www.wikidata.de-de.nina.az
In der Mathematik verwendet man den aus der Mengenlehre von Georg Cantor stammenden Begriff der Machtigkeit oder Kardinalitat um den fur endliche Mengen verwendeten Begriff der Anzahl der Elemente einer Menge auf unendliche Mengen zu verallgemeinern Die Menge E displaystyle E aller Mitgliedsstaaten der europaischen Union umfasste 28 Staaten im Jahr 2019 Damit war ihre Machtigkeit E displaystyle E gleich 28 E 28 displaystyle E 28 Fur endliche Mengen ist die Machtigkeit gleich der Anzahl der Elemente der Menge das ist eine naturliche Zahl einschliesslich der Null Fur unendliche Mengen benotigt man etwas Vorarbeit um ihre Machtigkeiten zu charakterisieren Die im Folgenden gemachten Definitionen und Folgerungen sind aber auch im Falle unendlicher Mengen gultig Inhaltsverzeichnis 1 Machtigkeit bei endlichen Mengen 2 Gleichmachtigkeit Machtigkeit 3 Kardinalzahlen 4 Vergleich der Machtigkeit 5 Totale Ordnung der Machtigkeiten 6 Rechenregeln bei endlichen Kardinalitaten 6 1 Beispiele 7 Machtigkeit der Potenzmenge grosste Machtigkeit 8 Einzelnachweise 9 Literatur 10 WeblinksMachtigkeit bei endlichen Mengen BearbeitenBei einer endlichen Menge X displaystyle X bezeichnet die Machtigkeit die Anzahl der Elemente von X displaystyle X Man notiert die Machtigkeit von X displaystyle X durch X displaystyle X oder alternativ mit voranstehendem Doppelkreuz X displaystyle X Beispiele A 1 3 7 21 A 4 displaystyle A 1 3 7 21 Rightarrow A 4 B Tetraeder Hexaeder Oktaeder Dodekaeder Ikosaeder B 5 displaystyle B mbox Tetraeder Hexaeder Oktaeder Dodekaeder Ikosaeder Rightarrow B 5 C rot gelb blau orange violett schwarz C 6 displaystyle C mbox rot gelb blau orange violett schwarz Rightarrow C 6 Die Potenzmenge P X displaystyle mathcal P X einer endlichen Menge X displaystyle X hat genau 2 X displaystyle 2 X Elemente Die Wahl einer Teilmenge entspricht den X displaystyle X unabhangigen Wahlen zwischen den zwei Moglichkeiten ob ein bestimmtes Element von X displaystyle X in der Teilmenge liegen soll oder nicht Gleichmachtigkeit Machtigkeit Bearbeiten Der Vergleich der Machtigkeit zweier MengenMan definiert zunachst den Begriff der Gleichmachtigkeit zweier beliebiger Mengen A displaystyle A und B displaystyle B Eine Menge A displaystyle A heisst gleichmachtig bei Cantor aquivalent zu einer Menge B displaystyle B wenn es eine Bijektion f A B displaystyle f colon A to B gibt Man schreibt dann A B displaystyle A B oder A B displaystyle A sim B 1 2 3 Die Gleichmachtigkeit displaystyle sim ist eine Aquivalenzrelation auf der Klasse aller Mengen deren Aquivalenzklassen bis auf die der Leermenge echte Klassen sind Naheres siehe unten Kardinalzahlen und Kardinalzahlen Definition Ist A displaystyle A gleichmachtig zu B displaystyle B und f displaystyle f eine Bijektion zwischen A displaystyle A und B displaystyle B dann ist auch die Umkehrfunktion von f displaystyle f eine Bijektion also ist auch B displaystyle B gleichmachtig zu A displaystyle A Endliche Mengen sind genau dann gleichmachtig wenn sie gleich viele Elemente haben Unendliche Mengen sind Mengen die zu sich gleichmachtige echte Teilmengen besitzen Man nennt eine Menge die gleichmachtig zur unendlichen Menge N displaystyle mathbb N der naturlichen Zahlen oder einer Teilmenge von ihr ist die also mit naturlichen Zahlen einschliesslich 0 abgezahlt werden kann eine abzahlbare Menge Bisweilen versteht man auch abzahlbar nur im Sinne von abzahlbar unendlich gleichmachtig zu N displaystyle mathbb N und spricht dann an Stelle von abzahlbar im Sinne der oben zuerst eingefuhrten Definition von hochstens abzahlbar die die Formulierung vieler Beweise etwas einfacher macht und eher dem deutschen Sprachgebrauch entspricht Besondere Ergebnisse Gleichmachtig sind N displaystyle mathbb N Z displaystyle mathbb Z und Q displaystyle mathbb Q also die Mengen der naturlichen der ganzen und der rationalen Zahlen Gleichmachtig sind R displaystyle mathbb R 0 1 displaystyle left 0 1 right C displaystyle C und P N displaystyle mathcal P mathbb N wobei C displaystyle C die Cantor Menge ist Die Menge R displaystyle mathbb R der reellen Zahlen ist machtiger als N displaystyle mathbb N also uberabzahlbar Siehe auch Cantors erstes Diagonalargument und Cantors zweites DiagonalargumentKardinalzahlen Bearbeiten Hauptartikel Kardinalzahl Mathematik Da man leicht zeigen kann dass die Gleichmachtigkeit von Mengen eine Aquivalenzrelation ist ergibt die folgende Definition einen Sinn Die Aquivalenzklassen der Mengen bezuglich der Relation der Gleichmachtigkeit nennt man Kardinalzahlen Aus technischen Grunden muss man aber ein geeignetes Reprasentantensystem finden Indem man zeigt dass jede Menge gleichmachtig zu einer wohlgeordneten Menge ist dies ist die Aussage des Wohlordnungssatzes kann man jede Kardinalzahl mit der kleinsten ihr gleichmachtigen Ordinalzahl gleichsetzen Aleph ℵ displaystyle aleph ist der erste Buchstabe des hebraischen Alphabets er wird mit einem Index verwendet um Kardinalzahlen unendlicher Mengen zu benennen siehe Aleph Funktion Liegt eine Menge A in der Aquivalenzklasse Kardinalzahl ℵ i displaystyle aleph i dann sagt man A hat die Machtigkeit ℵ i displaystyle aleph i Man schreibt dann A ℵ i displaystyle A aleph i Die Kardinalzahl einer endlichen Menge mit n Elementen wird mit der naturlichen Zahl n gleichgesetzt Man kann sich nun fragen ob alle unendlichen Mengen einander gleichmachtig sind in dem Fall waren alle unendlichen Mengen abzahlbar Es stellt sich jedoch heraus dass es unendliche Mengen gibt die nicht gleichmachtig zueinander sind so ist etwa die Menge der naturlichen Zahlen nicht gleichmachtig zur Menge der reellen Zahlen Das kann man zum Beispiel mit dem so genannten Cantorschen Diagonalbeweis zeigen siehe dazu den Artikel uberabzahlbar Weiter unten wird gezeigt dass es unendlich viele verschiedene Kardinalzahlen gibt Cantor selbst zeigte mit der ersten Cantorschen Antinomie dass die Kardinalzahlen eine echte Klasse bilden Vergleich der Machtigkeit BearbeitenUm die Machtigkeiten ungleichmachtiger Mengen vergleichen zu konnen legt man fest wann eine Menge B displaystyle B machtiger als eine Menge A displaystyle A sein soll Wenn es eine Bijektion f displaystyle f von A displaystyle A auf eine Teilmenge von B displaystyle B gibt dann heisst A displaystyle A hochstens gleichmachtig zu B displaystyle B Man schreibt dann A B displaystyle A leq B Wenn es eine Bijektion f displaystyle f von A displaystyle A auf eine Teilmenge von B displaystyle B gibt aber keine Bijektion von A displaystyle A nach B displaystyle B existiert dann heisst A displaystyle A weniger machtig als B displaystyle B und B displaystyle B machtiger als A displaystyle A Man schreibt dann A lt B displaystyle A lt B Offenbar gilt A lt B displaystyle A lt B genau dann wenn A B displaystyle A leq B aber nicht A B displaystyle A B ist Nun stellt sich aber die Frage nach der Vergleichbarkeit zweier beliebiger Mengen ob also die blosse Eigenschaft eine Menge zu sein eine solche Vergleichsmoglichkeit impliziert Und tatsachlich kann man fur zwei beliebige Mengen im Allgemeinen zeigen unter Verwendung des Auswahlaxioms Sind A displaystyle A und B displaystyle B Mengen dann gilt A B displaystyle A leq B oder B A displaystyle B leq A Vergleichbarkeitssatz Des Weiteren kann man zeigen dass jede abzahlbare Menge entweder endlich oder gleichmachtig zu N displaystyle mathbb N ist Ausserdem kann man zeigen dass jede unendliche Menge eine zu N displaystyle mathbb N gleichmachtige Teilmenge enthalt Damit ist die Machtigkeit von N displaystyle mathbb N die kleinste unendliche Kardinalzahl Man bezeichnet sie mit ℵ 0 displaystyle aleph 0 ℵ 0 N displaystyle aleph 0 mathbb N Die Kontinuumhypothese CH besagt dass es keine Menge gibt die machtiger ist als N displaystyle mathbb N aber weniger machtig als R displaystyle mathbb R Wie der Name jedoch schon vermuten lasst ist dies kein Satz in dem Sinne dass er sich beweisen lasst Weder die Kontinuumhypothese noch ihre Verneinung lasst sich aus den ublichen Axiomensystemen herleiten zum Beispiel der Zermelo Fraenkel Mengenlehre mit Auswahlaxiom Die Kontinuumhypothese besagt also dass R P N 2 ℵ 0 displaystyle mathbb R mathcal P mathbb N 2 aleph 0 die zweitkleinste unendliche Kardinalzahl ℵ 1 displaystyle aleph 1 ist Totale Ordnung der Machtigkeiten BearbeitenBei naiver Betrachtung der Schreibweise konnte man vermuten dass fur Mengen A displaystyle A und B displaystyle B mit A B displaystyle A leq B und B A displaystyle B leq A stets A B displaystyle A B gilt Dass das tatsachlich so ist wird vom folgenden Satz ausgesagt Cantor Bernstein Schroder Theorem Ist A displaystyle A hochstens gleichmachtig zu B displaystyle B und B displaystyle B hochstens gleichmachtig zu A displaystyle A dann sind A displaystyle A und B displaystyle B gleichmachtig Fassen wir einige Eigenschaften der Machtigkeiten zusammen Es gilt stets A A displaystyle A A man nehme die Identitat als Bijektion Aus A B displaystyle A leq B und B A displaystyle B leq A folgt A B displaystyle A B Aus A B displaystyle A leq B und B C displaystyle B leq C folgt A C displaystyle A leq C folgt sofort aus der Definition Fur zwei Mengen A displaystyle A und B displaystyle B gilt stets A B displaystyle A leq B oder B A displaystyle B leq A das ist aquivalent zum Auswahlaxiom Damit ist gezeigt dass die Kardinalzahlen total geordnet sind Rechenregeln bei endlichen Kardinalitaten BearbeitenEs seien M N displaystyle M N sowie N 1 N k displaystyle N 1 ldots N k endliche Mengen Dann gelten folgende Regeln Bijektions oder Isomorphieregel M displaystyle M ist bijektiv auf N displaystyle N abbildbar displaystyle Leftrightarrow M N displaystyle M N Summenregel M N M N M N displaystyle M cap N emptyset Leftrightarrow M cup N M N Allgemein gilt M N M N M N displaystyle M cup N M cap N M N Eine weitere Verallgemeinerung der Summenregel auf endlich viele endliche Menge ist das Prinzip von Inklusion und Exklusion DifferenzenregelM N N M N M displaystyle M subseteq N Leftrightarrow N setminus M N M Produktregel M N M N displaystyle M times N M cdot N Quotientenregel Ist M N 1 N k displaystyle M N 1 dot cup cdots dot cup N k und gilt i N i n gt 0 displaystyle forall i N i n gt 0 so folgt k M n displaystyle k tfrac M n bzw M k n displaystyle M k cdot n Subadditivitat von Mengen i 1 k N i i 1 k N i displaystyle Big bigcup i 1 k N i Big leq sum i 1 k N i Falls die N i displaystyle N i paarweise disjunkt sind so gilt die Gleichheit i 1 k N i i 1 k N i displaystyle textstyle bigcup i 1 k N i sum i 1 k N i Das heisst also dass bei disjunkten Mengen die Anzahl der Elemente in der Vereinigung der Mengen N i displaystyle N i gleich der Summe der einzelnen Anzahlen von Elementen in jeder dieser Mengen ist Potenzregel Bezeichnet N M displaystyle N M die Menge aller Abbildungen f M N displaystyle f colon M to N dann gilt N M N M displaystyle N M N M Beispiele Bearbeiten M 1 2 3 displaystyle M 1 2 3 und N 1 3 5 7 displaystyle N 1 3 5 7 Dann existiert keine bijektive Abbildung zwischen M displaystyle M und N displaystyle N ist M N 1 2 3 5 7 5 displaystyle M cup N 1 2 3 5 7 5 lasst sich die Machtigkeit der Differenz nicht mit obigem Satz bestimmen betragt die Machtigkeit des kartesischen Produkts M N 1 1 1 3 12 displaystyle M cdot N 1 1 1 3 ldots 12 In einem weiteren Beispiel sei M 1 2 3 4 displaystyle M 1 2 3 4 und N 1 1 N 2 2 N 3 3 N 4 4 N 1 2 3 4 displaystyle N 1 1 N 2 2 N 3 3 N 4 4 N 1 2 3 4 Dann existieren bijektive Abbildungen identische Abbildung zwischen den beiden Mengen M displaystyle M und N displaystyle N ist M N N 4 displaystyle M cup N N 4 da die beiden Mengen identisch sind ist M displaystyle M eine Teilmenge von N displaystyle N und somit gilt N M N M 0 displaystyle N setminus M N M 0 die Machtigkeit des kartesischen Produkts betragt 16 displaystyle 16 und da n N 1 N 4 1 displaystyle n N 1 dots N 4 1 erhalten wir k 4 displaystyle k 4 bzw M 4 1 4 displaystyle M 4 cdot 1 4 Machtigkeit der Potenzmenge grosste Machtigkeit BearbeitenDie Frage nach der grossten Machtigkeit einer Menge beantwortet der Satz von Cantor Fur jede Menge A displaystyle A ist die Potenzmenge P A displaystyle mathcal P A machtiger als A displaystyle A Fur die Machtigkeit von P A displaystyle mathcal P A gibt es auch folgende Schreibweise P A 2 A displaystyle mathcal P A 2 A Zu beachten ist dass der entsprechende Ausdruck fur unendliche Ordinalzahlen einen anderen Wert liefert und z B 2 N displaystyle 2 mathbb N nicht als ein Grenzwert einer Folge 2 n displaystyle 2 n angesehen werden kann Bestimmt man nun die Machtigkeiten der Potenzmengen von Potenzmengen von Potenzmengen usw dann sieht man dass es unendlich viele Kardinalzahlen gibt und keine machtigste Menge existiert Einzelnachweise Bearbeiten Dieter Klaua Mengenlehre De Gruyter Lehrbuch de Gruyter Berlin New York 1979 ISBN 3 11 007726 4 Hier S 75 Definition 16 Teil1 Definition 16 Teil2 H Konig Entwurf und Strukturtheorie von Steuerungen fur Fertigungseinrichtungen ISW Forschung und Praxis Band 13 Springer Verlag Berlin Heidelberg 1976 ISBN 3 540 07669 7 S 15 17 doi 10 1007 978 3 642 81027 5 1 Hier Seite 21 Thomas Steinfeld Gleichmachtigkeit Memento vom 11 Februar 2018 im Internet Archive auf MathpediaLiteratur BearbeitenErich Kamke Mengenlehre Sammlung Goschen Nr 999 De Gruyter Berlin 1928 Oliver Deiser Einfuhrung in die Mengenlehre Die Mengenlehre Georg Cantors und ihre Axiomatisierung durch Ernst Zermelo 3 Auflage Springer Berlin Heidelberg 2010 ISBN 978 3 642 01444 4 doi 10 1007 978 3 642 01445 1 Heinz Dieter Ebbinghaus Einfuhrung in die Mengenlehre Mit Aufgaben und Losungshinweisen 4 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2003 ISBN 3 8274 1411 3 Andreas Bartholome Josef Rung Hans Kern Zahlentheorie fur Einsteiger Eine Einfuhrung fur Schuler Lehrer Studierende und andere Interessierte 7 aktualisierte Auflage Vieweg Teubner Wiesbaden 2010 ISBN 978 3 8348 9650 6 doi 10 1007 978 3 8348 9650 6 Weblinks Bearbeiten Wikibooks Mathe fur Nicht Freaks Machtigkeit von Mengen Lern und Lehrmaterialien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Machtigkeit Mathematik amp oldid 231736493