen ahnelt diese der menschlichen Nase bei Mannchen ist sie extrem gross Sexualdimorphismus der Javaneraffe Macaca fascicularis der in Sudostasien von Myanmar uber Thailand Indonesien bis zu den Philippinen vorkommt Javaneraffen gehoren zu den Pavianartigen Sie leben in Waldern bevorzugt in der Nahe von Gewassern auch an der Meereskuste Diese Tiere schwimmen und tauchen haufig Zu ihrer bevorzugten Nahrung gehoren Krabben die sie am Strand ausgraben und waschen Sie tauchen mit geoffneten Augen Das Waschen der Nahrung auch Fruchte werden gewaschen gilt als nicht ererbte sondern kulturell weitergegebene Verhaltensweise 24 nbsp Japanmakaken in einer heissen Quelleder Japanmakak Macaca fuscata der ebenfalls zu den Pavianartigen gehort Er lebt auf den japanischen Inseln und badet insbesondere im Winter gern in heissen Quellen Eine Makakenpopulation auf der Insel Kōjima ist seit 1948 unter wissenschaftlicher Beobachtung Besonders bekannt wurde das Weibchen Imo aus dieser Population das 1953 das Waschen von Nahrung erfand Diese Verhaltensweise hat sich seitdem durch Tradierung durchgesetzt Spater setzte sich auch das Verhalten durch Nahrung im Meer zu waschen und damit zu salzen Seitdem setzte sich bei dieser Makakengruppe das Leben im Meer erstaunlich schnell durch obwohl Japanmakaken generell das Meer meiden Mitglieder dieser Population entwickelten seitdem das Schwimmen Tauchen und die Nutzung von Seetang als Nahrung Zudem begannen diese Affen die Hande zum Tragen des Futters zu benutzen und grossere Strecken bis 30 m zweibeinig zu laufen Anfang der 1980er Jahre begannen die Makaken von Kōjima rohen Fisch zu essen Allen drei Beispielen gemeinsam ist dass diese Arten zwar weiterhin primar Landbewohner bzw Baumbewohner sind aber sekundar zusatzlich den Lebensraum Wasser zumindest teilweise erschlossen haben Grundsatzlich ist also der Bauplan von Primaten auch geeignet um eine sekundar aquatische Lebensweise zu entwickeln Das Beispiel der Japanmakaken von Kōjima zeigt dass bei der Diskussion von Hominisationsmodellen nicht nur die klassischen Evolutionsmechanismen Mutation Selektion zu berucksichtigen sind Vielmehr konnen auch bei Affen durch Entdecken Lernen und Tradieren neue Verhaltensweisen entstehen und unabhangig von der Vererbung uber Generationen weitergegeben werden Meme Solche neuen Verhaltensweisen konnen wie die Japanmakaken zeigen zu veranderten Lebensbedingungen einschliesslich einer Habitatveranderung und einer Anderung der okologischen Nische fuhren und damit auf die Evolutionsvorgange zuruckwirken Dies kann erstaunlich rasch geschehen im Fall der Japanmakaken innerhalb von kaum 50 Jahren Es mussen also nicht zwingend externe okologische Faktoren Klimaanderungen geologische Anderungen etc eingewirkt haben vielmehr konnten neue Nahrungsvorlieben und Verhaltensweisen entstanden sein die dann die Lebensweise und den Lebensraum der Vorfahren des Menschen anderten Damit waren sekundar andere Umwelt und damit Selektionsbedingungen geschaffen die nun die Durchsetzung genetisch bedingter Anpassungen begunstigen wurden Literatur BearbeitenArtikel Bearbeiten Renato Bender Marc Verhaegen Nicole Oser Der Erwerb menschlicher Bipedie aus der Sicht der Aquatic Ape Theory In Anthropologischer Anzeiger 55 1 1997 1 14 Zusammenfassung Renato Bender Nicole Oser Gottesanbeterinnen Maulwurfe und Menschen Unipress Berichte uber Forschung und Wissenschaft an der Universitat Bern hrsg v der Pressstelle 95 1997 S 20 26 Volltext Memento vom 28 Januar 2006 im Internet Archive Alister Hardy Was man more aquatic in the past In New Scientist 17 Marz 1960 S 642 645 Volltext PDF John H Langdon Umbrella hypotheses and parsimony in human evolution a critique of the Aquatic Ape Hypothesis In Journal of Human Evolution Band 33 Nr 4 1997 S 479 494 doi 10 1006 jhev 1997 0146Monographien Bearbeiten Renato Bender Die evolutionsbiologische Grundlage des menschlichen Schwimmens Tauchens und Watens Konvergenzforschung in den Terrestrisierungshypothesen und in der Aquatic Ape Theory Diplomarbeit am Institut fur Sport und Sportwissenschaft Universitat Bern 1999 Nicole Bender Oser Die Aquatile Hypothese zum Ursprung des Menschen Max Westenhofers Theorie und ihre Bedeutung fur die Anthropologie Inaugural Dissertation zur Erlangung der Doktorwurde der Humanmedizin der Medizinischen Fakultat der Universitat Bern 2004 eine ausfuhrliche Arbeit zur Geschichte der Aquatilen Hypothese Carsten Niemitz Das Geheimnis des aufrechten Gangs unsere Evolution verlief anders Beck Munchen 2004 ISBN 978 3 406 51606 1 Elaine Morgan Kinder des Ozeans Der Mensch kam aus dem Meer Deutsche Ausgabe von The Aquatic Ape A Theory of Human Evolution Goldmann Verlag 1989 ISBN 978 3 442 11435 1 Elaine Morgan Der Mythos vom schwachen Geschlecht wie die Frauen wurden wie sie sind Goldmann Munchen 1990 ISBN 3 442 11457 8 Elaine Morgan The Aquatic Ape A Theory of Human Evolution Elaine Morgan The Scars of Evolution What Our Bodies Tell us about Human Evolution Elaine Morgan The Aquatic Ape Hypothesis The Most Credible Theory of Human Evolution Max Westenhofer Der Eigenweg des Menschen dargestellt auf Grund von vergleichend morphologischen Untersuchungen uber die Artenbildung und Menschwerdung Mannststaedt Berlin 1942Weblinks BearbeitenElaine Morgan fasst ihre Sicht der Theorie und die Situation des wissenschaftlichen Diskurses in einem TED Talk zusammen Video Juli 2009 17 17 min Michael Bujatti Narbeshuber Vortrag Litoraltheorie der Hominisation PDF 547 kB 2 Symposium fur Neurobiologie in Salzburg 1991 In Agemus Band 26 1991 aquaticape org Umfangreiche Darstellung der Theorie englisch Corina Gericke Affenkultur Beobachtungen an Japanmakaken Einzelnachweise Bearbeiten a b John H Langdon Umbrella hypotheses and parsimony in human evolution a critique of the Aquatic Ape Hypothesis In Journal of Human Evolution Band 33 Nr 4 1997 S 479 494 doi 10 1006 jhev 1997 0146 Stephen Ornes Whatever Happened To the Aquatic Ape Hypothesis discovermagazine com vom 5 September 2007 Auch hier heisst es the aquatic ape hypothesis never got much support from the scientific community HM Dunsworth Human Origins 101 Greenwood Press Westport 2007 Science 101 Series 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