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Zur Tierwanderung zahlen jene Aspekte tierlichen Verhaltens die in Zusammenhang mit den Bewegungen innerhalb ihres Territoriums oder Habitats sowie den Veranderungen ihres Verbreitungsgebietes stehen Migration die zeitlich koordinierte gerichtete meist periodische Massenbewegung aller oder vieler Individuen einer Art oder einer Population englisch migratory species Streifen oder Streichen die Wanderung einzelner Exemplare einer Art oder einer PopulationAuf ihrer Wanderung uberqueren diese Streifengnus Connochaetes taurinus einen Fluss im sudostlichen AfrikaZeitgenossische Darstellung der Jagd auf ziehende nordamerikanische Wandertauben Ectopistes migratorius der bis zur Ausrottung nachgestellt wurde Mitunter bildeten sich riesige Schwarme aus vielen Millionen Individuen Die beiden Phanomene sind nicht exakt voneinander abzugrenzen da auch Massenbewegungen aus nicht offenkundig zusammenhangenden Einzelbewegungen bestehen konnen Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 Erfassung 3 Ursachen 4 Migrierende Spezies 4 1 Marine Vertikalwanderungen 4 2 Zieher 4 3 Binnenwanderer 4 4 Teilzieher 4 5 Dauerwanderer 5 Migration und Artenschutz 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGrundlagen BearbeitenDie Routen von Tierwanderungen konnen sowohl uber langere Zeitspannen stabil bleiben also auf ganz spezifische Regionen begrenzt bleiben als auch sich relativ schnell auf andere Regionen verlagern und sind dann als Sonderform der Ausbreitung zu verstehen Tierwanderungen gibt es bei Arten verschiedener Tierstamme und in vielen zeitlichen Abstufungen von taglich uber einmal im Leben bis zur Erschliessung neuer Lebensraume uber viele Generationen Meist erfolgen die Wanderungen aktiv aber es kommen auch Verschleppungen als teils oder ganz passive Ortsveranderungen vor etwa durch Luft oder Wasserstromungen Transport durch andere Tiere und den Menschen Insbesondere bei maritimen Lebensformen ist wenig daruber bekannt welche Wanderungsbewegungen dem regionalen Erscheinen einer Art zugrunde liegen Erfassung Bearbeiten nbsp Ziehende Kraniche uber MarburgTierwanderungen werden von der Zoogeografie bzw Geozoologie als Teil der Verhaltensbiologie untersucht mit den Verbreitungsgebieten den durchwanderten Arealen befasst sich die Chorologie mit der zeitlichen Koordination der Tierwanderungen beschaftigt sich die Chronobiologie Bisher wurden ca 4000 Wirbeltierarten als echte Wanderer true migrants eingestuft die Hin und Ruckwanderung ausfuhren davon 1000 Fischarten Insgesamt durfte es als grobe Abschatzung zwischen 5000 und 10000 wandernde Arten geben 1 Der Vogelzug ist vergleichsweise gut erforscht Wanderungen von Saugetieren meist nur fur die Grosssauger die Wanderungen von Fischen aber nur fur okonomisch wichtige Arten im Rahmen des Fischfangs Wenig weiss man uber Fledermause asiatische Antilopen Kleinwale Fischarten tropischer Flusse sowie Insekten 1 Bei den wasserlebenden Tieren auch Mikroorganismen tritt neben der geographischen auch eine Vertikalwanderung innerhalb des Wasserkorpers auf Ursachen BearbeitenAuch wenn die Bereitschaft zur Wanderung vermutlich haufig genetisch festgelegt ist kann man doch als konkreten Anstoss zwei Hauptursachen nennen Erstens ein unzureichendes Nahrungsangebot meist gepaart mit oder aufgrund von ungunstigen Witterungsbedingungen Der Vogelzug ist dafur ein Beispiel Zweitens die Fortpflanzung Beispielsweise ziehen ansonsten weit verstreut lebende Tiere haufig zur Paarungszeit zu bestimmten Platzen Damit vergrossert sich ihre Chance einen Partner zu finden Tierwanderungen sind zwar haufig und ausserst detailliert beschrieben worden und allseits bekannt ihre genauen Ausloser ob Wandertrieb oder konkrete Reaktion auf Umweltbedingungen und die Orientierungsmechanismen zum Beispiel der Magnetsinn der Zugvogel sind allerdings oft noch nicht hinreichend genau erforscht Als gesichert gilt dass beim Einsetzen einer Wanderung in der Regel mehrere Faktoren eine Rolle spielen Tageslangen Temperaturen bei Vogeln die Mauser Zustand der Fettdepots und anderes Daneben ist auch der Zusammenhang mit allfalligen Auswirkungen eines Klimawandels Ziel aktueller Forschung Migrierende Spezies BearbeitenMarine Vertikalwanderungen Bearbeiten Hauptartikel Vertikalwanderung Tierische Planktonorganismen der Weltmeere zum Beispiel Leuchtgarnelen befinden sich am Tag oft in einer Wassertiefe von mehreren hundert Metern um sich vor Fressfeinden optisch besser zu verbergen wahrend sie sich im Dunkel der Nacht vom pflanzlichen Plankton in der obersten Wasserschicht ernahren 2 Entsprechend halten sich die planktonfressenden Fische in unterschiedlichen Wassertiefen auf sowie deren Fressfeinde uberwiegend ebenfalls Fische Besonders in den hohen Breiten gibt es auch im jahreszeitlichen Rhythmus Vertikalwanderungen Die Jungtiere vieler Arten der Ruderfusskrebse sinken im Herbst wenn mit zunehmender Dunkelheit das aus pflanzlichem Plankton bestehende Nahrungsangebot knapper wird von der Meeresoberflache in eine Tiefe von bis zu 3000 Meter Dort treten sie in eine Art Ruhestadium um im darauffolgenden Fruhjahr wieder an die Oberflache zu steigen 2 3 Zieher Bearbeiten Zieher halten sich wahrend verschiedener Jahreszeiten oder unter gewissen klimatischen Bedingungen Regenzeit Trockenzeit und Ahnliches in verschiedenen Regionen auf und legen dabei teils enorme Strecken zuruck Zugvogel die Kustenseeschwalbe deren Brutgebiete zirkumpolar meist nordlicher als 45 N liegen die jedoch an den sudafrikanischen Kusten bis zur Packeiszone der Antarktis uberwintert Sie legt jahrlich 30 000 Kilometer zuruck Wanderfalter wie Admiral und Distelfalter in Europa der Monarchfalter in Nordamerika Pflanzenfresser auf der Suche nach Weidegebieten Legendar sind die Wanderungen der nordamerikanischen Bisons In der Serengeti wandern jedes Jahr Zehntausende von Gnus Gazellen Zebras und Buffel auf der Suche nach frischem Gras Rentiere sind typische Wanderer die Alaska Karibu wandern in etwa 30 Herden mit durchschnittlich etwa 30 000 Tieren bis zu 80 km am Tag und 6 000 km jahrlich das kanadische Karibu wandert in Neufundland saisonal uber 2000 km in einer Richtung in engstem Verband um sich vor den Sandmucken zu schutzen auf dem Ruckweg aber vereinzelt uber einen riesigen Landstrich verteilt um dem fur das Einzeltier meist todlichen Befall mit Dasselfliegen zu entgehen Raubtiere auf der Suche nach Beute die oft deren Wanderungen folgen wie auch ihre Reviere umgrenzen Maritime Lebewesen Fischwanderung Lachse und andere Salmoniden des Nordatlantiks und pazifiks Flussaale die vom Salzwasser der Sargassosee bis in die oberen Flussgebiete zum Atlantik wandern Karettschildkroten die meisten Wale und Delphine Den Rekord unter den Saugetieren halten die Grauwale im Pazifik die jahrlich von der Beringsee bis zur Kuste Mexikos und zuruck wandern und dabei etwa 20 000 Kilometer zurucklegen Binnenwanderer Bearbeiten Binnenwanderer verbleiben innerhalb einer oft grosseren Region Ihre Wanderungen sind eher kurzstreckig und zeitlich von Faktoren der Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung gepragt und oft nur fur gewisse Populationen typisch Manchmal erstrecken sich die Wanderungen jedoch uber mehrere Monate und folgen mit grosser Regelmassigkeit dem Zyklus der Jahreszeiten Antilopen der afrikanischen Steppe fuhren weite Wanderungen uber mehrere Landesgrenzen hinweg aus um an lebenswichtiges Salz zu kommen das sie in ausgetrockneten Salzseen auflecken Ahnliches Verhalten ist von gewissen Elefanten und Zebrapopulationen sudamerikanischen Aras und zahlreichen anderen Tierarten bekannt Wildpferde und Wildesel Wildkamele und Dromedare ziehen bis zu 40 km pro Tag durch Steppen und Prarien Strichvogel suchen Brutgebiete innerhalb einer Region auf Wanderfalter Auf Rhodos sammeln sich im Sommer fast alle Schmetterlinge der Art Euplagia quadripunctaria in einem kleinen Gebiet Nach der Begattung verteilen sie sich wieder uber die Insel und legen ihre Eier ab Planktische Kleinkrebse ziehen tagesperiodisch vertikal Nachts halten sie sich im nahrungsreichen Oberflachenwasser auf am Tag sinken sie in tiefere Schichten Dort finden sie zwar weniger Nahrung sind aber vor Fressfeinden besser geschutzt Teilzieher Bearbeiten Daneben gibt es Teilzieher bei denen nur ein Teil der Population wandert insbesondere bei Vogeln siehe Teilzieher Dauerwanderer Bearbeiten Manche der Zieher sind Dauerwanderer die nie oder selten langer in einer Region verbleiben Sturmvogel die fast ihr ganzes Leben auf hoher See verbringen Thunfisch Marline Hochseehaie Facherfisch Schwertfisch die Atlantic Highly Migratory Species HMS 4 denen kein konkretes Verbreitungsareal innerhalb des Atlantik zugerechnet werden kann Schneeleoparden haben zwar ein Revier dem sie treu sind streifen darin aber unablassig herum ohne feste Schlafstellen zu haben und sind daher sehr schwer aufzuspuren Ahnliches Verhalten zeigen andere Grosskatzen Tiger Jaguar Migration und Artenschutz BearbeitenDas Ubereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten Bonner Konvention von 1983 ist das erste Abkommen das einen gemeinsamen Schutz erarbeitet fur die Gesamtpopulation oder eine geographisch abgegrenzte Teilpopulation jeder Art oder jedes niedrigeren Taxon wild lebender Tiere von denen ein bedeutender Anteil zyklisch und vorhersehbar eine oder mehrere nationale Zustandigkeitsgrenzen uberquert 5 Literatur BearbeitenPeter Berthold Vogelzug Eine aktuelle Gesamtubersicht Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2000 ISBN 353413656X Vitus B Droscher Gerd Werner Janice Brownlees Kaysen Tierwanderungen Was ist was Band 77 Tessloff Verlag 1985 ISBN 3788604174 Sidney A Gauthreaux Herausgeber Animal Migration Orientation and Navigation Academic Press 1997 ISBN 0 122777506 Bernd Heinrich Der Heimatinstinkt Das Geheimnis der Tierwanderungen Matthes amp Seitz Berlin 2017 K M Kostyal Das grosse Wunder der Tierwanderung National Geographic Deutschland Hamburg 2010 ISBN 978 3 86690 192 6 Carlo Mari Auf der Spur des Wassers Die faszinierende Tierwanderung in der afrikanischen Steppe Frederking amp Thaler Verlag 2000 ISBN 3894054247 Talbot H Waterman Der innere Kompass Sinnesleistungen wandernder Tiere Spektrum der Wissenschaft 1990 ISBN 3 922508 98 7 Weblinks BearbeitenWeltregister wandernder Tierarten www groms de erfasst uber 4300 wandernden Wirbeltierarten mit einer minimalen Wanderungsdistanz von 100 km The Western Hemisphere Migratory Species Initiative Auf www fws gov englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b Klaus Riede Universitat Bonn Ausfuhrliche deutsche Kurzfassung fur das BMU Bundesministerium fur Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Endbericht Weltregister wandernder Tierarten Global Register of Migratory Species PDF Dokument a b Sigrid Schiel Barbara Niehoff Das Pelagial In Gotthilf Hempel Irmtraut Hempel Siegrid Schiel Hrsg Faszination Meeresforschung H M Hauschild Bremen 2006 ISBN 3 89757 310 5 S 27 29 Holger Auel Wilhelm Hagen Eine virtuelle Reise durch die Weltmeere Energieflusse Nahrungswege und Anpassungspfade In Gotthilf Hempel Irmtraut Hempel Siegrid Schiel Hrsg Faszination Meeresforschung H M Hauschild Bremen 2006 ISBN 3 89757 310 5 S 31 39 The Magnuson Stevens Act at 16 U S C 1802 14 Zitiert nach Final Consolidated Atlantic Highly Migratory Species Fishery Management Plan Office of Sustainable Fisheries Juli 2006 Kap I S 1 1 PDF Memento vom 10 Mai 2009 im Internet Archive Artikel I 1a Convention on the Conservation of Migratory Species of Wild Animals CMS Depositary s Original deutsche Fassung www cms int 2003 Convention Text Verzeichnis der PDF Dateien Normdaten Sachbegriff GND 4133439 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tierwanderung amp oldid 235416356