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Eine Analogie griechisch ἀnalogia analogia Entsprechung ist in der Biologie eine Ahnlichkeit der Struktur von Organen Proteinen Genen oder Verhaltensweisen unterschiedlicher Lebewesen die bei diesen jeweils stammesgeschichtlich unabhangig entstanden ist Demnach wiesen die gemeinsamen Vorfahren dieser Lebewesen diese Auspragung noch nicht auf Eine Analogie ist oft an eine einander entsprechende Funktion gebunden Flugfahigkeit hat sich bei Pterosauriern 1 Fledertieren 2 und Vogeln 3 konvergent entwickelt Die Flugel dieser Wirbeltiergruppen sind analoge Organe als Vordergliedmassen homologe Organe Die Flugel werden bei Pterosauriern vom 4 Finger getragen bei den Fledertieren vom 2 bis 5 Finger bei den Vogeln wesentlich vom 2 Finger 1 Die Entwicklung von analogen Merkmalen bei nicht naher verwandten Arten wird als konvergente Evolution auch konvergente Entwicklung oder Parallelevolution oder kurz als Konvergenz bezeichnet Die Existenz von Konvergenz bedeutet dass die blosse Ahnlichkeit eines Merkmals noch keinen Ruckschluss auf Verwandtschaft erlaubt Ahnliche Merkmale deuten moglicherweise nur auf dieselbe oder eine ahnliche Funktion hin Auch eine zufallige Ahnlichkeit kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden Vor allem in der Molekularbiologie spricht man beim Vorkommen von gemeinsamen Merkmalen die auf Analogie zuruckgehen und daher nichts uber die Verwandtschaftsbeziehungen der untersuchten Arten aussagen von Homoplasie 2 Das Gegenteil gemeinsame Merkmale die von einem gemeinsamen Vorfahren ererbt und dadurch einander ahnlich sind wird als Homologie bezeichnet Homologe Organe oder Gene haben den gleichen stammesgeschichtlichen Ursprung aber nicht unbedingt die gleichen Funktionen Sie konnen sich uber lange Zeitraume auseinanderentwickeln Divergenz und dann beim Vergleich der Arten sehr unterschiedlich aussehen Die Ahnlichkeit von Merkmalen zwischen verschiedenen Arten unabhangig von ihrer Homologie bzw Analogie z B wenn diese unbekannt oder umstritten ist wird als Korrespondenz bezeichnet 3 Von Analogie bzw Homologie wird im Allgemeinen nur in Bezug auf Merkmale gesprochen Es ist vorgeschlagen worden die Begriffe auch auf die Funktionen zu beziehen 4 dies ist aber normalerweise nicht ublich Inhaltsverzeichnis 1 Analoge Merkmale 2 Beispiele 3 Begriffsabgrenzungen 3 1 Analogie und Homologie 3 2 Sekundarbildungen 3 3 Koevolution 3 4 Parallelismus 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseAnaloge Merkmale BearbeitenAnaloge Organe ahneln sich nicht nur in der Funktion sondern teilweise auch ausserlich teilweise sogar oberflachlich anatomisch Sie sind aber stammesgeschichtlich unterschiedlich und unabhangig voneinander entstanden Sie bilden also keine Verwandtschaftsbeziehungen ab Vielmehr lassen ahnliche Organe nur Ruckschlusse auf ahnliche Umweltbedingungen und Lebensweisen zu Analoge Merkmale entstehen nach der Systemtheorie der Evolution durch ein Wechselspiel von konvergentem Selektionsdruck und Entwicklungskorridoren Sie bilden sich im Lauf der Evolution durch Anpassung an eine ahnliche funktionale Anforderung und ahnliche Umweltbedingungen heraus Haufig haben sich Lebewesen mit analogen Merkmalen an ahnliche okologische Nischen angepasst vgl Stellenaquivalenz 5 Die Begriffe Analogie und Konvergenz werden besonders haufig in der Zoologie verwendet Ein Beispiel dafur sind die Flossenbildungen bei Fischen bzw Walen Die Flossen der Wale haben zwar gleiche Funktion und ahnliche Form wie die der Fische sind aber stammesgeschichtlich aus den Gliedmassen der ehemals landlebenden Saugetiere entstanden In der Botanik gibt es ebenfalls analoge Bildungen der Pflanzen So werden von Laien Stacheln oft mit Dornen verwechselt Im Gegensatz zu den Dornen werden Stacheln aber nur aus den oberen Zellschichten Epidermis Rindengewebe gebildet Sie sind also nur Oberflachenstrukturen Emergenzen Dornen sind hingegen Umbildungen der Blatter oder der Sprossachse Solche Umbildungen zur Anpassung an besondere Lebens und Umweltbedingungen bezeichnet man in der Botanik als Metamorphose Die Begriffe Analogie und Homologie werden auch bei evolutionaren Argumentationen in der Molekulargenetik und Proteomik verwendet Bei analogen Genen bzw Proteinen sind Basen oder Aminosaureabfolgen zwar gleichartig lautende Abschnitte die aber z B durch Mutationen aus verschiedenen oder an unterschiedlichen Orten loci liegenden Genen hervorgehen Beispiele Bearbeiten nbsp Der ausgestorbene Beutelwolf der nicht naher mit den Hunden verwandt ist ist ein Beispiel fur konvergente Evolution nbsp Die Dreikantige Wolfsmilch eine beliebte Zimmerpflanze ahnelt dem Kandelaberkaktus Ein klassisches Beispiel sind die Schadel von Wolf und Beutelwolf die Gestalt von Ameisenbar und Erdferkel oder auch von Igel und Ameisenigel Die Ursache fur solche konvergenten Entwicklungen die zu Analogien fuhrten sind gleiche Selektionsfaktoren die zu vergleichbaren Anpassungen gefuhrt haben Das bekannteste Beispiel sind die Beuteltiere Australiens da keine Plazenta Saugetiere in Australien vorhanden waren entwickelten sie Anpassungstypen die denen der nordlichen Halbkugel entsprechen 6 Ein weiteres Beispiel stellen die an die Fortbewegung unter Wasser angepassten Gliedmassen von verschiedenen wasserlebenden Wirbeltieren dar wie z B Schildkroten Walen und Pinguinen die zwar allesamt Abwandlungen des Grundbauplans einer funfgliedrigen Extremitat darstellen und somit homolog zueinander sind sich jedoch aufgrund ihrer verschiedenen Abstammung aus Beinen oder Flugeln unabhangig voneinander entwickelt haben und somit zueinander analog sind Es handelt sich also um Anpassungen an ahnliche Umweltbedingungen die zu ahnlichen Formen und Funktionen fuhrten Wenn man im Stammbaum allerdings genugend weit zuruckgeht stammen die Reptilien Sauger und Vogel von einem gemeinsamen Vorfahren ab der die funfstrahlige Vorderextremitat aufweist Selbst innerhalb bestimmter Taxa wird konvergente Evolution angenommen etwa bei den Mundwerkzeugen von Insekten Hier ist es von ursprunglich beissend kauenden Mundwerkzeugen zu verschiedenen abgeleiteten Funktionstypen gekommen einerseits bei blutenbesuchenden Insekten die Ausbildung von Saugrusseln die sehr effizient Nektar aufnehmen konnen andererseits die konvergente Ausbildung stechend saugender Mundwerkzeuge 7 8 9 Auch die Tierlause entwickelten sich trotz ihrer grossen morphologischen Ahnlichkeit im Laufe der Evolution zweimal unabhangig voneinander Die grosse Ubereinstimmung der parasitischen Korpermerkmale ist somit das Ergebnis der Anpassung an das Wirtstier 10 Auch bei Pflanzen sind konvergente Entwicklungen bekannt Ein Beispiel findet sich bei den Sukkulenten Der neuweltliche Kandelaberkaktus Pachycereus weberi sieht der Dreikantigen Wolfsmilch Euphorbia trigona aus Afrika sehr ahnlich Die Anordnung der Blattdornen und die Blutenform ermoglichen eine Unterscheidung Bestimmung Die Ahnlichkeit beruht auf der Anpassung an den trocken heissen Standort Konvergenz gibt es nicht nur im Bereich der Korperform sondern auch auf molekularer Ebene Wiederkauer wie das Hausrind und blatterfressende Schlankaffen wie der Langur Presbytis entellus gehoren zwar weit entfernten systematischen Gruppen an besitzen aber ein sehr ahnliches Lysozym Molekul das im Magen produziert wird 11 Weitere Beispiele fur analoge Organe und Strukturen sind die Grabbeine von Maulwurfsgrillen Insekten und Maulwurfen Saugetiere das Innenskelett von Kopffussern Schulp und Wirbeltieren Chorda Wirbelsaule die Flugel von Vogeln Fledertieren und Pterosauriern die Flugel eines Vogels und die Flugel eines Schmetterlings die papageienartigen Schnabel bei Kopffussern Papageien und Alligatorschildkroten die entenartigen Schnabel bei Enten Schnabeltieren und Hadrosauriern der schlangenformige Korperbau bei Aalen Blindschleichen Schleichenlurchen und Schlangen die stromungsgunstige Korperform bei schnell schwimmenden Wirbeltieren wie Haien Delphinen Ichthyosauriern und Pinguinen Vogel Linsenauge bei Kopffussern und Wirbeltieren Begriffsabgrenzungen BearbeitenAnalogie und Homologie Bearbeiten Hauptartikel Homologie Biologie Analog sind Strukturen die sich nicht auf einen gemeinsamen Bauplan zuruckfuhren lassen Ihre ahnliche Auspragung wird durch Konvergenz erklart Ein Beispiel Die Flugel der Vogel und der Fledermause Flughaut sind bezuglich der Tragflache Federn bzw Flughaut analog Die Fledermause haben ihre Flughaut jedoch zwischen den Fingern ihrer Vordergliedmassen aufgespannt die Vogel fliegen mit der gesamten Schwinge also dem Arm mit den Federn Einer Funktionsgleichheit liegt ein ganz anderer Bauplan zu Grunde Homolog sind Strukturen die sich auf einen gemeinsamen Bauplan zuruckfuhren lassen Ihre unterschiedliche Auspragung wird durch Divergenz erklart Ein Beispiel Die Vorderflossen eines Delfins und die Vorderbeine eines Elefanten sind bezuglich des Skelettes homolog da die Reihenfolge der Knochen also Oberarmknochen Elle und Speiche etc gleich geblieben ist Einem fast gleichen Bauplan steht eine ganz andere Funktion gegenuber Teilweise ist die Unterscheidung zwischen analog und homolog aber standpunktabhangig Flossen von Delfinen und Pinguinen stellen homologe Extremitaten dar die Flossenstrukturen gehen aber nicht auf gemeinsame Vorfahren zuruck Sie stellen analoge Exaptationen dar Genauso sind die Flugel von Fledermausen und Vogeln analoge Entwicklungen auf Basis homologer Extremitaten In beiden Beispielpaaren sind die gemeinsamen Strukturen der gemeinsamen Vorfahren die Vorderextremitaten von Sauropsida vor etwa 310 Millionen Jahren 12 Sekundarbildungen Bearbeiten Bisweilen wird die Funktion eines Organs das im Verlaufe der Evolution zuruckgebildet wurde spater sekundar durch ein analoges Organ erfullt wenn sich die Lebensumstande wieder in die ursprungliche Richtung andern z B ein Landtier ins Wasser zuruckkehrt Beispiel die Fluke der Wale als sekundare Schwanzflosse In seltenen Fallen wie dem sekundaren Kiefergelenk erfolgt der Ubergang vom primaren zum sekundaren Organ auch direkt Koevolution Bearbeiten Ein ganz anderer Prozess als Konvergenz oder Parallelevolution ist Koevolution welche die Anpassungen stark interagierender Arten bezeichnet Ein Beispiel sind einige Vertreter der Pflanzengattung Hippeastrum Ritterstern deren Blutenform spezifisch auf die Bestaubung durch einige Kolibriarten ausgelegt ist Die Schnabelform der Kolibris wiederum hat sich im Laufe der Zeit an die Form des Blutenkelches angepasst Diese gemeinsame Entwicklung hat Vorteile fur beide Arten Einerseits ist sichergestellt dass die Kolibris nicht mit Vertretern anderer Arten um Nahrung konkurrieren mussen da kein anderes Tier den Nektar erreichen kann Andererseits ist durch die Korperform des Vogels und die Tatsache dass er den Nektar im Flug aufnimmt gewahrleistet dass der Blutenstaub an seiner Brust haften bleibt und er andere Bluten damit bestaubt Auch die Ahnlichkeit von Arten aufgrund von Mimikry zum Beispiel die Nachahmung des Flugelmusters eines giftigen Schmetterlings durch eine nicht nahe verwandte ungiftige Art kann als Koevolution aufgefasst werden Parallelismus Bearbeiten Als Parallelismus wird bereits bei Charles Darwin die Ahnlichkeit von Formen in geographisch weit voneinander getrennten Regionen bezeichnet 13 Spater wurde der Ausdruck vor allem dann verwendet wenn nahe verwandte Arten zum Beispiel Angehorige derselben Gattung voneinander unabhangig gemeinsame Merkmale ausbilden Diese Verwendung ist teilweise bis heute ublich Nach diesem Sprachgebrauch ist Konvergenz auf die Ausbildung ahnlicher Merkmale bei nur entfernt miteinander verwandten Arten beschrankt Diese strikte begriffliche Trennung wird aber nicht von allen Biologen so praktiziert Siehe auch BearbeitenApomorphie Atavismus Evolutionstheorie Konvergenztheorie Evolution Progressions und Regressionsreihen homologe Organe konnen oft als Abwandlungsreihen angeordnet werden RudimentEinzelnachweise Bearbeiten Ulrich Lehmann Palaontologisches Worterbuch 4 Auflage Enke Stuttgart 1996 Ray Lankester On the Use of the Term Homology in Modern Zoology and the Distinction between Homogenetic and Homoplastic Agreements In The Annals and Magazine of Natural History Zoology Botany and Geology 4 Serie Band 6 1870 S 34 43 Michael T Ghiselin Homology as a relation of correspondence between parts of individuals In Theory in Biosciences 124 2005 S 91 103 doi 10 1016 j thbio 2005 08 001 George V Lauder Homology Form and Function In Brian K Hall Hrsg Homology The Hierarchical Basis of Comparative Biology Elsevier 2013 ISBN 978 0 08 057430 1 Chapter 4 Ernst Mayr Das ist Evolution Munchen 2003 S 195 Ernst Mayr Das ist Evolution Munchen 2003 S 195 f H W Krenn J Plant N U Szucsich Mouthparts of flower visiting insects In Arthropod Structure amp Development 34 2005 S 1 40 H W Krenn B A Gereben Krenn B M Steinwender A Popov Flower visiting Neuroptera mouthparts and feeding behaviour of Nemoptera sinuata Nemopteridae In European Journal of Entomology 105 2008 S 267 277 J Bauder N Lieskonig H W Krenn The extremely long tongued Neotropical butterfly Eurybia lycisca Riodinidae Proboscis morphology and flower handling In Arthropod Structure amp Development 40 2011 S 122 127 K P Johnson u a Multiple origins of parasitism in lice In Proc Biol Sci Band 271 Nr 1550 2004 S 1771 1776 PMID 15315891 Andrew Cockburn Evolutionsokologie Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1995 S 39 f Richard Dawkins Geschichten vom Ursprung des Lebens Eine Zeitreise auf Darwins Spuren Begegnung 16 Georg Toepfer Historisches Worterbuch der Biologie Geschichte und Theorie der biologischen Grundbegriffe Band 1 Analogie bis Ganzheit Verlag J B Metzler Stuttgart Weimar 2011 ISBN 978 3 476 02316 2 S 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Analogie Biologie amp oldid 224326845