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Als Graues Kloster wurde das Franziskanerkloster im mittelalterlichen Alt Berlin bezeichnet Nach der Uberlieferung des markischen Chronisten Andreas Angelus geht der Name auf den grauen Habit der Ordensleute zuruck Das Berliner Franziskanerkloster befand sich in der heutigen Klosterstrasse im Ortsteil Mitte Vor der Zerstorung im Zweiten Weltkrieg galt das Kloster als das wichtigste mittelalterliche Bauwerk der Stadt Nach dem Ende des Krieges wurde die Ruine der Franziskaner Klosterkirche baulich gesichert und gilt als Mahnmal des Krieges zugleich auch als eine der letzten erhaltenen gotischen Sehenswurdigkeiten Berlins Unzerstortes Graues Kloster auf einer Ansichtskarte um 1910 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte des Klosters 2 Nutzungsanderung infolge der Reformation 3 Erhaltene unterirdische Reste 4 Moglicher Wiederaufbau 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte des Klosters Bearbeiten nbsp Ruinen des Klosters 1951 nbsp Ruine der Klosterkirche von der Littenstrasse aus gesehenSiehe auch Franziskaner Klosterkirche Berlin Die Bettelorden besonders die Bruder des 1210 gegrundeten Franziskanerordens Ordo fratrum minorum Minderbruder hatten einen wichtigen Anteil an der deutschen Besiedlung der Gebiete zwischen Elbe und Oder und der daruber hinausgehenden deutschen Ostsiedlung 1 In den zu der Zeit expandierenden Stadten bot die Lebensweise der neuen papstlich anerkannten Wanderprediger ohne Klaustrum also ohne fest umgrenzten Klosterbezirk offenbar uberzeugende soziale und religiose Losungen die Minderbruder stellten eine vom Evangelium Jesu Christi her gelebte Alternative zur herrschenden Wirtschaft und Gesellschaft ja zur damals herrschenden Mentalitat Kultur und Religiositat dar und waren deshalb erfolgreich An vielen Orten wurden sie von den Fursten und Stadtoberen gefordert und zur Klostergrundung ermuntert Bei der Bevolkerung waren sie beliebt 2 In der Mark Brandenburg setzten die askanischen Landesherren die Bettelorden zur planmassigen Besiedlung des Landes ein Im Jahr 1250 tritt in den Urkunden ein Herman Langelis als Lector im Grawen Kloster zum Berlin in Erscheinung Dieser war geistlicher Berater und Beichtvater der brandenburgischen Prinzessin Mechthild Diese Tatsache lasst auf eine enge Verbindung der Franziskaner zum brandenburgischen Markgrafenhof schliessen 3 Hinweise auf eine Franziskanerniederlassung ab dem Jahr 1249 gehen auf den Chronisten Andreas Angelus zuruck Eine erste Niederlassung befand sich laut dem Chronisten in der Spandauer Strasse heutige Hausnummer 49 Feldsteinreste einer romanischen Saalkirche aus der Zeit vor 1250 die unter der Klosterkirche gefunden wurden deuten darauf hin dass die Franziskaner moglicherweise an einer bestehenden Kirche ansassig wurden die ihnen wie auch in anderen Stadten uberlassen wurde Bereits 1252 und dann noch acht Mal tagte in Berlin das Provinzkapitel der Sachsischen Ordensprovinz Saxonia was ausreichend grosse Konventsgebaude voraussetzt 4 Der Berliner Franziskanerkonvent gehorte zur Kustodie Brandenburg der Provinz Saxonia nbsp Lage des Grauen Klosters im StadtbildEine Inschrift die sich bis zum Zweiten Weltkrieg im Kloster selbst befand besagte dass die brandenburgischen Markgrafen Otto V und Albrecht III im Jahr 1271 den Franziskanern das Grundstuck nahe der Stadtmauer in direkter Nachbarschaft zur markgraflichen Residenz Hohes Haus schenkten Ausserdem erhielten die Franziskaner im Jahr 1290 eine Ziegelei des Ritters Jakob von Nybede als Schenkung die den Bau eines grosseren Klosters und einer neuen Kirche erst ermoglichte Reste dieser Ziegelei wurden nahe der heutigen Kreuzbergstrasse gefunden Das Kloster grenzte direkt an den markgraflichen Hof Aula in der Klosterstrasse und reichte unmittelbar an die mittelalterliche Stadtmauer heran 5 Insgesamt umfasste das Kloster das Areal zwischen der heutigen Klosterstrasse Grunerstrasse und Littenstrasse 3 Der Bau von Kloster und Kirche wurde wohl im 14 Jahrhundert abgeschlossen Vom guten Verhaltnis der Ordensleute zu den Berliner Burgern und den brandenburgischen Markgrafen geben zahlreiche Begrabnisstatten Aufschluss So wurde hier neben anderen Ludwig der Romer Sohn des romisch deutschen Kaisers Ludwig des Bayern und der Margarete von Holland und als Ludwig II Markgraf und erster Kurfurst von Brandenburg beigesetzt 3 Kurfurst Friedrich II hielt 1441 im Kloster einen Hoftag ab 6 Neben dem Franziskanerkloster in Berlin gab es das Dominikanerkloster Colln in der Schwesterstadt Colln Dieses wird seit dem Jahr 1297 erwahnt und entstand vielleicht durch die Auflosung eines moglichen Dominikanerkonvents in der alteren Stadt Spandau Grosse Beliebtheit erfuhren die Berliner Franziskaner wohl durch die geistliche Unterstutzung die sie der Berliner Bevolkerung wahrend des Interdikts von 1325 bis 1347 gaben das der Bischof von Brandenburg wegen der Erschlagung seines Propstes uber die Stadt verhangte Diese gab moglicherweise auch den Ausschlag fur die Ausgestaltung des Totentanzes in der Marienkirche Wegen der papstlichen Privilegien des Ordens hatten die Franziskaner eine Sonderstellung die ihnen als einzigen Klerikern die Seelsorge auch in Zeiten des Bannes erlaubte 7 1412 tagte im Kloster eine Burgerversammlung die gegen den Rat agitierte 8 Im Berliner Franziskanerkloster bestand zeitweise ein Hausstudium zur Ausbildung des Ordensnachwuchses durch Lektoren 9 Ausserdem verfugte das Kloster wahrscheinlich uber mehrere Termineien gesichert ist die bis vor 1493 bestehende Terminei celle in der Judenstrasse in Spandau 10 Nach Einfuhrung der Observanz in der Saxonia auch auf Drangen des brandenburgischen Kurfursten Friedrich I ubernahmen die Berliner Franziskaner 1493 die Martinianischen Konstitutionen eine gemassigte Reform der Armutsregeln und verzichteten auf den Besitz ihrer Terminei behielten aber zunachst das Nutzungsrecht an den Gebauden 1540 ubergaben sie die Terminei an den Spandauer Rat 11 Bei der Teilung der Sachsischen Franziskanerprovinz 1518 kam der Konvent in Berlin mit etwa 75 anderen Klostern die auch die Martinianischen Statuten angenommen hatten zur Sachsischen Provinz vom hl Johannes dem Taufer die aber im Verlauf der Reformation nach wenigen Jahrzehnten unterging 12 Nutzungsanderung infolge der Reformation Bearbeiten nbsp Giebel der Turnhalle Barengruppe um 1900 Aufnahme von 1930Infolge der Reformation die in Berlin 1539 stattfand wurde das Kloster von Kurfurst Joachim II aufgelost sein Besitz wurde sakularisiert Einige Bruder konnten in den Gebauden wohnen bleiben der letzte Franziskaner starb dort am 4 Januar 1571 13 In den Gebauden wurde 1574 ein Gymnasium eingerichtet das Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster genannt wurde Einer der bekanntesten Leiter dieser Schule war der Kirchenliederdichter Michael Schirmer 1606 1673 Die Gebaude des ehemaligen Klosters und die Klosterkirche nahmen im Zweiten Weltkrieg schweren Schaden Die notdurftig gesicherten Ruinen der Kirche des Refektoriums und des Kapitelsaals erlitten 1951 erneut massive Beschadigungen beim Bau eines U Bahn Betriebstunnels der aufgrund der Spaltung der BVG erforderlich geworden war Die Reste der anderen Gebaudeteile des Klosters wurden zwischen 1959 und 1961 abgeraumt wahrend Refektorium und Kapitelsaal als Weinrestaurant wiederaufgebaut werden sollten Im Juni 1968 kam es infolge der Verbreiterung der Grunerstrasse jedoch zum oberirdischen Abriss 14 Seit 1968 ist daher nur noch die Ruine der Klosterkirche zu sehen das Gymnasium befindet sich seit 1963 im Ortsteil Schmargendorf 3 Im 21 Jahrhundert haben die Franziskaner zwei neue Niederlassungen in Berlin das 1921 von der Schlesischen Franziskanerprovinz Silesia 1921 gegrundete Franziskanerkloster im Ortsteil Pankow Wollankstrasse 19 das eine Suppenkuche unterhalt und das Franziskanerkloster im Ortsteil Wilmersdorf Ludwigkirchplatz 10 seit 1986 vorher seit 1967 in Berlin Tempelhof dessen Hauptaufgabe die Pfarrseelsorge an der Ludwigskirche ist Erhaltene unterirdische Reste BearbeitenAnstelle des Klosterbauwerks hatte der Magistrat von Berlin eine Grunflache anlegen lassen Auf diesem Areal erfolgten in den Jahren 2013 2014 archaologische Grabungen Dabei konnten Fundamente des Kapitelsaals ein Feldsteinfundament Pfeilerreste des Kreuzgangs sowie Bodenbelage ausgegraben werden wie Senatsbaudirektorin Regula Luscher auf eine Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus im November 2014 erklarte Auch nachtragliche Einbauten ein Treppenturm aus dem 19 Jahrhundert und sogar Leitungen aus dem 19 und 20 Jahrhundert wurden freigelegt Weitere Untersuchungen vor Ort sind fur 2019 gemass dem Beschluss des Abgeordnetenhauses von Berlin zum Doppelhaushalt 2018 2019 vorgesehen Ob einige Fundstucke einer Sammlung zugefuhrt werden wurde nicht mitgeteilt 15 Mit einem wissenschaftlichen Kolloquium an dem Mediavisten Stadtentwickler Denkmalschutzer und Politiker beteiligt waren begann im Juni 2019 die Ideenfindung fur eine kunftige Gestaltung und Funktion des Klostergelandes 16 Moglicher Wiederaufbau BearbeitenNach Ende des Zweiten Weltkriegs gab es Plane fur einen Wiederaufbau des Grauen Klosters da nicht alle Gebaudeteile zerstort waren Vorschlage fur eine Rekonstruktion des Klosters wurden 1954 von Bodo Kuttler veroffentlicht 17 Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde erneut uber den Wiederaufbau diskutiert und 2004 Plane veroffentlicht 18 2021 sprach sich Frank Jahnke SPD fur eine Rekonstruktion von Leitbauten der Berliner Altstadt aus zu denen auch das Graue Kloster gehore 19 Fur einen Wiederaufbau spricht sich auch die Stiftung Mitte Berlin aus und veroffentlichte entsprechende Illustrationen 20 Literatur BearbeitenAndreas Angelus Annales Marchiae Brandenburgicae Frankfurt Oder 1598 Gustav Abb Gottfried Wentz Das Bistum Brandenburg 1 Teil Germania Sacra 1 1 De Gruyter Berlin 1963 Repr d Ausg Berlin 1929 Karl Heinz Ahrens Residenz und Herrschaft Studien zur Herrschaftsorganisation Herrschaftspraxis und Residenzbildung der Markgrafen von Brandenburg im spaten Mittelalter Frankfurt Main 1990 Gerhard Bronisch Die Franziskaner Kloster Kirche in Berlin Verein fur die Geschichte Berlins Berlin 1933 Ursula Creutz Geschichte der ehemaligen Kloster im Bistum Berlin St Benno Verlag Leipzig 1995 ISBN 3 89543 087 0 Historische Kommission zu Berlin Hrsg Das Graue Kloster in Berlin Perspektiven aus der Geschichte Berliner Wissenschafts Verlag Berlin 2021 Kleine Schriftenreihe der Historischen Kommission zu Berlin 11 ISBN 978 3 8305 5069 3 Erik Huhns Der Berliner Totentanz In Jahrbuch fur Volkskunde 14 Jg 1968 S 243 268 Kirchenruine des Grauen Klosters in Berlin Hrsg vom Landesdenkmalamt Berlin Michael Imhof Verlag Petersberg 2007 ISBN 978 3 86568 200 0 Gustav Leh Das Franziskaner Kloster in Berlin In Berliner Heimat 3 Jg 1958 S 128 138 Ralf Nickel Die Minderbruder in Berlin In Dieter Berg Hrsg Franziskanisches Leben im Mittelalter Studien zur Geschichte der rheinischen und sachsischen Ordensprovinzen Dietrich Coelde Verlag Werl 1994 ISBN 3 87163 201 5 Saxonia Franciscana Bd 3 S 1 26 Burchard Thiel Die Franziskaner im Bereich des Bistums Berlin St Benno Verlag Leipzig 1963 Knut Elstermann Klosterkinder Deutsche Lebenslaufe am Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin be bra Berlin 2009 ISBN 978 3 8148 0168 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Graues Kloster Berlin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Forderverein Klosterruine Geschichte der Franziskaner in Berlin Zeittafel mit Abbildungen des Grauen KlostersEinzelnachweise Bearbeiten Bernd Schmies und Volker Honemann Die Franziskanerprovinz Saxonia von den Anfangen bis 1517 Grundzuge und Entwicklungslinien In Volker Honemann Hrsg Von den Anfangen bis zur Reformation Geschichte der Sachsischen Franziskanerprovinz von der Grundung bis zum Anfang des 21 Jahrhunderts Bd 1 hrsg von der Sachsischen Franziskanerprovinz Paderborn 2015 S 21 44 hier S 33 37 Johannes Schlageter Die Anfange der Franziskaner in Thuringen In Thomas T Muller Bernd Schmies Christian Loefke Hrsg Fur Gott und die Welt Franziskaner in Thuringen Paderborn u a 2008 S 32 37 hier S 33 f 36 a b c d Baugeschichte Memento vom 7 Februar 2006 im Internet Archive Dieter Berg Hrsg Spuren franziskanischer Geschichte Chronologischer Abriss der Geschichte der Sachsischen Franziskanerprovinzen von ihren Anfangen bis zur Gegenwart Werl 1999 S 51 83 99 111 Die Bau und Kunstdenkmale der DDR Berlin I Hrsg Institut fur Denkmalpflege im Henschelverlag Berlin 1984 S 64 Dieter Berg Hrsg Spuren franziskanischer Geschichte Werl 1999 S 165 Dieter Berg Hrsg Spuren franziskanischer Geschichte Werl 1999 S 103 Hans Joachim Schmidt Wirtschaft der Konvente und Beziehung zur Bevolkerung In Volker Honemann Hrsg Von den Anfangen bis zur Reformation Geschichte der Sachsischen Franziskanerprovinz von der Grundung bis zum Anfang des 21 Jahrhunderts Bd 1 Ferdinand Schoningh Paderborn 2015 ISBN 978 3 506 76989 3 S 165 193 hier S 183 Johannes Schlageter OFM Franziskanische Theologie des Mittelalters in der Saxonia In Volker Honemann Hrsg Von den Anfangen bis zur Reformation Geschichte der Sachsischen Franziskanerprovinz von der Grundung bis zum Anfang des 21 Jahrhunderts Bd 1 Ferdinand Schoningh Paderborn 2015 ISBN 978 3 506 76989 3 S 415 520 hier S 516 Ralf Nickel Die Minderbruder in Berlin In Dieter Berg Hrsg Franziskanisches Leben im Mittelalter Studien zur Geschichte der rheinischen und sachsischen Ordensprovinzen Dietrich Coelde Verlag Werl 1994 S 1 26 hier S 7 celle CDB A 11 136 f Nr 182 184 vgl Arnd Mindermann Das franziskanische Termineisystem In Volker Honemann Hrsg Von den Anfangen bis zur Reformation Paderborn 2015 S 195 263 hier S 198 Anm 35 Volker Honemann Hrsg Von den Anfangen bis zur Reformation Geschichte der Sachsischen Franziskanerprovinz von der Grundung bis zum Anfang des 21 Jahrhunderts Bd 1 Ferdinand Schoningh Paderborn 2015 ISBN 978 3 506 76989 3 darin Volker Honemann Die Reformbewegungen des 15 und fruhen 16 Jahrhunderts in der Saxonia S 45 163 hier S 69 121 f und Arnd Mindermann Das franziskanische Termineisystem S 195 263 hier S 238 257 Dieter Berg Hrsg Spuren franziskanischer Geschichte Werl 1999 S 249 Otto Friedrich Gandert u a Heimatchronik Berlin Koln 1982 S 146 Dieter Berg Hrsg Spuren franziskanischer Geschichte Werl 1999 S 287 Benedikt Goebel Der Umbau Alt Berlins zum modernen Stadtzentrum Planungs Bau und Besitzgeschichte des historischen Berliner Stadtkerns im 19 und 20 Jahrhundert Verlagshaus Braun Berlin 2003 S 85 88 Uberreste des Grauen Klosters in Berlin gefunden In Berliner Zeitung vom 13 November 2014 S 23 Maritta Tkalec Campus Klosterviertel In Berliner Zeitung Nummer 143 24 Juni 2019 S 10 Matthias Wemhoff Erste Ausgrabungen und Uberlegungen zur Neubebauung In Forderverein Graues Kloster Mitte Abgerufen am 14 Mai 2023 Berlin Das Graue Kloster soll zuruckkehren In Tagesspiegel Online ISSN 1865 2263 tagesspiegel de abgerufen am 14 Mai 2023 Berlin muss seine Altstadt wieder aufbauen In B Z 16 August 2021 abgerufen am 14 Mai 2023 Bildergalerie Stiftung Mitte Berlin 2022 abgerufen am 14 Mai 2023 52 518333333333 13 412777777778 Koordinaten 52 31 6 N 13 24 46 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Graues Kloster Berlin amp oldid 237944610