Die Würfelverdoppelung, auch bekannt als Delisches Problem, bezeichnet die geometrische Aufgabe, zu einem gegebenen Würfel einen zweiten Würfel mit dem doppelten Volumen zu konstruieren. Das Problem gehört zu den drei „klassischen Problemen der antiken Mathematik“ und wurde bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. im antiken Griechenland formuliert.
Ein Ausgangswürfel mit der Kantenlänge (ein sogenannter Einheitswürfel) hat das Volumen Ein weiterer Würfel habe die Kantenlänge und das Volumen Die neue Kantenlänge ist die Kubikwurzel aus , also . Diese kann als Grenzwert geeigneter Folgen bestimmt werden, ist jedoch aus den Strecken 0 und 1 über Zirkel und Lineal nicht in endlich vielen Schritten konstruierbar. Versucht man also das Problem der Würfelverdoppelung ausschließlich mit den Hilfsmitteln zu bearbeiten, die Euklid in seinen Elementen nutzte, nämlich mit Zirkel und unmarkiertem Lineal, ist es nicht lösbar. Diese Aussage lässt sich in die Fachsprache der Algebra übersetzen, wodurch schließlich ein mathematischer Beweis für die Unmöglichkeit der Konstruktion angegeben werden kann. Ein solcher wurde zuerst vom französischen Mathematiker Pierre Wantzel im Jahr 1837 geführt. Jedoch gilt es als sehr wahrscheinlich, dass Carl Friedrich Gauß bereits früher einen Beweis kannte, diesen aber nicht niederschrieb.
Identische Probleme bestehen bei Vergrößerungen des Würfelvolumens auf das 3-, 4-, 5-, 6- und 7-fache des ursprünglichen Rauminhaltes. Dagegen ist die Aufgabe zum Beispiel einer Volumenverachtfachung kein Problem, weil die Kubikwurzel aus 8 problemlos berechenbar und die resultierende Kantenlängenverdoppelung leicht machbar ist.
Schwächt man die Einschränkung ab und lässt ein zusätzliches Hilfsmittel zu, wie zum Beispiel entsprechende Markierungen auf dem Lineal oder spezielle Kurven, dann ist die Konstruktion eines Würfels mit doppeltem Volumen möglich. Entsprechende Verfahren waren bereits in der Antike bekannt.
Geschichtliches aus der Antike Bearbeiten
Die wichtigste antike Quelle zur Würfelverdoppelung ist der Kommentar des spätantiken Autors Eutokios zu Archimedes’ Schrift „Über Kugel und Zylinder“ („Περὶ σφαίρας καὶ κυλίνδρου Peri sphairas kai kylindrou“), in dem diverse Lösungsansätze antiker Mathematiker gesammelt sind. Unter anderem wird dort ein Brief des Gelehrten Eratosthenes (um 275–194 v. Chr.) an einen König Ptolemaios (wohl Ptolemaios III. oder Ptolemaios IV.) wörtlich zitiert, der mittlerweile als authentische Wiedergabe des Originalbriefes erwiesen wurde und in dem der Wissenschaftler sich dem Herrscher gegenüber zur Frage der Würfelverdopplung äußert. Als ältesten Beleg für dieses mathematische Problem zitiert Eratosthenes dort „einen der alten Tragödiendichter“ („τῶν ἀρχαίων τινὰ τραγῳδοποιῶν tōn archaiōn tina tragōdopoiōn“), in dessen Werk der mythische König Minos das Grab seines Sohnes Glaukos errichten lässt und den Baumeister anweist, es doppelt so groß wie den ersten Entwurf anzufertigen, aber die Würfelform beizubehalten. Von den drei bedeutenden athenischen Tragödiendichtern des 5. Jahrhunderts v. Chr. – Aischylos, Sophokles und Euripides – weiß man, dass sie in je einem ihrer Werke die Sage von Minos und Glaukos aufgriffen; dennoch ist möglich, dass das Zitat aus einer Tragödie eines ganz anderen Dichters stammt.
Die Alternativbezeichnung „Delisches Problem“ geht auf eine Episode zurück, die Eratosthenes in seinem Brief ebenfalls anführt, die aber auch bei diversen anderen antiken Autoren (darunter Plutarch und Theon von Smyrna) beschrieben wird und der aus altertumswissenschaftlicher Sicht durchaus ein tatsächliches historisches Ereignis zugrunde liegen könnte: Die Bewohner der Insel Delos hätten während einer schweren Seuche ein Orakel um Rat gefragt, was sie tun könnten, um ihre Situation zu verbessern. Das Orakel habe sie angewiesen, den würfelförmigen Altar im Apollontempel der Insel in seiner Größe – also seinem Volumen – zu verdoppeln. Die delischen Architekten seien jedoch ratlos gewesen, wie das konkret zu bewerkstelligen wäre, und hätten daraufhin Platon (428/427–348/347 v. Chr.) um Rat gebeten. Dieser habe sie an Archytas von Tarent, Eudoxos von Knidos und Menaichmos verwiesen, die ihnen jeweils unterschiedliche Lösungsansätze eröffnet hätten. Laut Plutarch habe Platon deren Ansätze jedoch kritisiert, da sie ihm zufolge durch die Nutzung mechanischer Methoden das „Gute“, Elegante der Geometrie zerstören. Im Archimedes-Kommentar des Eutokios wird Platon interessanterweise auch eine eigene mechanische Lösung des Delischen Problems (siehe Abschnitt Platons mechanische Methode) zugeschrieben. Sofern damit nicht ein anderer Platon gemeint ist als der berühmte Philosoph, dürfte es sich dabei nach vorherrschender Forschungsmeinung jedoch um eine Falschzuschreibung handeln.
Ähnliche Probleme aus der Konstruktion von Altären (allerdings mit dem Problem der Verdopplung eines Quadrats statt eines Würfels) gab es in vedischer Zeit in Indien und sie gaben zu mathematischen Erörterungen Anlass (Sulbasutras). Beim Quadrat lässt sich die Aufgabe der Verdopplung durch den Satz des Pythagoras lösen.
Antike Lösungen mit zusätzlichen Hilfsmitteln
- Hippokrates von Chios (zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr.) zeigte als Erster den maßgeblichen Ansatz für eine theoretische Lösung des Problems. Er fand: Das Problem der Würfelverdoppelung ist äquivalent zu demjenigen der Bestimmung von zwei mittleren Proportionalen zweier Größen. Dies bedeutet, dass für eine Strecke nach zwei Strecken und gesucht wird, so dass
- Archytas von Tarent (435/410–355/350 v. Chr.) war der Erste, dem die Umsetzung des oben genannten Satzes von Hippokrates unter Zuhilfenahme der nach ihm benannten Kurve gelang; beschrieben im Abschnitt Kurve des Archytas.
- Platon (428/427–348/347 v. Chr.) wurde von Eutokios als Erster benannt, der zur Lösung der Würfelverdoppelung eine mechanische Methode fand. Wie bereits oben erwähnt, dürfte diese Lösung nicht von ihm stammen.
- Eudoxos (397/390–345/338 v. Chr.) fand eine Lösung – so wird berichtet – durch die Konstruktion der zwei mittleren Proportionalen mithilfe nicht näher bekannter Kurven und ihrer Schnittpunkte.
- Menaichmos (um 380–320 v. Chr.) fand zwei Lösungen: eine, in der eine Parabel von einer Hyperbel geschnitten wird, und eine zweite, ausführlich beschrieben im Abschnitt Parabel nach Menaichmos, als Schnitt zweier Parabeln.
- Eratosthenes (um 278–194 v. Chr.) beschreibt in seinem Brief an König Ptolemaios im Anschluss an seine Einführung zur Geschichte des Delischen Problems eine eigene „mechanische Methode“ durch einen Apparat, den er „Mesolabium“ nannte.
- Diokles (um 240–180 v. Chr.) benutzte für seine Lösung eine nach ihm benannte Zissoide; beschrieben im Abschnitt Zissoide des Diokles.
- Sporus (* um 240–um 300) wie auch Pappos erschufen eine Konstruktion, die nahezu gleich der von Dürer ist, beschrieben im Abschnitt Albrecht Dürers Konstruktion mithilfe eines Lineals mit Strichskale.
Beweis der Unlösbarkeit mittels Zirkel und Lineal Bearbeiten
Geschichte des Beweises Bearbeiten
Grundsätzlich griffen die Mathematiker der Antike bei der Lösung von Problemen nicht nur auf Zirkel und Lineal zurück. Die Vermutung, dass es eine solche methodische Beschränkung gegeben habe, erwies sich als neuzeitlicher Mythos. Dass die Aufgabe bei alleiniger Verwendung von Zirkel und Lineal auch tatsächlich unlösbar ist, bewies Pierre Wantzel im Jahr 1837. Sein Beweis beruhte auf folgenden algebraischen Überlegungen:
Mit der „Unbekannten des Problems“ ist dabei z. B. die gesuchte Strecke gemeint.
Die Unmöglichkeit der Konstruktion folgt nun als Korollar aus den Sätzen 1 bis 3: Wäre, beginnend beim Einheitswürfel, die Konstruktion der Würfelverdoppelung mit Zirkel und Lineal möglich, so müsste Nullstelle eines irreduziblen Polynoms über sein, das als Grad eine Zweierpotenz hat. Das Polynom ist irreduzibel über , hat aber den Grad 3. Dies ist ein Widerspruch.
Es ist zu beachten, dass Wantzels Originalpublikation von dem Mathematikhistoriker Jesper Lützen als lückenhaft und schwer zu verstehen angesehen wird – dies betrifft vor allen Dingen den „Beweis“ des Hauptsatzes 3. Von Lützen wurden die Lücken im Nachhinein geschlossen und die Resultate, wie oben beschrieben, in moderner Fachsprache formuliert. Wantzels Beweis für die Unmöglichkeit, die Verdoppelung des Würfels und die Dreiteilung des Winkels mit Lineal und Zirkel zu konstruieren, war nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1837 fast ein Jahrhundert lang vergessen. Laut Lützen waren dabei die „mangelnde Berühmtheit des Autors“, die „Tatsache, dass einige seiner Zeitgenossen das Ergebnis als bekannt oder sogar als bewiesen ansahen“, und dass „das Ergebnis zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung nicht als wichtiges mathematisches Ergebnis angesehen wurde“, die treibenden Gründe.
Es wird von Historikern bezweifelt, dass Wantzel als Erster um einen Beweis wusste, da der junge Carl Friedrich Gauß sehr wahrscheinlich über einen solchen verfügt hat. Ein großer Teil seines 1801 erschienenen Werkes Disquisitiones arithmeticae ist der Frage gewidmet, welche Bedingungen eine Polynomgleichung erfüllen muss, um durch quadratische Radikale lösbar zu sein. Dort finden sich auch die nach Gauß benannten Sätze, mit deren Hilfe für die meisten klassischen Aufgaben die Unlösbarkeit mit Zirkel und Lineal nachgewiesen werden kann. Mit seinen entwickelten Techniken bewies Gauß zum Beispiel, dass sich das 17-Eck mit Zirkel und Lineal konstruieren lässt. Die Tatsache, dass trotzdem Wantzel von vielen Autoren als Urheber der Sätze genannt und zitiert wird, führen die Mathematikhistoriker Christoph Scriba und Peter Schreiber auf die „Kommunikationsschwierigkeiten“ der Wissenschaft des 19. Jahrhunderts zurück.
In heutiger Fachsprache ist der Beweis eine Anwendung der umfassenden Galoistheorie (nach Évariste Galois, französischer Mathematiker) und läuft im Kern darauf hinaus, dass die irrationale Zahl nicht durch ganze Zahlen, nicht durch die vier Grundrechenarten und auch nicht durch Quadratwurzeln ausgedrückt werden kann.
Algebraischer Beweis Bearbeiten
Im Detail kann der Beweis der Unmöglichkeit über folgende Ideen aus der Algebra vollzogen werden. Es seien eine Menge von Punkten (komplexen Zahlen), welche mindestens 0 und 1 enthält, und ein beliebiger Punkt gegeben. Es ist für diese Überlegungen von Wichtigkeit, dass die komplexen Zahlen als Ebene aufgefasst werden können – im Gegensatz dazu werden die reellen Zahlen schlicht als Gerade aufgefasst. Dann gilt, dass der Punkt genau dann mit Zirkel und Lineal aus den Punkten konstruierbar ist, falls er in einem Körper (dabei ist der Körper der komplexen Zahlen) liegt, der durch Adjunktion einer Quadratwurzel aus dem Körper
hervorgeht. Dabei ist grob gesprochen die Menge, die aus Bilden aller Summen, Produkte und Quotienten aus rationalen Zahlen mit entsteht. Hier ist die Menge der komplex Konjugierten von und das Symbol steht für die Vereinigung zweier Mengen. Adjunktion einer Quadratwurzel bedeutet, dass es ein geben muss, so dass . Zum Beispiel geht durch die Adjunktion einer Quadratwurzel aus den rationalen Zahlen hervor, da eine rationale Zahl ist – entsprechend ist die Menge aller Summen, Produkte und Quotienten rationaler Zahlen mit der Zahl . Bei handelt es sich um eine sogenannte Körpererweiterung. Das Problem der Würfelverdopplung mittels Zirkel und Lineal lässt sich also auf die Frage reduzieren, ob die Zahl in einem Teilkörper von liegt, der aus durch sukzessive Adjunktion von Quadratwurzeln gewonnen werden kann. Das bedeutet jedoch, dass der Erweiterungsgrad von aus eine Potenz von 2 sein muss. Es ist aber
womit es unmöglich ist, die Würfelverdopplung mittels Zirkel und Lineal vorzunehmen. Dass die Körpererweiterung vom Grad 3 ist, kann wie folgt gesehen werden: Das Polynom ist irreduzibel über den ganzen Zahlen und hat als höchsten Koeffizienten 1. Nach dem Lemma von Gauß ist dann bereits irreduzibel über den rationalen Zahlen. Damit ist bereits das Minimalpolynom von und dieses hat den Grad 3. Daraus ergibt sich die Erkenntnis, dass jedes Element der Menge , bestehend aus allen rationalen Zahlen, die mit der Kubikwurzel aus 2 beliebig durch die Grundrechenarten „vermengt“ wurden, eindeutig als mit rationalen Zahlen geschrieben werden kann. Zum Beispiel ist
Damit wird zu einem drei-dimensionalen Vektorraum über .
Mit dem gleichen Argument lässt sich zeigen, dass auch eine Würfelvervielfachung um einen natürlichen Faktor , der keine Kubikzahl ist, sich nicht mit Zirkel und Lineal bewerkstelligen lässt.
Geometrische Konstruktionen mit mechanischen Hilfsmitteln Bearbeiten
Nimmt man zu den klassischen (euklidischen) Werkzeugen Zirkel und unmarkiertes Lineal ein weiteres mechanisches Hilfsmittel, wie zum Beispiel ein spezielles mechanisches Werkzeug oder ein entsprechend markiertes Lineal, so kann die zur Würfelverdoppelung erforderliche Kantenlänge des Würfels theoretisch exakt dargestellt werden.
Mithilfe eines markierten Lineals Bearbeiten
Konstruktionen mithilfe einer sogenannten Einschiebung, auch als Neusis-Konstruktionen bezeichnet, verwenden neben dem Zirkel auch ein Lineal, auf dem eine spezielle Markierung als zusätzliche Hilfe aufgebracht ist.
Die folgende Neusis-Konstruktion in Bild 1, Heinrich Dörrie nennt sie Papierstreifenkonstruktion, ist eine der bekanntesten. Sie stammt ursprünglich von Isaac Newton aus seinem in Latein erschaffenen Werk Arithmetica Universalis.
Konstruktion 1 Bearbeiten
Die Darstellung im Bild 2 sowie die folgende sinnmäßig übersetzte Beschreibung dazu, sind nach Isaac Newton.
Konstruktion 2 Bearbeiten
Von Isaac Newton stammt auch diese weniger bekannte Neusis-Konstruktion (Bild 3), die aber wegen ihrer Einfachheit bemerkenswert ist.
Beweis der Richtigkeit Bearbeiten
Albrecht Dürers Konstruktion mithilfe eines Lineals mit Strichskale Bearbeiten
Albrecht Dürer veröffentlichte 1525 in seinem Werk Underweysung der Messung, mit dem Zirckel und Richtscheyt, in Linien, Ebenen unnd gantzen corporen, neben einer Näherungskonstruktion zur Dreiteilung des Winkels auch eine theoretisch exakte Lösung zur Würfelverdoppelung. Als zusätzliches Hilfsmittel verwendete er dafür ein Lineal mit aufgezeichneter Strichskale.
Bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. löste Sporus von Nikaia dieses antike Problem anhand einer Konstruktion, die nahezu gleich der von Pappos und der von Dürer ist. Alle drei Lösungen benötigen eine sogenannte Neusis-Konstruktion. Im Gegensatz zu Dürer geben Sporus sowie Pappos keine näheren Hinweise bezüglich einer Markierung auf dem Lineal, mit dessen Hilfe (Linealkante verläuft durch die Punkte und ) die Gleichheit gefunden werden kann.
In der nebenstehenden Darstellung ist die Kantenlänge des Ausgangswürfels sowie das – in einer externen Konstruktion bestimmte – geometrische Mittel von und . Sporus zeigt als Lösung die Verhältnisgleichung
Sei , dann ist , und . Eingesetzt in die Verhältnisgleichung
ergibt jeder dieser Quotienten den Wert für die Kantenlänge des verdoppelten Würfels.
Die in der Darstellung gepunkteten Linien sowie die Punkte und sind nicht Teil der Konstruktion, sie dienen lediglich der Beweisführung.
Grundkonstruktion nach Dürer Bearbeiten
Zunächst stellt man sich zwei exakt aufeinanderliegende Würfel mit gleicher Kantenlänge vor, z. B. mit . Auf ihrer gemeinsamen Mittelachse bestimmen sie somit die Punkte und . Der anschließende Halbkreis mit dem Radius um erzeugt den Durchmesser , der mit der Mittelachse einen rechten Winkel bildet. Die nächste Linie wird ab Punkt durch gezogen, bis sie den Halbkreis in schneidet. Die Grundkonstruktion ist somit fertiggestellt.
Nun ist die Aufgabe gestellt, mithilfe eines Lineals die Punkte und so zu bestimmen, dass die Strecken und die gleiche Länge aufweisen.
Ermittlung der gleichen Strecken GH und HI Bearbeiten
- Dafür nimmt man ein schmales Lineal und bringt an einer Kante eine Strichskale mit gekennzeichneter Mitte an. Nun dreht und schiebt man das Lineal Schritt für Schritt vom Punkt in Richtung Punkt , dabei verläuft die Kante des Lineals stets durch den Punkt und die Skalenmitte (roter Strich) bewegt sich auf der Mittelachse . Das Ziel ist erreicht, wenn beide Punkte und den gleichen Abstand zur Skalenmitte haben.
- Denkbar ist hierfür auch eine Vorgehensweise, bei der man ein unmarkiertes Lineal und einen Zirkel verwendet. Hierzu dreht man das Lineal wieder Schritt für Schritt vom Punkt in Richtung Punkt , dabei verläuft die Kante des Lineals stets durch den Punkt . Nach jedem dieser Schritte werden die Schnittpunkte und markiert und danach ein Kontrollkreisbogen (strichlierte Linie) mit dem Radius um eingetragen. Das Ziel ist erreicht, wenn beide Punkte und auf dem Kontrollkreisbogen liegen.
Fertigstellung der Konstruktion Bearbeiten
Weiter geht es mit dem Ziehen des Viertelkreises um mit Radius , bis er die Strecke in schneidet, sowie des weiteren Viertelkreises um mit Radius , bis er die Strecke in schneidet. Es folgt die Halbierung der Strecke in . Schließlich liefert der Halbkreis um über , mit Schnittpunkt auf dem Radius , die theoretisch exakte Kantenlänge des verdoppelten Würfels.
Wegen ergibt sich darüber hinaus: Die Kantenlänge ist auch die Quadratwurzel der Länge (siehe Quadratwurzel, Konstruktion mit Zirkel und Lineal).
Beweis der Richtigkeit Bearbeiten
Wird angenommen, dass die Strecke wahr ist (siehe Berechnungsskizze), dann ist ein möglicher Beweis für = , wenn die Behauptung = wahr ist.
Verwendet werden hierzu die vier rechtwinkligen und – wegen ihrer gleichen Innenwinkel – zueinander ähnlichen Dreiecke , , und
Ermittlung der zwei mittleren Proportionalen mithilfe eines mechanischen Werkzeugs Bearbeiten
Die Verwendung der beiden im Folgenden beschriebenen mechanischen Werkzeuge liefert die sogenannten zwei mittleren Proportionalen und des Hippokrates von Chios. Sie werden für die Verdoppelung des Ausgangswürfels mit der Kantenlänge benötigt. Die mittlere Proportionale entspricht der gesuchten Kantenlänge des verdoppelten Würfels.
- Der Satz des Hippokrates von Chios ist im Abschnitt Konstruktion über spezielle Kurven beschrieben.
Platons mechanische Methode Bearbeiten
Wie in der Einleitung erwähnt, benennt Eutokios Platon als den Ersten, der die folgende Methode zur Lösung des Problems der Würfelverdoppelung anwandte. Zwar sprechen neuzeitliche Kommentatoren Platon dies wegen seiner vehementen Ablehnung mechanischer Hilfsmittel ab, aber Lattmann beschreibt in seiner Studie Mathematische Modellierung bei Platon zwischen Thales und Euklid aus dem Jahr 2019 ausführlich, warum die Lösung zu Recht Platon zugeschrieben werden kann.
„Konträr zur communis opinio steht fest, dass die Anekdote vom Delischen Problem weder insgesamt noch partiell fiktiv ist, sondern mit aller Wahrscheinlichkeit historisch korrekt ist. Auf dieser Grundlage kann in einem zweiten Schritt der in der Überlieferung Platon zugeschriebene Ansatz zum Delischen Problem als potentiell genuines, wenn auch indirekt überliefertes Platon-Zeugnis in den Blick genommen werden.“
Das mechanische Werkzeug (ohne eine Werkstoffangabe) besteht z. B. aus zwei U-förmigen Linealen. Damit das lose Lineal exakt parallel zu seinem Gegenüber verschiebbar ist, wird es in den beiden Seitenteilen entsprechend geführt. Für eine gute Übersichtlichkeit ist das Werkzeug in der Aufsicht dargestellt. In der nebenstehenden Zeichnung wurden die originären teilweise griechischen Punktebezeichnungen verwendet.
Vorgehensweise Bearbeiten
Zuerst werden die beiden gegebenen Variablen und senkrecht zueinander und mit Verlängerungen ab dem Punkt gezeichnet.
Das Werkzeug wird nun auf folgende Art und Weise auf der Zeichnung bewegt (siehe Animation), bis die zwei mittleren Proportionalen und gefunden sind:
Die Innenkante des Grundelements verläuft stets durch Punkt und der Punkt liegt stets auf der Verlängerung der Strecke bevor der Punkt des Lineals auf die Verlängerung der Strecke geschoben wird.
Als Ergebnis liefert das mechanische Werkzeug
Nachweis Bearbeiten
Wegen der Parallelität und vier rechter Winkel am Scheitel haben die folgenden Dreiecke gleiche Winkel und sind daher zueinander ähnlich:
Da der Scheitel einen rechten Winkel hat, sind folgende Winkel gleich:
Euklid, Elemente, 1, 32:
Weil der Scheitel einen rechten Winkel hat, sind auch folgende Winkel gleich:
Nach Euklid, Elemente 6, 4 ergeben sich somit die Proportionen:
Eratosthenes’ mechanische Methode Bearbeiten
Eratosthenes von Kyrene ersann (basierend auf dem Satz des Hippokrates) ein mechanisches Werkzeug, das er in dem Brief an König Ptolemaios beschrieb als eine:
„[…] mechanische Vorrichtung zur Bestimmung, mittels deren wir zwischen zwei gegebenen geraden Linien nicht nur zwei mittlere Proportionale finden werden, sondern soviele man zu finden anordnet.“
Die mechanische Vorrichtung ist vorstellbar als ein Kasten, gefertigt aus Holz, Bronze oder Elfenbein, mit drei sehr dünnen Täfelchen in Form identischer rechtwinkliger Dreiecke, die mithilfe von Rillen nach rechts oder links verschoben werden können. Bei einer Aufgabe, in der zu zwei Variablen mehr als zwei mittlere Proportionale gesucht sind, ist die erforderliche Anzahl der Dreiecke stets um eins größer als die Anzahl der gesuchten mittleren Proportionalen. Eratosthenes ließ seine Lösung der Würfelverdoppelung im Tempel der Ptolemäer in Alexandria in Stein meißeln.
Die im nebenstehenden Diagramm abstrahiert dargestellte mechanische Vorrichtung – wie Eratosthenes sie nennt – zeigt zwei parallele Strahlen und sie symbolisieren zwei Lineale. Zwischen den Linealen sind drei rechtwinklige Dreiecke, das erste ist fest am Punkt die beiden anderen sind bis verschiebbar geführt. Alternativ sind auch drei Rechtecke mit eingezeichneten Diagonalen möglich. Die hochkant gezeichneten Dreiecke haben als Höhe die Variable und eine kleine Kathete mit frei wählbarer Länge (im Diagramm ). Auf der zu senkrecht stehenden Strecke , im Punkt des dritten Dreiecks, ist die Länge der zweiten Variablen als Strecke abgetragen. Ein (nicht eingezeichneter) Strahl ab Punkt durch schneidet in die Linie , erzeugt die Strecke und lässt somit die Grundidee der Vorrichtung, nämlich den Strahlensatz, erkennen.
Vorgehensweise Bearbeiten
Nur wenige Schritte sind erforderlich, wenn z. B. das zweite Dreieck (blau) und das dritte Dreieck (gelb) auf folgende Art und Weise zwischen den Linealen bewegt werden, bis die zwei mittleren Proportionalen und gefunden sind (siehe Animation):
Stets zuerst das zweite Dreieck (blau) so in Richtung Punkt verschieben, dass sich dessen Hypotenuse , die Strecke (rot) und die Senkrechte im Punkt schneiden. Erst im nächsten Schritt das dritte Dreieck (gelb) so nachschieben, dass sich dessen Hypotenuse , die Strecke (rot) und die Senkrechte im Punkt schneiden. Wiederholungen dieser Schritte liefern die zwei mittleren Proportionalen und
Nachweis Bearbeiten
Wenn sich die beiden Strahlen durch bzw. durch in schneiden, dann ist
und
während
deshalb
Ähnlich
Damit sind und in kontinuierlicher Proportion sowie und die zwei mittleren Proportionalen.
Konstruktion mittels spezieller Kurven Bearbeiten
Soll ein Würfel mit der Kantenlänge bezüglich seines Volumens mit als Kantenlänge des größeren Würfels verdoppelt werden, so gilt zur Bestimmung der zwei mittleren Proportionalen und der Satz des Hippokrates von Chios:
Eliminiert man , so ergibt sich:
daraus folgt:
Eliminiert man , so ergibt sich:
daraus folgt:
Aus Gründen des besonderen Schwierigkeitsgrades – Dreidimensionalität, erste Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. – wird im Folgenden die Lösung des Problems mithilfe der Kurve des Archytas ausführlich beschrieben.
Kurve des Archytas Bearbeiten
Ein paar Jahrzehnte früher als Archytas gelang Hippokrates von Chios die Verdoppelung des Würfels, indem er sie auf ein Problem der Konstruktion von Verhältnissen zurückführte. Archytas von Tarent gelang deren theoretische Konstruktion mit einer nach ihm benannten speziellen Kurve. Für deren Visualisierung bzw. Anwendung bedarf es folgender drei Figuren (siehe nebenstehendes Diagramm):
- Halbzylinder, steht auf einem Halbkreis mit Radius und Durchmesser Die Höhe des Halbzylinders beträgt ca.
- Achtel eines sogenannten Horntorus, quasi ein Torus ohne „Loch“ mit Radius .
- Kegelausschnitt , entnommen vom Kegel mit Radius und Höhe , mit dem Dreieck als dessen Schnittfläche. Der Kegelausschnitt erreicht seine maximale Größe, nämlich ein Viertel des Gesamtkegels, wenn das Dreieck mit dem Dreieck einen Winkel von einschließt und damit auf der rechteckigen Fläche des Halbzylinders liegt.
Die Kurve des Archytas ist eine sogenannte Schnittkurve, die entsteht, wenn ein Halbzylinder ein Achtel eines Horntorus durchdringt. Wie im Diagramm erkennbar, durchdringt das Viertel des Kegels die beiden benachbarten Figuren und erzeugt dadurch eine, mit der Kurve des Archytas kreuzende, zweite Schnittkurve.
Die zwei mittleren Proportionalen sind dann gefunden, wenn die Hypotenuse der dreieckigen (blauen) Schnittfläche des Kegels die Kurve des Archytas im (grünen) Punkt schneidet. Der Punkt liegt auf der Mantelfläche des Halbzylinders (auf der Kurve des Archytas), auf der dreieckigen Schnittfläche des Kegelausschnitts und auf der halbkreisförmigen Schnittfläche des Horntorus.
Geometrische Vorüberlegung Bearbeiten
Das nebenstehende Bild sowie das dazu ähnliche Bild im folgenden Abschnitt zeigen den geometrischen Ansatz, den Archytas nutzte, um damit die von ihm gefundene Kurve mithilfe von zwei mittleren Proportionalen zu beschreiben. Die Figur besteht u. a. aus zwei rechtwinkligen, zueinander ähnlichen Dreiecken und mit je einem Thaleskreis. Der zur Grundfläche des Halbzylinders senkrecht stehende und um Punkt drehbare Halbkreis – mit den zwei mittleren Proportionalen und – hat den Durchmesser