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In der Mathematik wird der Terminus unendlich zur naheren Charakterisierung einiger mathematischer Begriffe verwendet In der Regel erfolgt damit eine Charakterisierung die komplementar zum Begriff endlich ist Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick 2 Unendliche Menge 3 Analysis Bestimmte Divergenz 4 Kompaktifizierungen 5 Projektive Ebene 6 Nichtstandardanalysis 7 Kardinalzahlen 8 Ordinalzahlen 9 Kontroversen uber die Existenz nicht endlicher Mengen 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseUberblick BearbeitenBeispiele fur Begriffe die den Begriff unendlich beinhalten sind unendliche Menge als komplementarer Begriff zur endlichen Menge unendliche Ordinalzahl unendliche Kardinalzahl unendlichdimensionaler Vektorraum als komplementarer Begriff zum endlichdimensionalen Vektorraum Es gibt aber auch Begriffe wie den des unendlichen Produkts bei dessen Definition weitergehende Eigenschaften als die Nicht Endlichkeit der Faktorenanzahl gefordert wird Ahnlich verhalt es sich mit dem Begriff der unendlich grossen Nicht Standardzahl und dem Begriff eines unendlichen Grenzwertes Ein Beispiel fur eine redundante Verwendung ist der Sprachgebrauch der unendlichen Reihe Unendliche Werte werden in der Mathematik durch das Unendlichzeichen displaystyle infty nbsp dargestellt Dieses Symbol wurde 1655 von dem englischen Mathematiker John Wallis als Zeichen fur eine abstrakte unendliche Grosse eingefuhrt Beispiele fur seine Verwendung sind a x R x a displaystyle a infty x in mathbb R mid x geq a nbsp oder b displaystyle infty b nbsp fur unbeschrankte Intervalle lim n a n displaystyle lim n to infty a n nbsp fur den Grenzwert einer konvergenten Folge a n displaystyle a n nbsp n 0 a n lim m n 0 m a n displaystyle sum n 0 infty a n lim m to infty sum n 0 m a n nbsp fur den Limes einer Reihe f t d t lim t t 0 f t d t lim t 0 t f t d t displaystyle int infty infty f t mathrm d t lim t to infty int t 0 f t mathrm d t lim t to infty int 0 t f t mathrm d t nbsp bei einem uneigentlichen Integral mit unbeschranktem Integrationsbereich x displaystyle x infty nbsp fur die Maximumsnorm oder die Supremumsnorm Unter den unendlichen Mengen gibt es noch Abstufungen So sagt man dass eine Menge fast alle Elemente einer unendlichen Grundmenge enthalt wenn sie alle Elemente bis auf endlich viele Ausnahmen enthalt Eng damit verwandt ist bei einem Massraum der Begriff des fast sicheren Ereignisses Mengen dieser beiden Typen sind bei unendlichen Grundmengen stets unendliche Mengen Die Umkehrung gilt aber nicht Auch unter den unendlichen Kardinal und Ordinalzahlen gibt es Abstufungen die sich in Grossenbeziehungen widerspiegeln Diese entsprechen Inklusionsrelationen der zugrundeliegenden Mengen Auch in der Topologie wie etwa bei der Alexandroff Kompaktifizierung und ebenfalls in der Geometrie insbesondere bei der Konstruktion projektiver Geometrien tritt der Begriff auf Hier werden Mengen um Elemente erweitert wobei die so hinzugenommenen Elemente aufgrund der intuitiven Vorstellung als unendlich ferne Punkte bezeichnet werden In den bisherigen Beispielen von Begriffen stand das Adjektiv unendlich in seiner intuitiven Wortbedeutung fur unendlich gross unendlich viele beziehungsweise unendlich weit entfernt Namensgebend fur die Infinitesimalrechnung waren historisch verwendete unendlich kleine Grossen wobei es einen grossen insbesondere auf Karl Weierstrass zuruckgehenden Fortschritt bedeutete solche Konstruktion zu vermeiden 1 Unendliche Menge BearbeitenEine unendliche Menge nennt man eine Menge deren Elemente Anzahl nicht endlich also nicht gleich einer naturliche Zahl oder null ist Bei einer Menge M displaystyle M nbsp ist das gleichbedeutend damit dass es keine naturliche Zahl n displaystyle n nbsp gibt fur die eine Bijektion das heisst eine eins zu eins Zuordnung f M 0 n 1 displaystyle f colon M rightarrow 0 dotsc n 1 nbsp existiert Beispiele die Menge der naturlichen Zahlen die Menge der rationalen Zahlen Bruche zwischen 0 und 1 die Menge der reellen Zahlen zwischen 0 und 1 Die Existenz unendlicher Mengen ist Gegenstand des Unendlichkeitsaxioms der axiomatisch begrundeten Zermelo Fraenkel Mengenlehre Analysis Bestimmte Divergenz BearbeitenEine Folge x 1 x 2 x 3 displaystyle x 1 x 2 x 3 dotsc nbsp reeller Zahlen weist eine bestimmte Divergenz gegen unendlich auf wenn jede beliebig vorgegebene reelle Zahl von fast allen Folgengliedern uberschritten wird Symbolisch schreibt man in diesem Fall in dem man auch von einer uneigentlichen Konvergenz spricht auchlim n x n displaystyle lim n to infty x n infty nbsp Analog schreibt man im Fall einer bestimmten Divergenz gegen minus unendlichlim n x n displaystyle lim n to infty x n infty nbsp Fur solche Sachverhalte lassen sich auch Rechenregeln formulieren wiea displaystyle a infty infty nbsp Eine solche Rechenregel muss aber stets als Aussage uber uneigentliche Grenzwerte verstanden werden So steht die gerade angefuhrte Rechenregel fur den folgenden Sachverhalt Sind a n displaystyle a n nbsp und b n displaystyle b n nbsp zwei Folgen reeller Zahlen so dass a n displaystyle a n nbsp gegen a displaystyle a nbsp konvergiert und b n displaystyle b n nbsp bestimmt gegen unendlich divergiert dann divergiert auch die Folge a n b n displaystyle a n b n nbsp bestimmt gegen unendlich Kompaktifizierungen BearbeitenUneigentliche Grenzwerte lassen sich im Blickwinkel der Topologie im Rahmen einer sogenannten Kompaktifizierung als Grenzwert auffassen nun aber in einem topologischen Raum R displaystyle mathbb R cup infty infty nbsp bei dem die reellen Zahlen R displaystyle mathbb R nbsp um zwei Elemente erweitert werden Dabei kann man sich die beiden hinzugenommenen Elemente intuitiv als unendlich entfernte Punkte auf der Zahlengerade vorstellen Zu beachten ist aber dass es auf der so erweiterten Menge nicht moglich ist arithmetische Operationen mit den bekannten Rechenregeln zu definieren Auch gibt es andere Kompaktifizierungen die in Bezug auf die Konvergenz von Folgen zu anderen Aussagen fuhren Ein Beispiel ist die Einpunktkompaktifizierung R displaystyle mathbb R cup infty nbsp mit nur einem zusatzlichen unendlichen Element Dort konvergiert die Folge 1 2 3 4 5 6 displaystyle 1 2 3 4 5 6 dotsc nbsp die aber nicht in der Zweipunktkompaktifizierung R displaystyle mathbb R cup infty infty nbsp konvergiert Siehe auch Erweiterte reelle Zahlen Eine Kompaktifizierung eines topologischen Raumes eignet sich auch zur Untersuchung von stetigen Funktionen die auf diesem topologischen Raum definiert sind Dazu mussen die betreffenden Funktionen auf die Kompaktifizierung stetig fortgesetzt werden konnen Siehe auch Stone Cech Kompaktifizierung nbsp Stereografische Projektion Darstellung der unendlichen Ebene als endliche KugelIm Bereich der Funktionentheorie wird zur Untersuchung von holomorphen und meromorphen Funktionen die Einpunktkompaktifizierung C displaystyle mathbb C cup infty nbsp verwendet die man auch als Riemannsche Zahlenkugel bezeichnet Eine Verallgemeinerung der Einpunktkompaktifizierung R displaystyle mathbb R cup infty nbsp der reellen Zahlen und entsprechend von C displaystyle mathbb C cup infty nbsp ist der n displaystyle n nbsp dimensionale projektive Raum P n R displaystyle mathbb P n mathbb R nbsp Er entsteht aus dem n displaystyle n nbsp dimensionalen euklidischen Raum R n displaystyle mathbb R n nbsp durch Punkte die man intuitiv als unendlich fern auffassen kann und die mit den Geraden durch den Nullpunkt korrespondieren Zur Konstruktion des projektiven Raums P n R displaystyle mathbb P n mathbb R nbsp ist definiert als Menge aller Geraden durch den Nullpunkt des R n 1 displaystyle mathbb R n 1 nbsp Eine Einbettung des euklidischen Raums R n displaystyle mathbb R n nbsp in den projektiven Raum P n R displaystyle mathbb P n mathbb R nbsp ergibt sich dadurch dass man einerseits den R n displaystyle mathbb R n nbsp mit einer affinen Hyperebene im R n 1 displaystyle mathbb R n 1 nbsp die nicht den Nullpunkt enthalt identifiziert und andererseits die durch den Nullpunkt verlaufenden Geraden im R n displaystyle mathbb R n nbsp die nicht parallel zu dieser affinen Hyperebene liegen mit ihren Schnittpunkten mit dieser Hyperebene Projektive Ebene BearbeitenDie gerade beschriebene Konstruktion kann im Fall der euklidischen Ebene R 2 displaystyle mathbb R 2 nbsp auch im Sinne der affinen Geometrie interpretiert werden Dabei wird jede Gerade um einen unendlich fernen Punkt erweitert namlich durch den Punkt der durch diejenige Gerade durch den Nullpunkt reprasentiert wird die zur gegebenen Gerade parallel verlauft Damit schneiden sich zwei Parallelen die von der euklidischen Ebene auf die projektive Ebene erweitert werden in diesem gemeinsamen unendlich fernen Punkt Nichtstandardanalysis BearbeitenGrundlage der Nichtstandardanalysis ist der geordnete Korper der hyperreellen Zahlen der die reellen Zahlen als Teilkorper enthalt Der Korper der hyperrellen Zahlen enthalt sowohl infinitesimal benachbarte Zahlen wie auch unendlich grosse Zahlen Unendlich grosse Zahlen gibt es auch in der Klasse der surrealen Zahlen und in der Unterklasse der kombinatorischen Spiele Dabei bilden die hyperrellen Zahlen eine Teilmenge der surrealen Zahlen Kardinalzahlen BearbeitenWie bei endlichen Mengen konnen auch zwei unendliche Mengen daraufhin untersucht werden ob sie die gleiche Machtigkeiten besitzen Dies ist per Definition genau dann der Fall wenn es eine Bijektion zwischen ihnen gibt Mengen gleicher Machtigkeit werden durch eine ubereinstimmende Kardinalzahl gekennzeichnet Bei einer endlichen Menge handelt es sich bei der Kardinalzahl um die Anzahl der Elemente Unterschiedliche Machtigkeiten besitzen insbesondere die beiden Mengen der naturlichen und reellen Zahlen was erstmals von Georg Cantor dem Begrunder der Mengenlehre bewiesen wurde Der einfachste Beweis verwendet Cantors zweites Diagonalargument das dahingehend verallgemeinert werden kann dass eine Menge stets eine andere Machtigkeit besitzt als ihre Potenzmenge Die Kardinalzahl der Menge der naturlichen Zahlen besitzt unter Verwendung des hebraischen Buchstabens ℵ displaystyle aleph nbsp Aleph die Bezeichnung ℵ 0 displaystyle aleph 0 nbsp Mengen dieser Kardinalitat heissen abzahlbar Unendliche Mengen die nicht abzahlbar sind heissen uberabzahlbar Die Kardinalzahl der reellen Zahlen ist 2 ℵ 0 displaystyle 2 aleph 0 nbsp weil die Menge der reellen Zahlen gleichmachtig zur Potenzmenge der naturlichen Zahlen ist Die beiden wichtigsten Beispiele fur abzahlbare Mengen sind neben der Menge der naturlichen und der ganzen Zahlen die Menge der rationalen Zahlen Beweis mit Cantors erstem Diagonalargument und dann noch die Menge der algebraischen Zahlen Mit letzterem Beispiel und der Erkenntnis dass nur abzahlbar viele algebraischen Zahlen existieren ist da die Menge der reellen Zahlen uberabzahlbar ist einer der ersten grossen Triumphe Georg Cantors gefunden 1874 und der Mengenlehre verbunden Denn dies zieht nach sich dass nicht alle reellen Zahlen algebraisch sein konnen und fuhrt folglich zu dem Nachweis dass es transzendente Zahlen geben muss 2 Bereits Cantor vermutete die sogenannte Kontinuumshypothese gemass der jede unendliche Teilmenge der reellen Zahlen entweder abzahlbar oder gleichmachtig zur Menge der reellen Zahlen ist Ordinalzahlen BearbeitenWie bei Kardinalzahlen kann auch jede Ordinalzahl durch eine Menge reprasentiert werden Betrachtet werden allerdings nur wohlgeordnete Mengen wobei zwei Mengen zwischen denen ein Ordnungsisomorphismus existiert die gleiche Ordinalzahl definieren Zum Beispiel reprasentieren die beiden Mengen N displaystyle mathbb N nbsp und 2 N displaystyle 2 mathbb N nbsp mit den Ordnungen 1 lt 2 lt 3 lt 4 lt displaystyle 1 lt 2 lt 3 lt 4 lt cdots nbsp bzw 2 lt 4 lt 6 lt 8 lt displaystyle 2 lt 4 lt 6 lt 8 lt cdots nbsp ubereinstimmend die Ordinalzahl w displaystyle omega nbsp Die Ordinalzahl w 1 displaystyle omega 1 nbsp wird reprasentiert durch die Menge N displaystyle mathbb N nbsp mit der Ordnung 2 lt 3 lt 4 lt lt 1 displaystyle 2 lt 3 lt 4 lt cdots lt 1 nbsp Die Ordinalzahl w w displaystyle omega omega nbsp lasst sich mit der Menge N displaystyle mathbb N nbsp und folgender in Anbetracht ihrer Bezeichnung vom Standard abweichender Ordnung reprasentieren 1 lt 3 lt 5 lt lt 2 lt 4 lt 6 lt displaystyle 1 lt 3 lt 5 lt cdots lt 2 lt 4 lt 6 lt cdots nbsp Kontroversen uber die Existenz nicht endlicher Mengen BearbeitenDie vorstehend beschriebenen Begriffe sind in Bezug darauf ob auf welcher Basis und wie solche Begriffe formal definiert werden konnen Gegenstand historischer Kontroversen uber grundlegende Annahmen der Mathematik gewesen Heute gilt als bewahrter und weithin akzeptierter Rahmen fur die Mathematik die Zermelo Fraenkel Mengenlehre inklusive des Auswahlaxioms abgekurzt ZFC auch wenn deren Widerspruchsfreiheit aufgrund von Godels Zweitem Unvollstandigkeitssatz in ZFC selbst nicht beweisbar ist Abseits dieses Mainstreams existieren aber weitere Schulen von Konstruktivisten Finitisten und Ultrafinitisten die ihre parallele Berechtigung in einem Verzicht auf bestimmte Axiome oder Schlussweisen finden Siehe auch Potentielle und aktuale UnendlichkeitLiteratur BearbeitenAmir D Aczel Die Natur der Unendlichkeit Mathematik Kabbala und das Geheimnis des Aleph Rowohlt Taschenbuch Verlag Reinbek bei Hamburg 2002 ISBN 3 499 61358 1 rororo science 61358 Heinz Dieter Ebbinghaus Einfuhrung in die Mengenlehre 3 vollstandig uberarbeitete und erweiterte Auflage BI Wissenschaftsverlag Mannheim u a 1994 ISBN 3 411 17113 8 Adolf Fraenkel Einleitung in die Mengenlehre Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen Band 9 3 umgearbeitete und stark erweiterte Auflage Springer Verlag Berlin u a 1928 Eli Maor To Infinity and Beyond A Cultural History of the Infinite Birkhauser Boston u a 1987 ISBN 0 8176 3325 1 Raymond Smullyan Satan Cantor und die Unendlichkeit und 200 weitere verbluffende Tufteleien Insel Verlag Frankfurt am Main u a 1997 ISBN 3 458 33599 4 Insel Taschenbuch 1899 Rudolf Taschner Das Unendliche Mathematiker ringen um einen Begriff 2 verbesserte Auflage Springer Berlin u a 2006 erschienen 2005 ISBN 3 540 25797 7 Nelly Tsouyopoulos Der Begriff des Unendlichen von Zenon bis Galilei In Rete 1 1972 Heft 3 4 S 245 272 Paolo Zellini Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit C H Beck Munchen 2010 ISBN 9783406590924 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary unendlich Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Kompaktes Worterbuch des Unendlichen Spektrum de Von Unendlichkeit zu Unendlichkeit 13 Oktober 2017Einzelnachweise Bearbeiten David Hilbert Uber das Unendliche In Mathematische Annalen 95 1926 ISSN 0025 5831 S 161 190 doi 10 1007 BF01206605 online bei DigiZeitschriften Adolf Fraenkel Einleitung in die Mengenlehre Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen Band 9 3 umgearbeitete und stark erweiterte Auflage Springer Verlag Berlin u a 1928 S 53 54 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Unendlich Mathematik amp oldid 238500977