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Das Konigreich Benin mit seiner Hauptstadt Benin City Edo war in vorkolonialen Zeiten uber Jahrhunderte hinweg eines der militarisch und politisch einflussreichsten Staatsgebilde an der ostlichen Guineakuste Westafrikas Sein Kerngebiet im heutigen Sudwesten Nigerias wurde vornehmlich von den Bini und anderen Edo sprachigen Bevolkerungsgruppen bewohnt Daneben umfassten die Reichsgrenzen aber auch viele anderssprachige Gruppen vor allem Igbo Yoruba Itsekiri und Ijaw Die Hauptstadt Benin City wurde 1897 von britischen Truppen erobert Anschliessend wurde das Reich dem damaligen britischen Protektorat Nigeria einverleibt Staatsgebiet des Konigreiches BeninBenin Elfenbeinmaske der Koniginmutter Idia 16 Jahrhundert Metropolitan Museum of Art New York Das Konigreich Benin ist nicht zu verwechseln mit dem modernen Staat Benin der in der Kolonialzeit bis 1975 den Namen Dahomey trug Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Geschichte 2 1 Anfange 2 2 Aufstieg und Sklavenhandel 2 3 Gesellschaft und Staat 2 4 Der Oba und sein Hofstaat 2 5 Besondere Sitten und Rituale 2 6 Militar 3 Verlust der Macht und Nachwirkungen 3 1 Kunst und Architektur 3 2 Restitution der Beutekunst 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLage BearbeitenDas Zentrum des Konigreichs Benin lag am Unterlauf des Niger um seine gleichnamige Hauptstadt Benin City Edo etwa 300 km ostlich von Lagos Zum Zeitpunkt seiner grossten Ausdehnung erstreckte sich das Reich wahrscheinlich vom Niger im Osten bis zur Atlantikkuste Bucht von Benin im Westen Im Norden grenzte es an das Konigreich Oyo und reichte bis etwa auf die Hohe des Flusses Benue Zeitweise kontrollierte Benin bemuht um eine Ausdehnung des Reiches nach Westen auch das Gebiet um das heutige Lagos Geschichte BearbeitenAnfange Bearbeiten Das Konigreich Benin wurde circa 600 n Chr von der Ogiso Dynastie gegrundet welche das Land bis zum 11 Jahrhundert beherrschte Die heutige Dynastie welche die gesellschaftliche Struktur des Staates und damit unser heutiges Bild vom Konigreich Benin entschieden gepragt hat ergriff im 12 Jahrhundert die Macht Traditionellen Uberlieferungen nach gebar eine Frau namens Erimwinde dem Yoruba Adeligen Oranjan Sohn von Obudawa dem ersten Konig des Konigreichs Oyo einen Sohn namens Eweka Wahrend Oranjans Bemuhungen seine Heimatstadt Ife vom Land der Edo zuruckzuerobern soll er Erimwinde und Eweka zuruckgelassen haben Letzterer wurde einige Zeit spater der erste Oba Herrscher von Benin und erhielt wahrend seiner Herrschaft den Beinamen der Vielgeliebte Auf diese Weise wurde das Konigreich Benin mit den Yoruba verbunden Es war bereits Eweka der vor seinem Tode ein siebenkopfiges Konigswahl Komitee einrichtete und damit das Konigreich zu einer Art Wahlmonarchie machte wobei allerdings nur unter den mannlichen Nachkommen oder Verwandten des vorhergehenden Konigs gewahlt werden durfte Dieser Staatsrat hatte nicht nur instanzgebende sondern auch beratende Funktion Der Platz an dem der heutige Palast von Benin steht wurde von einem der nachfolgenden Herrscher namens Ewedo erobert In seiner Zeit wurden umfangreiche Befestigungsanlagen errichtet und die Position des Oba gegenuber dem Adel gestarkt Die Konigswahl aber blieb erhalten Unter Egbeka dem neunten Oba soll es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Oberhaupt und dem Staatsrat gekommen sein welche das generelle politische System aber nicht veranderten Aufstieg und Sklavenhandel Bearbeiten 1471 1490 stieg das Konigreich Benin zur starksten Macht westlich des Niger auf Erste portugiesische Seefahrer erreichen die Bucht von Benin und die gleichnamige Stadt Ein Botschafter aus Benin wurde an den Hof von Lissabon entsandt es folgte ein starker Ausbau des Handels mit Portugal Die Konigreiche pflegen Kontakte Portugal war vorwiegend an Handelsbeziehungen interessiert Das Handelsmonopol Lissabons in Afrika wurde im Vertrag von Alcacovas von 1479 und durch ein papstliches Bullschreiben vertraglich anerkannt Benin war damals wie die meisten Gebiete der Region vorwiegend landwirtschaftlich gepragt Bedeutende Handelsguter waren Palmol Malagueta Pfeffer und Elfenbein In dieser Zeit strebte das Konigreich dem Zenit seiner Macht entgegen Oba Ewuare Ewuare der Grosse der den Thron 1440 bestiegen hatte machte zunachst bedeutende Eroberungen in den umliegenden Gebieten liess dann durch Strassenbau die Infrastruktur des Reiches verbessern und mit Hilfe herbeigerufener Kunsthandwerker die Hauptstadt verschonern Der Herrscher des Nachbarreichs Ife schickte einen seiner gewandtesten Meister den Schmied Iguehae der in den Erzahlungen uber die Jahrhunderte hinweg wie ein Gott verehrt wurde Von Einwanderern wie ihm lernten die Handwerker Benins den Metallguss die sie mit ihrer bereits hoch entwickelten Holz und Elfenbeinschnitzerei zu einem neuen Kunststil kombinierten Die Benin Kunst erlebte damals ihre Blutezeit Als der regierende Oba auf Grund des Todes seiner zwei Sohne seinem Volk fur drei Jahre eine Art Nationaltrauer auferlegte die harte Lebenseinschrankungen mit sich brachte Verbot von Kleidung Korperwasche und Kinderzeugung kam es zu grossen Unruhen im Reich und einer Verstimmung im Verhaltnis zwischen Volk und Herrscher nbsp Bronze Kopf der Koniginmutter Idia fruhes 16 Jahrhundert Ethnologisches Museum Berlin Im spateren 15 und fruhen 16 Jahrhundert stieg das europaische Interesse an Sklaven fur die Kolonien in Amerika und am gesamten Golf von Guinea auch Sklavenkuste bluhte der Sklavenhandel auf besonders aber in Benin Das Konigreich entwickelte sich neben der Goldkuste und der Bucht von Biafra zu einem der Hauptzentren des Sklavenhandels mit den Europaern Reiche wie Benin aber auch Dahomey entwickelten sich zu Sklavenumschlagplatzen zwischen den inneren Gebieten Afrikas und den Sklavenmarkten an der Kuste Man schatzt heute dass im Zuge des Sklavenhandels insgesamt 13 Millionen Menschen allein von den Kusten Westafrikas deportiert wurden wovon ein nicht unbedeutender Teil auf Benin entfallt Handelsnotizen zufolge wurden aus diesem Gebiet im 18 Jahrhundert jahrlich etwa 35 000 Sklaven verschifft Wichtige Direktabnehmer waren Portugiesen Briten Niederlander Spanier und Franzosen Im fruhen 16 Jahrhundert unternahmen die Herrscher von Benin Versuche ihre Macht entlang der heutigen Bucht von Benin westwarts auszudehnen Portugal unterstutzt Benin mit Waffen und Militarberatung In diesem Zuge gelang es in Eko heute Lagos durch Einsetzung einer den Konigen von Benin horigen Herrscherdynastie eine Art Satelliten Konigreich zu schaffen Unter Okpame auch Ozobwa genannt dem 16 Oba von Benin konnte das Staatsgebiet noch einmal um Eroberungen im Egba Land erweitert werden Wahrend seiner grossten Ausdehnung umfasst das Konigreich das Gebiet vom heutigen Ghana bis ostlich des Flusses Niger Gesellschaft und Staat Bearbeiten nbsp Benin Bronzeplatten Krieger mit dem Zeremonialschwert Eben 16 18 Jahrhundert Louvre Paris Die Gesellschaft im Konigreich Benin war kosmopolitisch und durch eine komplexe Hierarchie gepragt Die Herrscherschicht wurde durch aristokratische Kreise gestellt Die meisten der hochsten Amter waren erblich Der uberwiegende Teil der Gesellschaft lebte europaischen Reiseberichten zufolge in einem sklavenahnlichen Verhaltnis zum Herrscher Der konigliche Palast von Benin war ein grosser kultureller Komplex der Konigshof war so gross wie eine europaische Stadt damals Der niederlandische Geograph Olfert Dapper schrieb 1668 1 Es ist in viel prachtige wohnungen eingeteilet und hat schone lange viereckichte Lustgange die ohngefahr so gross seynd als die Borse zu Amsterdam Das Tach derselben stehet auf holzernen Seulen welche von unten bis nach oben zu mit Missinge uberzogen darauf ihre Krieges tahten und Feldschlachten seynd abgebildet und ein ieder Gubel ist mit einem Turnlein gezieret welches oben spitz zu leuft Darauf stehen Vogel von Kupfer gegossen mit ausgebreiteten Flugeln sehr kunstlich nach dem Leben gebildet Seit Ende des 17 Jahrhunderts gelang es Benin vor allem durch Tausch gegen Sklaven an nicht unbetrachtliche Mengen europaischer Schusswaffen zu kommen Dadurch konnte sich das Konigreich einen zusatzlichen Vorteil gegenuber Nachbarreichen verschaffen Im 18 Jahrhundert schrankte Benin den Handel mit den Europaern ein und konzentrierte sich auf die Kontrolle des Reiches und der umliegenden Regionen Es kam verstarkt zu Streitigkeiten um den Thron die das bis dahin sehr straff organisierte Reich und die staatliche Integritat schwachten und das Reich anfalliger fur externe Interessen machten Der Oba und sein Hofstaat Bearbeiten nbsp Ausritt des Oba im Hintergrund Benin City im 17 Jahrhundert Hochstes politisches und rituelles Oberhaupt des Konigreichs Benin war der so genannte Oba Seine Untertanen hielten ihn fur gottahnlich und schrieben ihm eine Art mystische Macht zu die seine Auserwahltheit rechtfertigte Innerhalb seines Herrschaftsbereiches hatte er die rechtliche und administrative Gewalt inne und ein Handelsmonopol auf bestimmte Guter vor allem auf die wertvollsten Ressourcen des Landes wie Elfenbein Kupfer Zink und Zinn zur Herstellung der Benin Bronzen die meist aus Gelbguss bestehen Fur alle Untertanen besonders fur den Hofstaat galten strenge Verhaltens und Kleidungsregeln Der Oba war nicht nur Konig sondern auch oberste judikative und religiose Instanz sowie vorderster Protagonist bei allen traditionellen Riten Aber obwohl er wie ein absolutistischer Herrscher auftrat war seine Macht nicht unbegrenzt Sie wurde durch den Rat der Orizama oder Uzama n Ihirin der Konigsmacher begrenzt Dieser Staats beziehungsweise Kronrat bestand aus sieben Mitgliedern und hatte die Aufgabe dem Oba mit ihrem Rat beizustehen nach seinem Tode unter seinen beiden altesten Sohnen oder seinen Brudern einen Nachfolger zu wahlen und die Einhaltung der strengen Sittengebote welche auch das Dasein des Oba reglementierten zu uberwachen Dazu gehorten unter anderem auch prazise Vorschriften zu Schlaf und Essenseinnahme des Oba Die Uzama n Ihirin legitimierten ihre Macht durch angebliche Abstammung von der ersten Yoruba Dynastie und vererbten ihre Titel und Amter durch Erstgeburt Dies gilt auch fur das Amt des obersten Heerfuhrers welcher in der Hierarchie unmittelbar unter dem Staatsrat stand Der Oba befehligte einen straff durchorganisierten Hofstaat von Statthaltern Palastkommandeuren Gefolgsleuten und religiosen Oberhauptern Er hatte auf sie einen so grossen Einfluss dass viele von ihnen sich bei seinem Tode dafur entschieden ihn ins Grab zu begleiten Diese Unmittelbarkeit der Macht unterschied die Monarchie in Benin von dem der umliegenden Reiche wo die Macht des Konigs oft an der Gunst einflussreicher aristokratischer Sippen hing und Konigsmorde keine Seltenheit waren Die Hierarchie war aber im Laufe der Zeit nicht statisch sondern entwickelte sich was zum langen Bestand des Konigtums und seiner Herrschaft beitrug Der Rang und die Wurde eines Mitglieds der administrativen Schicht wurde durch speziellen Schmuck wie zum Beispiel Korallenketten gekennzeichnet Besondere Sitten und Rituale Bearbeiten nbsp Ovonramwen Nogbaisi mit seinen Frauen Konigin Egbe links und Konigin Aighobahi rechts circa 1898 1913 Eine besondere Verehrung wurde der Koniginmutter entgegengebracht die eine machtige Position innehatte Ihre Aufgabe war die Thronfolger zu erziehen Auf Grund ihres naturgemass besonderen Einflusses auf den Oba schrieb die Sitte ihr vor ausserhalb des Palastbezirks zu leben War ihr Sohn erst einmal inthronisiert durfte er sie nie mehr wieder sehen und nur uber Dritte ihren Rat einholen In der Religion der Bewohner von Benin gab es einen Glauben an ein Weiterleben im Jenseits Der Tod des Oba war im Konigreich Benin ein grausames Ereignis Dem Reisebericht des Olfert Dapper nach musste das Grab des Konigs so tief gegraben werden bis die Arbeiter ins Wasser fielen und ertranken Erst dann wurde der Leichnam des Oba in Anwesenheit des gesamten Hofstaates ins Grab gelassen Die Hofdiener sollen sich anschliessend angeboten haben ihren Herrscher ins Jenseits zu begleiten Dieses Vorrecht wurde aber nur denjenigen gewahrt welche beim Oba zu seinen Lebzeiten am beliebtesten waren Sie stiegen mit ihm in das Grab welches anschliessend mit einem schweren Stein verschlossen wurde Zu hohen Festen war es im Konigreich auch ublich Menschenopfer darzubringen Zumeist handelte es sich um Sklaven von denen man glaubte dass sie im Jenseits ein besseres Schicksal erfuhren Die Opferung erfolgte durch Enthauptung oder Erdrosseln Diese Praxis soll vor allem im 19 Jahrhundert immer grossere Ausmasse angenommen haben Berichten zufolge wurden bis zu 23 Opfer an einem Tag dargebracht Militar Bearbeiten In seinem 1670 erstmals in Amsterdam publizierten Buch Umbstandliche und Eigentliche Beschreibung von Africa 2 schrieb der Geograph Olfert Dapper dass das Militar des Oba ahnlich straff organisiert war wie der Hofstaat Dapper berichtete der Oba konne an einem Tage 20 000 Mann mobilisieren und in wenig mehr Zeit weitere 80 000 Die Armee wurde durch Edelleute kommandiert die unmittelbar dem Oba und dem obersten Heerfuhrer unterstanden Dapper schatzte ihre Zahl auf 300 bis 400 Verlust der Macht und Nachwirkungen Bearbeiten nbsp Benin City Zeichnung eines englischen Offiziers 1897 Wahrend des fruhen 19 Jahrhunderts kampften europaische Kolonialmachte immer aggressiver um Gebiete in Afrika Innere Aufstande und Kriege mit den Nachbarn schwachten das Konigshaus Der okonomische Abstieg Benins begann u a mit dem Einbrechen der Exportmarkte fur Benin Stoffe dem Ruckgang des innerafrikanischen Handels und dem Verbot des transatlantischen Sklavenhandels Am 12 Februar 1761 schaffte der portugiesische Premierminister Marques de Pombal die Sklaverei in Portugal und den indischen Kolonien ab Der Abolitionismus im transatlantischen Raum setzte sich fort Grossbritannien verbot Anfang des 19 Jahrhunderts den Sklavenhandel Slave Trade Act 1807 und 1854 wurden per Dekret alle Sklaven in den portugiesischen Kolonien freigelassen Am 25 Februar 1869 wurde schliesslich im gesamten portugiesischen Weltreich die Abschaffung der Sklaverei verkundet Dies liess die Bedeutung von Benins Hafen schwinden nbsp Rekonstruktion einer von den britischen Kolonialtruppen erbeuteten Flagge wahrscheinlich Itsekiri die in den Archiven des National Maritime Museum aufbewahrt wird 3 4 Das deutsche Handelshaus Gaiser versuchte um 1884 die Kuste bei Mahin zu kolonisieren Das Deutsche Reich zog aber seinen Schutz nach wenigen Monaten zugunsten Grossbritanniens zuruck 5 Nach der Berliner Westafrika Konferenz 1884 5 nutzte das Britische Empire den Abolitionismus als Vorwand fur Kolonialkriege gegen sklavenhaltende Konigreiche am Golf von Guinea unter anderem auch gegen das Konigreich Benin in den 1890er Jahren Die Briten kolonisierten die Territorien rund um Benin Ein zentrales Ziel war die Kontrolle des Handels und der Handelswege Benin verlor die Stadt Lagos an das Britische Empire Aussenpolitisch stark unter Druck unterzeichnete Oba Ovonramwen 1892 einen Freihandelsvertrag mit den Briten De jure war es seine Entmachtung de facto ignorierte er den Vertrag Oba Ovonramwen forderte weiterhin von den britischen Handlern Zolle auf Waren die sein Gebiet verliessen 1897 wurde eine britische Abordnung von Benin Kriegern aufgerieben Das britische Imperium entsandte umgehend 1200 Soldaten zu einer Strafexpedition die den einheimischen Truppen an Waffen stark uberlegen war nbsp Britische Soldaten plundern den abgebrannten Palast des Oba Am Boden ausgelegte Benin Bronzen Foto von 1897Das Konigreich Benin wurde durch diese Strafexpedition im Jahre 1897 zum ersten Mal seit seiner Grundung erobert Das Expeditionskorps angefuhrt von Oberbefehlshaber Admiral Harry Rawson verbrannte und verwustete weite Teile der Stadt Benin Uber die Zahl der Toten ist wenig uberliefert Die britischen Soldaten plunderten den koniglichen Palast und die Residenzen von Wurdentragern Sie raubten Tausende von Kunstobjekten unter anderem ca 3 500 bis 4 000 Bronzen Terrakotta Elfenbein und Holzschnitzereien darunter die kunsthandwerklich virtuosen Gedenkkopfe deren Entstehungszeit bis in das 15 Jahrhundert zuruckreichte Da die meisten Soldaten den kunstlerischen Wert dieser Objekte nicht einschatzen konnten verkauften sie ihre Kriegsbeute an fast jeden 6 Ein Grossteil kam schliesslich in Londoner Auktionshausern wie W D Webster unter den Hammer 7 8 Der Sieg uber das Konigreich Benin wurde in London begeistert gefeiert Konigin Victoria gratulierte der Royal Navy zum gegluckten Einsatz Die Briten exilierten Oba Ovonramwen den letzten unabhangigen Oba nach Calabar und gliederten das bis dahin unabhangige Konigreich Benin dem Protektorat Sudliches Nigeria und damit dem britischen Kolonialreich an Es folgte ein Interregnum von 17 Jahren erst 1914 mit der Inthronisierung von Oba Eweka II kam es zu einer allmahlichen Restauration des Konigtums aber ohne die fruhere militarische und wirtschaftliche Macht Der Palast wurde wieder aufgebaut und insbesondere die Bronze Gilde wieder gefordert Heute ist das Gebiet des Konigreichs Benin in den Staat Nigeria integriert pragt aber durch seine traditionellen Autoritatsstrukturen und seine ruhmreiche Geschichte immer noch das Bewusstsein vieler Menschen Wahrend des Biafra Kriegs wurde auf dem Gebiet des Konigreichs Benin 1967 eine gleichnamige Republik ausgerufen die Republik Benin die aber bald wieder in Nigeria integriert wurde Der Name Benin lebt heute noch im Namen der Republique du Benin weiter die allerdings historisch keine Verbindung zum Konigreich Benin hat Kunst und Architektur Bearbeiten Im vorkolonialen Benin stand die Herstellung der Messingplastiken unter der Kontrolle des Obas und die Giesser gehorten zu den ranghochsten Handwerksgilden Sie arbeiteten im Wachsausschmelzverfahren Guss in verlorener Form Die vollendete Meisterschaft der Gusstechnik und die portrathafte Ausdruckskraft der Kunstwerke waren den besten europaischen Bronzearbeiten ebenburtig wenn nicht uberlegen Auch die Kunsthandwerker fur die Bearbeitung von Holz und Elfenbein waren in Gilden geordnet Die Planung und Gestaltung der Stadt Benin erfolgte nach sorgfaltigen Regeln der Symmetrie Verhaltnismassigkeit und Wiederholung die heute als fraktales Design bezeichnet wird In der Mitte der Stadt befand sich der Konigshof von dem aus 30 sehr gerade breite Strassen mit einer Breite von je etwa 50 Metern verliefen Diese Hauptstrassen die rechtwinklig zueinander verliefen hatten eine unterirdische Entwasserung aus einem Impluvium mit einem Abfluss fur das Regenwasser Viele schmalere Seiten und sich kreuzende Strassen ragten aus ihnen heraus In der Mitte der Strassen befanden sich Rasenflachen auf denen Tiere weideten Die Stadt und ihre umliegenden Dorfer waren absichtlich so angelegt dass sie perfekte Fraktale bilden deren Formen sich in den Raumen von jedem Haus wiederholten Das Haus selbst und die Hausergruppen in der Stadt waren in mathematisch vorhersagbaren Mustern angelegt 9 10 Die bereits im 15 Jahrhundert fertiggestellten Mauern von Benin gelten als logistische und architektonische Meisterleistung und waren bis zu ihrer Zerstorung bei der britischen Benin Strafexpedition 1897 das grosste von Menschen erschaffene Befestigungswerk der Welt Als mit der Kriegsbeute die Bronzen und andere Kunstwerke nach London gebracht wurden war dies eine Sensation Ihre Existenz widerlegte die kolonialistische und rassistische Ideologie von Afrika als dunklem geschichts kultur und kunstlosem Kontinent wie sie etwa auch der Philosoph Hegel vertreten hatte 11 Sie begeisterten Kunstexperten wie Justus Brinckmann vom Museum fur Kunst und Gewerbe Hamburg oder den Berliner Forscher Felix von Luschan Ein Run auf die Werke begann Institutionen wie das Britische Museum und das deutsche Volkerkundemuseum Berlin kauften die schonsten Stucke So konnte Felix von Luschan knapp 600 davon auf einer Auktion in London fur das Volkerkundemuseum erwerben 413 dieser Objekte wurden wahrend des Zweiten Weltkriegs nach Schlesien verbracht Ihr Verbleib ist bis heute ungeklart Die Plunderung Benins machte afrikanische Kunst fur Europaer erstmals sichtbar Die Flut von Objekten in europaische Sammlungen gab vielen europaischen Kunstlern den ersten Eindruck afrikanischer Kunst und beeinflusste Vertreter des Expressionismus Fauvismus und spater Kubismus Der deutsche Afrikaforscher Leo Frobenius konnte nicht glauben dass die Bronzekopfe von Ile Ife aus dem 12 bis 15 Jahrhundert die alter als die Kunst Benins waren afrikanischen Ursprungs waren er spekulierte dass sie das Werk der alten Griechen aus der verlorenen Stadt Atlantis seien Restitution der Beutekunst Bearbeiten nbsp Bronzekopfskulptur des Oni Konig Obalufon etwa 12 Jahrhundert entdeckt bei der heiligen Stadt der Yoruba Ile Ife Nigerianisches Nationalmuseum Lagos Als weltweit antikoloniale Bewegungen erstarkten und Nigeria 1960 die Unabhangigkeit erlangte folgten Militar und Zivilregierungen Die Obas hatten zwar politische Macht verloren wurden jedoch gleichzeitig hofiert wegen ihres nach wie vor starken Einflusses auf die Bevolkerung Sie waren weiterhin wichtig bei der Bewertung von Gewohnheitsrechten Unter Oba Akenzua II 1933 1979 und Oba Erediauwa 1979 2016 wurden Restitutionsanspruche auf die 1897 aus dem Konigspalast geraubten Kunstwerke lauter Die sogenannten Benin Bronzen waren zum emotionalen Symbol kolonialer Erniedrigung geworden Das Edo Volk nutzte keine Schriftsprache sondern hielt auf den Bronzen alle wichtigen Ereignisse fest 12 An den Platten liess sich ablesen welche Taten ein Konig vollbracht hatte wann wer gegen wen Kriege fuhrte wie die Nachfolge geregelt wurde und welche Rituale abgehalten wurden Viele Benin Kunstwerke hatten sakrale Funktionen und waren Kommunikationsmittel der Obas Konige und Kollektives Gedachtnis Gestohlen wurden also das Nationalarchiv und die Reliquien des Landes 2016 kam Oba Ewuara II N Ogidigan auf den Thron Ministerprasident Godwin Nogheghase Obaseki erklarte 2018 die Restitution der Benin Bronzen zu einem Ziel hochster Prioritat Diese Kunstwerke verkorpern das was wir sind unser Volk unsere Kultur unsere Religion auch einen Teil unserer politischen Struktur sie sind Symbole unserer Identitat 100 Jahre nachdem sie uns mit furchterlicher Gewalt entrissen wurden versuchen wir immer noch sie zuruckzubekommen Was 1897 passierte hat unser ganzes Volk traumatisiert Es war ein Schock Vergessen Sie nicht dass Benin einst eine Weltmacht war 13 Seit 1914 hatten alle Obas Benins ihr Erbe von den verschiedenen Museen in Grossbritannien Frankreich Deutschland oder den USA zuruckgefordert Diese und ahnliche Forderungen unterstutzte auch im November 2018 der Bericht uber die Restitution afrikanischer Kulturguter den der franzosische Prasident Emmanuel Macron in Auftrag gegeben hatte Auch wenn bis 2019 noch keines der Museen zu einer solchen Restitution bereit war nahmen sie inzwischen in der Benin Dialogue Group eine Zusammenarbeit mit den Vertretern der Edo auf Vom 5 bis 7 Juli 2019 fand in Benin City ein erneutes Treffen dieser Gruppe statt in der Museen aus Deutschland Grossbritannien den Niederlanden Osterreich und Schweden mit nigerianischen Partnern und Vertretern des Konigshofs von Benin zusammenarbeiten Neben regelmassigem fachlichen Austausch ist die Errichtung eines kunftigen Museums fur die beruhmten Skulpturen und andere Kulturguter des ehemaligen Konigreichs Benin geplant 14 Deutschland begann 2022 damit die in verschiedenen deutschen Museen vorhandenen Benin Bronzen an Nigeria zuruckzugeben 15 16 Siehe auch BearbeitenListe der Herrscher des Konigreichs BeninLiteratur BearbeitenEno Beuchelt Wilhelm Ziehr Schwarze Konigreiche Volker und Kulturen Westafrikas W Kruger Verlag Frankfurt am Main 1985 ISBN 3 8105 2605 3 Olfert Dapper Umbstaendliche und Eigentliche Beschreibung von Afrika Amsterdam 1668 Jakob Uwadiae Egharevba A Short History of Benin 4 Auflage Ibadan 1968 Paula Ben Amos Girshick The Art of Benin 2 Auflage London 1995 ISBN 0 7141 2520 2 Mechthildis Jungwirth Benin in den Jahren 1485 1700 Notring Wien 1968 Peter M Roese Das Konigreich Benin von den Anfangen bis 1485 In Anthropos Nr 79 1984 ISSN 0257 9774 S 191 222 JSTOR 40460800 Joseph Ki Zerbo Die Geschichte Schwarz Afrikas 7 Auflage Hammer Wuppertal 1985 ISBN 3 87294 153 4 Jacob E Mabe Das Afrika Lexikon Sonderausgabe Ein Kontinent in tausend Stichwortern Metzler Wuppertal 2004 ISBN 3 476 02046 0 Thorsten Spahr Benin Kunste und Traditionen der oralen Edo Kultur Perspektiven und Grenzen der Interpretation als historische Quellen Pro Literatur Verlag Mammendorf 2006 ISBN 3 86611 247 5 Stefan Eisenhofer Hofische Elfenbeinschnitzerei im Reich Benin Kontinuitat oder Kontinuitatspostulat Munchener ethnologische Abhandlungen Edition Marino Akademischer Verlag Munchen 1993 ISBN 978 3 929115 34 5 Leonhard Harding Das Konigreich Benin Geschichte Kultur Wirtschaft Munchen 2010 ISBN 978 3 486 59757 8 Felix von Luschan Die Altertumer von Benin 3 Bande Veroffentlichungen aus dem Museum fur Volkerkunde VIII IX X Berlin 1919 Quellen Ubersetzung Editionen Adam Jones Olfert Dapper s Description of Benin 1668 University of Madison Madison 1998 Thorsten Spahr Benin um 1700 Kommentierte deutsche Neu Ubersetzung eines Briefes von David van Nyendael an Willem Bosman uber das Konigreich Benin nebst einer Synopsis des im Hollandischen zuerst 1704 verlegten Originals und der zeitgenossischen Ubersetzungen ins Englische 1705 sowie ins Deutsche 1708 Pro Literatur Verlag Mammendorf 2006 ISBN 3 86611 208 4 niederlandisch deutsch und englisch Bibliographie Thorsten Spahr Benin Bibliographie mehrfach systematisierte bilingual kommentierte Bibliographie zur Geschichte der Edo Kultur im Konigreich von Benin Sud Nigeria Pro Literatur Verlag Mammendorf 2006 ISBN 3 86611 209 2 deutsch und englisch Atlanten Geoffrey Barraclough Knaurs historischer Weltatlas Knaur Munchen 2000 ISBN 3 426 66421 6 John Haywood Volker Staaten und Kulturen Ein universalhistorischer Atlas Westermann Braunschweig 2002 ISBN 3 07 509521 4 Der neue Atlas der Weltgeschichte Chronik Verlag Munchen Gutersloh 2002 ISBN 3 577 14605 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Konigreich Benin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Edofolks com Website mit einigen Informationen zur Geschichte der Edo Volker englisch Inhalte umstritten BeninKunst de Umfangreiche Webseite zur Geschichte Kunst und Kultur des Konigreichs Benin Bibliographie Museen Glossare Schriftquellen Benin Chronology Heilbrunn Timeline of Art History des Metropolitan Museum of Art New York englisch Digital Benin mit Uberblick uber den verstreuten Konigsschatz von BeninEinzelnachweise Bearbeiten Zitiert nach der deutschen Ubersetzung von 1670 Olfert Dapper Umbstandliche und Eigentliche Beschreibung von Africa Und denen darzu gehorigen Konigreichen und Landschaften als Egypten Barbarien Libyen Biledulgerid zusamt deren Verscheidenen Nahmen Grentzen Stadten Flussen und Regierung Wobey Die Land Carten und Abrisse der Stadte Trachten et c in Kupfer Amsterdam 1670 S 486 online bei e rara Faksimile bei MDZ niederlandisches Original Olfert Dapper Umbstandliche und Eigentliche Beschreibung von Africa Und denen darzu gehorigen Konigreichen und Landschaften als Egypten Barbarien Libyen Biledulgerid dem Lande der Negros Guinea Ethiopien Abyssina und den Africanischen Insulen zusamt deren Verscheidenen Nahmen Grentzen Stadten Wobey Die Land Carten und Abrisse der Stadte Trachten et c in Kupfer Amsterdam 1670 bei Internet Archive Flagge des Konigreiches Benin National Maritime Museum London Memento vom 11 Juli 2005 im Internet Archive West African flag before 1897 Hans Ulrich Wehler Bismarck und der Imperialismus 4 Auflage Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1976 ISBN 3 423 04187 0 S 328 ff H Glenn Penny Im Schatten Humboldts Eine tragische Geschichte der deutschen Ethnologie C H Beck Munchen 2019 ISBN 978 3 406 74128 9 S 114 H Glenn Penny Im Schatten Humboldts Eine tragische Geschichte der deutschen Ethnologie C H Beck Munchen 2019 ISBN 978 3 406 74128 9 S 121 ff British Museum is in talks to return bronze artifacts looted from Benin kingdom 120 years ago QuartzAfrica 16 August 2017 Mawuna Koutonin Benin City the mighty medieval capital now lost without trace The Guardian 18 Marz 2016 Ron Eglash The fractals at the heart of African designs TEDGlobal Juni 2007 Raubkunst Benin Bronzen Nigeria sollte Leihgeber sein nicht Bittsteller Berliner Zeitung 26 Oktober 2018 Kathryn Wysocki Gunsch The Benin Bronzes are not just virtuoso works of art they record the kingdom s history Apollo 22 November 2018 Lutz Mukke Maria Wiesner Die Beute Bronzen Frankfurter Allgemeine Zeitung 15 Januar 2018 Staatliche Museen zu Berlin Benin Dialogue Group konkretisiert Plane fur Museum in Nigeria Abgerufen am 2 August 2019 Raubgut aus dem heutigen Nigeria Deutschland gibt Benin Bronzen zuruck tagesschau de abgerufen am 1 Mai 2021 tagesschau de Nigeria Baerbock und Roth ubergeben Benin Bronzen Abgerufen am 10 Mai 2023 Normdaten Geografikum GND 4069261 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konigreich Benin amp oldid 235985569