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Cantors zweites Diagonalargument ist ein mathematischer Beweis dafur dass die Menge der reellen Zahlen uberabzahlbar ist und allgemeiner dass die Abbildungen einer Menge nach 0 1 sowie die Potenzmenge einer Menge machtiger als diese Menge sind Der Mathematiker Georg Cantor fand diesen Beweis im Jahr 1877 und gab die beiden Verallgemeinerungen 1891 und 1899 an 1 2 Mit seinem ersten Diagonalargument zeigte Cantor dass die Menge der rationalen Zahlen abzahlbar ist er gab eine umkehrbar eindeutige Abbildung eine Bijektion zwischen der Menge der naturlichen Zahlen und der Menge der rationalen Zahlen an Diese Abbildung erlaubt es anschaulich alle rationalen Zahlen in einer abzahlbar unendlichen Folge anzuordnen Durch Widerspruch zeigte er dass es fur die reellen Zahlen keine solche Folge gibt d h keine Bijektion zu den naturlichen Zahlen Dieser Beweis ist nicht Cantors erster Beweis der Uberabzahlbarkeit der reellen Zahlen Cantors erster Uberabzahlbarkeitsbeweis wurde 1874 drei Jahre vor seinem Diagonalargument veroffentlicht Der erste Beweis arbeitet mit anderen Eigenschaften der reellen Zahlen und kommt ganz ohne ein Zahlensystem aus Inhaltsverzeichnis 1 Beweis der Uberabzahlbarkeit der reellen Zahlen 2 Verallgemeinerung Machtigkeit der Potenzmenge einer Menge 3 Siehe auch 4 EinzelnachweiseBeweis der Uberabzahlbarkeit der reellen Zahlen BearbeitenSei z i displaystyle z i nbsp eine beliebige Folge reeller Zahlen im offenen Intervall 0 1 displaystyle 0 1 nbsp Wir werden zeigen dass es mindestens eine reelle Zahl in diesem Intervall gibt die nicht in der Folge z i displaystyle z i nbsp vorkommt Da diese Argumentation fur jede beliebige Folge z i displaystyle z i nbsp gilt kann es keine Folge geben die alle reellen Zahlen im Intervall 0 1 displaystyle 0 1 nbsp enthalt Die Zahlen z i displaystyle z i nbsp einer beliebigen reellen Folge haben Dezimalbruch Entwicklungen und konnen daher so geschrieben werden z 1 0 a 11 a 12 a 13 displaystyle z 1 0 underline a 11 a 12 a 13 ldots nbsp z 2 0 a 21 a 22 a 23 displaystyle z 2 0 a 21 underline a 22 a 23 ldots nbsp z 3 0 a 31 a 32 a 33 displaystyle z 3 0 a 31 a 32 underline a 33 ldots nbsp z 4 displaystyle z 4 ldots nbsp displaystyle vdots nbsp Hier sind die z i displaystyle z i nbsp reelle Zahlen und die a i j displaystyle a ij nbsp Dezimalstellen dieser reellen Zahlen Diese bilden ein rechteckiges Schema dessen Diagonalelemente hier durch Unterstreichung hervorgehoben sind Aus diesen konstruieren wir eine neue Zahl x 0 x 1 x 2 x 3 displaystyle x 0 x 1 x 2 x 3 ldots qquad nbsp wie folgt Jede Dezimalstelle x i displaystyle x i nbsp von x displaystyle x nbsp wird durch die i te Dezimalstelle von z i displaystyle z i nbsp definiert Fur i 1 displaystyle i 1 nbsp Wenn a 11 5 displaystyle a 11 5 nbsp ist setzen wir x 1 4 displaystyle x 1 4 nbsp sonst x 1 5 displaystyle x 1 5 nbsp Mit dieser Definition ist sichergestellt dass x displaystyle x nbsp eine andere Zahl ist als z 1 displaystyle z 1 nbsp Fur i 2 displaystyle i 2 nbsp Wenn a 22 5 displaystyle a 22 5 nbsp ist setzen wir x 2 4 displaystyle x 2 4 nbsp sonst x 2 5 displaystyle x 2 5 nbsp Damit gilt x z 2 displaystyle x neq z 2 nbsp Allgemein fur beliebiges i displaystyle i nbsp Wenn a i i 5 displaystyle a ii 5 nbsp ist setzen wir x i 4 displaystyle x i 4 nbsp sonst x i 5 displaystyle x i 5 nbsp Damit gilt x z i displaystyle x neq z i nbsp So gehen wir durch die ganze Folge und erhalten eine Zahl x displaystyle x nbsp die sich von allen Zahlen in der Folge in mindestens einer Dezimalstelle unterscheidet und die grosser als 0 und kleiner als 1 ist Diese Zahl nennt man die Diagonalzahl die der Folge z i displaystyle z i nbsp zugeordnet wird Die Folge z i displaystyle z i nbsp enthalt also nicht die ihr zugeordnete Diagonalzahl und damit nicht jede reelle Zahl zwischen 0 und 1 Wahlt man eine andere Folge erhalt man moglicherweise eine andere Diagonalzahl aber wir haben bewiesen Fur jede Folge von Zahlen zwischen 0 und 1 gibt es eine Zahl zwischen 0 und 1 die nicht in dieser Folge enthalten ist Deshalb enthalt keine Folge alle reellen Zahlen zwischen 0 und 1 Mit Folgen als Abbildungen N 0 1 displaystyle mathbb N to 0 1 nbsp aufgefasst gibt es also keine surjektive Abbildung N 0 1 displaystyle mathbb N to 0 1 nbsp Die Menge der reellen Zahlen im Intervall 0 1 displaystyle 0 1 nbsp ist deshalb weder gleichmachtig zu N displaystyle mathbb N nbsp noch endlich mithin uberabzahlbar Da das betrachtete Intervall 0 1 displaystyle 0 1 nbsp eine Teilmenge der Menge R displaystyle mathbb R nbsp aller reellen Zahlen ist ist R displaystyle mathbb R nbsp erst recht uberabzahlbar Aus jeder surjektiven Abbildung N R displaystyle mathbb N to mathbb R nbsp liesse sich sofort eine surjektive Abbildung N 0 1 displaystyle mathbb N to 0 1 nbsp gewinnen Tatsachlich ist R displaystyle mathbb R nbsp sogar gleichmachtig zu 0 1 displaystyle 0 1 nbsp wie man anhand einer geeigneten Bijektion beispielsweise x 1 1 x 1 x displaystyle x mapsto tfrac 1 1 x tfrac 1 x nbsp erkennt Verallgemeinerung Machtigkeit der Potenzmenge einer Menge Bearbeiten Hauptartikel Satz von Cantor Mit einer allgemeineren Form des obigen Beweises zeigte Cantor dass die Potenzmenge einer beliebigen Menge machtiger als diese Menge ist Genauer zeigte er Es gibt keine surjektive Abbildung von A displaystyle A nbsp auf P A displaystyle mathcal P A nbsp Diese Aussage wird auch Satz von Cantor genannt Im alteren Beweis von 1891 zeigte Cantor die grossere Machtigkeit der Abbildungen von A displaystyle A nbsp nach 0 1 displaystyle 0 1 nbsp die bijektiv auf die Teilmengen von A displaystyle A nbsp also auf die Potenzmenge abgebildet werden konnen Den Zusammenhang zum Beweis von N lt R displaystyle mathbb N lt mathbb R nbsp kann man ungefahr erkennen wenn man Teilmengen X N displaystyle X subset mathbb N nbsp als Folge von 0en und 1en schreibt fur n X displaystyle n not in X nbsp bzw n X displaystyle n in X nbsp und diese als Ziffernentwicklung interpretiert Siehe auch BearbeitenCantorsche Paarungsfunktion Cantors erstes Diagonalargument mathematischer Beweis fur die Gleichmachtigkeit zweier unendlicher Mengen Einzelnachweise Bearbeiten Herbert Meschkowski Georg Cantor Leben Werk und Wirkung 2 erweiterte Auflage Bibliographisches Institut Mannheim u a 1983 ISBN 3 411 01653 1 S 85 f Georg Cantor Uber eine elementare Frage der Mannigfaltigkeitslehre In Deutsche Mathematiker Vereinigung Hrsg Jahresbericht der Deutschen Mathematiker Vereinigung Band 1 Reimer 1892 ISSN 0012 0456 S 75 78 uni goettingen de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cantors zweites Diagonalargument amp oldid 237155832