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Gerhard Ritter 27 November 1902 in Berlin 24 November 1988 1 war ein deutscher Chemiker und Manager Von 1934 bis 1945 galt er als wichtigster Mitarbeiter des IG Farben Chefs Carl Krauch war insbesondere fur die Giftgasproduktion der IG Farben an leitender Stelle tatig und wurde 1941 Prokurist der Firma Nach dem Krieg erreichte er 1956 die Stellung eines Technischen Geschaftsfuhrers des Kernforschungszentrums Karlsruhe KfK und wurde 1959 Leiter des Euratom Forschungszentrums Ispra Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Werdegang und Karriere vor 1945 1 2 Werdegang und Karriere nach 1945 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWerdegang und Karriere vor 1945 Bearbeiten Ritter wurde 1924 an der Universitat Berlin bei Alfred Stock mit summa cum laude promoviert Seine Dissertation Das Gasaraometer und seine Anwendung zu einer Atom Gewichtsbestimmung des Bors fertigte er am Kaiser Wilhelm Institut KWI fur Chemie an Von 1924 bis 1926 war er dort Assistent Danach wechselte er in die Industrie und war von 1926 bis 1934 als Chemiker im Ammoniak Laboratorium der IG Farben in Ludwigshafen Oppau tatig Im Jahr 1934 wurde Ritter von Carl Krauch nach Berlin geholt nachdem Hermann Goring ein kriegswirtschaftliches Zentralburo der I G Farben einrichten liess das sich umfassend mit wehrwissenschaftlichen Angelegenheiten und Fragen der militarischen Planung befassen sollte 2 1935 wurde zur Optimierung der Kooperation von I G Farben Wehrmacht und Behorden die Vermittlungsstelle W wobei W fur Wehrmacht steht eingerichtet Ritter leitete diese Vermittlungsstelle W an die alle militarisch wichtigen Entwicklungen der IG Farben gemeldet wurden Die Vermittlungsstelle gab diese Informationen an die Wehrmacht weiter insbesondere an das Heereswaffenamt Bei Einrichtung des Vierjahresplans 1936 der das Deutsche Reich in vier Jahren kriegsfahig machen sollte war Ritter bereits engster Mitarbeiter des machtigsten Industriellen in dieser Vierjahresplanbehorde des spateren Generalbevollmachtigten fur Chemie im Vierjahresplan Carl Krauch Krauch und Ritter bildeten in der NS Zeit von 1934 bis Kriegsende sozusagen ein nationalsozialistisches Zwillingspaar urteilt der Historiker Bernd A Rusinek Er betont dass Ritter in den Quellen mal als Stellvertreter von Prof Krauch mal als Vertreter der Vierjahresplanbehorde und der IG mal als Dr Ritter Stab Goring apostrophiert wurde 3 Ritter nahm vielfaltige Funktionen an der Nahtstelle von IG Farben Aufrustung und Vierjahresplan wahr so ab 1937 beim Rohstoff und Devisenstab bevor er an das Reichsamt fur Wirtschaftsausbau RWA als Leiter der Technischen Hauptabteilung I wechselte Auf der Tagung der Rustungsinspekteure Anfang 1942 vertrat er den Bereich Chemie und war 1944 Leiter eines Einsatzstabs zum Wiederaufbau der kriegszerstorten Hydrierwerke 4 Ritter war an der Entwicklung des Nervengases Sarin beteiligt Das Giftgas ist nach ihm Gerhard Schrader Otto Ambros und Hans Jurgen von der Linde benannt Die Arbeit daran erfolgte im Heeresgasschutzlaboratorium HGL in Spandau Leitung von der Linde 5 Ritter nahm wenige Monate nach Beginn des Zweiten Weltkriegs an einer Konferenz von Spitzenvertretern der Wehrmacht und Vierjahresplan Mitte November 1939 teil auf der Wehrwirtschaftsgeneral Georg Thomas die Zielvorstellung einer Kampfstoffproduktion von 1000 Tonnen pro Monat erortern liess 6 Historiker Rusinek bezeichnet Ritter als oberste n Giftgas Manager im Dritten Reich 7 Er war nicht nur die rechte Hand Carl Krauchs sondern gehorte selbst der Fuhrungsschicht der IG Farben an auch erkennbar daran dass der 1941 Prokurist des Konzerns wurde 8 Werdegang und Karriere nach 1945 Bearbeiten Bei Kriegsende wurde Ritter bis April 1946 in der franzosischen Besatzungszone interniert und zog nach seiner Entlassung nach Freiburg im Breisgau Im Nurnberger IG Farben Prozess war er nicht angeklagt sondern wurde als Zeuge vernommen Bei seinem Entnazifizierungsverfahren verfugte die Spruchkammer Neustadt Belassung als einfacher Chemiker in nicht leitender Stellung auf Dauer von 6 Jahren 9 Ritter arbeitete bis 1953 in der Lackindustrie ehe er von 1954 bis 1956 Werksleiter bei der ehemaligen I G Farben Tochter Anorgana im bayerischen Gendorf wurde Dieses Unternehmen hatte im Krieg chemische Kampfstoffe hergestellt unter anderem 100 Monatstonnen Sarin 1955 wurde das Unternehmen von den Farbwerken Hoechst AG ubernommen dessen Vorstandsvorsitzender zu diesem Zeitpunkt Karl Winnacker war Winnacker forderte ein Jahr spater Ritters Karrieresprung zum Technischen Geschaftsfuhrer des Kernforschungszentrums Karlsruhe entscheidend 10 Ritter war mit dem Chemiker und Sprengstoffexperten Walther Schnurr sowie den Juristen Rudolf Greifeld und Josef Brandl 1956 Grunder der Kernreaktor Bau und Betriebsgesellschaft dem Vorlaufer des Kernforschungszentrums Karlsruhe KfK 11 Das Institut war auf Initiative von Franz Josef Strauss fur die zivile Entwicklung der Kernenergie in Deutschland gegrundet wurden wobei er von dem Physiker Otto Haxel und dem Hoechst Manager Karl Winnacker beraten wurde Als sich Streit um das Schwerwasser Forschungsreaktorkonzept FR 1 oder FR 2 hinzog wobei die Industrie in Gestalt von Siemens Einfluss zu nehmen versuchte verlor Winnacker aufgrund der steigenden Kosten die Geduld und ersetzte Ritter durch Schnurr der vorher Abteilungsleiter im Atomministerium von Strauss in Bonn gewesen war 12 In Karlsruhe war Ritter unzufrieden geworden weil er die burokratischen Hemmnisse zunehmend als Widerspruch zu seinem in der Dynamik der Kriegsforschung gepragten Verstandnis als entscheidender Top Down Manager sah Er wechselte 1959 vermittelt durch Winnacker auf den lukrativen Posten des Leiters des Euratom Forschungszentrums Ispra den er bis 1966 innehatte Am Ispra am Lago Maggiore wurden durch die Euratom Staaten Frankreich Italien Deutschland Benelux neue Reaktortypen entwickelt darunter ein Reaktor mit organischem Kuhlmittel und schwerem Wasser als Moderator Orgel Organique Eau Lourde ursprunglich auf franzosische Initiative hin und 1969 eingestellt Ritter selbst hatte seine Stelle schon 1966 aufgegeben weil er keine Chance mehr sah statt des von ihm als aussichtslos angesehenen Projekts des Orgel Reaktors verstarkt metallurgische Forschung im Anwendungsvorfeld der Kerntechnik betreiben zu lassen 1966 wurde Ritter dann Generalkommissar fur die drei damaligen europaischen Gemeinschaften EWG Euratom und Montan Union auf der Expo 1967 in Montreal 13 Literatur BearbeitenBernd A Rusinek Der Fall Greifeld Karlsruhe Wissenschaftsmanagement und NS Vergangenheit Veroffentlichungen aus dem Archiv des Karlsruher Instituts fur Technologie 5 KIT Scientific Publishing Karlsruhe 2019 ISBN 978 3 7315 0844 1 dort insbesondere das Kapitel Gerhard Ritter 1902 1977 S 255 274 Weblinks BearbeitenHandakten Dr Gerhard Ritter BundesarchivEinzelnachweise Bearbeiten Grabstein von Dr Gerhard Ritter mit Geburts und Todesdatum Bernd A Rusinek Der Fall Greifeld Karlsruhe Wissenschaftsmanagement und NS Vergangenheit Veroffentlichungen aus dem Archiv des Karlsruher Instituts fur Technologie 5 KIT Scientific Publishing Karlsruhe 2019 S 257 262 Bernd A Rusinek Der Fall Greifeld Karlsruhe Wissenschaftsmanagement und NS Vergangenheit S 256 262 Zitate S 256 u S 261 Helmut Maier Chemiker im Dritten Reich Wiley VCH 2015 S 308 Fussnote 193 Florian Schmaltz Kampfstoff Forschung im Nationalsozialismus Zur Kooperation von Kaiser Wilhelm Instituten Militar und Industrie Wallstein Gottingen 2005 ISBN 3 89244 880 9 S 448 Florian Schmaltz Kampfstoff Forschung im Nationalsozialismus Zur Kooperation von Kaiser Wilhelm Instituten Militar und Industrie S 451 452 Bernd A Rusinek Der Fall Greifeld Karlsruhe Wissenschaftsmanagement und NS Vergangenheit S 262 Bernd A Rusinek Der Fall Greifeld Karlsruhe Wissenschaftsmanagement und NS Vergangenheit S 256 Bernd A Rusinek Der Fall Greifeld Karlsruhe Wissenschaftsmanagement und NS Vergangenheit S 265 Bernd A Rusinek Der Fall Greifeld Karlsruhe Wissenschaftsmanagement und NS Vergangenheit S 265 267 Klaus Gassner Die NS Zeit holt nun auch das KIT ein Badische Neueste Nachrichten vom 15 Marz 2013 PDF Der Artikel behandelt vor allem die Ehrensenatorwurde der Universitat Karlsruhe von Rudolf Greifeld Willy Marth Meine Erlebnisse an deutschen Kernreaktoren und Wiederaufarbeitungsanlagen Book on Demand 2014 S 37 f Bernd A Rusinek Der Fall Greifeld Karlsruhe Wissenschaftsmanagement und NS Vergangenheit S 272 273 Normdaten Person GND 1205164650 lobid OGND AKS VIAF 7481159521670033070002 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Ritter GerhardKURZBESCHREIBUNG deutscher Chemiker und ManagerGEBURTSDATUM 27 November 1902GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 24 November 1988 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gerhard Ritter Chemiker amp oldid 238792639