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Die Reformation in Bad Gronenbach betrieb ab 1559 Philipp von Pappenheim Sie fuhrte fast zwei Jahrhunderte lang zu Streitigkeiten und zuweilen handfesten Auseinandersetzungen zwischen den Reformierten und den Angehorigen der katholischen Kirche in der bayerischen Gemeinde Im 18 Jahrhundert kam es dann so weit dass sich Reformierte zur Auswanderung gezwungen sahen Die evangelisch reformierte Kirchengemeinde in Bad Gronenbach und die Schwestergemeinde in Herbishofen sind die altesten in Bayern und gehoren zu den altesten in Deutschland 1 2 3 Die Spitalkirche in Bad Gronenbach Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangssituation 2 Einfuhrung der Reformation 1559 1619 3 Fortgang der Reformation 1619 1626 4 Von der Augsburger Konfession bis zum Ende des Dreissigjahrigen Krieges 1626 1648 5 Vom Westfalischen Frieden bis zur Ravensburger Signatur 1648 1650 6 Fortgang der Reformation 1650 1670 7 Ausklang der religiosen Differenzen 1670 1775 8 Vom Katechismusstreit bis zur Sakularisation 1775 1803 9 Situation im 20 und 21 Jahrhundert 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseAusgangssituation Bearbeiten nbsp Wolfgang von Pappenheim 1558 In der Reichsstadt Memmingen in der Nahe von Gronenbach bahnte sich bereits Anfang des 16 Jahrhunderts die Reformation nach der Lehre Ulrich Zwinglis an Im weiteren Verlauf der Reformation in Memmingen nahm man dort die Confessio Augustana und damit das lutherische Bekenntnis an Die im Suden Gronenbachs gelegene Reichsstadt Kempten wurde im 16 Jahrhundert lutherisch In Gronenbach herrschten damals die Herren von Pappenheim Nach dem Tode Wolfgangs von Pappenheim im Jahr 1558 beschlossen seine Sohne Philipp Wolfgang und Christoph sich auf Wallfahrt nach Jerusalem zu begeben s 1 Philipp anderte jedoch bereits in Venedig seine Meinung und beschloss uber die Schweiz und Zurich zuruckzukehren In Zurich lernte er den reformierten Pradikanten Bachli kennen und nahm das calvinistische Bekenntnis an s 2 Die Reformation stellte fur das gesamte Haus Pappenheim eine schwierige Herausforderung dar Durch das Reichsmarschallamt war der Senior des Hauses Pappenheim zum Dienst am Kaiserhof verpflichtet Bei diesem Dienst und der Haltung Karl V 1558 zur Reformation war es unmoglich sich den katholischen Zeremonien zu entziehen Ein weiterer Grund sich erst spat der Reformation zuzuwenden war dass einige Agnaten derer von Pappenheim hohe kirchliche Range innerhalb der katholischen Kirche hatten so u a der Furstbischof von Eichstatt Christoph von Pappenheim 1539 und der Bischof von Regensburg Georg von Pappenheim 1563 4 Die reformierte Lehre nach Calvin und Zwingli unterscheidet sich in wichtigen Aspekten vom evangelisch lutherischen Bekenntnis Beide Konfessionen berufen sich zwar auf die vier Soli Sola fide Sola gratia Solus Christus Sola scriptura sind sich jedoch in einigen wichtigen Punkten nicht einig etwa in der von Calvin vertretenen Pradestinationslehre nach der jedem Menschen von Gott vorherbestimmt sei ob er sich auf dem Weg zur Seligkeit oder zur Verdammnis befindet Die Calvinisten lehnen auch die Realprasenz Jesu Christi wahrend des Abendmahles ab Einfuhrung der Reformation 1559 1619 BearbeitenAls Philipp von Pappenheim in Begleitung des Pradikanten Bachli von Zurich nach Gronenbach zuruckkehrte fuhrte er nach dem Grundsatz cuius regio eius religio die reformierte Konfession nach Zwingli und Calvin fur seine Untertanen in den Ortschaften Gronenbach Rothenstein Theinselberg Herbishofen Ittelsburg und Herbisried ein s 3 5 Allerdings war Philipp von Pappenheim nur Herr eines Teils der Guter in diesen Orten Nach dem Konfessionswechsel verweigerten die konvertierten Untertanen dem Kollegiatstift in Gronenbach die Zahlung des Zehnten Philipp setzte gegenuber seinem katholischen Vetter Alexander II von Pappenheim durch dass der calvinistische Pradikant aus den Stiftseinnahmen jahrlich mit zweihundert Gulden zu bezahlen war Am 30 Mai 1577 schlossen Philipp und Alexander einen Vertrag zur Regelung der Ausgaben des Stifts Statt ursprunglich sechs waren nur noch drei katholische Priester mit jahrlich je 120 Gulden der reformierte Pradikant mit 200 Gulden und der calvinistische Schulmeister mit 16 Gulden und zwei Malter Roggen zu entlohnen 6 Seit dem Jahre 1559 wurde die Stiftskirche St Philipp und Jakob als Simultankirche von den Katholiken und den Calvinisten benutzt Weil der Zurcher Pradikant Bachli die Reformation in Gronenbach einfuhrte bestand viele Jahre eine enge Beziehung der reformierten Gemeinde in Gronenbach zu Zurich So wurden aus der Schweiz insgesamt 17 Prediger davon 13 direkt aus Zurich nach Gronenbach entsandt s 4 Die Schweizer Glaubensbruder unterstutzten die Gronenbacher nicht nur durch die Entsendung von Priestern sondern Zurich ubernahm bis zum Ende des 18 Jahrhunderts sogar die Pfarrbesoldung der reformierten Prediger in Gronenbach 7 Das Vorgehen Philipps bei der Einfuhrung der calvinistischen Konfession fuhrte dazu dass selbst Kaiser Rudolf II in einem Schreiben vom 2 Marz 1577 Stellung bezog Philipp von Pappenheim wurde aufgefordert von einer weiteren Teilung des Kollegiatstifts abzusehen und sich mit seinem Vetter Alexander zu einigen 8 was mit dem Vertrag von 1577 kodifiziert wurde Im Jahr 1601 erwirkte Alexander wiederum ein Schreiben von Kaiser Rudolf II an Philipp mit dem Zweck den Katholizismus und das Kollegiatstift in Gronenbach aufrechtzuerhalten Kaiser Rudolf II verordnete darin den Ehrwurdigen Hainrich bischoffen zu Augsburg und Johann Adamen Abten des Sftiffts Kempten und deren Amtsnachfolger des Stiffts und Collegii Gronenbach als respective in spiritualibus Ordinarium als auch der weltlichen Obrigkeit halber zu Conservatoren Handhaber und Beschutzer dass sie die Kollegiatkirche und Stifft und Dechenei zu Gronenbach erhalten s 5 Gegen Ende des Lebens und nach dem Tode Philipps von Pappenheim 1619 wurde die Einfuhrung der Reformation von seinen Erben nicht mehr mit dem gleichen Eifer durchgefuhrt Ein Indiz hierfur ist dass bereits ab 1615 einige Untertanen unter Pfarrer Andreas Epplin vom reformierten calvinistischen Bekenntnis zur katholischen Kirche zuruckgekehrt waren s 6 s 7 Fortgang der Reformation 1619 1626 Bearbeiten nbsp Testament Philipps von Pappenheim 1613 Original in DonaueschingenSechs Jahre vor seinem Tod verfasste Philipp von Pappenheim 1613 sein Testament in dem er fur den Fortbestand der reformierten Konfession in Gronenbach Sorge trug s 8 Unter Androhung des Erbverlustes forderte er von seinen Nachfolgern die reformierte Lehre zu erhalten und weiterzufuhren Selbst spatere Nachfahren die wieder zum katholischen Glauben ubergetreten waren unter anderen Graf Wolf Philipp von Pappenheim wagten nicht die Untertanen zur Ruckkehr in die katholische Kirche zu zwingen Als Testamentsvollstrecker ernannte Philipp von Pappenheim die freien Reichsstadte Lindau und Memmingen Die Burgermeister beider Stadte bestatigten die Vollstreckung durch ihre Siegel auf dem Testament Mit Bezug auf die Weisung von Kaiser Rudolf II von 1601 unternahmen 1621 der Bischof von Augsburg Heinrich und der Furstabt von Kempten Johannes Eucharius einen Vorstoss gegen die Ausubung des calvinistischen Bekenntnisses in Gronenbach Durch ein Dekret des Furstabtes von Kempten des Jahres 1621 wurde der calvinistische Pradikant Philippus Gessertus unter Mithilfe des Grafen Otto Heinrich Fugger aus Gronenbach vertrieben und die Simultannutzung der Stiftskirche St Philipp und Jakob untersagt s 9 Seit dem 2 September 1621 wurde sie wieder allein von den katholischen Glaubigen genutzt Bis zum Jahr 1624 fand in Gronenbach kein calvinistischer Gottesdienst mehr statt nbsp Schlossle in Gronenbach 1563Der Calvinismus in Gronenbach konnte jedoch nicht ganzlich beseitigt werden Die Witwe Philipps von Pappenheim Anna von Pappenheim geborene von Winneberg und Beilstein beherbergte 1625 im Unteren Schloss zu Gronenbach den calvinistischen Pradikanten Adolf Langhans der dort heimlich calvinistische Gottesdienste abhielt Ein Dekret des Furstabts Johannes Eucharius von Kempten vom 23 Oktober 1625 untersagte daraufhin die weitere Ausubung der calvinistischen Lehre im Unteren Schloss sowie eine weitere Beherbergung des Pradikanten Langhans in Gronenbach s 10 Das wurde jedoch nicht befolgt im Marz 1626 wurde daraufhin der Pradikant Adolf Langhans auf seinem Weg nach Theinselberg im Schulerloch bei Gronenbach verhaftet und auf die Burg Liebenthann verbracht s 11 Adolf Langhans wurde am 13 April 1626 mit der Auflage nicht mehr nach Gronenbach zuruckzukehren und Auferlegung einer Strafe von 100 Gulden freigelassen Er zog sich nach Theinselberg zuruck blieb jedoch auch weiterhin mit den reformierten Glaubigen in Gronenbach in Verbindung Von der Augsburger Konfession bis zum Ende des Dreissigjahrigen Krieges 1626 1648 Bearbeiten nbsp Titelblatt der ersten mit Vorstucken und Anhang versehenen lateinischen Ausgabe der Augsburger Konfession Wittenberg 1531Da die Bemuhungen des Furstabtes von Kempten und des Bischofs von Augsburg den Katholizismus in Gronenbach und das Kollegiatstift im Sinne seiner Stifter wiederherzustellen gescheitert waren ubertrug der Kaiser die Regelung der religiosen Verhaltnisse den Herzogen von Bayern Maximilian I und Wurttemberg Johann Friedrich Diese setzten ab 1626 an Stelle des reformierten calvinistischen Bekenntnisses die Augsburger Konfession durch Die Entscheidung erkannte der Erbe Philipp von Pappenheims Marschall Maximilian von Pappenheim an und setzte den lutherischen Pradikanten Johann Herrmann in Gronenbach ein Er bestimmte dass das Kollegiatstift und die Stiftskirche St Philipp und Jakob den Katholiken die Spitalkirche den Evangelischen gehoren sollte s 12 Die Calvinisten in Gronenbach waren jedoch mit dem Wechsel zum evangelisch lutherischen Bekenntnis nicht einverstanden und gingen mehrheitlich nach Herbishofen und Theinselberg Pradikant Johann Herrmann verstarb im Januar 1630 an der Pest Ihm folgte der Prediger Johann Jakob Trautmann aus Tubingen der die Witwe Herrmanns heiratete Johann Jakob Trautmann blieb bis 1632 in Gronenbach und wurde in diesem Jahr von den eingedrungenen Schweden abgesetzt sie setzten wiederum einen calvinistischen Pradikanten ein Als die Schweden dann 1634 in der Schlacht bei Nordlingen unterlagen gewannen die Katholiken auch in Gronenbach wieder die Oberhand und setzten den calvinistischen Pradikanten ab s 13 In der folgenden Zeit bis zum Ende des Dreissigjahrigen Krieges waren in Gronenbach keine reformierten Prediger mehr ansassig In einem Bericht des Stiftsdechanten Fischer vom 16 Juni 1638 an das Ordinariat in Augsburg wird erwahnt dass es den Calvinisten in den Jahren 1635 und 1636 verboten wurde eigene Messen zu feiern Besonderen Widerstand gegen das Verbot des Calvinismus in Gronenbach leisteten der rotensteinische Vogt Georg Weidlin und seine beiden Sohne Heinrich und Eberhardt Georg Weidlin unternahm mehrere Versuche in der Stiftskirche St Philipp und Jakob auch wieder reformierte Messen abzuhalten Auch ubte er massiven Druck auf das Kollegiatstift in Gronenbach aus und wies die Untertanen in Lachen und Ziegelberg an keinen Zins an das Kollegiatstift zu zahlen bis wieder ein weltlicher Administrator eingesetzt werde s 14 Nach Bekanntwerden dieser Vorgehensweise ordneten Otto Heinrich Fugger und der Bischof von Augsburg an ein Exempel gegen Georg Weidlin und seine Sohne zu statuieren Aufgrund der Kriegswirren unterblieb dies vorerst und konnte erst vom 14 bis 16 Dezember 1637 vollzogen werden Es sollte das Verhalten Georg Weidlins bestraft und samtliche Zinsen und Renten fur das Kollegiatstift beschlagnahmt werden s 15 Gegen diese Strafaktion legte Max von Pappenheim im Januar 1638 Beschwerde beim Furststift in Kempten ein und verwies auf das langjahrige Bestehen der reformierten Gemeinde und die vertragliche Regelung von 1577 Dieser Beschwerde widersprach der Stiftsdechant Georg Fischer am 16 Juni 1638 und fuhrte als Gegenargument das Verbot der calvinischen Messe in Gronenbach von 1621 an Die Lage eskalierte im Jahr 1645 weiter nachdem der dem calvinistischen Bekenntnis angehorige Georg Biechteler am 14 September 1645 verstorben war Unter der Leitung Georg Wiedlins fand ein offentlicher Leichenzug in calvinistischem Ritus statt der jedoch offiziell immer noch verboten war Ohne Erfolg versuchte der Stiftsdekan Nikolaus Brunner den Leichenzug zu verhindern Daraufhin legte der Stiftsdekan Nikolaus Brunner am 9 Oktober 1645 Beschwerde beim Furstabt Romanus in Kempten ein der sich am 19 Oktober 1645 an Georg Weidlin wandte Man warf Georg Weidlin die heimliche Wiedereinfuhrung des Calvinismus in Gronenbach vor Noch am gleichen Tag legte der Furstabt auch Beschwerde bei Kaiser Ferdinand III ein Kaiser Ferdinand III ersuchte den Reichserbmarschall Caspar Gottfried von Pappenheim die Vorkommnisse zu untersuchen und Bericht zu erstatten In dem Bericht vom 6 Marz 1646 bescheinigte Pappenheim dass Georg Weidlin keinesfalls den calvinistischen Glauben in Gronenbach wieder einfuhren wollte Bei der Begrabnisfeier habe man lediglich einige reformierte Lieder gesungen und eine kurze Ansprache gehalten s 16 Mit dem Westfalischen Frieden am 24 Oktober 1648 endete zwar der Dreissigjahrige Krieg die Streitigkeiten zwischen Katholiken und Calvinisten in Gronenbach fanden jedoch noch kein Ende Erst durch weitere Verhandlungen unter Einbeziehung der kaiserlichen Kommissare Franz Johann Bischof von Konstanz und Eberhard III Herzog von Wurttemberg konnten einigermassen geordnete Verhaltnisse geschaffen werden s 17 Vom Westfalischen Frieden bis zur Ravensburger Signatur 1648 1650 BearbeitenEine der Aufgaben nach dem Westfalischen Frieden war die religiosen Wirren und Streitigkeiten zu beenden Dafur setzte der Kaiser Kommissare ein fur Gronenbach waren dies die bereits erwahnten Franz Johann Bischof von Konstanz und Eberhard III Herzog von Wurttemberg Im Westfalischen Frieden von 1648 wurde als annus normalis das Jahr 1624 bestimmt Dies bedeutete dass nach dem Prinzip Restitutio in integrum alle religiosen Verhaltnisse wieder so herzustellen waren wie sie am 1 Januar 1624 bestanden s 18 Bereits 1648 baten die reformierten Glaubigen zu Gronenbach die beiden Kommissare das Weihnachtsfest im Jahr 1648 in der Stiftskirche St Philip und Jakob feiern zu durfen Dieser Bitte wurde jedoch nicht entsprochen Im nachfolgenden Jahr am 15 April 1649 forderte der pappenheim rotenstein sche Verwalter Josef Jenisch die beiden Kommissare auf den calvinistischen Ritus wieder einzusetzen Er begrundete dies mit dem jus patronatus das die Herren von Pappenheim seit langem ausubten und mit dem der calvinistische Ritus seit dem 1 Januar 1624 in der Spitalkirche zu Gronenbach faktisch bestand Die Verhandlungen uber die Regelung der religiosen Verhaltnisse in Gronenbach fanden ab 22 April 1649 in Memmingen statt s 19 Es konnte zunachst keine Klarheit uber die Situation am 1 Januar 1624 erzielt werden Am 27 April 1649 fuhrten der katholische Notar M Johannes Hainle der kaiserliche Notar Jakob Schutz lutherischen Glaubens von Seiten des Furstabts von Kempten Johann Rudolph Schad von Bellmont sowie Georg Haimb eine ausfuhrliche Zeugenvernehmung in Gronenbach durch Fur die Fugger nahmen Valentin Zeis und fur die Pappenheimer Joseph Jenisch und Georg Weidlin teil Es wurden insgesamt 43 Zeugen 26 katholische und 17 reformierte befragt s 20 Die 26 Zeugen der katholischen Seite konnten weder eindeutig bejahen noch verneinen ob vor 25 Jahren am 1 Januar 1624 eine calvinistische Messe in der Spitalkirche abgehalten wurde Die Aussagen der 17 Zeugen der reformierten Seite dass der Pradikant Adolf Langhans am 1 Januar 1624 eine Predigt in der Spitalkirche gehalten habe erwiesen sich spater als falsch da beispielsweise der Pradikant Adolf Langhans noch am 28 und 30 Dezember 1623 Taufen in einer Gemeinde in der Oberpfalz durchgefuhrt hatte und deshalb nicht bereits am 1 Januar 1624 in Gronenbach sein konnte s 21 nbsp Innenansicht der Spitalkirche in Bad GronenbachAm 19 Mai 1649 erging der Beschluss der beiden kaiserlichen Kommissare In der Lindauer Signatur unterzeichnet von Wolf Christoph von Bernhausen Hans Albrecht von Wollwarth Dr G Koberlin und Bernhard Ploner s 22 wurde festgestellt dass am 1 Januar 1624 faktisch durch das jus patronatus der Herren von Pappenheim in der Nachfolge des Philipp von Pappenheim die calvinistische Konfession in Gronenbach bestand Aufgrund des Westfalischen Friedens wurden deshalb calvinistische Lehre und Ritus in Gronenbach wieder erlaubt Die Spitalkirche wurde den reformierten Glaubigen uberlassen die 1649 mit dem Wiederaufbau des 1633 durch die Schweden zerstorten Gotteshauses begannen Die unterlegenen Katholiken versuchten mit einem Bescheid vom 31 Mai 1649 im Namen der Fugger und des Furstabtes Romanus in Kempten der Lindauer Signatur zu widersprechen s 23 Die Begrundung lautete die Lindauer Signatur sei vorschnell ergangen und nicht grundlich genug ausgearbeitet worden Auch wurde angefuhrt dass am 1 Januar 1624 keine offentliche calvinistische Messe stattgefunden habe und diese allenfalls privat durch einen Prediger zu Herbishofen abgehalten wurde Des Weiteren wurden die Zeugenvernehmungen vor allem die gleichlautenden Aussagen der 17 reformierten Zeugen angezweifelt Die Reformierten ihrerseits verhandelten erneut uber die Aufteilung der kirchlichen Einkunfte und forderten die Einkommen des katholischen Mesmers und des Stiftsdechanten zugunsten des calvinistischen Pradikanten zu kurzen In der Ravensburger Signatur unterzeichnet von Georgius Koberlin und Dr B Nicola Miller s 24 vom 21 Juni und 2 Juli 1650 wurde die Lindauer Signatur nochmals bestatigt auf den Vertrag vom 30 Mai 1577 bezuglich der Aufteilung der kirchlichen Einnahmen verwiesen und festgelegt dass diese Aufteilung weiterhin Gultigkeit hatte Fortgang der Reformation 1650 1670 Bearbeiten nbsp Erzherzog Sigismund Franz von Osterreich Tirol und Bischof von AugsburgSelbst mit der Ravensburger Signatur des Jahres 1650 kam kein endgultiger Frieden zwischen den Glaubigen zustande Der Bischof von Augsburg Sigismund Franz der Furstabt Romanus von Kempten und Graf Bonaventura Fugger legten Einspruch beim kaiserlichen Reichshofrat ein Bonaventura Fugger unternahm den Versuch die beiden Beschlusse von Lindau und Ravensburg dadurch zu umgehen dass er die Angelegenheit zur Privatsache der Familien Fugger und Pappenheim erklarte Dies belegt ein Schreiben von Bonaventura Fugger vom 3 Marz 1655 an den Furstpropst Johann Rudolf von Rechberg zu Ellwangen s 25 Sigismund Franz Bischof von Augsburg unternahm 1658 erneut einen Versuch nachzuweisen dass im Jahr 1624 keinesfalls der Calvinismus in Gronenbach praktiziert wurde Als im Jahre 1658 die calvinistische Pradikantenstelle frei wurde erging vom Furstpropst zu Ellwangen die erfolglose Aufforderung an Graf Wolf Philipp von Pappenheim die Gelegenheit zu nutzen und den Calvinismus in Gronenbach abzuschaffen Bereits ab 1660 war ein neuer calvinistischer Pradikant in Gronenbach anwesend und Graf Wolf Philipp von Pappenheim unternahm nichts dies zu verhindern s 26 Das Hochstift Augsburg erhielt 1665 von Kaiser Leopold I die Zusage eine neue Kommission zur Klarung einzusetzen Im Jahr 1666 erbaten die reformierten Glaubigen in Gronenbach Hilfe bei den norddeutschen protestantischen Reichsstanden Am 20 bzw 30 Juli 1666 erhoben die Abgesandten der Fursten von Kurbrandenburg der Kurpfalz und Hessen Kassel auf dem Reichstag in Regensburg Beschwerde bei Graf Wolf Philipp von Pappenheim und forderten die standigen Angriffe auf die Calvinisten in Gronenbach zu unterbinden Kaiser Leopold erneuerte am 7 August 1668 seine Zusage aufgrund der schriftlichen Eingaben des Hochstifts Augsburg eine neue Kommission zur Klarung der religiosen Verhaltnisse in Gronenbach einzusetzen Am 22 Januar 1669 schrieb Kurfurst Friedrich Wilhelm zu Brandenburg an den Grafen von Pappenheim dass der Bischof von Augsburg weiterhin an einem Verbot der Ausubung der calvinistischen Lehre in Gronenbach arbeitete Kurfurst Friedrich Wilhelm hielt dies fur sehr bedenklich da er befurchtete dass es zu bosen Konsequenzen fuhren konnte s 27 Eine neue kaiserliche Kommission war jedoch weder im Interesse der reformierten Gemeinde von Gronenbach die um ihren Besitz furchtete noch der beiden Kommissare Franz Johann Bischof von Konstanz und Eberhard III Herzog von Wurttemberg Auch Graf Wolf Philipp von Pappenheim war gegen eine neue Kommission da er bei einem Bekenntniswechsel seiner Untertanen befurchtete seine Besitztumer in Gronenbach Herbishofen und Theinselberg zu verlieren Er wandte sich am 25 Februar 1669 an die beiden Kommissare damit diese auf Kaiser Leopold I einwirkten keine neue Kommission einzusetzen und alles nach dem Stand der Ravensburger und Lindauer Signatur zu belassen Die Kommissare Eberhard III und Bischof Franz Johann drangten in einem Schreiben vom 29 Marz 1669 an Kaiser Leopold I darauf keine neue Kommission einzusetzen da die religiosen Verhaltnisse bereits 1649 und 1650 geregelt wurden und ein neues Verfahren lediglich die Reichsruhe gefahrden konnte Des Weiteren sprachen sich die norddeutschen Reichsstande und Graf Wolf Philipp von Pappenheim ebenfalls fur die Beibehaltung des Status quo aus Die Bemuhungen des Bischofs von Augsburg waren damit gescheitert und es blieb bei den Regelungen von Lindau 1649 und Ravensburg 1650 Ausklang der religiosen Differenzen 1670 1775 BearbeitenNachdem alle Bemuhungen das reformierte calvinistische Bekenntnis in Gronenbach zu verbieten endgultig gescheitert waren liessen in den Folgejahren die Streitigkeiten zwischen Katholiken und Calvinisten nach Die Benutzung der Kirchengebaude St Philipp und Jakob durch die Katholiken und der Spitalkirche durch die Reformierten war geregelt Die Frage nach der Rechtmassigkeit der Ausubung des calvinistischen Ritus wurde nicht mehr gestellt In der Folge kam es aber dennoch immer wieder zu Zusammenstossen beider Gruppen bei der Ausubung ihrer Religion So entbrannte z B im Januar 1670 ein handfester Streit uber das Begrabnis eines calvinistischen Glaubigen im Ortsteil Zell Der Dekan von Zell wollte kein Begrabnis nach reformiertem Ritus zwischen den Grabern der Katholiken dulden Als der Tote dennoch am 14 Januar 1670 nach diesem Ritus beerdigt wurde legte der Dekan beim Furstabt in Kempten Beschwerde ein Dies fuhrte dazu dass noch am gleichen Tag der Leichnam exhumiert und nach Herbishofen umgebettet wurde 9 Ende des 17 Jahrhunderts sahen sich einige reformierte Glaubige in Gronenbach zur Auswanderung gezwungen Dies war wohl auf Repressalien durch den Furstabt von Kempten Rupert von Bodman zuruckzufuhren Im Jahre 1692 erwarb dieser von Philipp Gustav von Pappenheim die Burg Rothenstein mit der zugehorigen Ortschaft Rupert von Bodman gab mehrere Erlasse die Reformierten betreffend heraus unter anderem dass alle reformierten Untertanen verpflichtet waren die Feldarbeiten auch an Festen zu Ehren der Muttergottes einzustellen Dies war aber sicher nicht der einzige Grund der 1697 und 1704 zur Auswanderung von rund einem Dutzend Reformierten Glaubigen nach Burg bei Magdeburg fuhrte s 28 Vom Katechismusstreit bis zur Sakularisation 1775 1803 Bearbeiten nbsp Heidelberger Katechismus von 1563Ursprunglich verwendeten die Reformierten in Gronenbach einen in Zurich gedruckten Schweizer Katechismus Spater wurde der Heidelberger Katechismus in der Schaffhausener Auflage von 1763 eingefuhrt Der Streit entzundete sich an Frage 80 Was ist das Messopfer Als Antwort auf diese Frage wird davon berichtet dass es sich dabei u a um eine vermaledeite Abgotterei handele 10 Um die Verwendung dieses Katechismus zu klaren setzte Der Furstabt von Kempten Honorius Roth von Schreckenstein eine Kommission ein bestehend aus dem Propst Ulrich von Hornstein zu Gronenbach den Hofraten Treuchtlinger und Feigele und dem Hofkammerrat Scholl Sie kam 1775 zu dem Schluss dass die Verwendung dieses Katechismus im Gebiet des Furststifts Kempten nicht geduldet werden soll Der Katechismus dieser Auflage wurde 1775 verboten Alle Exemplare auf dem Gebiet Gronenbachs 342 mussten nach Kempten abgeliefert werden s 29 Im Zuge der Sakularisation 1803 wurden alle Besitzungen durch das Kurfurstentum Bayern eingezogen sowie das Hochstift Augsburg und das Furststift Kempten aufgehoben Mit der Proklamation der Religions und Gewissensfreiheit wurden die letzten Streitigkeiten zwischen den Katholiken und Reformierten in Gronenbach beigelegt Im Jahr 1808 erwarben die Reformierten in Gronenbach die ihnen bis dahin zum Gebrauch uberlassene Spitalkirche kauflich Situation im 20 und 21 Jahrhundert BearbeitenNach den vielen Querelen existieren beide Konfessionen in Bad Gronenbach heute eintrachtig nebeneinander 11 Gegen Ende des Jahres 2010 waren in Bad Gronenbach 56 der Einwohner romisch katholisch 13 evangelisch lutherisch und weitere knapp 11 evangelisch reformiert 12 Literatur BearbeitenJoseph Sedelmayer Geschichte des Marktfleckens Gronenbach Hrsg Historischer Verein zur gesamten Forderung der Heimatkunde des Allgaus Kempten 1910 Martin Illi Gronenbach In Historisches Lexikon der Schweiz Presbyterien der Ev ref Kirchengemeinden Bad Gronenbach und Herbishofen Hrsg Die Reformierten im Allgau 2009 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Geschichte des Marktfleckens Gronenbach Quellen und VolltexteEinzelnachweise Bearbeiten Evangelisch reformierte Kirchengemeinde Bad Gronenbach abgerufen am 15 Marz 2015 Evangelisch reformierte Kirche abgerufen am 22 August 2011 Sonntagsblatt Evangelische Wochenzeitung fur Bayern Ausgabe 48 2005 abgerufen am 21 August 2011 Hans Schwackenhofer Die Reichserbmarschalle Grafen und Herren von und zu Pappenheim 2002 Seite 195 196 Hans Schwackenhofer Die Reichserbmarschalle Grafen und Herren von und zu Pappenheim 2002 Seite 161 Urkunde im Neuburger Kreisarchiv vom 26 April 1662 Martin Illi Gronenbach In Historisches Lexikon der Schweiz Urkunde im bischoflichen Archiv in Augsburg vom 2 Marz 1577 Alfred Weitnauer Allgauer Chronik Daten und Ereignisse 1971 S 290 291 R Frieling Katholisch und evangelisch Informationen uber den Glauben 2007 S 30 Reformierte feiern 450 jahriges Bestehen In all in de 24 Juni 2009 abgerufen am 17 Februar 2023 Bad Gronenbacher Marktnachrichten 2010 Seite 16Joseph Sedelmayer Geschichte des Marktfleckens Gronenbach Hrsg Historischer Verein zur gesamten Forderung der Heimatkunde des Allgaus Kempten 1910 Geschichte des Marktfleckens Gronenbach S 28 S 29 S 21 S 219 220 Zitat des Schreibens Kaiser Rudolf II von 1601 S 31 S 34 35 Aufstellung der wieder ab 1615 zum katholischen Glauben konvertierten S 35 36 Abbildung des Testaments Philipp von Pappenheim von 1613 S 37 S 38 Dekret vom 23 Oktober 1625 im Kreisarchiv Band 391 S 41 42 S 42 mit Verweis auf Neub Kreisarchiv Band 391 S 44 S 46 47 S 48 S 50 S 55 56 S 58 S 62 S 63 S 65 S 66 68 S 73 S 75 S 87 Verweis auf Schreiben vom 3 Marz 1655 von Bonaventura Fugger S 88 Verweis auf Schreiben vom 30 November 1660 von Graf Wolf Philipp von Pappenheim Auszug aus dem Schreiben von Friedrich Wilhelm vom 22 Januar 1669 S 91 Auflistung der ausgewanderten Burger S 100 101 Genaue Aufstellung der eingezogenen Katechismen pro Ort S 105 nbsp Dieser Artikel wurde am 28 August 2011 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reformation in Bad Gronenbach amp oldid 234088448