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Ein Interdikt lat Untersagung ist das Verbot von gottesdienstlichen Handlungen das als Kirchenstrafe fur ein Vergehen gegen das Kirchenrecht verhangt wird Mittelalterliches Suhnekreuz vor der Marienkirche in Berlin Dieses Suhnekreuz war ein Bestandteil der Absolution im Fall des Interdiktes uber die Doppelstadt Berlin Colln wegen der Ermordung des Propstes Nikolaus von Bernau Das Interdikt war in der Form des Lokalinterdikts das ganze Ortschaften oder Gebiete betraf hauptsachlich im Mittelalter eine scharfe Waffe der katholischen Kirche gegen die Nichtbeachtung kirchlicher Regeln und im Kampf gegen Gegner Diese Strafe fand bis in die Neuzeit hinein Anwendung In der Form des Personalinterdikts das nur individuelle Glaubige nicht aber kirchliche Gebietskorperschaften und Einrichtungen oder gar ganze Landschaften treffen kann ist das Interdikt noch heute Bestandteil der Strafbestimmungen des Codex Iuris Canonici Das Interdikt bedeutet fur die Betroffenen das Versagen der fur das Seelenheil des glaubigen Menschen notwendigen Sakramente und das Verbot der gultigen Ausubung kirchlicher Amter Systematisch gehort das Interdikt zu den Beugestrafen die durch Druckausubung eine Besserung Verhaltensanderung der Betroffenen herbeifuhren sollen Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Das Lokalinterdikt 3 Veranderte Praxis im Lauf der Zeit 4 Ausnahmen 5 Wirksamkeit 6 Dauer 7 Absolution 8 Historische Entwicklung 9 Gegenwart 10 LiteraturEntstehung BearbeitenDer Ausschluss aus der Gemeinschaft gehort zu den altesten und schwersten Strafen die die Menschheit uberhaupt kennt In der Antike war diese Art der Bestrafung bei vielen Volkern in verschiedenen Formen weit verbreitet Verschiedentlich wird sogar die Vertreibung aus dem Paradies als erstes Interdikt betrachtet In der fruhchristlichen Kirche waren Exkommunikation und Anathema Instrumente der bischoflichen Jurisdiktion und bedeuteten faktisch den Ausschluss aus der Gemeinschaft der Glaubigen Dieses Strafmittel entwickelte die katholische Kirche in ihrer Geschichte weiter und verankerte es schliesslich im kanonischen Recht Dort wurde zwischen der excommunicatio maior lat grosse Exkommunikation und der excommunicatio minor kleine Exkommunikation unterschieden Bei der kleinen Exkommunikation wurden den Betroffenen lediglich Gliedschaftsrechte verweigert beispielsweise durch Ausschluss von den Sakramenten Versagen des kirchlichen Begrabnisses oder das Verbot die Kirche zu betreten Ab dem 6 Jahrhundert wurden auch ganze Gebiete mit der excommunicatio minor belegt Dies war aber problematisch denn eine Gemeinde universitas besitzt keine Seele und kann somit auch nicht aus der Gemeinschaft der Christenheit ausgeschlossen werden Daher wurde das Interdikt im 11 Jahrhundert grundsatzlich von der Exkommunikation getrennt und als eigenes Strafmittel verwendet Das Lokalinterdikt BearbeitenDas Interdikt war als Suhne und Besserungsmittel gedacht Das kanonische Recht unterscheidet dabei mehrere Formen eines Interdikts im Wesentlichen das Personal und das Lokalinterdikt Das Personalinterdikt entspricht der excommunicatio minor Demgegenuber wurde das Lokalinterdikt zumeist als eine Ausweitung der Exkommunikation verwendet Durch das Interdikt uber ganze Gebiete sollte der Druck auf die Exkommunizierten erhoht werden und diese sollten durch die Leiden und den Druck der betroffenen Bevolkerung dazu gezwungen werden die Autoritat der Kirche anzuerkennen Das Lokalinterdikt enthielt die vollige Einstellung aller geistlichen Funktionen innerhalb des betreffenden Gebietes Dabei kam es insbesondere zur Schliessung der Gotteshauser zur Einstellung des Gottesdienstes zum Verstummen der Kirchenglocken und zum Versagen der Sakramente und des kirchlichen Begrabnisses Die Synode von Limoges im Jahr 1031 schrieb beispielsweise fur ein Interdikt vor dass die Kirchen ein Bild der Trauer zeigen sollten Dabei musste der Schmuck von den Altaren entfernt werden und die Kruzifixe sollten verhullt bleiben Die Atmosphare sollte die des Karfreitages sein Veranderte Praxis im Lauf der Zeit BearbeitenIm 10 Jahrhundert wurde das Interdikt noch hauptsachlich von Bischofen und Synoden ausgesprochen Ab der Mitte des 11 Jahrhunderts gab es aber auch papstliche Interdikte und spater wurde es Praxis dass das Interdikt von niederen kirchlichen Wurdentragern ausgesprochen wurde Im Lauf der Zeit wurde die Interdiktspraxis oft abgeandert So konnte das Interdikt auch auf Personen ausgedehnt werden die die Betroffenen unterstutzten Kleriker die das Interdikt nicht einhielten verfielen der Irregularitat Anlass zu vielfacher Klage gab die Regelung das Interdikt willkurlich uber Orte zu verhangen an denen sich Exkommunizierte aufhielten Es galt die Grundregel Was nicht erlaubt war blieb untersagt Dies konnte bei Zeitgenossen zu einer gewissen Verwirrung fuhren da nicht immer sichergestellt war dass man auf dem neuesten Stand der Gesetzgebung war Wahrend des papstlichen Interdikts uber Deutschland zur Zeit Ludwigs des Bayern gab es beispielsweise vielfach Priester die ihren Gottesdienst fortsetzten aber davon uberzeugt waren damit ganz im Sinne des Papstes zu handeln Ausnahmen BearbeitenIn seiner ganzen Tragweite wurde das Interdikt nie vollig durchgesetzt da die Kirchenoberen erkannten dass sich durch die Einstellung der geistlichen Handlungen Gefahren fur das Seelenheil von eigentlich unschuldigen Glaubigen ergaben Diese blieben von den Segnungen der Eucharistie der Vergebung der Sunden der spirituellen Verbindung mit Christus und der Erlosung vom Bosen ausgeschlossen Darum wurden den Betroffenen immer wieder Erleichterungen gewahrt etwa der Gottesdienst hinter verschlossener Tur Ausserdem wurden einzelne Kirchen Kloster und ganze Ordensgemeinschaften durch papstliche Privilegien vom Interdikt befreit Exemtion Papst Bonifaz VIII milderte die Interdiktspraxis am Ende des 13 Jahrhunderts in der Dekretale Alma mater im Wesentlichen ab um eine verbindliche Vereinheitlichung zu schaffen Es wurde nun ein taglicher Gottesdienst hinter verschlossener Tur unter Ausschluss der Exkommunizierten zugelassen Ferner sollte an den vier Hauptfeiertagen des Christentums der Gottesdienst in ganzer Pracht abgehalten werden Ausserdem wurde die Verhangung des Interdikts wegen Geldforderungen verboten Die Wirkungen des Interdikts wurde jeweils in einem Verhangungsdekret aufgezahlt Wirksamkeit BearbeitenVom Interdikt wurden alle Personen erfasst die innerhalb des betroffenen Gebietes Wohnsitz oder Aufenthalt hatten Es betraf gleichermassen Kleriker Ordensleute wie auch Laien Die interdizierte Bevolkerung durfte an gottesdienstlichen Handlungen ausserhalb der interdizierten Gebiete teilnehmen Davon waren aber die Verschulder des Interdikts ausgenommen Das Interdikt wurde durch Spruch verhangt oder wurde als selbsttatige Strafe wirksam Mit der Publikation des Verhangungsdekretes beispielsweise an der Tur der bedeutendsten Kirche des Ortes wurde das Interdikt wirksam Dauer BearbeitenDie Lange des Interdikts richtete sich nach dem Verhalten der Betroffenen oder nach dem guten Willen des Anklagers bzw desjenigen der das Interdikt losen konnte Ein Interdikt konnte sich uber Jahrzehnte erstrecken Aus Sizilien ist ein Interdiktsfall bekannt der ganze 60 Jahre andauerte Absolution BearbeitenDie Aufhebung des Interdikts war zumeist mit Suhneleistungen verbunden Dies waren in den meisten Fallen Suhnezahlungen das Spenden von Altaren oder von Suhnekreuzen Historische Entwicklung BearbeitenDas Interdikt wurde ab dem 14 Jahrhundert haufiger angewendet Dadurch verlor es jedoch auch an Wirkung Es wurde zunehmend im Kampf gegen die weltlichen Herrscher angewendet Diese wehrten sich oftmals mit dem Interdiktsbruch indem Druck auf die Geistlichkeit ausgeubt wurde Die lange Dauer von Interdikten Papstliches Interdikt uber die Mark Brandenburg 1327 1358 fuhrte auch oft zu einer gewissen Abstumpfung in der Bevolkerung Zusatzlich wurde das Interdikt zunehmend von der niederen Geistlichkeit zu profanen Zwecken benutzt So war es beispielsweise gangige Praxis Schuldtitel an Geistliche zu verkaufen da diese ihren Forderungen mit dem Interdikt mehr Nachdruck verleihen konnten Nach der Reformation wurde das Interdikt uber Gebiete ab dem 17 Jahrhundert nur noch ausserst selten verhangt In der Evangelischen Kirche existiert das Interdikt als Strafe nicht Das Interdikt wurde 1917 in die Strafbestimmungen des Codex Iuris Canonici der katholischen Kirche ubernommen cann 2268 2277 Hier bewahrte es aber lediglich eine abgeschwachte Gestalt in Bezug auf die Beteiligung am Gottesdienst und auf den Vollzug der Sakramente Der aktuelle Codex aus dem Jahr 1983 kennt nur noch das Personalinterdikt can 1332 CIC Es hat bezuglich des Sakramentenempfangs und der Mitwirkung an Gottesdiensten die gleichen Folgen wie eine Exkommunikation fuhrt aber nicht wie diese zum Verlust kirchlicher Amter Gegenwart BearbeitenDas Interdikt wird laut dem Codex Iuris Canonici von 1983 wirksam wenn ein Glaubiger tatlich gegenuber einem Bischof wird can 1370 2 CIC jemand der nicht die Priesterweihe empfangen hat die Eucharistie zu feiern versucht can 1378 2 1 sowie bei Falschbezichtigung eines Beichtvaters der Verfuhrung bei der Beichte durch eine Beichtende versuchter Eheschliessung mit einem Ordensangehorigen der Nicht Kleriker mit ewigen Gelubden ist can 1394 2 CIC Unterstutzung einer kirchenfeindlichen Vereinigung can 1374 CIC Spende eines Sakraments aufgrund von Simonie can 1380 CIC und als Beugestrafe in weiteren nicht naher bestimmten Fallen In Zeiten in denen der Glaube im Leben eine beherrschende Rolle gespielt hat war das Interdikt eine starke Waffe der Kirche gegenuber weltlichen Herrschern Heutzutage ist das Interdikt als Strafe nur noch von geringer Bedeutung lediglich das Interdictum personale spielt gegenuber Priestern noch eine gewisse Rolle Literatur BearbeitenAlban Haas Das Interdikt nach geltendem Recht mit einem geschichtlichen Uberblick Kanonistische Studien und Texte Nr 2 Schroeder Bonn 1929 zugleich Univ Diss Wurzburg 1927 Georg May Interdikt In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 16 de Gruyter Berlin New York 1987 ISBN 3 11 011159 4 S 223 226 Wilhelm Rees Kirchenstrafen In Stephan Haering Wilhelm Rees Heribert Schmitz Hrsg Handbuch des katholischen Kirchenrechts Dritte vollstandig neu bearbeitete Auflage Friedrich Pustet Regensburg 2015 ISBN 978 3 7917 2723 3 S 1569 1645 speziell S 1599 f 2 Das Interdikt Richard A Strigl Abschnitt 6 Strafen In Joseph Listl Hubert Muller Heribert Schmitz Hrsg Grundriss des nachkonziliaren Kirchenrechts Friedrich Pustet Regensburg 1980 ISBN 3 7917 0609 8 S 744 777 speziell S 758 c Gottesdienstsperre Hartmut Zapp Interdikt In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 5 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1991 ISBN 3 7608 8905 0 Sp 466 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Interdikt Kirchenrecht amp oldid 237944529