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Physostigmin ist ein Indolalkaloid Es wird in der Medizin bei bestimmten postoperativ auftretenden Storungen und als Gegenmittel bei Vergiftungen mit parasympatholytisch wirkenden Substanzen die ein anticholinerges Syndrom bedingen eingesetzt StrukturformelAllgemeinesName PhysostigminAndere Namen 3aR 8aS 1 3a 8 Trimethyl 1H 2H 3H 3aH 8H 8aH pyrrolo 2 3 b indol 5 ylN methylcarbamat EserinSummenformel C15H21N3O2Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 57 47 6EG Nummer 200 332 8ECHA InfoCard 100 000 302PubChem 5983DrugBank DB00981Wikidata Q410595ArzneistoffangabenATC Code V03AB19 S01EB05Wirkstoffklasse ParasympathomimetikumWirkmechanismus CholinesterasehemmungEigenschaftenMolare Masse 275 35 g mol 1Aggregatzustand festSchmelzpunkt 102 104 C 1 pKS Wert 6 12 12 24 2 SicherheitshinweiseBitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht fur Arzneimittel Medizinprodukte Kosmetika Lebensmittel und Futtermittel beachtenGHS Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung EG Nr 1272 2008 CLP 4 ggf erweitert 3 GefahrH und P Satze H 300 330P 260 284 301 310 320 405 501 3 Toxikologische Daten 4 5 mg kg 1 LD50 Ratte oral 1 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Inhaltsverzeichnis 1 Vorkommen 2 Klinische Angaben 3 Pharmakologische Eigenschaften 3 1 Anwendung 3 2 Nebenwirkungen 3 3 Gegenanzeigen 4 Literatur 5 Handelsnamen 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorkommen Bearbeiten nbsp Manchinelbaum Hippomane mancinella Die Samen der Kalabarbohne Physostigma venenosum und die Fruchte des Manchinelbaums Hippomane mancinella enthalten Physostigmin Klinische Angaben BearbeitenPhysostigmin ist ein indirektes Parasympathomimetikum Cholinergikum d h es verstarkt die Wirkung des parasympathischen Nervensystems im Korper Physostigmin verzogert als Acetylcholinesterase Hemmer den Abbau von Acetylcholin und wirkt durch die Erhohung der Acetylcholinkonzentration am Rezeptor indirekt parasympathomimetisch Am Herzen fuhrt es zu einer Frequenzsenkung an den Augen zu einer Miosis Engstellung der Pupille an den Bronchien zu einer Verengung und am Darm zu einer Anregung der Peristaltik Auch an der motorischen Endplatte entfaltet es seine Wirkung Physostigmin ist ein tertiares Amin und kann auf Grund seiner Struktur im Gegensatz zu den quartaren Aminen wie z B Neostigmin die Blut Hirn Schranke uberwinden und im ZNS seine Wirkung entfalten Aus diesem Grunde wird es zur Behandlung des zentralen anticholinergen Syndroms ZAS eingesetzt einer postoperativ auftretenden Storung die durch etliche Anasthetika und in der Anasthesie verwendete Medikamente hervorgerufen werden kann 5 Ferner wurde der Einfluss von Physostigmin auf bestimmte Phasen in einem septischen Geschehen untersucht So konnte gezeigt werden dass das Immunsystem und das Zentralnervensystem ZNS sich gegenseitig beeinflussen konnen Der als cholinergic antiinflammatory pathway CAP 6 beschrieben efferenter Teil eines inflammatorischen Reflexbogens ist ein Mechanismus der neuronalen Inflammationskontrolle So konnen Cholinesteraseinhibitoren durch Aktivierung des cholinergic antiinflammatory pathway uber das autonome Nervensystem die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine in den Makrophagen hemmen Uber den efferenten Anteil des Nervus vagus dem Neurotransmitter Acetylcholin und der a7 Subunit des nikotinischen Acetylcholinrezeptors werden also Zellen des Immunsystems erreicht Sogenannte proinflammatorische Zytokine induzieren eine gesteigerte Freisetzung von Corticotropin Releasing Hormon CRH oder Arginin Vasopressin AVP im Hypothalamus sowie des adrenocorticotropem Hormons ACTH in der Hypophyse Die hierdurch verursachte gesteigerte Kortisolfreisetzung entfaltet seine antiinflammatorische Wirkung durch Suppression der NF kB Aktivierung und durch Aktivierung antiinflammatorischer Zytokine Im Plexus coeliacus erfolgt wahrscheinlich die Weitergabe der Information an postsynaptische sympathische Nervenfasern die zur Milz ziehen und dort auf Zellen des Immunsystems einwirken Cholinesterase Inhibitoren wie das Physostigmin fuhren in der experimentellen Sepsis zu antiinflammatorischen Effekten wenn sie fruhzeitig verabreicht werden 7 Pharmakologische Eigenschaften BearbeitenAnwendung Bearbeiten Physostigmin wird als Gegenmittel bei Vergiftungen bzw Uberdosierungen durch Atropin Hyoscyamin Scopolamin Tropanalkaloide Strychnin Amphetamine Trizyklische Antidepressiva Phenothiazine Benzodiazepine Antihistaminika den chemischen Kampfstoff 3 Chinuclidinylbenzilatund zur Behandlung von zentralen anticholinergen Syndromen eingesetzt Weiterhin dient Physostigmin in der Augenheilkunde als Miotikum zur Pupillenverengung nach Verabreichung von Atropin zur Pupillenerweiterung zur medikamentosen Therapie von Glaukomen sowie zur Senkung des Augeninnendrucks Andere Acetylcholinesterasehemmstoffe wie z B Donepezil Rivastigmin oder Galantamin werden zur Behandlung der Demenz eingesetzt Physostigmin und das ahnliche Carbamat Pyridostigmin werden zur Prophylaxe gegen Vergiftungen mit chemischen Kampfstoffen auf Cholinesteraseinhibitor Basis so genannten Nervenkampfstoffen eingesetzt 8 9 Nebenwirkungen Bearbeiten Als Nebenwirkungen konnen auftreten anaphylaktische ReaktionBei Uberdosierung Bradykardie Hypersalivation Erbrechen Krampfanfall MiosisGegenanzeigen Bearbeiten Physostigmin darf bei folgenden Krankheiten nicht verwendet werden Asthma bronchiale schweren peripheren Durchblutungsstorungen koronarer Herzerkrankung Harnverhalt oder Verstopfung durch eine mechanische Ursache Morbus ParkinsonDie gleichzeitige Gabe von anderen Cholinesterasehemmern muss wegen einer gegenseitigen Wirkungsverstarkung unterbleiben Literatur BearbeitenErnst Mutschler Arzneimittelwirkungen Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie 7 vollig neu bearb und erw Auflage Wiss Verl Ges Stuttgart 1996 ISBN 3 8047 1377 7 Rolf Kretschmer Notfallmedikamente von A Z Klinik und Pharmakologie auf einen Blick 5 aktualisierte Auflage Wiss Verl Ges Stuttgart 2005 ISBN 3 8047 2133 8 Handelsnamen BearbeitenMonopraparateAnticholium D A enthalt Physostigminsalicylat ehemalige KombinationspraparateEucard D 10 Weblinks BearbeitenEintrag zu Physostigmin bei Vetpharm abgerufen am 11 August 2012 Einzelnachweise Bearbeiten a b Datenblatt Eserine bei Sigma Aldrich abgerufen am 20 April 2011 PDF Louis F Fieser und Mary Fieser Organische Chemie 2 Auflage Verlag Chemie 1982 ISBN 3 527 25075 1 a b Eintrag zu Eserin in der GESTIS Stoffdatenbank des IFA abgerufen am 23 Juli 2016 JavaScript erforderlich Eintrag zu Physostigmine im Classification and Labelling Inventory der Europaischen Chemikalienagentur ECHA abgerufen am 1 Februar 2016 Hersteller bzw Inverkehrbringer konnen die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern Peter M Lauven H Stoeckel Das zentrale anticholinerge Syndrom Klinik und Therapie Aktuelle Neuropadiatrie 1986 S 177 185 doi 10 1007 978 3 642 47569 6 19 cholinerg antiinflammatorische Regelpfad Katja Weismuller Michael Bauer Stefan Hofer Markus A Weigand Die Bedeutung der neuroendokrinen Achse in der Pathophysiologie der Sepsis Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther Georg Thieme Verlag Stuttgart 2010 45 9 574 579 doi 10 1055 s 0030 1265750 Saskia Eckert Entwicklung eines dynamischen Modells zum Studium der Schutzeffekte reversibler Acetylcholinesterase Hemmstoffe vor der irreversiblen Hemmung durch hochtoxische Organophosphate Munchen 2006 DNB 982657064 S 1 urn nbn de bvb 19 61966 Dissertation Szinicz L and Baskin S I Chemische und biologische Kampfstoffe In Lehrbuch der Toxikologie W V mbH Stuttgart 865 895 1999 Eucard Anzeige der Sudmedica GmbH Munchen In Munchener Medizinische Wochenschrift Jahrgang 1953 Nr 1 Januar 1953 S CXXXV Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Physostigmin amp oldid 230627954