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Orrorin ist eine ausgestorbene Gattung der Menschenaffen die im oberen Miozan in Kenia vorkam Ihre fossilen Uberreste wurden auf ein Alter von rund 6 Millionen Jahre datiert Orrorin steht vermutlich den Gattungen Ardipithecus und Sahelanthropus nahe und wird wie diese von vielen Forschern dem Formenkreis der Australopithecinen zugerechnet Da die Individuen von Orrorin tugenensis vermutlich aufrecht gehen konnten wurde die Gattung von ihren Entdeckern an die Basis der Ahnenreihe der Hominini gestellt wegen der wenigen bruchstuckhaften Fundstucke ist dies allerdings umstritten OrrorinOrrorinZeitliches AuftretenOberes Miozan6 2 bis 5 65 Mio JahreFundorteTugen Hills Kenia SystematikAltweltaffen Catarrhini Menschenartige Hominoidea Menschenaffen Hominidae HomininaeHomininiOrrorinWissenschaftlicher NameOrrorinSenut et al 2001ArtOrrorin tugenensis Inhaltsverzeichnis 1 Namensgebung 2 Erstbeschreibung 3 Merkmale 4 Kontroverse 5 Weblinks 6 BelegeNamensgebung BearbeitenDie Bezeichnung der Gattung ist abgeleitet von dem Wort orrorin was in der Sprache der Tugen Urmensch Fossil bedeutet das Epitheton der bislang einzigen wissenschaftlich beschriebenen Art Orrorin tugenensis verweist auf den Fundort die Tugen Hills im Baringo Distrikt in Kenia Orrorin tugenensis bedeutet somit sinngemass Urmensch aus Tugen Wegen ihrer Entdeckung im Jahr 2000 wird die bislang einzige Art der Gattung Orrorin tugenensis auch als Millennium Man bezeichnet Die Fossilien werden im kenianischen Nationalmuseum in Nairobi aufbewahrt nbsp Endglied Phalanx distalis des Daumens von Schimpanse Gorilla Orrorin Mensch und Homo habilis Pfeile markieren morphologische Besonderheiten aus denen die Fahigkeit zum Prazisionsgriff abgeleitet wurde Erstbeschreibung BearbeitenHolotypus der Gattung und zugleich der Typusart Orrorin tugenensis sind laut der wissenschaftlichen Erstbeschreibung aus dem Jahr 2001 zwei zusammengehorige Unterkiefer Bruchstucke mit drei Molaren aus der Fundstelle Kapsomin im Fundgebiet Lukeino Sammlungsnummer BAR 1000a 00 und BAR 1000b 00 BAR steht fur den kenianischen Distrikt Baringo die Kiptalam Cheboi im Oktober 2000 entdeckt hatte 1 Ihnen zugeordnet wurde ein Molar den Martin Pickford bereits 1974 in den Tugen Hills nahe der Ortschaft Cheboit 250 km westlich von Nairobi geborgen und im folgenden Jahr zusammen mit anderen Funden wissenschaftlich beschrieben hatte 2 Ferner wurden weitere funf mit dem Unterkiefer nicht assoziierte Zahne entdeckt ein Fingerknochen das Bruchstuck eines rechten Oberarmknochens sowie drei Fragmente von Oberschenkelknochen spater kam noch das Endglied eines Fingers hinzu 3 Diese Funde wurden aus vier verschiedenen Lagerstatten geborgen so dass ihre Zuordnung zu einer einzigen Art nicht zwingend ist der Fingerknochen BAR 349 00 aus der Fundstelle Kapcheberek stammt beispielsweise aus einer Schicht die datiert auf 6 0 bis 5 7 Millionen Jahre moglicherweise mehr als 300 000 Jahre junger ist als die Schichten der ubrigen Funde Auch die Zahnfunde entstammen unterschiedlich alten Schichten lassen aber zumindest darauf schliessen dass sie von einem Lebewesen stammten das sich vorwiegend von Pflanzen ernahrte Das Alter der Fundschichten konnte da sowohl uber ihnen als auch unter ihnen Gesteine vulkanischen Ursprungs lagern zuverlassig in die Zeit zwischen 6 2 und 5 65 Millionen Jahre datiert werden Merkmale BearbeitenAus dem Bau der Oberschenkelknochen leiteten die Forscher ab dass Orrorin tugenensis aufrecht gegangen sei 4 5 Da eine ahnliche Dicke der ausseren Knochenschicht aber auch bei Pavianen existiert war diese Deutung zunachst sehr umstritten 6 Das Gleiche galt fur die Aussage aus dem Bau der Oberarmknochen lasse sich die Fahigkeit zum Tragen von schweren Lasten ableiten Gesichert kann hingegen aus der Grosse der Arm und Beinknochen abgeleitet werden dass Orrorin tugenensis rund 50 Prozent grosser war als Lucy das bekannteste Hominidenskelett der weit jungeren Art Australopithecus afarensis In einer 2013 publizierten Studie wurde argumentiert der Bau des Oberschenkelknochens weise Merkmale auf die auf eine stammesgeschichtliche Position zwischen miozanen Affen und den Australiopthecinen hindeuten 7 Ein Vergleich des 3 Daumenglieds Endglied Phalanx distalis von Schimpanse Gorilla Orrorin und Mensch erbrachte Hinweise darauf dass Orrorin zudem die Fahigkeit zum Prazisionsgriff entwickelt hatte 8 Begleitfunde von diversen Tier und Pflanzenarten lassen den Schluss zu dass die Fundschichten einem Lebensraum entstammen in dem sich Waldstucke feuchte Graslandschaften und Seeufer abwechselten Galeriewalder Orrorin tugenensis konnte ausweislich der Beschaffenheit seiner Oberschenkelknochen sowohl am Boden als auch auf den Baumen gelebt haben 9 Kontroverse BearbeitenObwohl die Fossilien nur fragmentarisch erhalten sind und aus unterschiedlichen Fundstellen und Zeithorizonten stammen leiteten ihre Entdecker weitreichende Schlussfolgerungen aus ihnen ab So schrieben sie 2001 im South African Journal of Science bereits vor der Einordnung der Fossilien als neue Art ihre Funde stunden hinsichtlich Grosse und Morphologie den heute noch lebenden Hominiden naher als die viel jungeren Australopithecinen und Ardipithecus ramidus Diese bezeichneten sie als ausgestorbene Seitenlinie statt ihrer stellten sie die eigenen kenianischen Fossilienfunde an die Basis jener Entwicklungslinie die letztlich zum modernen Menschen fuhrte und erklarten auf diese Weise Kenia zur eigentlichen Wiege der Menschheit Um diese Thesen entbrannte sofort eine heftige wissenschaftliche Diskussion die noch andauert Eine neuerliche Untersuchung des am besten erhaltenen Oberschenkelknochens BAR1002 00 durch Brian Richmond von der George Washington University und William L Jungers von der Stony Brook University bestatigt im Marz 2008 dass Orrorin tugenensis aufrecht gehen konnte Der Bau des Knochens unterscheide sich sowohl von dem der Menschenaffen als auch von dem der Gattung Homo er ahnele am ehesten dem Oberschenkelknochen von Australopithecus und Paranthropus Computergestutzte Analysen von 300 fossilen und jetztzeitlichen Vergleichsstucken ergaben ferner dass insbesondere die Biomechanik der Hufte jener der Australopithecinen sehr ahnlich sei Die beiden Forscher vermuten daher dass sich diese Merkmale schon bei den gemeinsamen Vorfahren der genannten Arten entwickelten nahezu vier Millionen Jahre Bestand hatten und erst im spaten Pliozan mit dem Entstehen der Gattung Homo modifiziert wurden 10 Sie bezeichneten den Fund daher zwar ausdrucklich als hominin ihre Analyse stutzte zugleich aber die These der Mehrzahl der Palaoanthropologen dass die Entwicklung zum modernen Menschen nicht direkt von Orrorin ausging sondern von den Australopithecinen 11 Im Februar 2011 kritisierten Bernard Wood und Terry Harrison in einem Review Artikel die Zuordnung von Orrorin sowie von Ardipithecus und Sahelanthropus zum Taxon Hominini als voreilig 12 Der aufrechte Gang sei keineswegs ein ausschliessliches Merkmal der Hominini sondern beispielsweise auch fur Oreopithecus belegt der wie auch Ramapithecus punjabicus zunachst an die Basis der Hominini gestellt spater aber aufgrund anderer Merkmale zweifelsfrei abseits der Hominini eingeordnet wurde Nicht auszuschliessen sei daher dass die Ahnlichkeit der Merkmale von Orrorin mit denen der altesten als unzweifelhaft hominin geltenden Art Australopithecus anamensis als Synapomorphie zu bewerten ist und auf konvergente Entwicklungen verweist Im folgenden Jahr erwiderte Martin Pickford dass Orrorin der Gattung Homo in drei separaten Merkmalen naher stehe als Australopithecus Hand Daumen Bein Oberschenkelknochen und Zahnapparat Zahngrosse und verhaltnis 13 nbsp Die Gattungen der Hominini Die zeitliche Abfolge lasst keine Ruckschlusse auf ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu Weblinks BearbeitenMichael Stang Aufrecht in die Zukunft Altester Urmensch marschierte bereits aufrecht Auf dradio de vom 25 Marz 2008 Pushing back the hominin line Die anfangliche Einordnung von Orrorin in den Stammbaum des Menschen Auf dem Server der University of California Los Angeles vom 13 Juli 2001 Martin Pickford Kommentar zur Erstbeschreibung englisch Memento vom 7 Januar 2004 im Internet Archive Belege Bearbeiten Brigitte Senut Martin Pickford Dominique Gommery Pierre Mein Kiptalam Cheboi Yves Coppens First hominid from the Miocene Lukeino Formation Kenya In Comptes Rendus de l Academie des Sciences Series IIA Earth and Planetary Science Band 332 Nr 2 2001 S 137 144 doi 10 1016 S1251 8050 01 01529 4 Volltext PDF Martin Pickford Late Miocene sediments and fossils from the Northern Kenya Rift Valley In Nature Band 256 1975 S 279 284 doi 10 1038 256279a0 Eine ausfuhrliche Darstellung der Funde Memento vom 23 Februar 2009 im Internet Archive M Pickford B Senut Millennium ancestor a 6 million year old bipedal hominid from Kenya In South African Journal of Science Band 97 Nr 1 2 2001 S 22 Volltext PDF Martin Pickford Brigitte Senut Dominique Gommery und Jacques Treil Bipedalism in Orrorin tugenensis revealed by its femora In Comptes Rendus Palevol Band 1 Nr 4 2002 S 191 203 doi 10 1016 S1631 0683 02 00028 3 Ann Gibbons Oldest Human Femur Wades Into Controversy In Science Band 305 2004 S 1885 doi 10 1126 science 305 5692 1885a Sergio Almecija et al The femur of Orrorin tugenensis exhibits morphometric affinities with both Miocene apes and later hominins In Nature Communications Band 4 Artikelnummer 2888 2013 doi 10 1038 ncomms3888 Volltext PDF Sergio Almecija Salvador Moya Sola und David M Alba Early Origin for Human Like Precision Grasping A Comparative Study of Pollical Distal Phalanges in Fossil Hominins In PLOS ONE 5 7 e11727 doi 10 1371 journal pone 0011727 Roberts Alice Die Anfange der Menschheit Vom aufrechten Gang bis zu den fruhen Hochkulturen Dorling Kindersley Munchen 2012 ISBN 978 3 8310 2223 6 Brian G Richmond und William L Jungers Orrorin tugenensis Femoral Morphology and the Evolution of Hominin Bipedalism In Science Band 319 2008 S 1662 1665 doi 10 1126 science 1154197 Ann Gibbons Millennium Ancestor Gets Its Walking Papers In Science Band 319 2008 S 1599 1601 Bernard Wood Terry Harrison The evolutionary context of the first hominins In Nature Band 470 2011 S 347 352 doi 10 1038 nature09709 Martin Pickford Orrorin and the African ape hominid dichotomy In African Genesis Perspectives on Hominin Evolution Ed Sally C Reynolds Andrew Gallagher Cambridge 2012 S 104 108 ISBN 978 1 107 01995 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Orrorin amp oldid 230781694