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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Sarin Begriffsklarung aufgefuhrt Sarin ist ein chemischer Kampfstoff aus der Gruppe der Phosphonsaureester Die systematische Bezeichnung lautet Methylfluorphosphonsaureisopropylester Der Trivialname Sarin wurde 1943 eingefuhrt Sarin war die zweite in einer Reihe von insgesamt vier Organophosphorverbindungen mit Potential als chemischer Kampfstoff die in den 1930er und 1940er Jahren bei den I G Farben synthetisiert wurden Die anderen waren Tabun 1936 Soman 1944 und Cyclosarin 1949 Strukturformel1 1 Gemisch Racemat der Enantiomere hier vereinfachte Strukturformel ohne Stereochemie AllgemeinesName SarinAndere Namen GB RS Methylfluor phosphonsaure isopropylester Methylfluor phosphonsaure isopropylesterSummenformel C4H10FO2PKurzbeschreibung farblose bis gelbbraune geruchlose Flussigkeit 1 Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 107 44 8 Racemat PubChem 7871ChemSpider 7583Wikidata Q187695EigenschaftenMolare Masse 140 09 g mol 1Aggregatzustand flussigDichte 1 09 g cm 3 1 Schmelzpunkt 57 C 1 Siedepunkt 147 3 C unter teilweiser Zersetzung 2 Dampfdruck 197 Pa 20 C 1 Loslichkeit mischbar mit Wasser 1 leicht loslich in organischen Losemitteln 3 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnung 4 GefahrH und P Satze H 300 310 330P 260 264 270 280 284 304 340 302 350 310 4 Toxikologische Daten 0 09 mg m 3 TCLo Mensch inh 5 28 mg kg 1 LD50 Mensch transdermal 6 60 mg kg 1 LD50 Maus s c 7 103 mg kg 1 LD50 Ratte s c 8 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Nach dem Zweiten Weltkrieg 2 Eigenschaften 3 Toxizitat 4 Wirkungsweise 5 Schutzmassnahmen und Dekontamination 6 Struktur und Herstellung 7 Stereochemie 8 Cyano Sarin Methanphosphonsaureisopropylestercyanid 9 Analytik 10 Vernichtung 11 Internationale Kontrollen 12 Siehe auch 13 Weblinks 14 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenVon der Insektizidforschung zur chemischen WaffeSarin wurde wie auch Tabun 1936 im Zuge der Insektizidforschung 1939 von einer Forschungsgruppe um den Chemiker Gerhard Schrader I G Farben in Leverkusen entdeckt 9 1934 bekam Gerhard Schrader den Auftrag importunabhangige Pflanzenschutzmittel zu entwickeln Aufgrund der bereits bekannten stark toxischen aliphatischen Fluorcarbonverbindungen Fluorcarbonsauren und Derivate Fluoralkohole zog damals das bis dahin wenig beachtete Element Fluor die Aufmerksamkeit auf sich Ab 1934 begann die systematische Untersuchung von organischen Saurefluoriden auf ihre Eignung als Schadlingsbekampfungsmittel zuerst Sulfonsaurefluoride spater Fluoride organischer Phosphorsauren Eine der ersten untersuchten Substanzen war das bereits 1932 von Davies und Dick in England synthetisierte Methansulfonsaurefluorid Diese hochgiftige Verbindung wurde aber bald wieder verworfen da sie von Getreide und Lebensmitteln stark absorbiert wird und diese fur langere Zeit vergiftet Neben Methansulfonsaurefluorid wurden auch Aminosulfonsaurefluoride wie Dimethylaminosulfonsaurefluorid untersucht das eine schwachere insektizide Wirkung besitzt Zur gleichen Zeit beschaftigte sich Schrader ausserdem auch mit Weichmachern auf Basis organischer Phosphorverbindungen Die synthetisierten Substanzen Ester und Amide der Phosphorsaure wurden zusatzlich von Hans Kukenthal auch auf eine mogliche insektizide Wirkung getestet Zahlreiche Substanzen erwiesen sich dabei unerwartet als ausserst wirksam Man nahm daraufhin die systematische Untersuchung organischer Phosphorverbindungen in Angriff In Analogie zu Methansulfonsaurefluorid und den Aminosulfonsaurefluoriden wurden dabei auch Methanphosphonsaure ester fluoride und Aminophosphorsaure ester fluoride untersucht Von den anfangs hergestellten Verbindungen erwies sich das Dimethylaminophosphorsauredifluorid als P Analogon zum Dimethylaminosulfonsaurefluorid als nur schwach insektizid wirksam Das Dimethylaminophosphorsaureethylesterfluorid Fluor Tabun zeigte dagegen eine sehr starke Wirkung Ersatz des Fluoratoms gegen einen Cyanorest fuhrte 1936 zum noch weitaus toxischeren Dimethylaminophosphorsaureethylestercyanid Tabun Trilon 83 T 83 Tabun war die erste Verbindung der sogenannten Trilone das aufgrund seiner unerwartet grossen Giftigkeit damals in Fachkreisen beachtliches Interesse weckte und dem Heereswaffenamt gemeldet wurde Als P Analoga zum Methansulfonsaurefluorid wurden uberdies auch Methanphosphonsaure ester fluoride hergestellt 1938 synthetisierte Schrader unter der Versuchsnummer 113 das Methanphosphonsaureethylesterfluorid 9 Systematische Strukturabwandlungen fuhrten dann im Jahr 1939 zur Synthese des noch weitaus toxischeren Methanphosphonsaureisopropylesterfluorids T 144 Trilon 144 spater T 46 Trilon 46 Sarin Sarin erwies sich als ausserordentlich starkes Gift das in seiner Warmblutertoxizitat alle bis dahin hergestellten Verbindungen ubertraf und 3 4 mal giftiger als Tabun war Diese Verbindung wurde ebenfalls dem Heereswaffenamt gemeldet Das Methanphosphonsaureisopropylesterfluorid erhielt den Decknamen Sarin der aus Buchstaben der Namen der an der Entdeckung und grosstechnischen Entwicklung beteiligten Personen gebildet wurde Schrader Ambros Ritter und von der Linde dem Leiter des Heeresgasschutzlaboratoriums in der Spandauer Zitadelle wo die Entwicklung vor sich ging In der alteren Literatur findet sich ohne Quellenangabe die falsche Behauptung anstelle des Chemikers Gerhard Ritter Reichsamt fur Wirtschaftsausbau sei Oberst Rudiger von der Gasschutzabteilung Wa Pruf 9 im Heereswaffenamt einer der Namensgeber gewesen 10 Dies wurde in der neueren Forschung korrigiert 11 Die systematischen Strukturabwandlungen fuhrten 1944 zur Synthese von Methanphosphonsaurepinacolylesterfluorid Soman dessen Toxizitat die des Sarins noch einmal um das etwa dreifache ubertraf Im Gegensatz zu Tabun und Sarin wurde Soman nicht von Gerhard Schrader sondern von dem Nobelpreistrager Richard Kuhn und seinem Mitarbeiter Konrad Henkel entwickelt Soman war ein Produkt der Chemiewaffenforschung Tabun und Sarin waren keine rein militarchemischen Entwicklungen Der gewahlte Sammelname Trilone soll zur Irrefuhrung gedient haben da unter dieser Bezeichnung auch Textil und Farbehilfsmittel im Handel waren Dies waren Trilon A auf Basis der Natriumsalze der Nitrilotriessigsaure und Trilon B auf Basis der Natriumsalze der Ethylendiamintetraessigsaure Auch nach dem Krieg wurde die Forschung auf diesem Gebiet fortgesetzt 1949 wurde Methanphosphonsaurecyclohexylesterfluorid Cyclosarin hergestellt Sarin besitzt eine hohe strukturelle Ahnlichkeit mit den Pflanzenschutzmitteln Parathion E605 und Malathion und auch mit den Kampfstoffen Tabun Soman und VX Im Juli 1944 wurden 30 Tonnen Sarin in deutschen Testfabriken hergestellt diese kamen aber nie zum Kampfeinsatz Zwei grosse Anlagen fur die Massenfabrikation waren am Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland in Bau Neben der Anlage in Dyhernfurth die hauptsachlich der Tabun Herstellung diente wurde 1943 beschlossen ein neues Werk in Falkenhagen zu errichten Bunker Falkenhagen Der Grund war dass Sarin zwar schwieriger herzustellen war als Tabun aber als chemische Waffe besser war es war toxischer und volatiler 12 Die Vorrate in der Produktionsstatte Dyhernfurth in Schlesien fielen bei Kriegsende im Jahr 1945 der Roten Armee in die Hande Diese hatte schon 1943 durch Spionage von Sarin erfahren und synthetisierte es noch wahrend des Krieges in Kasan unter Leitung von Alexander Arbusow 13 Nach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Wahrend des Kalten Krieges lagerten in den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion grosse Mengen an Sarin Grossbritannien gab 2003 14 zu dass bei Experimenten mit Sarin an Menschen in ihrer Forschungseinrichtung in Porton Down in Wiltshire 1953 ein Soldat der Royal Air Force gestorben war 15 Wahrend der Diktatur unter Augusto Pinochet produzierte der Chemiker Eugenio Berrios fur den chilenischen Geheimdienst DINA Sarin das anschliessend auch gegen Oppositionelle eingesetzt wurde 16 Der Irak setzte 1988 moglicherweise Sarin gegen seine kurdische Minderheit ein Giftgasangriff auf Halabdscha Dabei starben in Halabdscha bis zu 5000 Kurden Bei zwei terroristischen Anschlagen der sogenannten Aum Sekte jap Ōmu Shinrikyō 1994 in Matsumoto und 1995 in Tokio wurde ebenfalls Sarin verwendet 20 Menschen wurden dabei getotet und mehr als 6 000 verletzt Im Syrischen Burgerkrieg wurde Sarin mehrfach eingesetzt Erstmals konnte Sarin als Todesursache bei einer am 29 April 2013 bei Sarakeb verstorbenen Frau materiell nachgewiesen werden 17 Sarin wurde auch am 21 August 2013 bei den Giftgasangriffen von Ghuta eingesetzt 18 Bei einem Angriff auf Chan Schaichun wurde am 4 April 2017 gegen 6 30 Uhr ebenfalls Sarin eingesetzt so die Organisation fur das Verbot chemischer Waffen OPCW in ihrem Bericht von 29 Juni 2017 19 Die Verwendung von Sarin und Chlorgas in Ltamenah am 24 und 25 Marz 2017 bestatigte die OPCW im Juni 2018 20 Eigenschaften BearbeitenReines Sarin ist eine farblose nahezu geruchlose relativ fluchtige Flussigkeit Mit Wasser ist es in jedem Verhaltnis mischbar In Wasser zersetzt sich Sarin abhangig vom pH Wert Bei pH 7 betragt die Halbwertszeit der Hydrolyse des Esters etwa 100 bis 150 Stunden in saurer Losung erfolgt die Zersetzung derselben Menge schon in zwei in alkalischer Losung in einer Stunde 21 Technisches Sarin kann teilweise durch Verunreinigungen gelblich bis braunlich gefarbt sein und einen schwach fruchtartigen Geruch aufweisen In hochreiner Form ist es dagegen fast geruchlos Je nach Reinheit wird der Geruch als schwacher typischer Estergeruch beschrieben der an stark verdunnten Essigsaureethylester erinnern soll In Testreihen konnte es geruchlich ab Konzentration im Bereich von etwa 1 5 mg m3 wahrgenommen werden wobei der Geruch in dieser Konzentration von den Testpersonen jedoch nicht definiert werden konnte Die Testpersonen gaben ausserdem an dass eine geruchliche Wiedererkennung unwahrscheinlich ist Zum Vergleich Soman soll bei gleicher Konzentration einen starkeren Geruch besitzen der individuell als kampferartig muffig dumpf wurzig oder auch fruchtig beschrieben wurde Toxizitat BearbeitenIn zahlreichen Humanstudien mit subletalen Dosen Sarin wurde dessen Wirkung auf Menschen unter den verschiedensten Bedingungen detailliert untersucht Unfalle beim Umgang mit Sarin zeigten dass insbesondere das Einatmen von hohen Sarinkonzentrationen ausserordentlich gefahrlich ist und innerhalb von wenigen Sekunden zu Bewusstlosigkeit und Krampfen fuhren kann denen bereits ein bis zwei Minuten spater Atemstillstand folgt Bei geringeren Konzentrationen entwickeln sich Vergiftungssymptome dagegen deutlich langsamer Bei oraler Applikation fuhrt eine Menge von 0 022 mg kg 1 65 mg bei einer 75 kg schweren Person zu milden Vergiftungssymptomen bei einer Menge von 0 028 mg kg 2 1 mg bei einer 75 kg schweren Person sind die Vergiftungssymptome moderat Die todliche Dosis Sarin bei oraler Applikation wurde mit Hilfe der erhaltenen Ergebnisse auf 0 14 mg kg 10 5 mg bei einer 75 kg schweren Person extrapoliert 22 Damit ist Sarin etwa 15 mal giftiger als DFP Erste Symptome treten 20 60 Minuten im Durchschnitt 40 Minuten nach der oralen Applikation auf Bei geringeren Mengen Sarin maximal bis etwa 1 6 mg halten die milden Symptome von 10 Minuten bis zu 6 Stunden an durchschnittlich etwa 1 Stunde Die durch grossere Mengen Sarin hervorgerufenen moderaten Symptome klingen erst im Zeitverlauf von 5 24 Stunden ab Bei intravenoser Applikation treten die Vergiftungssymptome bereits im Verlauf von 1 2 Minuten auf Wirkungsweise Bearbeiten nbsp Schematische Wirkungsweise von Sarin am synaptischen Spalt Sarin Acetylcholinesterase AcetylcholinNervenkampfstoffe wie Sarin sind bereits in sehr kleinen Mengen todlich Angriffsflache ist dabei der gesamte Korper wobei die Aufnahme insbesondere uber die Augen Haut und Atmungsorgane erfolgt Letztere machen hierbei den Hauptanteil aus da Sarin leicht fluchtig ist Schutz gegen das Eindringen von Sarin in den Korper bietet daher nur ein Ganzkorper Schutzanzug mit Atemschutzmaske Sarin wirkt im synaptischen Spalt Es blockiert das Enzym Acetylcholinesterase in allen Synapsen des parasympathischen vegetativen Nervensystems in den acetylcholinvermittelten Synapsen des Sympathikus sowie an den neuromuskularen bzw motorischen Endplatten Dadurch dass Acetylcholin nun nicht mehr enzymatisch abgebaut werden kann steigt der Acetylcholinspiegel im synaptischen Spalt auf Dauer an und es kommt zu einer Dauererregung der postsynaptischen Membran aller betroffenen Nervensysteme Je nach Starke der Vergiftung kommt es dabei zu folgenden Symptomen Nasenlaufen Sehstorungen Pupillenverengung Augenschmerzen Atemnot Speichelfluss Muskelzucken Krampfe Schweissausbruche Erbrechen unkontrollierbarer Stuhlabgang Bewusstlosigkeit zentrale und periphere Atemlahmung und Tod Die Wirkung am Auge tritt dabei schon bei geringeren Konzentrationen ein als die Wirkung im Atemtrakt so dass Akkommodationsstorungen und eine Engstellung der Pupillen bereits bei Konzentrationen und Expositionszeiten zu beobachten sind bei denen die ubrigen Vergiftungszeichen noch nicht bemerkbar sind Da sich das Sarin wie auch andere Cholinesteraseinhibitoren nicht oder nur sehr langsam wieder von dem blockierten Enzym losen lasst ist die Behandlung von Vergiftungen mit derartigen Kampfstoffen ausserordentlich schwierig Ahnliche Wirkungen wie die des Sarins zeigen sich auch bei den chemisch verwandten Kampfstoffen Tabun Soman und VX sowie bei Vergiftungen mit verschiedenen Insektiziden wie Parathion E605 wobei Sarin etwa 1000 fach wirksamer und damit toxischer ist als E605 23 Der britische Kampfstoffforscher Saunders wies seinerzeit darauf hin dass die Abspaltung des Fluoratoms zur Abnahme der Toxizitat von Sarin fuhrt Nach Saunders ist die dehydrofluorierte Isopropylmethylphosphonsaure IMPA eine nichttoxische Saure 24 Dies unterstreichen auch Analysen der bekannten Sarin Abbauprodukte IMPA Methylphosphonsaure MPA Diisopropylmethylphosphonsaure DIMP Fluorid und Methylphosphonyldifluorid IMPA MPA und DIMP weisen in Kurz und Langzeitstudien eine geringe Toxizitat auf 25 Schutzmassnahmen und Dekontamination BearbeitenZu allgemeinen Schutzmassnahmen Anzeichen des Einsatzes chemischer Kampfmittel wie unter anderem auch einer Sarin Exposition sowie zur Dekontamination liegen umfangreiche frei zugangliche Informationen vor 26 Vor einem Kampfstoffeinsatz konnen Oxim Tabletten oder Carbamate wie Pyridostigmin oder Physostigmin eingenommen werden 23 27 Bei einer Vergiftung spritzt man Atropin vergl Hyoscyamin Gift der Tollkirsche ein Parasympatholytikum das die Wirkung des Uberangebotes von Acetylcholin an den Rezeptoren aufheben soll Im Verlauf der wochenlangen Nachbehandlung kann man versuchen mit einem Oxim die Acetylcholinesterase zu regenerieren Im deutschsprachigen Raum wird Obidoxim bevorzugt im anglo amerikanischen Sprachraum wahlt man eher Pralidoxim Fur die Dekontamination konnen da Nervenkampfstoffe zum einen empfindlich gegenuber Oxidationsmitteln sind zum anderen im basischen Milieu leicht hydrolysiert werden sowohl Oxidationsmittel wie Chlorkalk oder Calciumhypochlorit verwendet werden als auch alkalische Losungen aber auch nichtwassrige Medien wie zum Beispiel Ethanolamin 28 Bei empfindlichen Oberflachen kann man auch Natriumcarbonatlosung einsetzen die jedoch naturgemass langsamer wirkt Eine weitere Moglichkeit zur Dekontamination besteht in der Verwendung geeigneter Enzyme die eine schnelle Hydrolyse dieses und anderer Kampfstoffe der G Reihe herbeifuhren Eines dieser Enzyme ist DFPase Diisopropylfluorphosphatase EC 3 1 8 2 29 ein Enzym des Gemeinen Kalmars Loligo vulgaris Der naturliche Nutzen des Enzyms ist bislang unbekannt So sind 105 µg Sarin innerhalb von 20 Minuten in situ vollstandig hydrolysiert Struktur und Herstellung BearbeitenSarin besitzt ein Stereozentrum am Phosphoratom es gibt also zwei Enantiomere eines hat R Konfiguration das andere ist S konfiguriert Die hier beschriebenen Herstellungsverfahren liefern ein racemisches Sarin also ein 1 1 Gemisch aus dem R Methylfluorphosphonsaure isopropylester und dem S Methylfluorphosphonsaure isopropylester Durch Einwirken von Methyliodid 2 wird aus dem Phosphorigsaureester 1 Diisopropylfluorphosphit in einer Phosphonatsynthese der Methylfluorphosphonsaure isopropylester Sarin 3 2 Iodpropan 4 hergestellt nbsp Die amerikanische Methode Sarin herzustellen beruht auf der Verwendung von Dimethylmethylphosphonat 1 Dieses wird mit Thionylchlorid zu Methylphosphonsauredichlorid 2 umgesetzt welches nach Fluorierung mittels Flusssaure zu Methylphosphonsauredifluorid 3 reagiert nbsp Das Methylphosphonsauredifluorid kann schliesslich durch Hinzufugen von Isopropanol zu Sarin umgesetzt werden nbsp Beim Einsatz in Binarkampfstoff Geschossen wird die obige letzte Reaktion genutzt indem Methylphosphonsauredifluorid und Isopropanol nach dem Abschuss der Granaten unter Zuhilfenahme eines Reaktionsbeschleunigers zu Sarin reagieren dabei bildet sich nach 10 Sekunden mit 70 Ausbeute das Endprodukt 30 Stereochemie Bearbeiten nbsp R Sarin nbsp S SarinDie optischen Isomere von Sarin wurden ausgehend von enantiomerenreinem O Isopropyl methylphosphonthiolsaure Natriumsalz MeP O SNa OiPr und Picrylfluorid 2 4 6 Trinitrofluorbenzen in Methylacetat Aceton als Losungsmittel ist weniger gunstig da sich hier geringe destillativ schwer abtrennbare Mengen Diacetonalkohol bilden erhalten 31 Optisch aktives Sarin ist in reiner Form instabil und racemisiert bei Raumtemperatur innerhalb von 20 Stunden vollstandig Fluoridionen z B in Form von Ammoniumfluorid katalysieren die Racemisierung sehr stark Auch in wassriger gepufferter Losung pH 4 5 erfolgt schnelle Racemisierung Dagegen sind verdunnte Losungen von Sarin 0 1 0 14 mol l in trockenem Isopropanol Aceton oder Methylacetat uber mehrere Wochen stabil 31 Die optischen Isomere unterscheiden sich stark in ihrer Toxizitat Das hauptsachlich wirksame Enantiomer ist Sarin das rund zweimal toxischer als Sarin ist wahrend Sarin schnell enzymatisch durch die Sarinase abgebaut wird In der Tabelle sind die toxikologischen Daten der beiden Enantiomeren S Sarin sowie R Sarin sowie des Racemats 1 1 Gemisch aus S Sarin und R Sarin angegeben und zum Vergleich dazu entsprechende Werte von Tabun und VX unter analogen Bedingungen Toxizitat von Sarin Tabun und VX bei Mausen unter intravenoser Applikation 32 Substanz bzw Isomer LD50 Maus µg kg i v Sarin RS Sarin 0 83 Sarin S Sarin 0 41 Sarin R Sarin nicht verfugbar Tabun RS Tabun 208 Tabun S Tabun 119 Tabun R Tabun 837 VX RS VX 0 20 1 VX S VX 0 12 6 VX R VX 165Cyano Sarin Methanphosphonsaureisopropylestercyanid BearbeitenIm Gegensatz zu den Amidophosphorsaureesterfluoriden z B Fluor Tabun Dimethylaminophosphorsaureethylesterfluorid bei dem formal ein Austausch des Fluor Atoms gegen einen Cyano Rest zu Tabun fuhrt und die Toxizitat auf das etwa 3 4 fache steigt ist bei Methanphosphonsaureesterfluoriden vom Typ Sarin ein entgegengesetzter Effekt zu beobachten Methanphosphonsaureisopropylestercyanid Cyano Sarin Methylcyanphosphonsaureisopropylester hat eine signifikant geringere Toxizitat als Sarin So umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen wie beim Umgang mit Sarin sind bei Cyano Sarin nicht mehr notwendig 33 Ursache fur die geringere Toxizitat durfte unter anderem die zu hohe Reaktivitat sein bei AChE Hemmern gibt es einen Zusammenhang zwischen Toxizitat und Reaktivitat Wahrend Tabun relativ stabil gegenuber Hydrolyse ist ist die P CN Bindung bei Methanphosphonsaurealkylestercyaniden labil in Wasser kommt es sehr schnell zur Hydrolyse unter Bildung von Methanphosphonsaureisopropylester und Cyanwasserstoff Eine akut toxische Wirkung von grosseren Mengen Cyano Sarin durfte damit vermutlich eher auf die gebildete Blausaure zuruckzufuhren sein Bei Estern vom Typ DFP Diisopropylfluorphosphat sind die Cyanide ebenfalls relativ ungiftig die Azide hingegen wie auch die Fluoride potente Cholinesterasehemmer Analytik BearbeitenDie zuverlassige Identifizierung der Substanz gelingt durch geeignete Probenvorbereitung und anschliessende Gaschromatographie bzw Hochleistungsflussigkeitschromatographie in Kopplung mit der Massenspektrometrie 34 Zum sicheren Nachweis der Exposition gegenuber Sarin konnen sowohl Urin als auch Blutproben verwendet werden 35 In der Regel werden daraus die Metaboliten wie z B die Alkyl Methylphosphonsauren mit adaquater Probenvorbereitung isoliert und gegebenenfalls fur die GC MS Analyse derivatisiert 36 37 Zum Einsatz kommen auch portable Geratekombinationen 38 Vernichtung BearbeitenDie sichere und zuverlassige Vernichtung von chemischen Kampfstoffen wie Sarin und ahnlichen ist an teure und aufwendige Verfahren gebunden Die wesentlichen Methoden wenden hydrolytische und oder katalytische Verfahren meist bei hohen Temperaturen und unter dem Einsatz starker Oxidationsmittel wie z B Wasserstoffperoxid an 39 40 Internationale Kontrollen BearbeitenSarin wird als Chemikalie der Liste 1 41 im internationalen Abrustungsvertrag CWU von der hierfur zustandigen Behorde der Organisation fur das Verbot chemischer Waffen OPCW mit Sitz in Den Haag kontrolliert Die Herstellung oder der Besitz sind verboten ausgenommen sind Arbeiten die ausschliesslich dem Schutz vor diesen Substanzen oder der Forschung dienen In Deutschland muss jeder nicht staatliche Umgang mit Sarin vom Bundesamt fur Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA genehmigt und der OPCW gemeldet werden 42 Siehe auch BearbeitenListe chemischer KampfstoffeWeblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Sarin Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Commons Sarin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Factsheet Sarin LABOR SPIEZ PDF 65 kB Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Eintrag zu Sarin in der GESTIS Stoffdatenbank des IFA 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C Waffen Econ Dusseldorf 1983 ISBN 978 3 430 14052 2 S 75 Zutreffend ist dagegen die Benennung nach G Ritter einem im Reichsamt fur Wirtschaftsausbau fur die Chemiewaffenproduktion im Rahmen des Vierjahresplans zustandigen Chemikers Vergl dazu den Bericht von G Schrader Entwicklungsgeschichte neuer Insecticide Teil 2 Organische Phosphorsaure Verbindungen 30 Oktober 1945 Bl 21 National Archives Washington RG 319 Entry IRR Box 200 zit in F Schmaltz Kampfstoff Forschung im Nationalsozialismus Zur Kooperation von Kaiser Wilhelm Instituten Militar und Industrie Gottingen 2005 S 448 Zu den wechselnden Tarnbezeichnungen siehe ebd S Everts The Nazi origins of deadly nerve gases In Chemical and Engineering News 17 Oktober 2016 H Sietz Chemiewaffe Sarin eine deutsche Erfindung In Zeit Online 27 Juni 2013 A Barnett Final agony of RAF volunteer killed by sarin in Britain In theguardian com 28 September 2003 C Seidler Giftgas Sarin Todlicher Dauerstress In Spiegel Online 26 April 2013 SRF 37 Jahre 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