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Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Hier fehlen einige Belege insbesondere in den Abschnitten Eigenschaften und Wirkungsweise Dieser Artikel behandelt eine chemische Verbindung Fur den palaontologischen Fundort in Israel siehe Tabun Hohle Tabun ist ein Nervenkampfstoff Die chemische Verbindung wurde 1936 von dem deutschen Chemiker Gerhard Schrader entdeckt der damals fur die I G Farben Leverkusen in der Forschung uber neue Pestizide arbeitete Ab 1942 wurde Tabun industriell produziert und im Zweiten Weltkrieg fur die deutsche Wehrmacht in Bomben und Granaten verfullt 5 jedoch nicht eingesetzt Strukturformel1 1 Gemisch aus R Tabun links und S Tabun rechts AllgemeinesName TabunAndere Namen RS Dimethylphosphoramido cyanidsaureethylester P Cyano N N dimethylphosphonamidsaureethylester GA Trilon 83Summenformel C5H11N2O2PKurzbeschreibung farblose bis braunliche Flussigkeit mit fruchtigem bei Erhitzen bittermandelartigem Geruch 1 Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 77 81 6 Racemat PubChem 6500ChemSpider 6254Wikidata Q143289EigenschaftenMolare Masse 162 13 g mol 1Aggregatzustand flussigDichte 1 08 g cm 3 2 Schmelzpunkt 48 C 2 Siedepunkt 246 C Zersetzung 2 Dampfdruck 9 7 Pa 20 C 2 Loslichkeit massig loslich in Wasser 1 langsame Hydrolyse 2 Brechungsindex 1 4250 20 C 3 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnung 4 AchtungH und P Satze H 300 310 330 351P 260 264 270 280 284 302 350 304 340 310 4 Toxikologische Daten 3 7 mg kg 1 LD50 Ratte oral 2 2 5 mg kg 1 LD50 Kaninchen Maus transdermal 2 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Brechungsindex Na D Linie 20 C Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Gewinnung und Darstellung 3 Eigenschaften 4 Analoga 5 Wirkungsweise 6 Schutzmassnahmen 7 Analytik 8 Siehe auch 9 Literatur 10 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten1934 erhielt Gerhard Schrader den Auftrag Insektizide auf Basis organischer Phosphorverbindungen zu entwickeln Im Jahr 1936 synthetisierte er Tabun Auf die unerwartet hohe Giftigkeit wurde er erstmals durch einen schwerwiegenden Laborunfall aufmerksam Der Geschichte nach sollen sich Schrader und Kollegen bei Experimenten mit Tabun Ende 1936 eine schwere Vergiftung zugezogen haben Wahrend der Arbeit traten bei Gerhard Schrader plotzlich Sehstorungen auf die Vergiftungssymptome verschlimmerten sich dermassen dass er fur 14 Tage stationar in ein Krankenhaus aufgenommen werden musste Er erholte sich nur langsam und konnte seine Arbeit nach etwa 3 Wochen wieder aufnehmen Da die neue Verbindung Dimethylaminocyanophosphorsaureethylester zunachst als Praparat 9 91 bezeichnet als Insektizid aufgrund der extremen Toxizitat unbrauchbar Tabu war erhielt sie den Decknamen Tabun Die Entdeckung wurde am 5 Februar 1937 dem Hygienegewerblichen Institut Elberfeld und kurz danach dem Heereswaffenamt gemeldet Dort wurde dann auf Basis der Struktur von Tabun die Entwicklung chemischer Waffen unter Leitung von Ministerialdirigent Christian Zahn eingeleitet Im Heeresgasschutzlaboratorium in Spandau wurden seine Eigenschaften und Wirkung sowie seine Eignung als Chemiewaffe detailliert untersucht Eine erste Testanlage zur Produktion entstand im Raubkammer Forst auf dem heutigen Truppenubungsplatz Munster 6 1940 begann die deutsche Wehrmacht und die SS 40 km nordlich von Breslau in Dyhernfurth mit dem Bau einer Chemiewaffenanlage mit Zwangsarbeiterlager dem KZ Gross Rosen zugehorig vor allem zur Herstellung von Tabun aber auch Sarin Zahlreiche Zwangsarbeiter starben wahrend der Produktion Dort wurden etwa 12 000 Tonnen 7 Tabun erzeugt und verarbeitet Otto Ambros der Vorstandsvorsitzende der Anorgana GmbH einer I G Farben Gesellschaft war einer der Hauptverantwortlichen fur das Werk Bei Kriegsende wurden die Bestande aus dem Osten teils mit Lastwagen wobei es zum Beispiel in Lossa zu Toten kam als ein Laster mit Tabun von alliierten Flugzeugen beschossen wurde teils mit Barken auf der Elbe und Donau nach Westen geschafft Die Zwangsarbeiter in Dyhernfurth wurden zu einem Todesmarsch gezwungen und vielfach ermordet Erst bei der Durchsuchung einer Barke auf der Donau in Bayern entdeckten die Alliierten dass in Deutschland wahrend des Krieges Nervengase produziert wurden 8 und die britische Armee fand in der Tabun Testanlage im Raubkammer Forst bei Munster Unterlagen uber die Entwicklung Die Sowjets waren schon fruher uber die Nervengasentwicklungen informiert Sie demontierten das Werk in Dyhernfurth und bauten es in Stalingrad wieder auf Sowohl die alliierten Grossbritannien USA als auch die sowjetischen Besatzer beschaftigten nach dem Krieg deutsche Chemiker an ihren eigenen Chemiewaffenentwicklungen in den USA im Edgewood Arsenal in Maryland Nach dem Kriegsende wurden Wehrmachtsbestande von mit Tabun befullten Bomben und Granaten in der Ostsee versenkt Das aus den korrodierten Behaltern austretende Gift gefahrdet inzwischen den dortigen Fischbestand Erst 2008 wurde bekannt dass 1949 etwa 2 5 Seemeilen ca 4 6 km sudlich von Helgoland Granaten mit bis zu zehn Tonnen Tabun versenkt wurden Insgesamt handelt es sich um rund 90 Tonnen Giftgasgranaten ca 6000 einzelne Granaten die dort auf dem Grund der Nordsee lagern 9 10 1955 56 wurden grossere deutsche Tabunbestande die von den britischen Streitkraften nach dem Zweiten Weltkrieg in Wales zwischengelagert worden waren von der Royal Navy und Royal Air Force in der Operation Sandcastle aus Sicherheitsgrunden auf ausgedienten Handelsschiffen nordwestlich von Irland versenkt am 27 Juli 1955 der Dampfer Empire Castle am 30 Mai 1956 das Motorschiff Vogtland und am 21 Juli 1956 der Dampfer Kotka Tabun ist der alteste der funf sogenannten G Kampfstoffe Code GA neben Soman GD Sarin GB GV und Cyclosarin GF Nach dem Zweiten Weltkrieg ubernahmen die USA und Grossbritannien die Fertigung dieses Kampfstoffes Die Sowjetunion hingegen zeigte kein grosses Interesse an Tabun und konzentrierte sich mehr auf Soman Tabun wurde ausserdem von Saddam Hussein im Iran Irak Krieg und 1988 gegen die eigene Bevolkerung im kurdischen Nordirak beim Giftgasangriff auf Halabdscha eingesetzt Der dem Tabun sehr ahnliche Diethylaminocyanophosphorsaureethylester soll bereits 1898 von Carl Schall einem Schuler von August Michaelis hergestellt worden sein ohne dass man auf die hohe Toxizitat aufmerksam wurde Gewinnung und Darstellung BearbeitenIn Deutschland wurde Tabun im Zweiten Weltkrieg aus Dimethylaminophosphoryldichlorid mit absolutem Ethanol und uberschussigem Natriumcyanid in Chlorbenzol grosstechnisch hergestellt 1 Eigenschaften BearbeitenTabun ist ein Ester einer zweifach substituierten Phosphorsaure und von der Struktur her vielen Pflanzenschutzmitteln phosphororganischen Insektiziden z B Methamidophos ahnlich Tabun ist eine farblose bis braunliche Flussigkeit mit fruchtigem bei Erhitzen bittermandelartigem Geruch Bei seinem Einsatz kann Blausaure entstehen Analoga BearbeitenVon Tabun wurden zahlreiche Strukturanaloga hergestellt Wahrend der analoge Isopropylester Dimethylaminocyanophosphorsaureisopropylester etwas 1 3 mal giftiger als Tabun ist besitzt Dimethylaminofluorphosphorsaureethylester Fluor Tabun eine etwa 3 4 mal geringere Toxizitat Eine Verbindung welche Strukturelemente von Tabun das Dimethylamido Fragment und den sogenannten Tammelin Estern das Dialkylaminoalkylester Fragment vereint ist der Dimethylaminofluorophosphorsauredimethylaminoethylester GV Wirkungsweise BearbeitenDie Aufnahme von Tabun ist uber die Haut und die Atmung moglich Im Korper blockiert Tabun die Acetylcholinesterase AcChE die im Nervensystem den Neurotransmitter Acetylcholin aufspaltet und somit essentiell fur die Reizweiterleitung ist Verglichen mit den anderen G Stoffen Sarin Cyclosarin Soman hat Tabun die geringste Toxizitat Sarin ist etwa 3 4 mal und Soman 10 15 mal toxischer als Tabun Es kommt je nach Starke der Vergiftung zu folgenden Symptomen Kopfschmerzen Ubelkeit mit Erbrechen und Durchfallen Augenschmerzen Mudigkeit Krampfanfalle Zittern Zucken der Muskulatur unkontrollierter Harn und Stuhlabgang Atemnot Appetitlosigkeit Angstzustande Spannungen Verwirrtheit Bewusstlosigkeit Der Tod tritt durch Atemlahmung ein Schutzmassnahmen BearbeitenNervenkampfstoffe wirken bereits in kleinsten Mengen todlich Angriffsflache ist der gesamte Korper Deshalb bieten nur ein Ganzkorper Schutzanzug und eine Schutzmaske mit Atemfilter ausreichenden Schutz Vor einem Kampfstoffeinsatz konnen Oxim Tabletten oder Carbamate wie Pyridostigmin oder Physostigmin eingenommen werden 11 12 Bei einer Vergiftung spritzt man Atropin oder Hyoscyamin Alkaloid der Tollkirsche die den Acetylcholinrezeptor blockieren und so die Wirkung des Acetylcholins aufheben 13 Im Verlauf der wochenlangen Nachbehandlung versucht man mit Obidoxim die Acetylcholinesterase zu regenerieren Fur die Dekontamination konnen unter anderem Oxidationsmittel wie z B Chlorkalk oder Calciumhypochlorit alkalische Losungen und nichtwassrige Medien wie Aminoalkoholate verwendet werden da Nervenkampfstoffe empfindlich gegenuber Oxidationsmitteln sind und ihre Hydrolyse im basischen Milieu beschleunigt ablauft Auf empfindlichen Oberflachen kann auch Natriumcarbonatlosung verwendet werden die jedoch langsamer wirkt Analytik BearbeitenDer zuverlassige Nachweis von Tabun und anderen Nervengiften wird moglich durch tragbare Gerate welche die Kapillargaschromatographie mit der Massenspektrometrie zur Trennung und Identifizierung einsetzen 14 Die Untersuchung von physiologischem Material setzt eine angemessene Probenvorbereitung voraus 15 Siehe auch BearbeitenListe chemischer KampfstoffeLiteratur BearbeitenRoy Sloan The tale of tabun Nazi chemical weapons in North Wales Gwasg Carreg Gwalch Llanrwst 1998 ISBN 0 86381 465 4 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Eintrag zu Tabun In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 12 Juni 2014 a b c d e f g Eintrag zu CAS Nr 77 81 6 in der GESTIS Stoffdatenbank des IFA abgerufen am 27 Dezember 2019 JavaScript erforderlich David R Lide Hrsg CRC Handbook of Chemistry and Physics 90 Auflage Internet Version 2010 CRC Press Taylor and Francis Boca Raton FL Physical Constants of Organic Compounds S 3 466 a b Gunter Hommel Handbuch der gefahrlichen Guter Band 6 Springer Berlin Heidelberg 2012 ISBN 978 3 642 25051 4 S 2317 Nachr Chem 2012 60 1194 Sarah Everts The Nazi origins of deadly nerve gases In Chemical and Engineering News 17 Oktober 2016 Der Bericht folgt Jonathan Tucker War of nerve Pantheon Books 2006 Florian Schmaltz Kampfstoff Forschung im Nationalsozialismus zur Kooperation von Kaiser Wilhelm Instituten Militar und Industrie Wallstein 2005 ISBN 3 89244 880 9 S 453 455 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Sarah Everts Chemical Engineering News 2016 6000 Granaten mit Nervengift vor Helgoland gesucht In Hamburger Abendblatt 9 Dezember 2008 Giftgas vor Helgoland In Hamburger Abendblatt 17 Juni 2009 Saskia Eckert Entwicklung eines dynamischen Modells zum Studium der Schutzeffekte reversibler Acetylcholinesterase Hemmstoffe vor der irreversiblen Hemmung durch hochtoxische Organophosphate PDF 1 2 MB Dissertation Universitat Munchen 2006 S 1 L Szinicz S I Baskin Chemische und biologische Kampfstoffe In Lehrbuch der Toxikologie 2 Auflage W V mbH Stuttgart 2004 ISBN 978 3 8047 1777 0 S 865 895 Eintrag zu Nervenkampfstoffe In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 12 Juni 2014 H Nagashima T Kondo T Nagoya T Ikeda N Kurimata S Unoke Y Seto Identification of chemical warfare agents from vapor samples using a field portable capillary gas chromatography membrane interfaced electron ionization quadrupole mass spectrometry instrument with Tri Bed concentrator In J Chromatogr A 1406 7 Aug 2015 S 279 290 PMID 26118803 B S Crow B G Pantazides J Quinones Gonzalez J W Garton M D Carter J W Perez C M Watson D J Tomcik M D Crenshaw B N Brewer J R Riches S J Stubbs R W Read R A Evans J D Thomas T A Blake R C Johnson Simultaneous measurement of tabun sarin soman cyclosarin VR VX and VM adducts to tyrosine in blood products by isotope dilution UHPLC MS MS In Anal Chem 86 20 21 Okt 2014 S 10397 10405 PMID 25286390 Normdaten Sachbegriff GND 4603839 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tabun amp oldid 239408066