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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Bergstadt Begriffsklarung aufgefuhrt Eine Bergstadt ist historisch gesehen eine Siedlung in der Nahe von Rohstofflagerstatten welche vor allem zum Zwecke der raschen Ansiedlung von Arbeitskraften und Unternehmen mit besonderen Rechten Steuerbefreiungen oder erlass und Ahnlichem ausgestattet wurde Freie Bergstadt 1 In den Zeiten des Niedergangs des Bergbaus wurde die Bezeichnung von der Landesherrschaft auch ausdrucklich verliehen um damit private Investitionen zu fordern Diese Bezeichnung wurde auch solchen Stadten verliehen von denen man sich dadurch erst eine grossere bergbauliche Entfaltung erhoffte Inhaltsverzeichnis 1 Definitionen 2 Privilegien und Restriktionen 3 Bergstadte als Siedlungsform 4 Regionale Verbreitung und Beispiele 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseDefinitionen Bearbeiten Bergstadt auch Bergort im w S eine Stadt welche ihr Entstehen vorzugsweise dem in ihrer Umgegend betriebenen Bergbau verdankt im e S eine Stadt welcher zum Besten des Bergbaues verschiedene Privilegien ertheilt worden sind Veit Bergworterbuch 2 Bergstadt eine Stadt wo Bergwerk gebauet wird in Sachsen sind dergleichen Stadte mit dem halben Land und Tranksteuer Erlass und der Accisemoderation auch Gleit und Zoll in Ansicht dessen was zum Bergbau gebraucht wird von der Landaccise befreyet dargegen die ganze Commun in Ansehung der Land und Tranksteuer Begnadigung einen Stolln zu Aufschliessung des Gebirges und wegen der zu geniessenden halben Accise jeder Einwohner nach Beschaffenheit seines Bergwerks eine gewisse Anzahl von Kuxen bauen muss Es geniessen aber die Bergstadte solche Freyheit nicht schlechterdings und ohne Ausnahme sondern sie mussen damit ausdrucklich begnadiget seyn Stossel Bergmannisches Worterbuch 3 Privilegien und Restriktionen BearbeitenObwohl sich die Bergstadte in Bezug auf Entwicklung Herrschaftsbereich und Zeitpunkt der Erhebung teilweise deutlich unterscheiden gibt es Gemeinsamkeiten bei den Privilegien und Restriktionen Die Ahnlichkeit der Bergordnungen und Berggesetze auch uber Landergrenzen hinweg spatere Normierungen und die Wanderungsbewegungen der Bergleute wirkten vereinheitlichend Bei einer Bergstadt handelte es sich um eine Stadt die ausser dem Stadtrecht auch weitreichende bergrechtliche Privilegien besass Viele Bergstadte waren zumindest zeitweise Sitz eines Bergamtes mit eigenem Bergmeister oft auch eigener Berggerichtsbarkeit Steuerliche Vergunstigungen sollten die Konjunktur ankurbeln In Sachsen waren viele Gemeinden nicht nur Bergstadte von der halben Land und Tranksteuer befreit mussten diese aber nachweislich in eigene Bergwerke die Kommungruben investieren Allerdings kamen sie dieser lastigen Pflicht oft nur mit der geringstmoglichen Belegschaft nach privatisierten das Bergwerk aber wenn es Ausbeute abwarf Die Zoll und Geleitsfreiheit sollte einen freien Zugang zur Stadt und die Versorgung der Bergstadte mit Waren ermoglichen da in vielen schnell gewachsenen Bergstadten zumindest in den Anfangsjahren der Anteil Bergbau ferner Berufe fur eine ausgewogene Gewerbestruktur zu gering war Juden die anfangs noch eine grosse Bedeutung fur das Aufleben der Bergstadte hatten wurde schon bald der Zugang verwehrt Sie durften sich auch nicht in der naheren Umgebung niederlassen Entweder durften sie die Bergstadt gar nicht passieren oder mussten diese vor Einbruch der Nacht wieder verlassen 4 Allerdings wurden derartige Vergunstigungen teilweise auch an unbedeutendere Bergbausiedlungen vergeben Erst die stadtischen Insignien wie Siegel Wappen Marktgerechtigkeit Braugerechtigkeit Meilenrecht etc machten sie zu einer Bergstadt oder falls nicht so bedeutend zu einem Bergstadtchen bzw Bergstadtlein Bergflecken hatten nur die Marktgerechtigkeit Marktflecken und zahlten nicht zu den echten Bergstadten Bergstadte als Siedlungsform Bearbeiten Plan von Marienberg um 1730 Viele Bergstadte insbesondere im Erzgebirge weisen einen charakteristischen Grundriss auf und werden dadurch als spezielle Siedlungsform wahrgenommenen 5 Wahrend die spatmittelalterlichen bergstadtischen Grundungen wie Altenberg oder Schneeberg noch ungeregelt erfolgten nahm ab etwa 1500 beim zweiten Berggeschrey der Grundherr trotz eines oft ebenso schnellen Wachstums in vielen Fallen eine stadteplanerische Gestaltung vor Er stattete die Siedlung nicht nur mit den Privilegien einer Bergstadt aus um Bergleute anzulocken sondern liess auch gleichzeitig eine Stadt an einer geeigneten Stelle und in der zu erwartenden Grosse errichten Die Architektur folgte hierbei den Idealvorstellungen der Renaissance mit einem gitternetz bis schachbrettartigen Grundriss Rechtwinklige Strassen ein grosser zentraler Platz auf dem u a der Markt und die Bergaufzuge abgehalten wurden sind die wesentlichen Merkmale Wichtig war dass die Siedlung nicht direkt im Grubenrevier lag gut erreichbar war mit Trinkwasser versorgt und wehrhaft angelegt werden konnten Dadurch wurden einige dieser Stadte auf wilder Wurzel in vorher eher unbesiedeltem Gebiet angelegt Als markantestes Beispiel gilt Marienberg das ab 1521 nach Planen von Ulrich Rulein von Calw errichtet wurde Dieser hatte bereits 1496 Annaberg in Angriff genommen Wenn auch weniger bedeutend gehoren in diese Reihe auch Scheibenberg 1522 Oberwiesenthal 1527 sowie Gottesgab 1529 und Platten 1534 Platz bestand wie der Name aussagt aus kaum mehr als aus dem Marktplatz 6 Als letzte grossere Siedlung wurde die Berg und Exulantenstadt Johanngeorgenstadt nach 1654 mit einem solchen Grundriss auf dem Fastenberg errichtet Regionale Verbreitung und Beispiele Bearbeiten Hauptartikel Liste von Bergstadten Aufgrund der rechtlichen Grundlagen gab es Bergstadte vor allem im Heiligen Romischen Reich so dass man diese Stadte heute vor allem in Deutschland Tschechien Slowakei Rumanien sowie Polen Osterreich Ungarn und Italien wiederfindet Bedeutendste Bergstadt in Sachsen war Freiberg von wo aus ein uberregionaler Einfluss auf Bergrechtsgesetzgebung Technologie und Ausbildung Bergakademie Freiberg ausgeubt wurde Am Ausgang des Mittelalters entwickelten sich im Zusammenhang mit Silberfunden die auch heute noch grossen Bergstadte Schneeberg Annaberg und Marienberg Als Sitz von Bergamtern bedeutend waren noch Altenberg Eibenstock Johanngeorgenstadt und Schwarzenberg Mitte des 16 Jahrhunderts wurde dieses Erfolgsmodell im Harz kopiert um den darniederliegenden Bergbau zu beleben In kurzer Folge wurden die sieben Oberharzer Bergstadte Clausthal Zellerfeld Sankt Andreasberg Grund Lautenthal Wildemann und spater Altenau privilegiert und Bergleute aus dem Erzgebirge angezogen Diese Stadte liegen heute im Land Niedersachsen Bergstadte von geringerer Bedeutung existierten auch in den heutigen Landern Baden Wurttemberg Bayern Nordrhein Westfalen Sachsen Anhalt und Thuringen Auch in Tschechien findet man besonders viele ehemalige Bergstadte weil die bohmischen Konige uber viele Jahrhunderte auch Kaiser des Heiligen Romischen Reiches dieses Mittel gerne anwandten Bereits im Mittelalter war Kuttenberg mit besonderen Rechten ausgestattet die in abgewandelter Form auf andere Stadte ubertragen wurden Auch Eule Jilove u Prahy war zeitweise sehr bedeutend Im 16 Jahrhundert wurden insbesondere im bis dahin nahezu unerschlossenen Erzgebirge viele Siedlungen mit Stadtrechten versehen Die bedeutendste und zeitweise zweitgrosste Stadt Bohmens war Sankt Joachimsthal Jachymov Andere hochgelegene Stadte wie Gottesgab Bozi Dar oder Kupferberg Medenec konnten ihre Bedeutung nicht halten Im damaligen Mahren liegt das mittelalterliche Iglau Jihlava das mit seiner Bergrechtsprechung ebenfalls eine grosse Wirkung im gesamten Reich ausubte In der Slowakei damals uberwiegend zum Konigreich Ungarn gehorend gibt es zwei Regionen In der Mittelslowakei liegen die sogenannten niederungarischen Bergstadte wie das goldene Kremnitz Kremnica das silberne Schemnitz Banska Stiavnica und das kupferne Neusohl Banska Bystrica die zusammen mit 3 4 anderen Stadten eine Allianz bildeten In der Ostslowakei liegen in der Zips die oberungarischen Bergstadte wie Gollnitz Gelnica Schmollnitz Smolnik und Zipser Neudorf Spisska Nova Ves die ebenfalls eine Heptapolitana Siebener Allianz bildeten In Rumanien gibt es zwei Regionen In Siebenburgen befinden sich grosse Gold und Silberlagerstatten bei den Stadten Frauenbach Baia Mare Mittelstadt Baia Sprie und Offenburg Baia de Arieș Im Banat wo vor allem Kupfer gewonnen wurde war Orawitz Oravița Sitz der Oberbergdirektion Die polnischen Bergstadte die uberwiegend noch unter bohmischer Herrschaft privilegiert wurden liegen vor allem in Schlesien Grossere Stadte sind Georgenberg Miasteczko Slaskie Goldberg Zlotoryja und Tarnowitz Tarnowskie Gory sowie Olkusz in der Region Kleinpolen Da auch Salz unter die Regalien fallt werden auch die in Kleinpolen gelegenen Stadte Gross Salze Wieliczka und Salzberg Bochnia als Bergstadte bezeichnet In Osterreich sind besonders die Stadte Schwaz Brixlegg Kitzbuhel Rauris Eisenerz und Rottenmann zu nennen Rottenmann erhielt die Privilegien im Jahre 1320 und tragt heute den Beinamen Tausendjahrige Bergstadt Die ungarische Bergstadt Ruda Rudabanya wurde von Konig Ludwig dem Grossen im Jahre 1351 privilegiert 7 Des Weiteren ist hier noch Telken Telkibanya zu nennen In Italien finden wir die altesten Bergstadte Massa Marittima und Trient In der norwegischen Stadt Kongsberg wurde Silber und in Roros Kupfer von deutschen Bergleuten nach der deutschen Bergwerksordnung abgebaut Siehe auch BearbeitenBergbaustadtLiteratur BearbeitenSven Rinman Allgemeines Bergwerkslexicon Nach dem schwedischen Original bearbeitet und nach den neuesten Entdeckungen vermehrt von einer Gesellschaft deutscher Gelehrten und Mineralogen Erster Theil Enthalt A bis Berg Chr W Vogel Leipzig 1808 Bergstadt S 747 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche schwedisch Bergwerks Lexicon Ferdinand Hautzinger Der Kupfer und Silbersegen des Harzes Berlin 1877 Specielle Beschreibung der Bergstadte Gangzuge Gruben Stollen und Wasseranlagen S 67 97 Volker Wahl Bergbau Berggerichte und Bergverwaltung im Gebiet zwischen Suhl Steinbach Hallenberg und Schmalkalden In Staatliche Museen Meiningen Hrsg Sudthuringer Forschungen Band 13 Freies Wort Meiningen 1979 S 7 48 Klaus Kratzsch Bergstadte des Erzgebirges Stadtebau und Kunst zur Zeit der Reformation In Munchner kunsthistorische Abhandlungen Band IV Schnell amp Steiner Munchen Zurich 1972 ISBN 3 7954 0453 3 Wilfried Liessmann Historischer Bergbau im Harz 2 Auflage Springer Berlin 1997 ISBN 3 540 62930 0 Wolfgang Schwabenicky Bergstadte des 12 bis 14 Jahrhunderts in Sachsen In Yves Hoffmann Uwe Richter Hrsg Die Fruhgeschichte Freibergs im uberregionalen Vergleich Stadtische Fruhgeschichte Bergbau fruher Hausbau Mitteldeutscher Verlag Halle Saale 2013 ISBN 978 3 95462 132 3 S 211 224 Einzelnachweise Bearbeiten Stadt und Bergbau Karl Heinrich Kaufhold Heinrich Veith Deutsches Bergworterbuch mit Belegen Wilhelm Gottlieb Korn Breslau 1871 S 89 anonym Bergmannisches Worterbuch darinnen die deutschen Benennungen und Redensarten und zugleich die in Schriftstellern befindlichen lateinischen und franzosischen angezeiget werden Hrsg Johann Christoph Stossel Chemnitz 1778 S 84 Franz J Schopf Der den Juden versagte Eintritt in die Bergstadte Bohmens In Archiv fur Civil Justizpflege politische und kameralistische Amtsverwaltung in den deutschen bohmischen galizischen und ungarischen Provinzen des osterreichischen Kaiserstaates II Jahrgang 1838 S 110 113 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Bergstadt Abgerufen am 27 August 2017 K Kratzsch 1972 S 53 Offizielle Webseite von Rudabanya abgerufen am 26 Mai 2019 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bergstadt amp oldid 234188886