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Die nukleophile Substitution ist ein Reaktionstyp in der organischen Chemie Hierbei reagiert ein Nukleophil in Form einer Lewis Base Elektronenpaardonator mit einer organischen Verbindung vom Typ R X R bezeichnet einen Alkyl oder Arylrest X ein elektronenziehendes Heteroatom Das Heteroatom wird dabei durch das Nukleophil ersetzt siehe Substitutionsreaktion Allgemeines Beispiel zur nukleophilen Substitution in dem X fur ein Halogen wie Chlor Brom oder Iod steht Nukleophile Substitutionn ButanolHalogenalkan Nukleophil gt Substitutionsprodukt HalogenidIn der Anorganischen Chemie ist dieser Typus ebenfalls anzutreffen ein Beispiel ist die Hydrolyse von Siliciumtetrachlorid Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeine Kennzeichen 2 Edukte 2 1 Nukleophile 2 2 Typ R X 3 Mechanismen 3 1 SN1 Mechanismus 3 1 1 Kinetik der SN1 Reaktion 3 1 2 Mechanismus 3 1 3 Stereochemie 3 1 4 Einflussfaktoren 3 2 SN2 Mechanismus 3 2 1 Kinetik von SN2 Reaktionen 3 2 2 Mechanismus 3 2 3 Stereochemie 3 2 4 Einflussfaktoren 3 3 Konkurrenz zwischen SN1 und SN2 Reaktion 3 4 SN2 Mechanismen am ungesattigten Kohlenstoffatom 3 5 SN2t Mechanismus 3 6 SNi Mechanismus 3 7 Nachbargruppenbeteiligung 4 Beispiele 4 1 Substitution am Alkylkohlenstoff bzw Arylkohlenstoff 4 1 1 Sauerstoff als Nukleophil 4 1 2 Stickstoff als Nukleophil 4 1 3 Schwefel als Nukleophil 4 1 4 Halogenide als Nukleophil 4 1 5 Phosphor als Nukleophil 4 1 6 Hydrid als Nukleophil 5 Die Eliminierungsreaktion als mogliche Konkurrenzreaktion 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksAllgemeine Kennzeichen BearbeitenNukleophile Substitutionsreaktionen werden meistens in Losung durchgefuhrt Dabei sind die Polaritat des Losungsmittels sowie die Substituenteneinflusse in den Edukten von entscheidender Bedeutung fur die Geschwindigkeit der Reaktion Ist das Losungsmittel selbst der nukleophile Reaktionspartner spricht man von einer Solvolyse 1 Edukte BearbeitenNukleophile Bearbeiten Als Nukleophile konnen die verschiedensten Verbindungen eingesetzt werden Dabei handelt es sich um Anionen oder elektronenreiche Molekule mit freien Elektronenpaaren siehe Beispiele unten Typ R X Bearbeiten Das angegriffene Molekul R X hat eine stark polare Bindung ungleiche Verteilung der Elektronendichte z B C Cl C Br C O C O oder Si Cl In folgenden Verbindungen kann das Heteroatom beziehungsweise die Heteroatom haltige Gruppe durch ein Nukleophil substituiert werden Alkylhalogenide Alkylchloride und Alkylbromide 2 Arylhalogenide Arylchloride und Arylbromide Carbonsaurederivate wie Chloride Ester und Anhydride Sulfonsaureester z B Tosylate p Toluolsulfonsaureester oder Mesylate Methansulfonsaureester oder die besonders reaktiven Triflate Trifluormethansulfonsaureester Oxiran Thiiran und Aziridin Ringe Heterocyclen Mechanismen BearbeitenNukleophile Substitutionen werden bei aliphatischen und aromatischen Verbindungen beobachtet Es gibt aliphatische nukleophile Substitutionen und aromatische nukleophile Substitutionen wobei erstere wesentlich weiter verbreitet ist Daruber hinaus werden die Reaktionen aufgrund der Molekularitat in verschiedene Gruppen eingeteilt Das heisst die Reaktionen werden danach eingeordnet wie viele Molekule am geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Reaktion beteiligt sind Die beschriebenen Mechanismen SN1 und SN2 sind als Extremfalle der nukleophilen Substitution aufzufassen Der Ubergang dazwischen ist fliessend Eine Zusammenfassung beider Reaktionen findet sich in der folgenden Tabelle Zusammenfassung der SN1 und SN2 ReaktionReaktion SN1 SN2Kinetik v k 1 c Substrat displaystyle v k 1 cdot c text Substrat nbsp v k c Substrat c Nukleophil displaystyle v k cdot c text Substrat cdot c text Nukleophil nbsp primares Alkyl niemals ausser bei stabilisierenden Gruppen exzellent ausser bei sterisch gehindertem Nukleophilsekundares Alkyl moderat moderattertiares Alkyl sehr gut niemalsBenzyl exzellent moderat ausser bei tertiarem BenzylAllyl exzellent moderat ausser bei tertiarem AllylAbgangsgruppe wichtig wichtigNukleophilie unwichtig wichtigBevorzugtes Losungsmittel polar protisch polar aprotischStereochemie Racemisierung bei Substitution am Stereozentrum Inversion Chemie bei Substitution am Stereozentrumdurch Walden UmkehrNebenreaktion Umlagerung haufig seltenNebenreaktion Eliminierung meist besonders bei basischem Nukleophil nur mit Hitze und basischem NukleophilDer SNi Mechanismus ist ein Spezialfall der gesondert diskutiert wird Aromatische nukleophile Substitutionen laufen meistens zweistufig ab das heisst die Zwischenprodukte sind oft isolierbar siehe Meisenheimer Komplexe Zusatzlich ist ein sogenannter Dehydrobenzol Mechanismus bekannt der auch als Arinmechanismus bezeichnet wird SN1 Mechanismus Bearbeiten Bei der SN1 Reaktion steht SN fur eine nukleophile Substitution und die 1 fur einen monomolekularen Mechanismus der zwar zweistufig verlauft aber bei dem nur ein Molekul am geschwindigkeitsbestimmenden Schritt beteiligt ist Kinetik der SN1 Reaktion Bearbeiten nbsp Dargestellt ist die Reaktionskoordinate der SN1 Reaktion EA steht fur die Aktivierungsenergie Aus dem Geschwindigkeitsgesetz einer Reaktion kann versucht werden auf den Reaktionsmechanismus zu schliessen Bei der SN1 Reaktion findet man ausschliesslich eine Abhangigkeit von der Konzentration des Substrats Die Reaktionsgeschwindigkeit v errechnet sich somit mit Hilfe des Geschwindigkeitsgesetzes aus einer Geschwindigkeitskonstante k sowie der Konzentration des Substrats c Substrat v k 1 c Substrat displaystyle v k 1 cdot c text Substrat nbsp Die Reaktionsgeschwindigkeit ist in erster Ordnung von dem Substrat abhangig und in nullter Ordnung von dem Nukleophil also gar nicht Die Gesamtordnung der Reaktion betragt also eins Der Reaktionsmechanismus besteht zwar aus zwei Schritten die Reaktionsgeschwindigkeit ist jedoch nur vom langsamsten Reaktionsschritt abhangig dieser ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt kann mit einem Flaschenhals verglichen werden Die Geschwindigkeit mit der Wasser in eine Flasche stromen kann wird nur von der engsten Stelle der Flasche kontrolliert dem Flaschenhals Mechanismus Bearbeiten Die SN1 Reaktion verlauft in zwei Schritten Im ersten geschwindigkeitsbestimmenden langsamsten Schritt dissoziiert die Verbindung R X und setzt die Abgangsgruppe X als Anion frei Zuruck bleibt ein planares sp2 hybridisiertes Carbokation Carbeniumion R Dieses reaktive Zwischenprodukt R wird im zweiten Schritt von dem Nukleophil Nu angegriffen Dieser zweite Schritt ist im Verhaltnis zum ersten sehr schnell Das Nukleophil ist am geschwindigkeitsbestimmenden Schritt in Gegensatz zur SN2 Reaktion nicht beteiligt Ausserdem wird der SN1 Mechanismus durch eine relativ kleine Anfangskonzentration der Edukte begunstigt Stehen aber mehrere Nukleophile zur Verfugung so findet man im Produkt uberwiegend das starkere Nukleophil wieder nbsp Dargestellt ist der Verlauf der SN1 Reaktion Zunachst lost sich im ersten Schritt die Bindung zur Abgangsgruppe und ein Carbokation entsteht Im zweiten Schritt greift das Nukleophil an Abhangig davon ob es von oben 50 Wahrscheinlichkeit oder unten 50 Wahrscheinlichkeit angreift entstehen zwei enantiomere Produkte Das gebildete 1 1 Gemisch nennt man ein Racemat Stereochemie Bearbeiten Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt beim SN1 Mechanismus ist die Bildung des idealerweise planaren Carbokations Die Konfiguration der Ausgangsverbindung wird dadurch aufgehoben Theoretisch ist der nachfolgende Angriff des Nukleophils von beiden Seiten gleich wahrscheinlich Ein racemisches Produkt ware die Folge da der Angriff von der der austretenden Gruppe gegenuberliegenden Seite einen Konfigurationswechsel Inversion der von derselben Seite die Erhaltung der Konfiguration Retention zur Folge hatte Experimentell findet man oft mehr Produkte mit einem Konfigurationswechsel Ausbeute 50 70 dies liegt daran dass nach einer Abspaltung der Abgangsgruppe diese Abgangsgruppe nicht schnell genug durch das Losungsmittel diffundiert und somit diese Angriffsrichtung versperrt Die abgehende Gruppe kann sich vor dem nukleophilen Angriff nicht ausreichend entfernen und stellt so fur das angreifende Nukleophil eine Behinderung dar Dies fuhrt manchmal zu einer verstarkten Inversion der Konfiguration In einem solchen Fall spricht man von einer Teil Racemisierung Beobachtet wurden bei Reaktionen nach SN1 jedoch alle stereochemischen Moglichkeiten von vollstandiger Inversion bis zur Racemisierung wobei die Bildung eines Racemates die Regel ist Einflussfaktoren Bearbeiten Polaritat des Losungsmittels Je polarer das Losungsmittel ist desto besser kann es die SN1 Reaktion durch Wasserstoffbruckenbindungen stabilisieren und beschleunigt dadurch die Reaktion Besonders deutlich tritt dieser Effekt in einem protischen Losungsmittel zutage Die SN1 Reaktion profitiert von solchen Losungsmitteln da sowohl Ubergangszustand wie auch Zwischenprodukt polar bzw geladen sind Der Ubergangszustand des geschwindigkeitsbestimmenden Schritts der SN1 Reaktion ist zunachst durch Ladungstrennung polar Die negativ geladene Abgangsgruppe entfernt sich und lasst ein positiv geladenes Carbokation zuruck Das entstehende Zwischenprodukt ist eine geladene Verbindung das Carbokation ausserdem wird ein negativ geladenes Nukleophil freigesetzt Bei der SN2 Reaktion hingegen ist der Ubergangszustand nicht polar da Ladung nur verschoben aber nicht erzeugt wird Es kann also gesagt werden dass die SN1 Reaktion von protischen Losungsmitteln bevorzugt wird Gute der Abgangsgruppe Da im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt die Abgangsgruppe das Molekul verlasst wird die Reaktionsgeschwindigkeit stark von ihrer Qualitat beeinflusst Die Abgangsgruppe ist haufig negativ geladen Die Leichtigkeit mit der sie das Molekul verlasst hangt mit ihrer Fahigkeit zusammen diese negative Ladung zu stabilisieren Diese Fahigkeit Ladung zu stabilisieren ist umso starker je weniger basisch das Nukleophil X ist bzw je starker sauer die konjugierte Saure HX ist Nukleofugie Substratstruktur Je hoher ein Kohlenstoffatom substituiert ist desto schneller lauft die SN1 Reaktion an ihm ab Ein tertiares Alkyl reagiert also schneller als ein sekundares Alkyl und dieses schneller als ein primares Alkyl dies liegt an der Stabilitat der Carbokationen Diese Stabilitat hangt mit Hyperkonjugation und dem I Effekt zusammen Alkylgruppen liefern dem Carbokation als Substituenten Elektronendichte und verringern auf diese Weise die positive Ladung So wird einerseits das Carbokation stabilisiert und dissoziiert zudem leichter Primare Alkyle sind so instabil dass sie keine SN1 Reaktion mehr eingehen Ein weiterer Faktor ist dass mit zunehmender Substitution sterische Spannung verringert wird Auch Allylreste wirken mesomeriestabilisierend und stabilisieren somit das Carbenium Ion sowie auch Benzylsubstituenten Carbokationumlagerung Ein Carbokation kann sich durch einen Hydrid oder Methyl Shift umlagern wenn so eine stabilere Verbindung entsteht Aus einem sekundaren kann beispielsweise ein tertiares Carbokation entstehen So konnen unterschiedliche Produkte entstehen wenn SN1 und SN2 Reaktion am selben Molekul ablaufen SN2 Mechanismus Bearbeiten SN2 steht fur eine nukleophile Substitution mit einem bimolekularen Mechanismus der einstufig verlauft und bei dem beide Molekule am geschwindigkeitsbestimmenden Schritt beteiligt sind Kinetik von SN2 Reaktionen Bearbeiten nbsp Dargestellt ist die Reaktionskoordinate der SN2 ReaktionEinblicke in den Reaktionsmechanismus bietet das Geschwindigkeitsgesetz Bei kinetischen Untersuchungen findet man eine Abhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit v von der Konzentration des Substrats c Substrat und von der Konzentration des Nukleophils c Nukleophil was zusammen mit einer Geschwindigkeitskonstante k zu folgendem Geschwindigkeitsgesetz fuhrt v k c Substrat c Nukleophil displaystyle v k cdot c text Substrat cdot c text Nukleophil nbsp Das Geschwindigkeitsgesetz erklart sich durch den Reaktionsmechanismus der nur aus einem einzigen Schritt besteht dieser ist naturlich zugleich der geschwindigkeitsbestimmende Schritt Bei diesem tritt zeitlich mit dem Angriff des Nukleophils die Abgangsgruppe aus Die Reaktionsgeschwindigkeit steigt ebenso proportional mit einer zunehmenden Zahl an angreifenden Molekulen steigender Konzentration des Nukleophils wie mit einer zunehmenden Zahl an angegriffenen Molekulen steigender Substrat Konzentration da beides die Wahrscheinlichkeit fur einen erfolgreichen Zusammenstoss erhoht Da bei der SN2 Reaktion am geschwindigkeitsbestimmenden Schritt zwei Molekule beteiligt sind handelt es sich um eine Reaktion zweiter Ordnung Bei der SN2 Reaktion steht das S fur Substitution das N fur nukleophil und die 2 fur die Bimolekularitat bzw die 2 Ordnung 3 Da bei der SN2 Reaktion Bindungsbildung und bruch gleichzeitig stattfinden handelt es sich um eine konzertierte Reaktion Dies bedeutet gleichzeitig dass die Reaktion ohne nachweisbare Zwischenprodukte ablauft und nur einen Ubergangszustand besitzt 4 Mechanismus Bearbeiten Die SN2 Reaktion verlauft immer uber einen Ruckseitenangriff das bedeutet dass das Nukleophil von der gegenuberliegenden Seite angreift an der die Abgangsgruppe gebunden ist Dies lasst sich damit erklaren dass das angreifende Nukleophil der ebenfalls negativ geladenen Abgangsgruppe im Weg stunde falls beide auf derselben Seite waren Fur eine leistungsfahigere Erklarung dagegen ist die Molekulorbitaltheorie notwendig Um eine chemische Bindung auszubilden muss das HOMO des einen Molekuls mit dem LUMO des anderen Molekuls in Wechselwirkung treten Bei der SN2 Reaktion muss das besetzte nichtbindende Molekulorbital HOMO des Nukleophils mit dem unbesetzten antibindenden Molekulorbital LUMO der Kohlenstoffverbindung eine Wechselwirkung eingehen Bei einem Ruckseitenangriff kommt es zu bindender Wechselwirkung bei einem Vorderseitenangriff jedoch zu bindender und antibindender Wechselwirkung gleichzeitig Daher erfolgt der erfolgreiche Angriff eines Nukleophils immer von der Ruckseite her Aus der Notwendigkeit eines Ruckseitenangriffs heraus erklart sich auch dass bei zunehmender Methylierung eines Alkans dem Ersetzen von Wasserstoffatomen durch Methylgruppen die Reaktionsgeschwindigkeit fortlaufend abnimmt Vor der Reaktion liegt das Kohlenstoffatom sp3 hybridisiert vor also tetraedrisch Wahrend der Reaktion nahert sich das Nukleophil dem positiv polarisierten Kohlenstoffkern im Ubergangszustand bildet sich eine trigonale Bipyramide mit schwach gebundenen axialen Liganden Damit ist gemeint dass die Bindungselektronenpaare der drei Reste die nicht an der eigentlichen Reaktion beteiligt sind in dieselbe Ebene rucken und sich das Nukleophil sowie die Abgangsgruppe auf ihrer jeweiligen Seite wie die Spitzen einer Pyramide auf einer Achse senkrecht zur beschriebenen Ebene gegenuberstehen Die ganze Reaktion ist als ein fliessender Ubergang zu verstehen Die Bindungen zwischen Kohlenstoff und Nukleophil sowie Kohlenstoff und Abgangsgruppe sind jeweils geschwacht da es sich um eine 3 Zentren 4 Elektronen Bindung handelt Aus diesem Mechanismus resultiert eine Inversion der Konfiguration des Kohlenstoffatoms diese wird Walden Umkehr oder auch Regenschirmprinzip nach Krieger genannt da die tetraedrische Anordnung des Kohlenstoffs an einen Regenschirm erinnert der im Verlauf der Reaktion wie durch einen Windstoss umgestulpt wird Diese Inversion spielt nur bei chiralen Molekulen eine Rolle Durch diese Inversion wurde somit aus einer nach der Cahn Ingold Prelog Nomenklatur benannte S Verbindung eine R Verbindung 3 Die Inversion kann genutzt werden um ein bestimmtes Enantiomer gezielt zu synthetisieren Soll die Konfiguration erhalten bleiben konnen zwei aufeinanderfolgende SN2 Reaktionen durchgefuhrt werden dies fuhrt zu einer Retention Erhaltung der Konfiguration 4 nbsp Sn2 Mechanismus Dargestellt ist der Verlauf der SN2 Reaktion Auf der linken Seite ist das Kohlenstoffatom ebenso wie auf der rechten Seite tetraedrisch in der Mitte funfbindig trigonal bipyramidal die Reste R1 bis R3 befinden sich alle axial in einer Ebene Ausserdem wird der Reaktionsverlauf durch eine relativ grosse Anfangskonzentration beider Edukte begunstigt Wasser hingegen unterdruckt die SN2 Reaktion 5 Stereochemie Bearbeiten Die Walden Umkehr fuhrt zur Inversion am stereochemischen Zentrum Einflussfaktoren Bearbeiten Polaritat des Losungsmittels Je besser ein Nukleophil solvatisiert ist desto schlechter ist es Die Wahl des Losungsmittels sollte demnach ausfallen Der SN2 Mechanismus findet bevorzugt in polaren aprotischen Losungsmitteln statt Abgangsgruppe Nukleofug siehe SN1Nukleophilie Die Gute eines Nukleophils nennt sich Nukleophilie Die Nukleophilie hangt von der Ladung der Basizitat und der Polarisierbarkeit des Nukleophils dem Losungsmittel und den Substituenten ab Zusatzliche negative Ladung verstarkt die Nukleophilie Damit ist eine Base immer nukleophiler als ihre konjugierte Saure Dies liegt daran dass die bei einem Angriff des Nukleophils sich ausbildende Bindung zu dem elektrophilen Kohlenstoffatom umso leichter bilden kann je elektronenreicher das Nukleophil ist Die starkere Base ist auch das starkere Nukleophil Dadurch nimmt die Nukleophilie im Periodensystem von links nach rechts ab Allerdings kommt diesem Trend eine geringere Bedeutung zu als der Anwesenheit einer Ladung 4 Substratstruktur Je hoher ein Kohlenstoffatom substituiert ist desto langsamer lauft die SN2 Reaktion an ihm ab So ist die Reaktionsgeschwindigkeit v von v Methan gt v primares Alkan gt v sekundares Alkan gt v tertiares Alkan displaystyle v text Methan gt v text primares Alkan gt v text sekundares Alkan gt v text tertiares Alkan nbsp SN2 Reaktionen an einem tertiaren Kohlenstoffatom laufen faktisch nicht ab sondern werden durch Konkurrenz von Nebenreaktionen verdrangt wie der SN1 Reaktion Die Abnahme der Reaktionsgeschwindigkeit entsteht durch den Raumbedarf der Methylgruppen Da eine Methylgruppe ein grosseres Volumen einnimmt als ein Wasserstoffatom blockiert sie den moglichen Angriff des Nukleophils dies nennt sich sterische Hinderung Die sterische Hinderung nimmt nicht nur mit der Anzahl sondern auch mit der Lange der Alkanreste zu je langer sie sind desto starker behindern sie eine mogliche Reaktion bzw desto starker senken sie die Reaktivitat des Molekuls in einer SN2 Reaktion Verzweigungen am Ca Kohlenstoff erhohen den sterischen Anspruch und hindern die Reaktion somit noch starker Konkurrenz zwischen SN1 und SN2 Reaktion Bearbeiten Die SN1 und die SN2 Reaktion stehen in Konkurrenz zueinander Bei der Synthese einer Verbindung wurde man eine SN2 Reaktion einer SN1 Reaktion vorziehen da die SN2 Reaktion zu einem einzigen Produkt die SN1 Reaktion jedoch zu einem Gemisch aus wenigstens zwei Produkten fuhrt und durch Carbokationenumlagerung weiter verkompliziert wird Somit wird bei einer Synthese versucht die Bedingungen fur eine SN2 Reaktion herzustellen Ob eine Reaktion eher nach einem SN1 oder SN2 Mechanismus ablauft wird von folgenden Faktoren beeinflusst der Struktur der Verbindung der Konzentration des Nukleophils der Reaktivitat des Nukleophils dem LosungsmittelBei der Struktur der Verbindung ist zunachst entscheidend ob das Kohlenstoffatom das die zu substituierende Gruppe tragt ein primares sekundares oder tertiares Kohlenstoffatom ist Der erste davon abhangige Effekt ist dass mit zunehmendem Alkylierungsgrad das bei einer SN1 Reaktion entstehende Carbokation durch I Effekte und Hyperkonjugation zunehmend besser stabilisiert werden kann So lauft z B eine SN1 Reaktion an tert Butylbromid leichter ab als an 2 Brompropan Der zweite Effekt ergibt sich wie bereits erwahnt durch sterische Hinderung Da die SN2 Reaktion uber einen Ruckseitenangriff ablauft und dieser durch den Raumbedarf von Alkylgruppen erschwert wird wird eine SN2 Reaktion mit zunehmender Alkylierung schwieriger So lauft z B eine SN2 Reaktion an 2 Brompropan leichter ab als an tert Butylbromid Somit wird mit zunehmender Alkylierung eine SN2 Reaktion erschwert eine SN1 Reaktion hingegen erleichtert Die Abhangigkeit der SN1 und SN2 Reaktion von Konzentration und Reaktivitat des Nukleophils lassen sich durch eine Betrachtung des Geschwindigkeitsgesetzes verstehen So lautet das Geschwindigkeitsgesetz fur eine SN2 Reaktion v k 2 c Substrat c Nukleophil displaystyle v k 2 cdot c text Substrat cdot c text Nukleophil nbsp Eine SN2 Reaktion ist also von der Konzentration des Eduktes und der Konzentration des Nukleophils abhangig Das Geschwindigkeitsgesetz fur eine SN1 Reaktion lautet v k 1 c Substrat displaystyle v k 1 cdot c text Substrat nbsp Die Reaktionsgeschwindigkeit ist also nur von der Konzentration des reagierenden Molekuls abhangig Wenn wie im Falle einer Konkurrenzsituation beide Reaktionen ablaufen konnen so lautet das Geschwindigkeitsgesetz der Gesamtreaktion v k 2 c Substrat c Nukleophil k 1 c Substrat displaystyle v k 2 cdot c text Substrat cdot c text Nukleophil k 1 cdot c text Substrat nbsp An den Geschwindigkeitsgesetzen ist zu erkennen dass die Konzentration des Nukleophils einen Einfluss auf SN2 Reaktionen besitzt nicht jedoch auf SN1 Reaktionen Somit folgt dass in einer Konkurrenzsituation zwischen SN1 und SN2 Reaktion die SN2 Reaktion durch eine Erhohung der Konzentration des Nukleophils begunstigt werden kann Eine weitere Moglichkeit zur Bevorzugung der SN2 Reaktion liegt in der Veranderung der Gute Reaktivitat des Nukleophils Eine SN2 Reaktion besteht nur aus einem einzigen Schritt Das Nukleophil verdrangt die Abgangsgruppe Eine SN1 Reaktion besteht dagegen aus dem ersten langsamen Schritt der damit geschwindigkeitsbestimmend ist bei dem sich die Abgangsgruppe vom Molekul lost und einem zweiten schnellen Schritt bei dem das Nukleophil rasch mit dem resultierenden Molekul reagiert Ein gutes Nukleophil wird somit eine SN2 Reaktion beschleunigen eine SN1 Reaktion dagegen nicht 3 Die Stabilitat des entstehenden Kations wird von seinem Losungsmittel beeinflusst So konnen Kationen und Anionen in polaren Losungsmitteln durch Solvatation stabilisiert werden So kann die Nucleophilie durch Wasserstoffbruckenbindungen erniedrigt werden daher sind Nucleophile in aprotischen Losungsmitteln reaktiver und SN2 Reaktionen verlaufen schneller wohingegen SN1 Reaktionen eher in protischen Losungsmitteln stattfinden 6 SN2 Mechanismen am ungesattigten Kohlenstoffatom Bearbeiten Betrachtet man chlorsubstituierte ungesattigte Verbindungen wie Vinylchlorid C2H3Cl oder Chlorbenzol C6H5Cl so wird gefunden dass diese ungesattigten Verbindungen nur ausserst schlecht von Nukleophilen wie dem Hydroxid Ion oder dem Amid Ion angegriffen werden Alkylhalogenide also die gesattigten Halogenverbindungen reagieren meist bereits bei Raumtemperatur wahrend bei der Reaktion von Chlorbenzol mit Hydroxid Ionen Temperaturen von 200 C notig sind Verantwortlich fur dieses reaktionstrage Verhalten ist die erhohte Elektronendichte an den ungesattigten Kohlenstoffatomen Dadurch wird der Angriff eines Nukleophils erschwert ungesattigte Kohlenstoffatome ziehen das gemeinsame Elektronenpaar der zu substituierenden Gruppe z B die C Cl Bindung im Vinylchlorid oder im Chlorbenzol starker zu sich was das Abstrahieren des Chloratoms erschwert Die Einfuhrung elektronenziehender Gruppen im Benzol und seinen substituierten Derivaten fuhrte zur Entdeckung eines neuen Reaktionswegs den man als SN2 aromatisch bezeichnet Betrachtet man Chlorbenzol und vergleicht die Reaktionsgeschwindigkeit bei einem nukleophilen Angriff mit der Reaktion von p Nitrochlorbenzol so stellt man eine betrachtliche Steigerung der Umsatzgeschwindigkeit fest Der genaue Mechanismus wird unter dem Artikel Nukleophile aromatische Substitution beschrieben SN2t Mechanismus Bearbeiten Unter einer SN2t Reaktion versteht man den Angriff eines Nukleophils auf ein sp2 hybridisiertes Kohlenstoffatom welches besonders stark positiv polarisiert ist Oft wird diese Reaktion auch als Additions Eliminierungs Reaktion an der Carbonsaure oder ihren Derivaten bezeichnet Es findet dabei eine Umhybridisierung von sp2 zu sp3 statt weswegen sich ein tetraedrisches Zwischenprodukt bildet das t in SN2t steht fur Tetraedrisch Anschliessend tritt die beste Abgangsgruppe aus und das Kohlenstoffatom rehybridisiert zu sp2 Ein Beispiel hierfur ist die saurekatalysierte Veresterung von Carbonsauren mit Alkoholen Die Carboxygruppe wird zunachst protoniert und das Nukleophil in diesem Fall ein Alkohol kann angreifen Nach einer weiteren Protonierung kann Wasser als gute Abgangsgruppe austreten 7 nbsp SNi Mechanismus mit Nebenreaktionen in ungunstigen LosungsmittelnSNi Mechanismus Bearbeiten Die Gewinnung von Alkylchloriden durch nukleophile Substitution von Alkanolen mit Thionylchlorid erfolgt nach einem sogenannten SNi Mechanismus Aus einem enantiomerenreinen Alkanol als Edukt wird ein Alkylchlorid mit gleicher Konfiguration erhalten Die SNi Reaktion verlauft also unter Retention Erhalt der Konfiguration Ob eine SNi Reaktion oder eine SN2 Reaktion stattfindet hangt dabei vom Losungsmittel ab Das angreifende Nukleophil in diesem Fall ein Chlorid Ion darf nicht im Solvens gelost sein deswegen verwendet man bei der SNi Reaktion Diethylether Infolge kann das Chlorid Ion nur intern ubertragen werden Verwendet man dagegen Pyridin als Losungsmittel findet eine SN2 Reaktion statt 8 Nachbargruppenbeteiligung Bearbeiten Nukleophile Substitutionen konnen auch durch molekulinterne Prozesse gesteuert werden So kann es zu einer Beteiligung der schon am betrachteten Kohlenwasserstoff gebundenen Substituenten kommen Diese intramolekulare Reaktion ist bevorzugt da die Wahrscheinlichkeit hoch ist mit den am benachbarten C Atom liegenden Substituenten zusammenzustossen Dieses Nukleophil kann z B nicht durch das Losungsmittel vom Substrat entfernt werden Hierbei fungiert die Nachbargruppe Substituent als Nukleophil welches uber einen Ruckseitenangriff die Abgangsgruppe abspalten lasst Es bildet sich ubergangsweise ein zyklisches System Ein solcher Zyklus kann einerseits durch eine hohe Ringspannung kleine Ringe oder andererseits durch einen Angriff eines externen Nukleophils geoffnet werden Im zweiten Fall wird demnach unter zweifacher Inversion das Retentionsprodukt erhalten Beispiele BearbeitenSubstitution am Alkylkohlenstoff bzw Arylkohlenstoff Bearbeiten Sauerstoff als Nukleophil Bearbeiten Alkylchloride reagieren mit Hydroxid Ionen zu Alkoholen unter Freisetzung von Chlorid Ionen Analog dazu reagieren chlorierte Aromaten zu Phenolen nbsp Reaktion von Alkylchloriden mit Hydroxid Ionen zu AlkoholenAlkylchloride reagieren mit Wasser zu protonierten Alkoholen und Chlorid Hydrolyse nbsp Reaktion von Alkylchloriden mit WasserAliphatische Ether und Phenolether konnen durch nukleophile Substitution von Chlorid durch Alkoholate an Alkyl oder Arylchloriden gewonnen werden Diese Reaktion wird auch als Williamson Ethersynthese bezeichnet nbsp Reaktion von Alkylchloriden mit AlkoholatenDie Synthese von Estern erfolgt durch die Substitution von Chlorid durch Carbonsauren nbsp Reaktion von Alkylchloriden mit CarbonsaurenArylchloride reagieren mit Cyanat zu Arylcyanaten und Chlorid nbsp Reaktion von Alkylchloriden mit CyanatAromatische Sulfonsauren reagieren in Alkalischmelzen zu Phenolen und Sulfit Stickstoff als Nukleophil Bearbeiten Aliphatische primare Amine entstehen durch den Austausch des Halogenids gegen die Aminogruppe NH2 Diese Reaktion findet in Ammoniak als Losungsmittel statt und wird auch als Ammonolyse bezeichnet Zur Gewinnung sekundarer Amine wird die Reaktion nicht in Ammoniak sondern mit einem weiteren Amin als Losungsmittel durchgefuhrt Aminolyse Tertiare Amine entstehen durch die Umsetzung mit einem sekundaren Amin Tetraalkylammoniumsalze durch die Umsetzung mit einem tertiaren Amin Zur Gabriel Synthese gehort eine Reaktion bei der ein Alkylchlorid oder bromid mit dem Phthalimidanion umgesetzt wird nbsp Gabriel ReaktionSchwefel als Nukleophil Bearbeiten Die Reaktionen von Alkyl und Arylhalogeniden mit Hydrogensulfid und Thiolaten fuhren analog zu denen mit den Sauerstoff Homologen Hydroxid und Alkoholaten zu Thiolen und Thioethern Mit Thioharnstoff reagieren Alkylhalogenide zu Isothiuronium Salzen Durch Substitution des Halogens mit Hydrogensulfit entstehen Sulfonsauren Halogenide als Nukleophil Bearbeiten Werden Alkyl oder Arylchloride beziehungsweise bromide mit einem Uberschuss an Fluorid in polaren aprotischen Losungsmitteln oder Iodid in Aceton umgesetzt entstehen aliphatische oder aromatische Fluoride oder Iodide Die Reaktion mit Iodid wird als Finkelstein Reaktion bezeichnet Phosphor als Nukleophil Bearbeiten Alkylchloride reagieren mit Alkyl oder Arylphosphanen zum entsprechenden Phosphoniumsalz Aus organischen Phosphoniumsalzen werden die Olefinierungsreagenzien fur die Wittig Reaktion gewonnen nbsp Reaktion von Alkylchloriden mit PhosphanenHydrid als Nukleophil Bearbeiten Alkane konnen durch Reaktion von Alkylhalogeniden mit Hydrid als Substituent hergestellt werden Hydrid Donator ist Lithiumaluminiumhydrid nbsp Reaktion von Alkylchloriden mit LithiumaluminiumhydridDie Eliminierungsreaktion als mogliche Konkurrenzreaktion BearbeitenE1 steht in Konkurrenz zur SN1 Reaktion E2 zur SN2 Reaktion Steuern kann man dies unter anderem uber Losungsmitteleinflusse siehe auch EliminierungsreaktionLiteratur BearbeitenOrganikum 16 Auflage VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1985 ISBN 3 326 00076 6 Andrew Streitwieser Jr Clayton H Heathcock Organische Chemie VCH Weinheim 1980 ISBN 3 527 25810 8 Peter Sykes Reaktionsmechanismen eine Einfuhrung 8 Auflage VCH Weinheim 1982 ISBN 3 527 21090 3 Einzelnachweise Bearbeiten Siegfried Hauptmann Reaktion und Mechanismus in der organischen Chemie B G Teubner Stuttgart 1991 S 78 ISBN 3 519 03515 4 Ivan Ernest Bindung Struktur und Reaktionsmechanismen in der organischen Chemie Springer Verlag 1972 S 107 111 ISBN 3 211 81060 9 a b c Paula Yurkanis Bruice Organic Chemistry 4 Auflage Prentice Hall 2003 ISBN 0 13 141010 5 S 403 447 a b c K P C Vollhardt Neil E Schore Organische Chemie Wiley VCH Verlag GmbH amp Co KGaA Weinheim 2005 4 Auflage H Butenschon S 248 296 ISBN 3 527 31380 X Doi Togano Xantheas Nakanishi Nagata Ebata Inokuchi Microhydration Effects on the Intermediates of the SN2 Reaction of Iodide Anion with Methyl Iodide In Angewandte Chemie 125 16 1521 3757 doi 10 1002 ange 201207697 Ulrich Luning Organische Reaktionen Eine Einfuhrung in der Reaktionswege und Mechanismen 2 Auflage Spektrum Munchen 2007 ISBN 978 3 8274 1834 0 S 45 Helmut Wachter Chemie fur Mediziner Walter de Gruyter 8 Auflage S 323 ISBN 978 3 11 017581 3 Reinhard Bruckner Reaktionsmechanismen Spektrum Akademischer Verlag 3 Auflage S 93 ISBN 978 3 8274 1579 0 Weblinks BearbeitenAnimation Der SN1 Mechanismus Animation Der SN2 Mechanismus Normdaten Sachbegriff GND 4271538 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nukleophile Substitution amp oldid 236645531