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Die Reformation in Memmingen begann 1513 mit der Anstellung von Christoph Schappeler an der Vohlinschen Pradikatur in St Martin in Memmingen und zog sich bis 1563 hin In den ersten elf Jahren wurde die Reformation vom Volk vorangetrieben Im Bauernkrieg wurde die Stadt vom Schwabischen Bund besetzt und zum Katholizismus zuruckgefuhrt Danach setzte der Rat die Reformation wiederum durch Zuerst an der Lehre Zwinglis orientiert bekannte sich die Stadt erst spat zum Protestantismus Luthers Inhaltsverzeichnis 1 Das Leben vor der Reformation 1 1 Wirtschaftliche Situation 1 2 Zustand der Kirche 1 3 Pradikatur 2 Die Reformation als Volksbewegung 3 Reformation nach der Memminger Disputation 4 Ende der Reformation als Volksbewegung 5 Reformation durch den Rat der Stadt 6 Vollendung der Reformation 7 Literatur 8 EinzelnachweiseDas Leben vor der Reformation Bearbeiten nbsp Memmingen von Osten 1573Memmingen hatte Ende des 15 Jahrhunderts etwa 5000 Einwohner und war damit etwa so gross wie Freiburg im Breisgau Viele Ortschaften Dorfer und Weiler der Umgebung gehorten der Stadt der Unterhospitalstiftung oder Memminger Patriziern Die Patrizier und die Zunfte entschieden zusammen mit dem Grossen und dem Kleinen Rat uber die Geschicke der freien Reichsstadt Die Patrizier verfugten meist uber grosses Vermogen und hatten genugend Zeit sich um die stadtischen Belange zu kummern Meistens war einer von ihnen Finanzverwalter und Burgermeister Auf den Schwabischen Bund hatte die Stadt massgeblichen Einfluss und war fast immer im Bundesrat vertreten Sie war hinter Ulm und Augsburg die drittstarkste Kraft im Bund 1 Wirtschaftliche Situation Bearbeiten Die wirtschaftliche Situation Ende des 15 Anfang des 16 Jahrhunderts war in ganz Oberschwaben schwierig Die auf Export ausgerichtete Wirtschaft Memmingens traf die Anfang des 16 Jahrhunderts beginnende Rezession besonders hart Waren 1450 noch 13 Steuerzahler als reich zu bezeichnen so waren es 1530 nur noch sechs Die Zahl der Habenichtse stieg im selben Zeitraum von 731 auf 1206 Bei den Webern war es noch dusterer 1450 hatten noch funf ein ansehnliches Vermogen 1530 keiner mehr Gerade diesen Berufsstand der den Grossteil der Memminger Handwerker ausmachte traf die Rezession besonders heftig In der Reichsstadt wurden Weberaufstande befurchtet wie 1516 in Ulm geschehen Das Vermogen befand sich in den Handen Weniger und die Mehrheit der Stadtbevolkerung zahlte zur armen Schicht Hinzu kam dass der Rat der Stadt das Leben der einfachen Menschen streng regulierte Samtliche Bereiche des offentlichen und des privaten Lebens wurden reglementiert So durfte zum Beispiel nur heiraten wer einen Wert von mindestens 50 Gulden an festem oder beweglichem Eigentum oder an Barschaft besass Hatte jemand weniger wurde ihm ein Armutszeugnis ausgestellt und die Heirat damit untersagt Auch durfte bei Hochzeiten nur eine begrenzte Anzahl Gaste geladen werden Zustand der Kirche Bearbeiten Die Kirche befand sich wie im gesamten Reich in einem desolaten geistlichen Zustand 5000 Einwohnern standen um das Jahr 1500 zwar 130 Geistliche gegenuber davon 52 Weltgeistliche 28 Klosterbruder und 50 Nonnen aber nur wenige von ihnen waren in der Seelsorge eingesetzt Die Bevolkerung kehrte in dieser Zeit in eine tiefe Frommigkeit zuruck Sie befolgte zumeist die Vorschriften welche ihnen die Kirche auferlegte Das gesamte Leben war religios durchtrankt Allerdings fuhlten sich die Menschen vom Klerus schlecht betreut Seelsorge und karitative Aufgaben litten massiv da viele der Geistlichen ihre Pflichten nicht oder nur schlecht erfullten So delegierten beispielsweise die Pfrundeinhaber die Abhaltung der Messen an schlecht ausgebildete Geistliche die sie nicht zur vorgesehenen Zeit sondern an anderen Tagen zelebrierten Der Stadtrat mischte sich bereits vor der Reformation des Ofteren in kirchliche Belange ein Streitigkeiten des Stadtrats mit den Klostern vor allem dem Augustinerkloster und dem Antonierkloster verstarkten diesen Trend Trotzdem stifteten die Burger von 1470 bis 1521 mehr Messen als in der gesamten Zeit vorher Pradikatur Bearbeiten Ein neues Mittel fur die Sicherung des Seelenheils war die Pradikatur Am Freitag nach Maria Magdalena 22 Juli 1479 stifteten die Vohlins eine Pradikatur an der St Martins Kirche Der Inhaber der Pradikatur sollte wochentlich mindestens zwei Messen lesen An Sonntagen und an 21 benannten Feiertagen mussten weitere Messen gelesen werden Auch musste der Inhaber einen Magistertitel besitzen Die Pradikaturstellen waren aber auch eine Konkurrenz zu den normalen Pfarrerstellen an der Kirche so dass es auch hier zu Streitigkeiten kam Die Pradikaturinhaber die sich meist in einer Position uber den Predigern sahen waren meist besser theologisch ausgebildet als die eigentlichen Pfarrer Diese sahen dadurch ihre Einflussnahme auf die Bevolkerung gefahrdet In Memmingen wo die Hauptpfarrerstelle der Stadtpfarrkirche St Martin von dem nahe gelegenen Antoniterkloster besetzt wurde die Kirche war in das Kloster inkorporiert gab es zusatzliche Spannungen Dem Prazeptor des Klosters wurde immer wieder Unfahigkeit vorgeworfen da er sich selten in der Stadt befand und seine seelsorgerischen Tatigkeiten vernachlassigte Der erste Inhaber der Vohlinschen Pradikatur Dr Jodokus Gay stritt sich schon fruh mit dem Rat der Stadt und dem Antoniterkloster Er gilt als Wegbereiter fur den Reformator Dr Christoph Schappeler nbsp Die Gedenktafel an die Vohlinsche Pradikatur am ehemaligen Wohnhaus der Inhaber der PradikaturBereits seit dem Mittelalter nahm die Bevolkerung immer wieder Einfluss auf das kirchliche Leben innerhalb der Mauern der Stadt So wurden die beiden grossen Stadtpfarrkirchen St Martin und Unser Frauen nicht von den jeweiligen Klostern in die sie inkorporiert waren gebaut sondern von der Burgerschaft Auch fand der Schwur des Burgermeisters am Schwortag in St Martin statt Dr Jodokus Gay wollte dies andern und schrieb deswegen 1507 an den Augsburger Bischof Bischof Heinrich IV von Lichtenau war jedoch unentschlossen und reichte eine Supplikation beim Kaiser ein Gay drohte jedoch mit dem papstlichen Bann und dem Interdikt Kaiser Maximilian I gebot Gay daraufhin von seinen Forderungen abzusehen Dieser Streit zog sich bis zum Tode Gays im Jahre 1512 hin Auch mit seinem Nachfolger geriet die Stadt immer wieder in Streitigkeiten In diese Zeit fiel die Reformation Fur viele Glaubige war die Messfeier ein unverstandliches heiliges Schauspiel dem der Glaubige passiv zusah oder ein geheimnisvolles Geschehen Die unverstandliche lateinische Liturgiesprache tat ein Ubriges Eine andere Stromung wollte auch Einfluss auf die kirchlichen Belange gewinnen Die Reformation als Volksbewegung Bearbeiten nbsp Die Kanzel in St Martin1513 stellte die vohlinsche Pradikatur den Prediger Christoph Schappeler ein Bereits 1516 fiel der in der freien Reichsstadt St Gallen geborene und nach Memmingen zugewanderte dem Rat der Stadt auf als er gegen die Reichen der Stadt predigte Ein Eintrag im Ratsprotokoll vom 21 August 1521 kann mit der Reformation in Zusammenhang gebracht werden Der prediger zu sant Martin hat vor 14 Tagen ain freventliche predig gethan von unfur wegen auff der gassen gehept also man straff die reichen nit wie die armen so sie auss der burger Zunfft seyn mit dem anhang er wolls der gemaind befehlen Das mocht sich zu ainer auffrur ziehen dauon ist vil vnd mancherley geredt Vnd erfunden das er vnns die warhait gesagt hat dann wir strafen nit Aber er solt nit daran henncken er wolltz der gemaind befelhen Dieweyl er aber sonst ain erber wesen furet vnd allain auss aim angeporn geprechen ettwan zu hitzig wurdt so will es ain rat ain gute sach lassen sein vnd soll Zangmeister Strigel vnd die mit im reden ain freuntlich red vnd in bitten ain gemaind nit auff ain rat zu weisen 2 Diese Predigt muss fur Schappeler charakteristisch gewesen sein Bezog er doch gesellschaftskritisch sowie politisch theoretisch Stellung Arm und Reich wurde in der Reichsstadt nicht dasselbe Recht zuteil Er folgerte daraus dass sich die Gemeinde durchaus gegen den Rat zur Wehr setzen solle Der Rat dem die Anschuldigungen offensichtlich peinlich waren schickte eine Delegation zu Schappeler um ihn zu massregeln Fur den Stadtrat war es wichtig zu zeigen wer in der Stadt regierte Allerdings zeigt dieses Ratsprotokoll auch dass sich der Stadtrat der Brisanz von Schappelers Predigten noch nicht bewusst war Er musste auch vorsichtig agieren da Schappeler bereits viel Zuspruch aus der Bevolkerung hatte und weite Kreise hinter sich wusste Teile des Stadtrates mussen ebenfalls schon auf Schappelers Seite gestanden und fur ihn Partei ergriffen haben Ein Jahr nach dem Eintrag im Ratsprotokoll wurde Schappeler als Theologe deutlicher So predigte er dass unter 1000 Messen kaum eine brauchbare dabei sei und die Geistlichen allesamt unfahig seien ihr Amt zu bekleiden Gleichermassen sprach er den Geistlichen jegliche theologischen Kenntnisse ab Die Kirchenrechte und die papstlichen Dekrete seien allesamt weltlicher Natur deshalb musse man ihnen auch nicht folgen Dies fand bei den immer armer werdenden Memminger Burgern offene Ohren so dass der Ruf nach religioser Erneuerung auch in den unteren Bevolkerungsschichten lauter wurde Der aristokratische Teil der Stadtbevolkerung kampfte allerdings massiv fur den Erhalt des alten Glaubens Im August 1519 hatte Schappeler bereits einen Brief an Joachim von Watt geschrieben in dem er grosse Sympathien fur Martin Luther bekundete Auch berichtete er in diesem Schreiben von der Disputation mit Johannes Eck Inwieweit seine Predigten schon damals von der romisch katholischen Lehre abwichen ist nicht mehr feststellbar Bereits im April 1522 beschwerte sich der Pfarrer der Frauenkirche beim Stadtrat dass die Stiftungen massiv eingebrochen seien Der Rat wies diese Klage jedoch zuruck da man ihm nichts schuldig sei Lediglich der Stadtschreiber Ludwig Vogelmann erkannte die Gefahr in Schappelers Predigten und schrieb im Marz 1522 an den Patrizier Ehinger nach Rom Lutter in unsern landen ain sollich geschray gemacht und sonderlich under seine monch das mich verwundert das unser hailiger vatter Papst und Cadinales soolich sachen so lang mugen sehen und leiden desshalb zu achten ist es werd ettwan gar prechen 3 Im September 1522 schrieb er im Ratsprotokoll Lutters halb ist ein geschray hie under den priestern worden predigen wider ainander Darumb will der Prediger hinreiten zu vermuten er fercht den pischoff und durf nit die warhait predigen So stat es an andern auch nit wol zwischen den gaistlichen 4 Kurz darauf forderte der Augsburger Bischof Christoph von Stadion die Stadt auf dem kaiserlichen Mandat unbedingt Folge zu leisten und gegen die Lutheraner vorzugehen Schappeler der fur sich die Luft immer dunner werden sah wollte wieder zuruck nach Zurich mit einer Empfehlung von Joachim von Watt Auch Ulrich Zwingli bemuhte sich darum fur Schappeler eine freie Predigerstelle in Winterthur zu erhalten und sandte ihm die Ende Januar 1523 in Zurich vertretenen Artikel zu Allerdings bat der Rat der Stadt Memmingen Schappeler zu bleiben Die Haltung des Rates war in dieser Zeit widerspruchlich Einerseits legte er Wert auf die weitere Anwesenheit Schappelers andererseits ermahnte er die Burger zur Heiligenverehrung Gleichzeitig lehnte er einen Antrag ab den Verkauf von Luthers Schriften zu verbieten Ludwig Vogelmann war uber das Abstimmungsergebnis dermassen emport dass er darunter schrieb Der theufel schlag darein 5 Anfang 1523 wurden die ersten Bilder geschandet Zwei Jugendliche Ulrich Gessler und Raphael Sattelin raubten die Skulptur eines Juden aus der Olberggruppe in der Frauenkirche Mit dieser zogen sie durch die Strassen verhohnten und verspotteten sie Der Rat der Stadt bestrafte die beiden Patriziersohne am 9 Februar Ob der Raub nun aus reformatorischem Eifer oder Judenhass geschah oder ob eine Auseinandersetzung mit dem Pfarrer der Ausloser war lasst sich nicht mehr klaren Sicher ist nur dass dies die erste nachgewiesene Aktion gegen Bildnisse in einer Memminger Kirche war 6 1523 berichtet der Chronist Galle Greiter von einer Predigt den Suntag nach Martine that Doctor Christoff Schappeler die erste Predig Lueterisch 7 Damit brach Schappeler endgultig mit der alten Lehre und der alten Kirche nbsp Schappeler in einer modernen Zeichnung am MeWo HausAufgrund dieser Predigt musste der Stadtrat eingreifen wollte er nicht die Ungnade des Kaisers auf sich ziehen Dennoch wurde Schappeler wieder nur gemassregelt Am 30 Juli 1523 zwangen einige Burger Pfarrer Megerich von der Frauenkirche auf offener Strasse eine Klageschrift entgegenzunehmen Darin wurden Leben und Handeln des Pfarrers gerugt Uber Umwege gelangte diese Schrift an den Stadtrat der die Uberbringer vorlud Unter ihnen befand sich auch der spater noch haufig in das Reformationsgeschehen eingreifende Sebastian Lotzer Der Rat rugte die Personen ausserst heftig und scharf In der Zurechtweisung des Rates steht auch sonndern jedermann glauben und machen lassen was er main gegen gott und der welt verantworten 8 Einer der Beweggrunde fur diese heftige Ruge mag auch die Angst vor Unruhen gewesen sein Im September spitzte sich die Lage weiter zu so dass sich der Stadtrat genotigt sah an alle Geistlichen in der Stadt ein Schreiben mit folgender Mahnung zu senden das Ir und die prediger all und jegklich zum hochsten vermeyden sollen conspirationes anhenng und zwitracht bey den layen wider ain annder zumachen darauss leychtlich gross Emporung und unuberwuntlicher unrat erwachsen mocht 9 Dem Stadtrat gelang es nicht die Prediger allen voran Schappeler davon zu uberzeugen ihre Predigten sanfter zu formulieren Der Prediger des Elsbethenklosters trat zur lutherischen Lehre uber Er verliess aber aus Furcht bald daraufhin die Stadt Am 20 Januar 1524 forderte der Augsburger Bischof Schappeler auf auf dessen Schloss in Dillingen zu erscheinen Im Stadtrat kam es zu grossen und heftigen Auseinandersetzungen Der grosste Teil der Mitglieder unterstutzte jedoch Schappeler Er bat in seinem Antwortschreiben an den Bischof um freies Geleit fur Schappeler und um die Erlaubnis dass ihn zwei Ratsherren begleiten durften und auch anwesend sein konnten wenn er sich vor dem Bischof verantworten musste Der Bischof lehnte diese Bitten ab Schappeler erschien daraufhin nicht beim Bischof daraufhin verhangte dieser uber ihn im Februar den Kirchenbann Damit war die Reformation kein reines Memminger Thema mehr Nun waren die Stadtoberen eigentlich gezwungen gewesen Schappeler aus der Stadt zu weisen und ihm das Predigen zu verbieten Daruber kam es in der Ratsversammlung zu grossen Flugelkampfen Mehrfach mussten der altglaubige Burgermeister Conrater und der fanatisch altglaubige Stadtschreiber Ludwig Vogelmann die Sitzung verlassen Der Rat entschied Schappeler nicht aus der Stadt zu verweisen auch durfte er weiterhin als Prediger an St Martin und am Augustinerinnenkloster wirken 10 Der Rat hatte damit erstmals eindeutige Stellung zugunsten der Reformation genommen Viele Ratsmitglieder hingen bereits der neuen Lehre an In einem Schreiben das kurze Zeit spater an den Kaiser gesandt wurde heisst es bissher anderst nich bey uns das haylig Euangelium lautter und rain predigen lassen bey der mess wie dieselbig ain zeit her gehallten allerlay misprauch und mangel sein sollten Dann wir glauben wann die Crist glaubigen zum Sacrament des nachtmals gen das sy den leib cristi das warhafftig himel brott vnd sein blut aus dem lebendig wort vnd verhayss durch den glaub niessen vnd empfahen sonnder je vnd allwegen in dem vnnd anderm ainen jeden seinen glauben frey gelassen 11 Aus diesem Brief geht hervor dass die naive Meinung des Rates war dass man nur die Sache des reinen Evangeliums vertrete und der Kaiser ihnen das wohl kaum ubelnehmen konnte Die Messe werde geandert das Sakrament des Abendmahls Christi werde in beiderlei Gestalt gefeiert Ansonsten habe man keinerlei Veranderungen vorgenommen Es wurden keine Altare und Bilder aus den Kirchen entfernt Der Spitalmeister durfte auch im Jahr 1524 die Ablassfeier halten wie er es fur gut fand Der Rat versuchte also alles was nicht direkt mit der Theologie zu tun hatte beim alten zu belassen und so den Schein zu wahren Damit wurde versucht Kaiser und Bischof zu besanftigen Mit der Ausrede man lasse nur das lautere Evangelium predigen wandte man sich der Lehre Zwinglis zu Der Rat versuchte mit den vorgenommenen Anderungen einen Aufruhr in der Stadt zu verhindern Er fuhrte also keine eigentliche Reformation durch sondern handelte so wie es den Burgern der Stadt gefiel und bezog diese mit ein Am 15 April 1524 legte der Stadtschreiber Ludwig Vogelmann sein Amt nieder das er seit 1508 innehatte weil er die Reformation nicht mittragen konnte Bei der Neuwahl des Burgermeisters im Jahr 1524 ubernahm Hans Keller das Amt von dem altglaubigen Burgermeister Ludwig Conrater Keller war zwar ein Freund der Reformation jedoch nicht voreilig und aller Ubersturzung abgeneigt Nach dem Rucktritt Vogelmanns waren die beiden einflussreichsten Amter an die Neuglaubigen gefallen Der neue Stadtschreiber Georg Maurer blieb es bis 1548 Im Mai 1524 traf die Reformation auch die Kloster der Stadt Einige der Nonnen des Elsbethenklosters zeigten an dass sie nicht mehr im Kloster bleiben sondern heiraten wollten Auch im Augustinerkloster kamen solche Bestrebungen auf weshalb der Rat auf dem Stadtetag zu Ulm anfragte ob er das Klostergut inventarisieren und verwahren durfe Dies wurde positiv beschieden Ob nun der Rat schnell an die Klosterguter kommen wollte oder ob er befurchtete dass die ehemaligen Klosterschwestern und Klosterbruder die Kirchenschatze stehlen geht nicht aus den Quellen hervor Bis zu diesem Zeitpunkt war die Reformation von kleineren Streitigkeiten abgesehen friedlich verlaufen Durch die Ubergabe des Protestschreibens an Pfarrer Mergerich hatte sich bereits eine starke Anteilnahme der Laien gezeigt Aufgefordert hierzu wurden sie von Schappeler und seinem Laiengehilfen Sebastian Lotzer die beide Schappeler in Predigten Lotzer in Schriften die Burger aufforderten ihre Freizeit mit Bibelstudium zu verbringen 1523 erschien von Lotzer die Schrift Ain christlicher sendbrief darin angetzaigt wird dz die layen macht vnd recht haben von dem hailigen Wort gots reden lern vn schreibe 12 Die Aufforderung nur das gelten zu lassen was sich aus der Bibel rechtfertigen lasst barg viel politischen Sprengstoff Im Juli 1524 erklarte eine Gruppe von Burgern den Kirchenzehnt nicht mehr zahlen zu wollen da dies nicht in der Bibel vorgesehen sei Da auch die stadtischen Dorfer und Stiftungen zur Zahlung des Zehnts verpflichtet waren konnte der Stadtrat diesmal nicht daruber hinwegsehen sondern musste handeln wollte er nicht auf die Einnahmen des Zehnts verzichten Die Bauern des Dorfes Steinheim verweigerten bereits die Zahlung des Gross und Kleinzehnts an den Pfarrer und die stadtische Unterhospitalstiftung Der Stadtrat liess dieses Problem auf dem schwabischen Stadtetag in Ulm beraten Daraufhin verkundete er dass jeder zur Zahlung des Zehnts verpflichtet sei wolle er nicht empfindliche Strafen auf sich ziehen Als sich nur der Backermeister Hans Heltzlin weigerte den Zehnt zu zahlen wurde er inhaftiert Die Bevolkerung reagierte damit dass sich eine grossere Menschenmasse zusammenfand und einen Ausschuss bildete der nach Zunften organisiert war Ambrosius Baesch wurde als Wortfuhrer gewahlt Er protestierte beim Rat gegen dessen Vorgehen und verlangte im Namen der Bevolkerung die sofortige Freilassung des Backermeisters und die Zusicherung kunftig niemand mehr wegen Verweigerung des Zehnts einzusperren Des Weiteren wurde der Rat aufgefordert sich nicht mehr in Fragen der kirchlichen Abgaben Jahrtage Seelgerate und Sonstiges einzumischen Er sollte aber dafur sorgen dass in den Kirchen nur noch das Wort Gottes gepredigt werde Auch sollte er gegen diejenigen Geistlichen vorgehen die gegen Schappeler predigten Der Rat musste unter dem Druck der Bevolkerung den Backermeister wieder freilassen Uber die anderen Punkte musste der Stadtrat mit den Elfern und der Gemeinde verhandeln Durch diese Niederlage war der Rat gezwungen auch in Zukunft wichtige Entscheidungen nicht mehr alleine sondern im Zusammenwirken mit der Stadtgemeinde zu treffen Die Macht des Rates war damit gebrochen In den folgenden Tagen wurden die Geistlichen unter stadtische Gerichtsbarkeit gestellt und in ihren Pflichten und Rechten auch hinsichtlich der Steuerpflicht den Burgern gleichgestellt Auch wurde die Drohung ausgesprochen wo sy in die ainung mit loben das man in dann den Schrim auffsag 13 Schappeler beantragte dass das Abendmahl in St Martin nach der neuen Lehre in beiderlei Gestaltausteilen zu lassen sowie die Stundengebete und die Seelenamter abzuschaffen Der Rat antwortete ausweichend Damit stand er zwischen verschiedenen Fronten auf der einen Seite waren die Kirche und der Kaiser die die alte Lehre beibehalten wollten auf der anderen die Bevolkerung die die neue Lehre einfuhren wollte Durch die Schwachung in der Auseinandersetzung um den Backermeister Hans Heltzlin war der Rat zur Bewegungslosigkeit verurteilt Es konnte sich eine neue Abendmahls und Taufordnung herauskristallisieren ohne dass etwaige Einzelheiten daruber niedergeschrieben wurden 14 Schappeler zu einer Beruhmtheit im naheren und weiteren Umkreis geworden predigte weiter an St Martin und in der Kirche des Elsbethenklosters Der Zulauf von Glaubigen zu seinen Predigten war so gross dass sich der Stadtrat genotigt sah die Torwachen durch je zwei Zunftmeister zu verstarken Des Weiteren wurden Flurwachter zur Aufrechterhaltung der Ordnung in die Kirchen geschickt Innerhalb der Stadt nahm der Druck auf den Rat zu kirchliche Reformen durchzufuhren So verlangten immer wieder Neuglaubige an der Frauenkirche ebenfalls die Reformation einzufuhren Der dortige Pfarrer Mergerich stand jedoch zum alten Glauben und liess dies nicht zu Die Bevolkerung drohte auch damit ihn gewaltsam als Pfarrer zu entfernen Mergerich und Schappeler bekampften sich nun in den Predigten umso heftiger Der Rat versuchte in dem Streit zu vermitteln allerdings ohne Erfolg Daraufhin fragte der Rat bei Mergerich und beim Spitalmeister des Kreuzherrenklosters an ob Mergerich an einer Disputation teilnehmen konnte Beide antworteten dass dies ohne Wissen und Willen ihrer Obrigkeit nicht moglich sei Wenn der Rat allerdings die Verantwortung ubernahme wurden sie sich diesem Streitgesprach stellen Der Stadtrat lehnte dies ab so dass die Disputation nicht stattfand Die Bevolkerung drangte nun aber erst recht zur neuen Lehre Beim Weihnachtsgottesdienst am 25 Dezember 1524 gab es in der Frauenkirche einen Tumult Pfarrer Mergerich wurde mit Fausten und Fussen gestossen und geschlagen und in die Sakristei getrieben wie er dem Augsburger Bischof schrieb 15 Erst die herbeigerufenen Ratsmitglieder konnten den Streit schlichten Mergerich musste versprechen am 2 Januar 1525 an einer Disputation teilzunehmen Wegen der Emporung in der Stadt und im weiteren Umland den dieser Tumult ausloste entschuldigte sich Sebastian Lotzer einer der Anfuhrer in einer Flugschrift folgendermassen Dan ain ersame gmaine begert nichts anders dan wz gotllch vn recht ist wa ain ordentliche oberkait nach dem selben handlet wyrt man jnen geren vnderthenig vn gehorsam seyn wa nit wirdt der spruch genomen man muss got mer gehorsam sein dan dem mensche 16 Einerseits wies er den Vorwurf zuruck die Anhanger der neuen Lehre wollten den Reichen ihre Guter wegnehmen andererseits verteidigte er die reinen Glaubensangelegenheiten Auch benutzte er erstmals das Wort evangelisch Die meisten Anhanger der neuen Lehre mussen Habenichtse und arme Burger gewesen sein die zu einer urchristlichen Gutergemeinschaft zuruckkehren wollten Lotzer gab dies in einer Flugschrift zu wenn er auch Gewaltanwendungen leugnete 16 Reformation nach der Memminger Disputation Bearbeiten nbsp Das Memminger RathausDie Memminger Disputation fand vom 2 bis zum 7 Januar 1525 im Memminger Rathaus statt Es standen sich der altglaubige Pfarrer Mergerich von der Frauenkirche und der Reformator Schappeler von St Martin gegenuber Auch andere altglaubige Geistliche nahmen an der Disputation teil Den Vorsitz fuhrte Dr Ulrich Wolfhart Vertreter aus allen zwolf Zunften wurden als Beisitzer benannt Bei der Memminger Disputation stellte Schappeler sieben Artikel auf Durch die vorherige Entscheidung nur Argumente aus der Bibel gelten zu lassen stand bereits fest dass Mergerich verlieren wurde Bereits zu Beginn wurde die Zustandigkeit des Bischofs des Papstes und der Konzile in Glaubensfragen geleugnet 17 Nachdem Schappeler die Disputation gewonnen hatte konnte der Rat auch den drangenden evangelischen Volksgruppen nicht mehr ausweichend antworten Der grundsatzlichen Umgestaltung des Memminger Kirchenwesens stand so nichts mehr im Wege Der Rat war aber trotzdem vorsichtig in seinen Handlungen Bevor Reformen eingefuhrt wurden informierte sich der Rat nach allen Seiten So musste zum Beispiel der Prediger Conrad Sam aus Ulm ein Gutachten anfertigen Der Grosszunftmeister Hans Schulthaiss wurde nach Augsburg abgeordnet um sich dort mit dem Prediger Dr Urbanus Rhegius und den Rechtsgelehrten Konrad Peutinger und Rehlinger zu beraten Erst als diese zustimmten begann man das Memminger Kirchenwesen von Grund auf zu reformieren Den Geistlichen wurde erlaubt zu heiraten und sie erhielten die gleichen Rechte und Pflichten wie normale Burger Die geistliche Gerichtsbarkeit wurde abgeschafft und alle Streitigkeiten wurden vor den weltlichen Gerichten verhandelt Die Geistlichen wurden in Zunfte aufgenommen sie mussten Steuern zahlen und den Burgereid leisten Allerdings beliess man ihnen samtliche kirchlichen Einkunfte wie Messstiftungen und Seelgerate Erledigte Messpfrunde wurden jedoch nicht wieder besetzt Die Heilige Messe wurde abgeschafft dafur wurde taglich ein Altargottesdienst in beiden Stadtpfarrkirchen abgehalten Das Abendmahl wurde in beiderlei Gestalt gereicht Der Rat empfahl den Burgern den Kirchenzehnt zu geben verbot jedoch die Verweigerung des Laienzehnts Die Hauptkirche der Stadt St Martin war zwar in das Antoniterkloster inkorporiert allerdings leitete Schappeler faktisch die Kirche Der Rat und die Zunfte wahlten gemeinsam die Pfarrer Die Stadt stellte Simprecht Schenck einen aus dem Kloster Buxheim ausgetretenen Priester im Januar 1525 als Prediger ein Der altglaubige Pfarrer der Frauenkirche namens Mergerich wurde wegen Schmahreden oft vor den Rat zitiert und zurechtgewiesen Die Kloster in der Stadt reagierten unterschiedlich auf die neue Situation Wahrend das Oberhospital sich anpasste traten viele Monche aus dem Konvent des Augustinerklosters aus Das Elsbethenkloster loste sich langsam auf Nur die Franziskanerinnen wurden von den Geschehnissen in der Stadt nicht beruhrt und fuhrten ihren Konvent auf die gewohnte Weise weiter Die Unruhen in der Stadt fanden auch nach Einfuhrung dieser Reformen kein Ende Ein Attentat des Augsburger Bischofs auf Schappeler schlug fehl Ende der Reformation als Volksbewegung Bearbeiten nbsp Die Kramerzunft oder auch Zwolf Artikel HausIm Bauernkrieg unterstutzte die Memminger Bevolkerung die aufstandischen Bauern Die Bauern im stadtischen Gebiet legten dem Rat die Memminger Artikel vor Durch die Unterstutzung der Bevolkerung musste hier der Rat teilweise nachgeben und den Bauern diverse Zugestandnisse machen Die Bevolkerung Memmingens war nicht nur den Memminger Bauern sondern auch den anderen aufstandischen Bauern zugetan Der Rat musste ein Verbot erlassen was den Verkauf von Waffen an die Aufstandischen betraf So trafen sich die oberschwabischen Bauernhaufen in Memmingen Sie grundeten in der Kramerzunft die Christliche Vereinigung und verfassten die Zwolf Artikel und die Bundesordnung Hier trat vor allem Sebastian Lotzer in den Vordergrund der als Verfasser der Schriften gilt In den Schriften geht es darum das weltliche Recht mit der Heiligen Schrift in Einklang zu bringen Deshalb sollen alle Pflichten welche nicht in der Bibel aufgefuhrt werden abgeschafft werden Da der Rat sich nicht anders mehr zu helfen wusste wurde der schwabische Bund um Hilfe gebeten Der schwabische Bund wurde gebeten mit 200 Mann Memmingen zur Hilfe vor den Bauern und der sich zusammenrottenden Bevolkerung zu eilen Allerdings ruckte der Bund mit 200 Reitern und 700 Mann durch das Ulmer Tor in die Stadt ein Damit hatte der schwabische Bund die langersehnte Gelegenheit die neue Lehre in Memmingen auszurotten 18 Die Hauptleute zeigten bei ihrer Begrussung durch den Grosszunftmeister Hans Schulthaiss bereits an dass sie gegen die Anfuhrer und die Prediger vorzugehen hatten und auch dies durch die Stande des Bundes abgesichert sei Zahlreiche Menschen wurden verhaftet und eingesperrt Viele wurden auch hingerichtet So schrieben die Hauptleute Diepold von Stein Eitelhans Sigmund von Berg und Linhard von Gundelsheim an den Bund wie sich gepurt auf sonntag nechst vergangen irn dreyen mit namen maister Paulssen schulmaister meister Adam maurern und Hansen Lutzen ain wirt enthaupten lassen und ligen ir zwen noch in fengnus des wir nun euch vor tagen verstendigt hetten sover der pot von den paurn nit nieder geworfen were 19 nbsp Der Marktplatz dort wurden die meisten enthauptetDem Prediger Schappeler war zusammen mit vielen anderen darunter auch Sebastian Lotzer die Flucht aus Memmingen gelungen Sie fanden in St Gallen in der Schweiz Asyl In grosse Bedrangnis geriet die Stadt durch die die Stadt belagernden aufstandischen Bauern Der Truchsess von Waldburg befreite die Stadt am 3 Juli aus ihrer Umklammerung Der Kaufbeurer Pfarrer legte beim schwabischen Bund Klage gegen die Stadt ein da sie gegen die papstliche Bulle und die kaiserlichen Mandate verstossen habe Auch habe sie gegen das Verbot den Verkauf von lutherischen Schriften und die lutherischen Predigten zugelassen Des Weiteren wurde das Abendmahl in beiderlei Gestalt auf Betreiben des Rates ausgeteilt Die Memminger leugneten dies jedoch mit der Begrundung sie hatten sich nur nach der Heiligen Schrift verhalten Die Klage wurde daraufhin gar nicht erst aufgenommen Alle Burger welche schworen konnten an den Aufstanden nicht beteiligt gewesen zu sein wurden nicht weiter verfolgt Auf Wunsch des aus seinem Exil zuruckgekehrten Antoniterprazeptors musste die Messe wieder eingefuhrt werden Dies mussten die neugewahlten Ratsherren am 9 Juli 1525 den vom Bund abgeordneten Hauptleuten schworen Der evangelische Prediger Simprecht Schenck musste entlassen und der Stadt verwiesen werden Die Monche welche aus den Klostern ausgetreten waren mussten die Stadt ebenso verlassen Die Besteuerung der Geistlichen und die Ablegung des Burgereids fur diese wurden aufgehoben Des Weiteren sollte die Bevolkerung die Jahrtage begehen Mit diesen Massnahmen stellte der schwabische Bund alle reformatorischen Massnahmen wieder auf Null zuruck Damit war auch die Reformation als Volksbewegung beendet 20 Reformation durch den Rat der Stadt Bearbeiten nbsp Das ehemalige Antonierkloster am Schweizerberg St MartinskirchhofNachdem der schwabische Bund samtliche Reformationen ruckgangig gemacht hatte war das religiose Leben zunachst wieder in katholischer Hand Allerdings konnte die Bevolkerung Memmingens durch den Bund nicht gegenreformiert werden So stellte der Rat im Oktober 1525 wieder einen evangelischen Prediger ein Fur kurze Zeit predigte der Konstanzer Dr Hans Wanner in der Stadt Da aber nun die Angst des Rates vor einer neuerlichen Einmischung des schwabischen Bundes oder aber gar des Kaisers gross war wurde Wanner als Prediger nicht eingestellt Auch Schappeler wollte wieder zuruckkehren dies lehnte der Rat aber ebenso ab Ihm wurde geschrieben dass man ihn aufgrund der Vorkommnisse im Juli 1525 nicht mehr haben wolle Der neue Prediger Georg Gugy wurde immer wieder ermahnt dass er nichts predigen solle was die altglaubigen Kleriker gegen ihn aufbringen konnte Den Burgern der Stadt wurde nahegelegt den kirchlichen Zehnt zu zahlen Auf dem Speyerer Reichstag von 1526 wurde Eberhart Zangmeister von der Stadt entsandt Dieser ubergab eine Schrift uber die geistlichen Beschwerden Der Reichstag konnte sich jedoch nicht zu einer Einigung durchringen weswegen er am 27 August 1526 beschloss zu warten bis es zu einem Konzil kam Im Reichsabschied heisst es mit ihren Untertanen also leben regieren und sich halten wie ein jeder solches gegen Gott und Kayerliche Majestat hoffe und vertraue zu verantworten 21 Gestutzt auf diese Regelung begann die Memminger Obrigkeit damit die Reformation nach eigenen Vorstellungen einzufuhren So wurde die Aufforderung des schwabischen Bundes den neuen Prediger Georg Gugy zu entlassen nicht befolgt Der ausgewiesene Prediger Simprecht Schenck wurde wieder zuruckgeholt Der Rat der Stadt forderte den Augustinerprior auf seine Kochin zu entlassen Auch ging er nun gegen die sogenannten Pfaffendirnen scharfer vor Es wurde festgesetzt dass all diese die Stadt verlassen mussten Auch nutzte der Rat die eigentlich schon an Altglaubige vergebenen Pradikaturen an St Martin Unser Frauen und im Elsbethenkloster zur Finanzierung der von ihm eingestellten Prediger Daraufhin legte der Antoniterprazeptor Caspar von Leutzenbrunn Widerspruch beim Rat ein Diesem wurde nicht stattgegeben weswegen der Prazeptor die Stadt verliess Eine Reihe altglaubiger Burger meist aus der Grosszunft verliessen die Stadt ebenfalls und gaben ihr Burgerrecht auf Darunter waren so angesehene Burger wie Hans Vohlin und Hans Schulthaiss welcher wiederholt Bundesrat und Abgeordneter auf Stadte und Reichstagen war Der Rat bedauerte deren Entschluss ausserordentlich gingen ihm dadurch auch meist hohe Steuereinnahmen verloren Dem altglaubigen vohlinschen Prediger wurde das Predigen verboten Der Augsburger Bischof sowie der schwabische Bund beschwerten sich daraufhin was den Rat allerdings unbekummert liess Am 11 November 1527 wurde bei einer Versammlung mit anderen Stadten des schwabischen Bundes beschlossen dass der schwabische Bund in religiosen Themen nicht weisungsbefugt sei bis ein allgemeines Konzil stattfinden wurde Auf dem Stadtetag in Ulm am 29 September 1527 verhinderte Peutinger eine Spaltung in alt und neuglaubige Stadte Im November beschloss der Rat von Ambrosius Blarer aus Konstanz ein Gutachten einzuholen In der neuen Zuchtordnung welche im Januar 1528 von den Kanzeln der Memminger Kirchen verlesen wurde wurde die ehegerichtliche Judikatur des Augsburger Bischofs ausgeschlossen Ausser den Feiertagen Weihnachten Neujahr Ostern Himmelfahrt Pfingsten Mariae Verkundigung und Mariae Himmelfahrt wurden alle anderen kirchlichen Feiertage abgeschafft Die Gottesdienstordnung wurde neu gefasst Das Abendmahl war von nun an ein Gedachtnismahl Es musste mindestens viermal im Jahr in beiderlei Gestalt gereicht werden Auch wurden die Taufen nun auf Deutsch gehalten Allerdings kam diese nicht zur Ausfuhrung da der zwinglische Schenck und der lutherische Gugy sich nicht einigen konnten Hier stand vor allem die Abendmahlsfrage im Raum weshalb die Stadt auch im Januar 1528 diese beiden zu der Berner Disputation sandte Ohne dort eine Einigung erzielt zu haben kamen sie in die Stadt zuruck Die meisten Memminger waren jedoch der einfacheren theologischen Auslegung der Abendmahlsfrage durch Zwingli zugetan In den Klostern fing die Stadt unterdessen an die Kirchenherrschaft zu erringen Der Augustinerabt musste den Rat als Schutz und Schirmherren anerkennen das bewegliche Kirchengut wurde inventarisiert Die ersten Kirchenstiftungen wurden aus dem Kirchengut herausgelost der Gegenwert in den allgemeinen Kasten gelegt Im Marz 1528 wandte sich der Rat wiederholt an Blarer damit dieser in die Stadt kommen solle um die Streitigkeiten zwischen den hiesigen Predigern zu schlichten Blarer kam allerdings erst Anfang November in die Stadt Er konnte jedoch in dem Abendmahlsstreit nicht vermitteln Der Rat musste nun selbst die Richtung vorgeben und entliess den lutherischen Gugy und stimmte fur die zwinglische Glaubensrichtung Zur selben Zeit schaffte der Rat die Messe in den Memminger Stadtkirchen ab Diese Massnahme wurde am 30 November 1528 mit einem Burgerreferendum beschlossen In einem Schreiben des Rates an die Zunftmeister heisst es Sy haben auff sontag predien gehert und verstanden das die mess wie sy bissher gehalten ain grewel vor got und ain lesterung des leidens und verdiensts cristi und das ain jede cristliche oberkait bey irer seeln seligkeit schuldig das Eroberer Rat der meinung und des willens sover es inen auch gefiel und zu aim Rat desshalb trewlich setzen wellen das sy mit hilff des almechtigen die priesterschaft solches lassen erinern 22 Am 9 Dezember stimmte die Versammlung der Eilfer uber die Abschaffung ab Von den 132 Eilfern waren 104 anwesend von denen 90 fur den Antrag des Rates stimmten Lediglich die Zunftmitglieder der Grosszunft hatten Bedenken Damit war die Reichsstadt Memmingen als eine der ersten offen ins reformatorische Lager gewechselt und hatte sich in der Region politisch isoliert Das war den Ratsherrn auch bewusst Im Ratsprotokoll vom 9 Dezember 1528 heisst es man sol Hansen Kellers und ander stet rat haben besorg wir mugens nit erheben sein noch mer und minder die es nit gethan haben 23 nbsp Das Gebaude der GrosszunftDennoch setzte man die Umgestaltung des Kirchenwesens unbeirrt fort Die Messgewander und sonstige Kirchengerate wurden von den Pflegern in Verwahrung genommen Als Nachstes machte sich der Rat an die Reformierung der Kloster in der Stadt Den Augustinern wurden zwei Ratsmitglieder als Pfleger vorgesetzt Diese mussten die Wertsachen inventarisieren und verschliessen Je ein Schlussel wurde dabei den Pflegern und den Monchen ubergeben Die Schwestern des Elsbethenklosters konvertierten und traten aus dem Kloster aus Am 15 Februar 1529 ubergaben diese ihren gesamten Klosterbesitz der Unterhospitalstiftung Den ausgetretenen Schwestern wurden im Gegenzug Wohnung und Nahrung versprochen Das einzige Kloster welches der Reformation widerstand war das Franziskanerinnenkloster Hier hatte auch eine extra hierfur eingerichtete Kommission aus Rat Zunftmeistern und Blarer keinen Erfolg Der Augsburger Bischof legte scharfen Protest gegen die Handlungen des Rates ein Johannes Eck fertigte hierfur eine Abhandlung an Diese wurde am 15 Januar von Ambrosius Blarer in der Martinskirche offentlich widerlegt Aufgrund der Abschaffung der Messe nach altem Ritus wurde der Vertreter Memmingens von den Beratungen des Bundestag ausgeschlossen Des Weiteren wurden ihm vier Beschwerdeschriften vorgelegt Auf diese sollte die Stadt innerhalb von vier Tagen antworten Lediglich die Stadte Augsburg Konstanz und Ulm sagten der Stadt ihre Unterstutzung zu welche die Bundesexekution furchten musste Dadurch dass Strassburg die Messe am 20 Februar 1529 ebenfalls abschaffte gewann man einen weiteren Unterstutzer Auf dem Bundestag am 3 Marz 1529 forderte zwar lediglich Esslingen dass die Messe wieder eingefuhrt werden solle allerdings waren sich die Stadte untereinander nicht einig So wurde das Problem welches mehrere Stadte betraf auf einen spateren Bundestag verschoben Unterdessen entliess die Stadt den lutherischen Prediger Gugy und verbot ihm das Predigen innerhalb der Stadt Im Juni 1529 wurde der in Augsburg tagenden Bundesversammlung eine Memminger Rechtfertigungsschrift welche von Blarer verfasst wurde vorgelegt Da auf dem Reichstag in Speyer wenige Wochen vorher die Einhaltung des Wormser Edikts von 1521 wieder fur alle Stande zur Pflicht erklart worden war musste man in Memmingen mit einem Einfall des Schwabischen Bundes oder des Herzogs von Bayern rechnen Um sich davor zu schutzen intensivierte der Rat seine Bemuhungen um ein Schutzbundnis Gleichzeitig liess er zum Osterfest das Abendmahl in beiderlei Gestalt reichen Etwa 200 Personen nahmen daran teil 24 Durch den Reichstagsbeschluss vom April 1529 ermuntert stellte der Antoniterprazeptor den Antrag die Messe wieder lesen lassen zu durfen welcher vom Rat abgelehnt wurde Wiederum gab es zwischen alt und neuglaubig Geistlichen Streitereien Daraufhin zogen weitere Personen aus der Stadt aus Die ebenfalls vorhandenen Taufer wurden im Gegensatz zu anderen Stadten nicht verfolgt oder verbrannt Der Rat verbot sie lediglich Am 19 Juli 1529 wurde in Memmingen eine Besprechung der Stadte Ulm Biberach Isny Lindau und Kempten durchgefuhrt Ziel dieser Besprechung war ein Bundnis dieser Stadte mit einem Anschluss an Zurich und Bern Beim nachsten Treffen welches vom 5 bis zum 7 September ebenfalls in Memmingen stattfand verschob man eine solche Entscheidung auf den nachsten Stadtetag 25 Nachdem Ulm unter der Leitung Burgermeister Bernhard Besserers Abstand von dem schweizerischen Bundnis genommen hatte tat dies auch Memmingen Wahrend sich einige protestantischen Stadte Oberdeutschlands 1530 fur die Annahme der Augsburger Konfession entschlossen legte Memmingen zusammen mit Strassburg Konstanz und Lindau auf dem Reichstag in Augsburg ein eigenes Glaubensbekenntnis vor welches Confessio Tetrapolitana genannt wurde Diese Rechtfertigungsschrift wurde vom Kaiser jedoch zuruckgewiesen sodass der Rat befurchten musste dass die Stadt wegen der Missachtung des Wormser Edikts in die Reichsacht getan und von altglaubigen Truppen angegriffen wurde Deshalb stellte der Rat die Annahme des Augsburger Reichsabschieds in den Zunften zur Abstimmung Mit Ausnahme der Grosszunft stimmten alle Zunfte dafur den Reichsabschied nicht anzunehmen Trotz der zwinglianischen Ausrichtung der Stadtbevolkerung trat Memmingen am 3 Februar 1531 dem lutherisch gepragten Schmalkaldischen Bund bei um die innerstadtische Reformation aussenpolitisch abzusichern Bereits kurze Zeit spater verhandelte der Rat auf dem Memminger Stadtetag mit Predigern aus Ulm Lindau Biberach Isny Reutlingen Konstanz und Memmingen uber die Vereinheitlichung der Zeremonien und Kirchengebrauche Sie erklarten sich einstimmig fur die Freiheit der zur Seligkeit nicht notwendigen kirchlichen Zeremonien und verwarfen ein gewaltsames Vorgehen gegen die Taufer 26 Vollendung der Reformation Bearbeiten nbsp Das Memminger GebietMit dem Beitritt zum Schmalkaldischen Bund war die Position der Reichsstadt Memmingen so weit abgesichert dass man die Umgestaltung der noch verbliebenen altglaubigen Institutionen angehen konnte Das wurde auch durch die Beseitigung des ehemaligen Stadtschreibers Ludwig Vogelmann erleichtert Dieser hatte sich vehement gegen die Reformation gestellt und dazu gegen den Memminger Rat agitiert weshalb er trotz eines Kaiserlichen Geleitbriefes verhaftet gefoltert und am 3 Januar 1531 auf dem Marktplatz offentlich enthauptet wurde Mit dieser Massnahme schaltete der Rat den grossten Verfechter der Memminger Reformation aus 27 Das Vermogen des Antoniterhospitals verwaltete die Stadt seit der Prazeptor die Stadt 1527 verlassen hatte Auch liess sie ihm die Einnahmen nicht nachliefern Begrundet wurde dies mit Geldverschwendung sowie der mangelnden Krankenpflege Zur selben Zeit griff die Stadt auch auf das Oberhospital zu Diese beiden Kloster machten aufgrund der Inkorporation der beiden Stadtpfarrkirchen den Anfang Die Kreuzherren durften ohne Zustimmung des Rates keine Novizen aufnehmen mussten dem Rat untertanig sein und jahrlich den Burgereid schworen Diese Vereinbarung wurde mit den Konventangehorigen getroffen da hier ebenso wie beim Antoniterkloster der Prior nicht in der Stadt weilte Den Augustinern wurden ahnliche Auflagen gemacht Die Franziskanerinnen liessen sich auf keine Konfrontation ein sondern flohen mit ihrem Hab und Gut nach Kaufbeuren Durch diese Massnahmen hatte der Rat nun samtliche Zugel in der Hand und beherrschte das geistliche wie das weltliche Leben Am 1 Juli 1531 bemangelten Johannes Oekolampad und Martin Bucer dass in den Memminger Kirchen noch uberall die Gotzenbilder hangen wurden Memmingen sollte hier Biberach nachahmen Bereits am 7 Juli richtete der Rat einen Ausschuss aus acht Mitgliedern unter Vorsitz von Eberhart Zangmeister ein 28 Der Ausschuss kam zu der Erkenntnis dass samtliche Bildnisse aus den Kirchen entfernt werden mussten Der Rat beauftragte dazu den Webermeister Felix Mair und den Kramerzunftmeister Martin Gerung die diese Arbeiten koordinieren sollten Fur die Zeit der Bildentfernungen wurden die Memminger Stadtpfarrkirchen St Martin und Unser Frauen geschlossen Die Bildnisse wurden meist verkauft oder den Handwerkern als Lohn uberlassen Die ehemaligen Spender bekamen nichts zuruck und durften auch nicht die Bilder Altare oder sakralen Gegenstande ausgehandigt bekommen Den formellen Abschluss der Reformation bildete im Marz 1532 die Verkundung einer neuen Zuchtordnung die sich weitgehend an die von Blarer verfassten Konstanzer Ordnung orientierte 29 Literatur BearbeitenWolfgang Schlenck Die Reichsstadt Memmingen und die Reformation Sonderdruck aus Memminger Geschichtsblatter Jg 1968 Verlag der Heimatpflege Memmingen Memmingen 1969 zugleich Dissertation Universitat Erlangen Nurnberg 1969 Barbara Kroemer Die Einfuhrung der Reformation in Memmingen Uber die Bedeutung ihrer sozialen wirtschaftlichen und politischen Faktoren In Memminger Geschichtsblatter Jg 1980 ISSN 0539 2896 S 101 112 Peter Blickle Memmingen Ein Zentrum der Reformation In Joachim Jahn Hrsg Die Geschichte der Stadt Memmingen Band 1 Von den Anfangen bis zum Ende der Reichsstadt Theiss Stuttgart 1997 ISBN 3 8062 1315 1 S 351 418 Gudrun Litz Die reformatorische Bilderfrage in den schwabischen Reichsstadten Spatmittelalter und Reformation N R Band 35 Mohr Siebeck Tubingen 2007 ISBN 978 3 16 149124 5 Peer Friess Die Aussenpolitik der Reichsstadt Memmingen in der Reformationszeit Memminger Forschungen Bd 4 Memmingen 1993 ISBN 3 927003 09 3 Peer Friess Die Zeit der Ratsreformation in Memmingen In Joachim Jahn Hrsg Die Geschichte der Stadt Memmingen Band 1 Von den Anfangen bis zum Ende der Reichsstadt Theiss Stuttgart 1997 ISBN 3 8062 1315 1 S 419 456 Einzelnachweise Bearbeiten Schlenck S 15 Peter Blickle Memmingen Ein Zentrum der Reformation In Joachim Jahn Hrsg Die Geschichte der Stadt Memmingen Band 1 Von den Anfangen bis zum Ende der Reichsstadt Theiss Stuttgart 1997 ISBN 3 8062 1315 1 S 351 418 hier S 352 letzter Absatz Schlenck S 32 Vogelmann an Dr Jodokus Ehinger vom 12 Marz 1522 Stadtarchiv Memmingen Schubl 341 4 Schlenck S 32 Memminger Ratsprotokoll vom 10 September 1522 Memminger Ratsprotokoll vom 26 Juni 1523 Gudrun Litz Die reformatorische Bilderfrage in den schwabischen Reichsstadten Mohr Siebeck Tubingen 2007 ISBN 978 3 16 149124 5 S 140 Schlenck S 31 Schlenck S 34 Memminger Ratsprotokoll vom 3 August 1523 Schlenck S 34 Stadtarchiv Memmingen Schubl 341 5 September 1523 Kroemer S 39 ff Schlenck S 36 37 Schlenck S 39 Schlenck S 40 nach dem Memminger Ratsprotokoll vom 22 Juli 1524 Schlenck S 41 nach einem Ratsprotokolleintrag vom 16 Dezember 1524 Reformation in Memmingen In Martin Brecht Hermann Ehmer Sudwestdeutsche Reformationsgeschichte Zur Einfuhrung der Reformation im Herzogtum Wurttemberg 1534 Stuttgart 1984 S 163 a b Schlenck S 42 Schlenck S 42 43 Schlenck S 50 Schlenck S 50 Fussnote 157 Schreiben vom 13 Juni 1525 zit nach Zs d Historischen Vereins fur Schwaben ZHVS Band 9 1882 S 55f Nr 482 Schlenck S 51 Schlenck S 59 Schlenck S 64 Schlenck S 65 Schlenck S 68 Friess Aussenpolitik S 103 110 Schlenck S 91 Peer Friess Die Causa Vogelmann Vom lokalen Konflikt zum reichspolitischen Problemfall in der Reformationszeit In Memminger Geschichtsblatter Band 2015 2016 S 73 133 Litz S 147 Friess Ratsreformation S 431 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reformation in Memmingen amp oldid 235990725