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Die preussische Verfassung vom 30 November 1920 auf demokratisch parlamentarischer Grundlage loste die monarchistische Verfassung von 1848 50 ab Sie bildete den verfassungsrechtlichen Rahmen fur den Freistaat Preussen Inhaltlich wurde sie wahrend der Zeit des Nationalsozialismus bis zur Bedeutungslosigkeit ausgehohlt und verlor durch das Kontrollratsgesetz Nr 46 mit der offiziellen Auflosung Preussens ihre Gultigkeit BasisdatenTitel Verfassung des Freistaats PreussenArt VerfassungGeltungsbereich Freistaat PreussenRechtsmaterie VerfassungsrechtErlassen am 30 November 1920Inkrafttreten am 30 November 1920Ausserkrafttreten 25 Februar 1947Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Verfassungsdiskussion 3 Entwicklung 4 Inhalt 4 1 Abschnitt I 4 2 Abschnitt II 4 3 Abschnitt III 4 4 Abschnitt IV 4 5 Abschnitt V 4 6 Abschnitt VI 4 7 Abschnitt VII 4 8 Abschnitt VIII 4 9 Abschnitt IX 4 10 Abschnitt X 4 11 Abschnitt XI 5 Literatur 6 WeblinksVorgeschichte BearbeitenBis zur Novemberrevolution von 1918 galt in Preussen die 1848 oktroyierte und 1850 noch einmal veranderte Verfassung des Konigreichs Preussen Dabei handelte es sich um die Verfassung einer konstitutionellen Monarchie Herausragendes und insbesondere von den Sozialdemokraten wahrend des Kaiserreichs kritisiertes Kennzeichen war das Dreiklassenwahlrecht Nach der Revolution galten die fruheren Gesetze zunachst weiter mit Ausnahme dass sie ausdrucklich der neuen Ordnung widersprachen So wurden Abgeordneten und Herrenhaus bereits am 15 November 1918 aufgelost Auch das Dreiklassenwahlrecht wurde durch ein allgemeines Wahlrecht fur Manner und Frauen abgelost Auf dieser Grundlage wurde am 26 Januar 1919 die preussische Landesversammlung gewahlt Anfangs war keineswegs klar ob die Diskussion uber eine Verfassung uberhaupt notig sei Zum einen wurde die Existenz des preussischen Staates insgesamt in Frage gestellt und zum anderen wurde es ja eine demokratische Reichsverfassung geben Zunachst wurde im Marz 1919 uber ein Gesetz zur vorlaufigen Ordnung der Staatsgewalt in Preussen als eine Art Ubergangsverfassung diskutiert und beschlossen Dabei wurden bereits Teile der spateren Debatte in Umrissen sichtbar Die DNVP hatte sich zwar notgedrungen mit der republikanischen Ordnung abgefunden pladierte aber fur einen starken Staatsprasidenten an der Spitze als Gegengewicht zum Parlament Dem widersprach Ernst Heilmann von der SPD scharf und deutete gleichzeitig ein Eintreten fur einen deutschen Einheitsstaat an Dies wurde auch von der DDP unterstutzt wahrend auch die DVP fur einen starken Staatsprasidenten eintrat Die USPD vermisste einen Hinweis auf den Sturz der Monarchie und die Erwahnung der Arbeiterrate Die weitere Beratung uber die Notverfassung wurde an den zustandigen Ausschuss uberwiesen Noch im Dezember 1919 also lange nach der Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung pladierte die Landesversammlung mit 210 gegen 32 Stimmen fur einen deutschen Einheitsstaat Widerstand dagegen kam von den Rechtsparteien Der Vorstoss auf Reichsebene wurde gegenstandslos als Bayern sich gegen einen Einheitsstaat aussprach Die Verfassung des Freistaates Preussen wurde deutlich nach der Mehrzahl der weiteren Landerverfassungen und nach der Reichsverfassung verabschiedet Dabei spielten mehrere Faktoren eine Rolle Da war zunachst die erwahnte Bereitschaft in einem Einheitsstaat aufzugehen Aber auch anderes kam hinzu Wegen der zumindest fruher engen Verbindungen zwischen Reich und Preussen aber auch wegen der Grosse und Bedeutung des Landes war es notig zunachst die Festlegung der Grundzuge der Reichsverfassung abzuwarten um sich daran orientieren zu konnen Zum anderen haben die krisenhaften Vorgange um den Kapp Putsch und deren Folgen eine Verabschiedung behindert Von Vorteil war dass man die praktischen Erfahrungen hinsichtlich des Zusammenwirkens von Regierung und preussischer Landesversammlung in die Verfassungsgebung einfliessen lassen konnte Auch konnte man aus den anderen Landerverfassungen und der Reichsverfassung lernen Verfassungsdiskussion BearbeitenEine Grundlage der Verfassungsgebung war der gescheiterte Versuch der Landesversammlung einen unitarischen Reichsaufbau mit entsprechend geringer Bedeutung der Lander durchzusetzen Dadurch stieg die Bedeutung einer eigenen Verfassung aber auch die Notwendigkeit eine solche zu verabschieden Das preussische Innenministerium liess einen ersten Entwurf erarbeiten der der Landesversammlung am 25 Februar 1920 zugeleitet wurde Der Kapp Putsch verhinderte dass Innenminister Wolfgang Heine den Entwurf vorstellen konnte Diese Aufgabe ubernahm am 26 April 1920 Carl Severing Dieser machte aus seiner Kritik am ursprunglichen Entwurf keinen Hehl Die Notwendigkeit im Entwurf den Verzicht auf einen Staatsprasidenten einzubinden begrundete er damit dass man Kompetenzkonflikte mit dem Reichsprasidenten vermeiden wolle Grundsatzlich sollte es ein Einkammerparlament geben Den Interessen der Provinzen insbesondere in Finanzfragen sollte ein Finanzrat Rechnung tragen Dass die Debatte nicht einfach werden wurde machte bereits der Sprecher der SPD deutlich der eine ganze Reihe von Anderungswunschen vorbrachte darunter Kritik am vorgesehenen Recht der Regierung den Landtag aufzulosen Die Rechte brachte noch einmal das Thema Staatsprasident und zweite Kammer vor Der Entwurf wurde vom zustandigen Verfassungsausschuss beraten Der Verfassungsausschuss bestand aus 27 Abgeordneten Davon gehorten 11 der SPD 6 dem Zentrum je 4 der DDP und der DNVP an Hinzu kam ein Abgeordneter der DVP und ein Unabhangiger Unter den Mitgliedern waren Hugo Preuss DDP Ernst Heilmann SPD Felix Porsch Zentrum Wolfgang von Kries und Otto Hoetzsch DNVP und Eugen Leidig DVP Die Beratungen im Verfassungsausschuss begannen am 16 Juni 1920 Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die politischen Rahmenbedingungen infolge des Kapp Putsches auf Reichsebene bereits deutlich verandert Die Parteien der Weimarer Koalition hatten bei den Reichstagswahlen vom 6 Juni zu Gunsten der politischen Rechten und der extremeren Linken erheblich an Gewicht verloren Dies hatte Ruckwirkungen auf die Koalition in Preussen Deren Politiker sahen sich zu einem Kompromiss gedrangt um zumindest die Regierung in Preussen zu stabilisieren Insgesamt gab es drei Ausschussberatungen Daraus ging ein fur alle Koalitionspartner tragbarer Kompromiss eines strikt parlamentarisches Systems ohne einen Staatsprasidenten hervor Dem Parlament stand ein Ministerprasident gegenuber der die Richtlinien der Politik bestimmte und eine ahnlich starke Position hatte wie der britische Premierminister Neben dem Landtag ahnelte der Staatsrat als Vertretung der Provinzen einer zweiten Kammer Letztlich war die verabschiedete Verfassung ein Faktor fur die politische Stabilitat in Preussen Nach der Arbeit im Ausschuss beschaftigte sich das Plenum in drei Lesungen mit dem teilweise stark veranderten Entwurf Am 30 November 1919 stimmte die Landesversammlung mit 280 Stimmen zu Dagegen stimmten die zusammen 60 Abgeordneten der USPD und der DNVP Die sieben Abgeordneten der Deutsch Hannoverschen Partei enthielten sich Entwicklung Bearbeiten nbsp Globkes Vorschlag zur Anderung der ZusammensetzungDie Verfassung wurde in der Folge mehrfach geandert erstmals 1921 hinsichtlich der Vertretung von Oberschlesien Weitere Anderungen folgten 1924 und 1928 Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft wurden das erste Gleichschaltungsgesetz vom 31 Marz 1933 und das zweite Gesetz zur Gleichschaltung der Lander mit dem Reich vom 7 April 1933 erlassen welche die Wirksamkeit der Verfassung aushohlten Faktisch aufgehoben wurde sie durch das Gesetz uber den Neuaufbau des Reiches vom 30 Januar 1934 Formal blieb sie weiter in Kraft und wurde erst 1947 im Zuge der Auflosung des preussischen Staates durch das Kontrollratsgesetz Nr 46 aufgehoben Inhalt BearbeitenDie schliesslich verabschiedete Verfassung enthielt 88 Artikel Darunter waren Abschnitte zu Staat und Staatsgewalt die Regelung des Finanzwesens die Stellung der Religionsgemeinschaften und der Beamten Im Zentrum standen die Kompetenzen der obersten Verfassungsorgane Dies waren der Landtag der Staatsrat das Staatsministerium als Regierung sowie die Art und Weise der Gesetzgebung Abschnitt I Bearbeiten In Abschnitt I mit der Uberschrift Der Staat hiess es im Artikel 1 dass Preussen eine Republik und Teil des Deutschen Reiches sei Abschnitt II Bearbeiten Der Abschnitt II Artikel 2 8 war mit Die Staatsgewalt uberschrieben Der Trager der Staatsgewalt war nach Artikel 2 das gesamte Volk Dieses konnte direkt uber Plebiszite Volksbegehren Volksentscheid und Volkswahl oder indirekt durch seine Abgeordneten im Landtag seine Rechte ausuben Im Gegensatz zum Dreiklassenwahlrecht und die Wahl durch Wahlmanner bis 1918 wurde in Artikel 4 das allgemeine gleiche geheime und unmittelbare Wahlrecht fur Manner und Frauen uber 20 Jahre festgelegt In Artikel 6 wurden die Rahmenbedingungen fur Volksbegehren und Volksentscheide festgelegt Diese konnten dazu dienen die Verfassung zu andern Gesetze zu beschliessen zu andern oder aufzuheben oder den Landtag aufzuheben Uber Finanzfragen ausgabenwirksame Gesetze und Besoldungsfragen waren Plebiszite nicht zulassig Das entsprechende Ausfuhrungsgesetz wurde im Ubrigen erst 1926 erlassen In Artikel 7 wurde das Staatsministerium das heisst die Regierung als oberste Exekutive definiert In Artikel 8 wurde die Judikative unabhangigen nur dem Gesetz unterworfenen Gerichten zugewiesen Abschnitt III Bearbeiten Der Abschnitt III Artikel 9 30 regelte Wahl Zusammensetzung und Kompetenzen des Landtages Dabei wurde in Artikel 9 das Verhaltniswahlrecht festgelegt In Artikel 10 wurde festgelegt dass die Abgeordneten nicht an Weisungen und Auftrage gebunden sein sollten Einem imperativen Mandat wurde damit eine Absage erteilt Die Dauer der Legislaturperiode wurde Artikel 13 auf vier Jahre festgelegt Der Landtag hatte Artikel 14 das Recht der Selbstauflosung Es konnte aber auch durch einen Ausschuss bestehend aus dem Ministerprasidenten sowie den Prasidenten des Staatsrates und des Landtages sowie durch Volksentscheid aufgelost werden In Artikel 29 wurde festgelegt dass der Landtag die Gesetze auf Basis der Verfassung beschliessen sollte er genehmigte den Haushalt bestimmte die Grundsatze der Staatsangelegenheiten und uberwachte deren Ausfuhrung Staatsvertrage mussten durch den Landtag genehmigt werden Verfassungsanderungen durfte der Landtag nur mit einer Zweidrittelmehrheit vornehmen Artikel 30 Auf Verlangen von mindestens einem Funftel der Abgeordneten oder auf Wunsch des Staatsministeriums hatte er zusammenzutreten Artikel 17 Im Gegensatz zur Zeit vor 1918 hatte der Landtag damit grundsatzlich das Selbstversammlungsrecht und konnte Schluss und Wiederzusammentritt selbst bestimmen Abschnitt IV Bearbeiten Der Abschnitt IV Artikel 31 43 definierte die Rechte des Staatsrates Dieser war nach Artikel 31 die Vertretung der Provinzen zur Mitsprache bei Gesetzgebung und Verwaltung In Artikel 32 wurden als Provinzen definiert Ostpreussen Brandenburg Berlin Pommern Grenzmark Posen Westpreussen Niederschlesien Oberschlesien Sachsen Schleswig Holstein Hannover Westfalen Rheinprovinz und Hessen Nassau Einen Vertreter entsandten auch die Hohenzollernsche Lande Die Mitglieder wurden von den Provinziallandtagen bzw der Berliner Stadtverordnetenversammlung und den Kommunallandtagen in Posen Westpreussen und den Hohenzollerschen Landen gewahlt In Artikel 40 wurde bestimmt dass das Staatsministerium den Staatsrat uber die Staatsgeschafte zu informieren habe Dieser hatte bei Gesetzesvorlagen das Recht auf eine gutachterliche Ausserung Uber das Staatsministerium konnte der Staatsrat Gesetzesvorlagen in den Landtag einbringen Gegen Landtagsbeschlusse hatte der Staatsrat Artikel 41 ein Einspruchsrecht Der Landtag musste sich daraufhin mit dem Gesetz erneut befassen und es mit Zweidrittelmehrheit gegen den Einspruch des Staatsrates durchbringen Abschnitt V Bearbeiten Der Abschnitt V Artikel 44 59 legte die Kompetenzen und Zusammensetzung des Staatsministeriums aus Artikel 44 dem Ministerprasidenten und den Staatsministern fest Die Wahl des Ministerprasidenten war Aufgabe des Landtages Der Ministerprasident ernannte die Minister Artikel 45 Der Ministerprasident hatte die politische Richtlinienkompetenz und war dafur gegenuber dem Landtag verantwortlich Innerhalb ihres Geschaftsbereichs arbeiteten die Minister selbstandig und waren dem Landtag verantwortlich Artikel 46 Die Ministerverantwortlichkeit und der Ministerprasident waren gegenuber der Verfassung des Konigreichs Preussen neu Der Ministerprasident fuhrte den Vorsitz im Staatsministerium und leitete dessen Geschafte Zur Aufrechterhaltung der offentlichen Sicherheit oder bei einem Notstand konnte das Staatsministerium in einer landtagsfreien Zeit in Zusammenarbeit mit dem dann vorhandenen standigen Landtagsausschuss Verordnungen erlassen musste nach Zusammentritt des Landtages aber eine nachtragliche Genehmigung einholen wurde diese versagt trat die Verordnung ausser Kraft Dieses Recht war nicht vergleichbar mit dem Notverordnungsrecht nach Artikel 48 der Reichsverfassung In Artikel 57 war festgelegt auf welche Weise dem Staatsministerium als Ganzes oder einzelnen Ministern das Vertrauen entzogen werden konnte In der namentlichen Abstimmung muss mindestens die Halfte der Abgeordneten zustimmen Abschnitt VI Bearbeiten In Abschnitt VI Artikel 60 62 uberschrieben mit Gesetzgebung wurde das formale Inkrafttreten von Gesetzen geregelt Abschnitt VII Bearbeiten Abschnitt VII Artikel 63 69 beschaftigte sich mit dem Finanzwesen Abschnitt VIII Bearbeiten Abschnitt VIII Artikel 70 75 mit der Uberschrift Selbstverwaltung regelte die Rechte von Gemeinden Kreisen Provinzen und anderen Gebietskorperschaften Das Land war Artikel 71 in Kreise Stadte und Landgemeinden untergliedert Das Wahlrecht zu den Vertretungen der Gebietskorperschaften und Provinzen folgte im Wesentlichen den Bestimmungen zur Landtagswahl Erstmals wurden damit auch die Provinziallandtages vom Volk gewahlt Artikel 73 Abschnitt IX Bearbeiten Abschnitt IX uber die Religionsgemeinschaften regelte in Artikel 76 die Moglichkeit des Austritts aus offentlich rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften Abschnitt X Bearbeiten Abschnitt X Artikel 77 80 beschaftigte sich mit dem Beamtenwesen Abschnitt XI Bearbeiten Es folgten in Abschnitt XI Artikel 81 88 Ubergangs und Schlussbestimmungen Literatur BearbeitenHorst Moller Preussen von 1918 bis 1947 Weimarer Republik Preussen und der Nationalsozialismus In Handbuch der preussischen Geschichte Bd 3 Berlin 2000 S 214 220 Siegfried Heimann Der preussische Landtag 1899 1947 Eine politische Geschichte Berlin 2011 Wilhelm Ribhegge Preussen im Westen Kampf um den Parlamentarismus in Rheinland und Westfalen Munster 2008 Sonderausgabe fur die Landeszentrale fur politische Bildung NRW Matthias Spindler Die preussische Verfassung wahrend der historischen Bruche in den Jahren 1871 1918 1919 1920 1932 und 1933 1934 und das Verhaltnis Preussens zum Deutschen Reich wahrend dieser Bruche OnlineversionWeblinks BearbeitenVerfassungstext Verfassung des Freistaats Preussen Digitalisat Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Preussische Verfassung 1920 amp oldid 231858732