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In der Chemie bezeichnet die Substitution spatlateinisch substituere ersetzen eine chemische Reaktion bei der Atome oder Atomgruppen in einem Molekul durch ein anderes Atom oder eine andere Atomgruppe ersetzt werden 1 2 Inhaltsverzeichnis 1 Reaktionstypen 1 1 Strategie 1 2 Nukleophile Substitution 1 3 Elektrophile Substitution 1 4 Radikalische Substitution 2 Konkurrenzreaktion 3 Geschichte der Substitutionsreaktion 3 1 Ubersicht 3 2 Dualistisch additionelle Theorie 3 3 Radikaltheorie 3 4 Unitaristische Theorie 3 5 Typen und Kerntheorie 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseReaktionstypen BearbeitenGrundsatzlich unterscheidet man Substitutionsreaktionen nach der angreifenden Gruppe phil bedeutet zugeneigt Elektrophile Reagenzien suchen Stellen in Molekulen mit einem Elektronenuberschuss Stellen mit negativen Ladungen Partialladungen oder freien Elektronenpaaren SE Reaktion Nucleophile Reagenzien suchen Stellen in Molekulen mit einem Elektronendefizit Stellen mit positiven Ladungen Partialladungen oder Elektronenlucken SN Reaktion Reagenzien mit einem ungepaarten Elektron Radikale haben einen hohen Energieuberschuss Sie reagieren in der Regel wenig selektiv SR Reaktion Man spricht somit von elektrophilen nucleophilen oder radikalischen Substitutionen Angegriffene Molekule konnen sein Molekule mit einem Elektronenuberschuss Alkene Alkine entsprechend substituierte Aromaten Anionen Molekule mit einem Elektronendefizit entsprechend substituierte Alkane Aromaten Carbonylverbindungen Kationen Molekule dieser beiden Kategorien lassen sich durch das entsprechende Reagenz meist selektiv substituieren Weniger selektiv ist der Angriff bei Radikalen Strategie Bearbeiten Die angreifende Gruppe versucht die zu ersetzende Gruppe aus ihrer Verbindung zu verdrangen Dies kann dadurch erfolgen dass sich die angreifende Gruppe dem Bindungspartner der zu ersetzenden Gruppe sukzessive nahert und die neue Bindung bildet wobei gleichzeitig die Bindung der verdrangten Gruppe zunehmend geschwacht wird Bei diesem Reaktionstyp sind immer zwei Molekule gleichzeitig beteiligt a n g r e i f e n d e G r u p p e R A b g a n g s g r u p p e a n g r e i f e n d e G r u p p e R A b g a n g s g r u p p e displaystyle mathrm angreifende Gruppe R Abgangsgruppe rightleftharpoons angreifende Gruppe R Abgangsgruppe nbsp Da im entscheidenden geschwindigkeitsbestimmenden Schritt zwei Molekule beteiligt sind spricht man von einer bimolekularen Substitution abgekurzt S2 Alternativ ist denkbar dass die Abgangsgruppe ggf unterstutzt durch ein Hilfsreagenz den Molekulverband verlasst und im Molekul eine Lucke hinterlasst die schnell von der angreifenden Gruppe gefullt wird Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist hier der Zerfall der Ausgangsverbindung R A b g a n g s g r u p p e R A b g a n g s g r u p p e displaystyle mathrm R Abgangsgruppe rightleftharpoons R Abgangsgruppe nbsp In diesem ist nur ein Molekul beteiligt man spricht von einer monomolekularen Reaktion abgekurzt S1 Nukleophile Substitution Bearbeiten Die nukleophile Substitution kann auftreten an Verbindungen des Typs R X mit R Aryl Alkyl Die Gruppierung X wird dabei ersetzt Im Falle von R Aryl gibt es folgende Moglichkeiten Aromat durch M Substituenten elektronenarm SNAr Nukleophile aromatische Substitution Aromat nicht durch M Substituenten elektronenarm Arinmechanismus Im Falle von R Alkyl gibt es folgende Moglichkeiten monomolekulare Substitution SN1 bimolekulare Substitution SN2 innermolekulare Substitution SNiSiehe nukleophile Substitution Im Falle von R R CO mit R Aryl Alkyl liegt eine Substitution an einer Carbonylverbindung vor Die Umesterung sei beispielhaft genannt Elektrophile Substitution Bearbeiten Die elektrophile Substitution ist typisch fur Aromaten besonders elektronenreiche Aromaten abgekurzt als SEAr Elektrophile aromatische SubstitutionRadikalische Substitution Bearbeiten Die radikalische Substitution ist fur den Labormassstab weniger geeignet da sie meist wenig selektiv verlauft abgekurzt SR Konkurrenzreaktion BearbeitenBei Substitutionen tritt haufig die Eliminierung als Konkurrenzreaktion auf Geschichte der Substitutionsreaktion BearbeitenZu Beginn des 19 Jahrhunderts wurden verschiedene Hypothesen und Theorien zum Aufbau und der Bildung organischer Korper formuliert 3 Ubersicht Bearbeiten Anfang bis Mitte des 19 Jahrhunderts konkurrierten im Wesentlichen zwei Theorien zur Erklarung der chemischen Verbindung in der organischen Chemie es waren die dualistisch additionelle Theorie um Jons Jakob Berzelius und die als Radikaltheorie bzw Kerntheorie von Justus von Liebig Friedrich Wohler bzw Auguste Laurent sich daraus ableitenden Konzeptionen auf der einen Seite sowie die durch Jean Baptiste Dumas und der Entdeckung der Substitution als unitaristische Typentheorie bezeichneten Konzeption auf der anderen Seite 4 Dualistisch additionelle Theorie Bearbeiten Jons Jakob Berzelius gebrauchte im Jahre 1808 erstmals den Ausdruck organische Chemie und veroffentlichte 1827 die erste eigenstandige Abhandlung uber Organische Verbindungen Wichtig waren ihm die Betrachtung chemischer Proportionen in den Verbindungen und die Entwicklung der Stochiometrie So stellte sich Berzelius der Aufgabe die Verhaltnisse nach denen sich die organischer Korper verbinden genauestes zu bestimmen Er stellte etwa in den Salzen fest dass die Quantitat an Sauerstoff der Saure und der Base in einem ganzzahligen einfachen Verhaltnis zueinander stehen wie es Joseph Louis Proust in seinem Gesetz der konstanten Proportionen bereits 1807 formuliert hatte Fur Berzelius waren die Ergebnisse seiner stochiometrischen Analysen zugleich eine Bestatigung der Atomhypothese von John Dalton aus dem Jahre 1803 Er pragte die Begriffe elektronegativ und elektropositiv und begrundete eine Elektronegativitatsskala Die Affinitat der chemischen Korper erklarte Berzelius durch die Intensitat ihrer Polaritat bei der Vereinigung zweier Elemente legten sich die Atome mit ihren entgegengesetzten Polen aneinander Anders konne man durch den elektrischen Strom eine Verbindung wieder die ursprungliche Polaritat bzw ihre Atomen einer zerlegen Mit seiner Hypothese liessen sich wichtige Fragen der Chemie seiner Zeit erklaren Grundlage dieses Systems war die Annahme dass jeder chemische Korper aus zwei Anteilen zusammensetzt einem elektropositiven und einem elektronegativen Teil Berzelius baute die durch elektrochemischen Versuche um Humphry Davy gestutzte dualistisch additionelle Theorie auf der zufolge jede chemische Verbindung als Vereinigung einer elektronegativen Saure und einer elektropositiven Base aufzufassen sei 5 Radikaltheorie Bearbeiten Bei der Untersuchung vieler Verbindungen stellte sich heraus dass diese sehr haufig nur aus drei oder vier Elementen namlich Kohlenstoff Wasserstoff Sauerstoff und seltener Stickstoff bestehen Die Summenformel der chemischen Korper konnte bestimmt werden allerdings waren sehr viele Stoffe bekannt die bei gleicher Zusammensetzung Summenformel vollig unterschiedliche Eigenschaften hatten also andere Substanzen waren Die chemischen Eigenschaften hingen also auch von der Verknupfung der Elemente untereinander ab die Struktur einer Verbindung konnte mit den fruheren Methoden aber noch nicht bestimmt werden Ferner nahm man an dass bei einer chemischen Reaktion alle beteiligten Stoffe in ihre Bestandteile zerlegt wurden und sich neu zusammensetzten Liebig und Wohler entwickelten daher ein Modell bei dem sie annahmen dass ein Stoff aus mehreren kleineren Elementgruppen den sogenannten Radikalen bestunde die bei einer Reaktion unverandert ubernommen wurden nbsp Verbindungen bestehen aus Radikalen die sich gegenseitig austauschen konnen Der Begriff Radikal i S der Radikaltheorie ist nicht mit dem modernen Begriff des Radikals wie z B oben unter 1 4 Radikalische Substitution verwendet in den aktuellen theoretischen Chemiekonzepten gleichzusetzen In der Radikaltheorie werden Aussagen uber die Zusammensetzung eines chemischen Korpers getroffen dieser bestehe aus mehreren kleinen Elementgruppen eben den Radikalen Die Radikaltheorie ging von der Unveranderlichkeit der Radikale i S kleiner Elementgruppen aus Das widersprach aber der Tatsache dass sich die Summenformel der Stoffe bei einer Reaktion oft nur geringfugig verandert und die Erkenntnisse aus der bereits weiterentwickelten anorganischen Chemie daher nicht angewendet werden konnten 6 Unitaristische Theorie Bearbeiten In einer organischen Verbindung war nach Berzelius der Kohlenstoff das elektronegative Teilchen und der Wasserstoff das elektropositive Teilchen Nach seiner Vorstellung war es unmoglich dass ein elektropositives Teilchen wie Wasserstoff durch ein elektronegatives Teilchen wie Chlor verdrangt werden konne Berzelius vertrat auf der Grundlage seiner dualistischen Anschauungen die Auffassung dass etwa in einer Verbindung wie Methylenchlorid einer der elektropositiven Wasserstoffatome nicht durch ein weiteres drittes elektronegatives Chlor zu Chloroform ersetzt werden konnte Typen und Kerntheorie Bearbeiten Jean Baptiste Dumas begrundete 1834 die Substitutionstheorie Substituierbarkeit des Wasserstoffs organischer Verbindungen durch z B Halogene und stellte im Jahre 1839 in Paris eine Typentheorie der chemischen Bindung auf Folgende Anekdote wird hierzu geschildert Im ersten Drittel des 19 ten Jahrhunderts gab Konig Karl X Frankreich 1757 1836 einen Abendempfang soiree de gala Im Schloss brannten viele weisse Kerzen Aber dieses Kerzenwachs brannte unter sehr starker Russentwicklung ab Daruber hinaus kam es zu starken Reizungen der Atemwege mit teilweise extremen Hustenattacken bei den Galagasten Der Konig beauftragte den Sachverstandigen des Hofes fur chemische Angelegenheiten den Direktor der Koniglichen Porzellanmanufaktur Alexandre Brongniart mit der Klarung der Ursachen dieses Zwischenfalls Brongniart seinerseits leitete die Untersuchung zu seinem Schwiegersohn Jean Baptiste Dumas weiter Dieser kam zu folgendem Ergebnis Die erstickend wirkenden Dampfe waren freigesetztes Chlorwasserstoff Gas HCl das sich bei der Verbrennung des Kerzenwachses entwickelte und beim Einatmen zu Reizungen der Schleimhaute und der Atemwege fuhrte Er konnte daruber hinaus nachweisen dass der Wachsfabrikant den Rohstoff mit Chlor gebleicht hatte Das Chlor war teilweise chemisch an das Wachs gebunden wodurch bei dessen Verbrennung Chlorwasserstoff freigesetzt wurde 7 Neben dem praktischen Nutzen fur die weitere Kerzenfabrikation fuhrte die Analyse des Vorfalls zu einem neuen theoretischen Verstandnis innerhalb der Organischen Chemie Jean Baptiste Dumas wies jedoch die Substitution von Wasserstoff durch Chlor bei der Einwirkung von Chlor auf Kerzenwachs nach und widersprach damit der berzeliusschen Auffassung dass der elektropositive Wasserstoff nicht durch das elektronegative Chlor ersetzt werden konne 8 Eine modifizierte Typentheorie entwickelte Charles Frederic Gerhardt Nach seinen Uberlegungen konnte man alle organischen Verbindungen von vier Typen Wasserstoff Chlorwasserstoff Wasser und Ammoniak ableiten Aus der Typenlehre wurde der Begriff der chemischen Wertigkeit gefolgert Die schon von Vorgangern angedeutete Theorie der homologen Reihen nahm bei ihm feste Gestalt an 1845 ebenso stammt auch der Begriff der Heterologie von ihm Die wichtigste Folgerung aus der Typenlehre und aus den Homologen war dass sie ein unitares System im Gegensatz zu Berzelius dualistischem verlangen Auguste Laurent formulierte 1836 die Kerntheorie wonach es sogenannte Stammkerne oder anders formuliert Radikale i o S wie Kohlenstoff und Wasserstoff gabe und abgeleitete Kerne die aus den Stammkernen durch Ersatz Substitution des Wasserstoffs durch andere Atome oder gruppen hervorgingen Bei organischen Molekulen gibt es anders als in der anorganischen Chemie Stamm Kerne von Kohlenstoffatomen Die Kohlenstoff Stamm Kerne sind raumlich geordnet und konnen Neben Kerne von Wasserstoff Chlor oder Sauerstoffatomen nach geometrischen und stochiometrischen Gesetzen aufnehmen Nur einige bestimmte Nebenkerne im Molekul konnen sich abspalten und ein Radikal bilden Laurent vermutete dass sich Stammkerne im Zentrum einer Pyramide befinden konnten an den Kanten der Pyramide befinden sich Nebenkerne wie Wasserstoff Sauerstoff und Halogenatome die unter bestimmten Reaktionsbedingungen austauschen lassen 9 Dies ist die Kerntheorie Chemie Literatur BearbeitenPeter Sykes Reaktionsmechanismen der Organischen Chemie 7 Auflage Verlag Chemie 1979 ISBN 3 527 21047 4 Autorenkollektiv Organikum 22 Auflage Wiley VCH 2004 ISBN 3 527 31148 3 Ralf M Cahn Historische und philosophische Aspekte des Periodensystems der chemischen Elemente PDF 574 kB Hyle 2002 S 76 82 Weblinks BearbeitenJoachim Schummer Vorlesung im Sommersemester 2000 Einfuhrung in die Geschichte und Philosophie der Chemie Universitat KarlsruheEinzelnachweise Bearbeiten Heinz Kaufmann Alfons Hadener Grundlagen der organischen Chemie 10 Auflage Birkhauser Verlag 1996 ISBN 3 7643 5232 9 Eintrag zu substitution reaction In IUPAC Hrsg Compendium of Chemical Terminology The Gold Book doi 10 1351 goldbook S06078 William H Brock The Norton History of Chemistry Norton New York 1992 S 210 269 Wilhelm Strube Geschichte der Chemie Band 2 Klett Dusseldorf 2007 S 27 34 Wilhelm Strube Jons Jacob Berzelius PDF 15 kB Chemiedidaktik Universitat Oldenburg Horst Remane Friedrich Wohler PDF 221 kB Chemiedidaktik Universitat Oldenburg Hjelt Edvard Geschichte der Organischen Chemie von altester Zeit bis zur Gegenwart PDF 4 4 MB Vieweg amp Sohn Braunschweig 1916 Horst Remane Jean Baptiste Andre Dumas PDF 253 kB Chemiedidaktik Universitat Oldenburg August Kekule u a Lehrbuch der organischen Chemie Band 1 S 66 ff Google Books Normdaten Sachbegriff GND 4183927 4 lobid OGND AKS LCCN sh85129552 NDL 00573006 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Substitutionsreaktion amp oldid 227735670