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Die slowinzische Sprache slowinzisch slovjĩnsħi ja zĕk slovjĩnsħe gada ne 1 ist eine im 20 Jahrhundert ausgestorbene westslawische Sprache Zusammen mit den ebenfalls ausgestorbenen polabischen Sprachen und dem noch gesprochenen Kaschubischen bildete sie einen Uberrest der slawischen Sprachen welche ursprunglich entlang der Ostseekuste in Pommern und nordostlich der Elbe gesprochen wurden Ob das Slowinzische eine eigene Sprache war oder als Dialekt des Kaschubischen angesehen werden kann ist strittig Nicht wenige Menschen in bzw aus dem nordostlichen Hinterpommern definierten sich als Slowinzen auch Lebakaschuben obwohl sie die Sprache nicht mehr sprechen konnten SlowinzischGesprochen in Pommern bis Mitte des 20 Jahrhunderts Sprecher ausgestorbenLinguistischeKlassifikation Indogermanisch SlawischWestslawischSlowinzisch dd dd Offizieller StatusAmtssprache in SprachcodesISO 639 1 ISO 639 2 ISO 639 3 Karte kaschubischer Dialekte nach Friedrich Lorentz 1903 der Slowinzisch als kaschubischen Dialekt einordnete Die drei nordwestlichen Dialekte in Hinterpommern waren zu der Zeit schon stark auf einzelne Dorfer und altere Menschen fragmentiert wobei die anderen beiden eher verdrangt wurden als Slowinzisch Inhaltsverzeichnis 1 Erforschung und Verschwinden 2 Sprachliche Besonderheiten 3 Schriftliche Aufzeichnungen 4 Dialekte 4 1 Dialektale Gliederung 4 2 Unterschiede zwischen den beiden Hauptvarietaten 5 Sprachbeispiel Das Vaterunser 6 Literatur 7 EinzelnachweiseErforschung und Verschwinden BearbeitenDie Forschung wurde erst in der Mitte des 19 Jahrhunderts auf diese kleine Sprachgemeinschaft aufmerksam die im Nordosten Pommerns vor allem in den Kirchspielen Gross Garde und Schmolsin im Landkreis Stolp lebte Als erster berichtete uber sie der russische Slawist Alexander Hilferding nach ihm besuchten weitere russische deutsche und polnische Sprachforscher die Gegend Zu Anfang des 20 Jahrhunderts wurde die Sprache von dem Slawisten Friedrich Lorentz aufgezeichnet Wann die letzten Sprecher verstorben sind ist nicht vollig klar das letzte Ruckzugsgebiet war offenbar das Dorf Klucken am Lebasee Abgesehen von wenigen Begriffen die in das regionale Ostniederdeutsch eingeflossen waren sprachen 1945 nur noch wenige alte Leute die slowinzische Sprache Sprachliche Besonderheiten BearbeitenDas Slowinzische war eine besonders archaische Sprache in der sich einige Besonderheiten erhalten hatten die in den meisten west slawischen Sprachen nicht mehr vorkamen z B hatte es einen freien Akzent Daneben stand es aber auch unter starkem Einfluss des Ostniederdeutschen und Hochdeutschen vor allem im Wortschatz aber auch in der Syntax Schriftliche Aufzeichnungen BearbeitenDas Slowinzische hat nie eine eigene Schriftsprache entwickelt Erst kurz vor dem Aussterben zu Beginn des 20 Jahrhunderts wurde die Sprache von dem Slawisten Friedrich Lorentz in lautschriftlich kodifizierter Form aufgezeichnet 2 Dialekte Bearbeiten nbsp Karte slowinzischer und niederkaschubischer Sprachvarietaten Mitte 19 Jahrhundert nach Friedrich Lorentz 3 in russischer Sprache 1 Westslowinzisch 2 Ostslowinzisch 3 35 niederkaschubische Varietaten 1 7 in Pommern existieren nicht mehr Dialektale Gliederung Bearbeiten Das Slowinzische lasst sich in zwei Hauptvarietaten unterteilen die sich wiederum jeweils in verschiedene Ortsmundarten aufgliedern 4 OstslowinzischKluckener MundartSchmolsiner Klucken Selesener KluckenHolzkathen Scholpiner MundartHolzkathen umfasst unter anderem die einzelnen Gehofte Lassen Lochzen Klotzen Radtke ScholpinVirchenzin Vietkow Zietzener MundartVirchenzin und dem damit vereinigten Rambow Vietkow ZietzenStohentiner Mundart dd WestslowinzischGross Garder MundartGross Garde und dem damit vereinigten KerskeKlein Garder MundartKlein GardeWittstock Rotten Wittbecker MundartWittstock Rotten und LotkenRotten LotkenWittbeck und BlottkenWittbeck Blottken dd dd Unterschiede zwischen den beiden Hauptvarietaten Bearbeiten Die Hauptunterschiede zwischen Ost und Westslowinzisch lassen sich folgendermassen beschreiben 1 Die urslawischen Vokale i y u und z T e sind in der betonten Silbe nach harten Konsonanten im Ostslowinzischen durch ȧ im Westslowinzischen durch a nur nach c ʒ durch ȧ vertreten 4 urslaw glina oslz glȧ nă und wslz gla nă 4 dd urslaw ryba oslz rȧ bă und wslz ra bă 4 dd urslaw struga oslz strȧ gă und wslz stra gă 4 dd urslaw redit oslz rȧ ʒĕc und wslz ra ʒĕc 4 dd 2 Die ursprunglich kurzen slowinzischen Vokale i ʉ und ȧ bzw a sind in betonten Binnensilben im Ostslowinzischen lang im Westslowinzischen kurz wobei hier der folgende Konsonant gedehnt wird 4 slz bjĭti oslz bjĩti und wslz bji ti 4 dd slz mʉ xa oslz mʉ xă und wslz mʉ xa 4 dd slz lȧpa oslz lȧ pă und wslz la pă 4 dd slz cȧxѳ oslz cȧ xѳ und wslz ca xѳ 4 dd 3 Die slowinzischen Diphthonge ie und ʉѳ sind im Westslowinzischen vor Nasalen in betonten Silben monophthongisiert im Ostslowinzischen sind sie als Diphthonge erhalten 4 slz jie mʉ wslz ji mʉ und oslz jie mʉ 4 dd slz plecie ne wslz pleci ne und oslz plecie ne 5 dd slz slʉѳ ma Gardener wslz slǜ mă und oslz slʉ ѳ mă 5 dd slz tʉѳ na Gardener wslz tǜ nă und oslz tʉ ѳ nă 5 dd 4 Im Dativ Singular Maskulinum hat das Ostslowinzische die Endung ѳjʉ bzw ejʉ das Westslowinzische ѳvʉ bzw evʉ 5 oslz vʉ ѳ lѳjʉ wslz vuѳ lѳvʉ 5 dd oslz kʉ ѳ nejʉ wslz kʉ ѳ nevʉ 5 dd 5 Im Lokativ Plural Maskulinum und Neutrum hat das Ostslowinzische die Endung ex das Westslowinzische ie x bzw unbetont ex 5 oslz lĕsce x wslz lĕscie x 5 dd oslz jastrex wslz jastrĕx 5 dd 6 Zur Bildung der Reflexivverba gebraucht das Ostslowinzische sa das Westslowinzische sa 5 oslz ja u sa smjie ja wslz ja u sa smjie ja 5 dd Sprachbeispiel Das Vaterunser BearbeitenSiehe auch Vaterunser Das nachfolgend angefuhrte Sprachbeispiel ist in einer von Friedrich Lorentz entwickelten Lautschrift aufgezeichnet SlowinzischOstslowinzisch Vietkower Mundart 6 Westslowinzisch Rottener Mundart 7 Vo i ca nas tȧ jĕs v nie bja svja cѳnѳ ba ʒa i mja tvuѳ ja pri ʒa krѳlɛ i stvѳ tvuѳ ja tvuѳ ja vuѳ la sa fsta nĭ jakѳ v nie bja takѳ nazemji xle b năs pѳfse dni dẽi nȯu m ʒi s a vo tpʉsca nȯ u m nasevjĩna jak mȧ vo tpʉ scima nasemʉ vjinѳvatemʉ a nie vevѳʒa na s f pѳkʉsie ne ala năs vȧ bavjĭ vѳt fsie va zle va Te tvao jĕstă muѳ c xvao lă pocie snosc vo d vjekʉ ăs na vjeḱ Ao mĕn Vo i ca nas xtuo ri jie s v nie bja svji canŏ ba ʒa i mja tvuo ja pri ʒa dŏ nas tve krŏlɛ i stvŏ fsta nĭ vuo lă tvuo jă jakŏ v nie bja tak na zi mji xle p pŏfse dni dẽi nȯu m ʒi s vo tpŭsca nase gre x ĭ jakŏ ma vŏtpu scima nasĭm vjĭnŏvai cȯu m nie vŏʒa nas f pŏkŭsi ne năs va bavjĭ vŏt fsie va zle va xtuo ri mǻu s muo c xvǻu la puo cestnŏsc ve vjecnuo sci Amĕn Literatur BearbeitenAlexander Hilferding Die Ueberreste der Slaven auf der Sudseite des baltischen Meeres In Zeitschrift fur slavische Literatur Kunst und Wissenschaft 1 Band 1 Heft Verlag von J E Schmaler Bautzen 1862 S 81 97 Volltext Alexander Hilferding Die Ueberreste der Slaven auf der Sudseite des baltischen Meeres In Zeitschrift fur slavische Literatur Kunst und Wissenschaft 1 Band 4 Heft Verlag von J E Schmaler Bautzen 1864 S 230 239 Volltext Alexander Hilferding Die Ueberreste der Slaven auf der Sudseite des baltischen Meeres In Zeitschrift fur slavische Literatur Kunst und Wissenschaft 2 Band 2 Heft Verlag von J E Schmaler Bautzen 1864 S 81 111 Volltext F Tetzner Die Slowinzen und Lebakaschuben Land und Leute Haus und Hof Sitten und Gebrauche Sprache und Literatur im ostlichen Hinterpommern Mit einer Sprachkarte und 3 Tafeln Abbildungen Beitrage zur Volks und Volkerkunde Band 8 Verlag von Emil Felber Berlin 1899 archive org Friedrich Lorentz Slovinzische Grammatik Izdanie Vtorogo Otdѣleniya Imperatogskoj Akademii Nauk St Petersburg 1903 Digitalisat Friedrich Lorentz Slovinzische Texte Izdanie Vtorogo Otdѣleniya Imperatogskoj Akademii Nauk St Petersburg 1903 Digitalisat Friedrich Lorentz Slovinzisches Worterbuch Erster Teil A Ѳ Izdanie Otdѣleniya Russkago Yazyka i Slovesnosti Imperatorskoj Akademiya Nauk Buchdruckerei der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften St Petersburg 1908 Digitalisat Munchen Slupsk Friedrich Lorentz Slovinzisches Worterbuch Zweiter Teil P Z Orts und Personennamen Nachtrage Unsichere Worter Izdanie Otdѣleniya Russkago Yazyka i Slovesnosti Imperatorskoj Akademiya Nauk Buchdruckerei der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften St Petersburg 1912 Digitalisat Munchen Slupsk Hans F Rosenfeld Hrsg Hinterpommersches Worterbuch Die Mundart von Gross Garde Kreis Stolp Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Pommern Reihe IV Quellen zur pommerschen Geschichte Band 11 Bohlau Koln Weimar Wien 1994 ISBN 978 3 412 05993 4 Ewa Rzetelska Feleszko Das Elb und Ostseeslavische In Peter Rehder Hrsg Einfuhrung in die slavischen Sprachen 3 verbesserte und erweiterte Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1998 ISBN 3 534 13647 0 S 165 170 Ewa Rzetelska Feleszko Slowinzisch In Milos Okuka Hrsg Lexikon der Sprachen des europaischen Ostens Wieser Enzyklopadie des europaischen Osten Band 10 Wieser Klagenfurt 2002 ISBN 3 85129 510 2 S 509 512 1 PDF Einzelnachweise Bearbeiten Friedrich Lorentz Slovinzische Grammatik Izdanie Vtorogo Otdѣleniya Imperatogskoj Akademii Nauk St Petersburg 1903 S 1 Digitalisat Diese Lautschrift die vor allem die kurze sehr kurze lange oder uberlange und die offene geschlossene Aussprache von Vokalen und von Diphthongen mit ihren Teilen genau wiedergeben und erhalten soll und die daneben einige Lautsymbole verwendet die auch das heutige IPA kennt erklart Lorentz in Slowinzische Grammatik S 13 16 scan 40 43 Auf den folgenden Seiten wird die Lautlehre des Slowinzischen mit Schreibung vorgestellt Karte entworfen nach F Lorentz Gramatyka Pomorska Poznan 1927 Faltkarte in der hinteren Umschlagseite digitalisiertes Bild 78 Braun sind dort die slowinzischen rot die niederkaschubischen grun die mittelkaschubischen violett die oberkaschubischen Varietaten Die Karte zeigt nicht die Verbreitung im Erscheinungsjahr wie die russische Karte meint sondern alle erforschten Varietaten seit Mitte 19 Jh a b c d e f g h i j k l m Friedrich Lorentz Slovinzische Grammatik Izdanie Vtorogo Otdѣleniya Imperatogskoj Akademii Nauk St Petersburg 1903 S 3 Digitalisat a b c d e f g h i j k Friedrich Lorentz Slovinzische Grammatik Izdanie Vtorogo Otdѣleniya Imperatogskoj Akademii Nauk St Petersburg 1903 S 4 Digitalisat Friedrich Lorentz Slovinzische Texte Izdanie Vtorogo Otdѣleniya Imperatogskoj Akademii Nauk St Petersburg 1903 S 47 Nummer 54 Digitalisat Friedrich Lorentz Slovinzische Texte Izdanie Vtorogo Otdѣleniya Imperatogskoj Akademii Nauk St Petersburg 1903 S 134 Nummer 115 Digitalisat Slawische Sprachen Ostslawisch Altnowgoroder Dialekt Altostslawisch Belarussisch Karpato Russinisch Russinisch Russisch Ruthenisch Ukrainisch WestpolessischWestslawisch Kaschubisch Knaanisch Masurisch Niedersorbisch Obersorbisch Polabisch Pomoranisch Polnisch Schlesisch Slowakisch Slowinzisch TschechischSudslawisch Agais Mazedonisch 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