www.wikidata.de-de.nina.az
Otto Hoetzsch 14 Februar 1876 in Leipzig 27 August 1946 in Berlin war ein deutscher Historiker Publizist Dolmetscher und Politiker Deutschkonservative Partei DNVP und KVP Er war zu Anfang des 20 Jahrhunderts einer der Begrunder der deutschen Ostforschung und trat fur eine auf Verstandigung bedachte Beschaftigung mit den osteuropaischen Staaten ein Deswegen wurde er als er 1917 gegen annexionistische Bestrebungen gegenuber Russland eintrat von der Mehrzahl seiner Kollegen so z B von Johannes Haller als russophil bezeichnet Die Nationalsozialisten diffamierten ihn als probolschewistisch 1 Otto Hoetzsch Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen 3 Schriften Auswahl 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Anzeige 1933 Otto Hoetzsch wurde 1876 als Sohn des Klempnermeisters Gustav Adolph Hoetzsch und seiner Frau Alma geborene Stahl in Leipzig geboren Seine Mutter war die Tochter eines Gerichtsdirektors Er besuchte die humanistische Thomasschule zu Leipzig Danach war er Einjahrig Freiwilliger in einem Infanterie Regiment der sachsischen Armee Er schied 1914 als Leutnant der Landwehr aus und wurde im Ersten Weltkrieg in der Auslandspresse Abteilung des stellvertretenden Generalstabs eingesetzt Er studierte ab 1895 Geschichte Kunstgeschichte und Nationalokonomie an der Universitat Leipzig und 1896 an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen Zu seinen Lehrern gehorten Erich Marcks Gerhard Seeliger und Erich Brandenburg Wahrend seines Studiums wurde er Mitglied beim antisemitischen Verein Deutscher Studenten Leipzig 2 Hoetzsch wurde 1900 mit der Dissertationsarbeit Die wirtschaftliche und soziale Gliederung vornehmlich der landlichen Bevolkerung im meissnisch erzgebirgischen Kreise Kursachsens bei Karl Lamprecht zum Dr phil promoviert Von 1897 bis 1906 war er Schriftleiter der Akademischen Blatter des Verbandes der Vereine Deutscher Studenten Nach der Promotion arbeitete er als Bibliothekar am Historischen Institut Leipzig und an der Ausgabe Urkunden und Aktenstucke zur Geschichte des Kf Friedrich Wilhelm der Koniglich Preussischen Akademie der Wissenschaften Ab 1902 horte er zusatzliche Vorlesungen bei Theodor Schiemann zur Russischen und Polnischen Geschichte am Institut fur osteuropaische Geschichte und Landeskunde 1906 habilitierte er sich bei Otto Hintze in Geschichte an der Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin Schwerpunktmassig beschaftigte er sich mit Osteuropaischer Geschichte und der Geschichte Russlands Von 1906 bis 1913 unterrichtete er an der Koniglichen Akademie zu Posen und ab 1911 Neue Geschichte an der Preussischen Kriegsakademie in Berlin 1913 wurde er ausserordentlicher Professor fur Osteuropaische Geschichte und Landeskunde in Berlin Ab 1920 war er Mitarbeiter der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft und Dozent an der Deutschen Hochschule fur Politik in Berlin Von 1922 bis 1933 arbeitete er zudem an der Verwaltungsakademie Berlin 1927 richtete er den Studiengang Aussenpolitik und internationale Beziehungen an der Universitat Berlin ein und referierte fur das Auswartige Amt Von 1920 bis 1928 war er personlicher Ordinarius und ab 1935 als Nachfolger von Karl Stahlin Inhaber des Lehrstuhls fur Osteuropaische Geschichte Noch im selben Jahr wurde er zwangspensioniert und erst wieder 1945 berufen Er orientierte sich bei seiner Arbeit an den Wissenschaftlern Gustav Freytag Heinrich von Treitschke Karl Lamprecht Gustav v Schmoller und Otto Hintze Hoetzsch war von 1910 bis 1918 Mitglied der Deutschkonservativen Partei Nach deren Auflosung trat er in die Deutschnationale Volkspartei DNVP ein Von 1919 bis 1928 war er Mitglied des Parteivorstandes Seine parlamentarische Arbeit begann er 1919 als Abgeordneter fur die Provinz Posen in der Preussischen Verfassunggebenden Landesversammlung Ab 1920 war er Reichstagsabgeordneter fur Leipzig 1924 und 1928 wurde er wiedergewahlt Er unterstutzte 1924 den Dawes Plan 1929 schloss er sich fur kurze Zeit der Konservativen Volkspartei um Gottfried Treviranus an die an der Annaherungspolitik an die NSDAP von Alfred Hugenberg Kritik ubte Ausserdem gehorte er dem Bund zur Erneuerung des Reiches an Als Mitglied und Schriftfuhrer des Auswartigen Ausschusses des Reichstags wohnte er 1928 einem Seminar am Williams College in Williamstown Massachusetts bei Wegen seiner politischen Moderatheit wurde er als einziger konservativer Politiker eingeladen In Berlin war er Mitglied im SeSiSo Club einem kulturell politischen Gesprachszirkel Er war ein grosser Verehrer von Reichsprasident Paul von Hindenburg den er auch gemeinsam mit seiner Frau Cornelie Hoetzsch 3 als Gast in seiner Wohnung bewirtete Gemeinsam mit Hermann Mertz von Quirnheim verfasste er vermutlich die Autobiographie von Hindenburg Aus meinem Leben 1920 Von 1903 bis 1906 war er Redakteur fur die von Julius Lohmeyer gegrundete Deutsche Monatsschrift fur das gesamte Leben der Gegenwart Zudem betatigte er sich im Alldeutschen Verband wo er seit 1904 im Reichsvorstand Mitglied war im Bund der Landwirte im Deutschen Ostmarkenverein und fur den Deutschen Flottenverein 1905 legte er das militarische Dolmetscherexamen in Polnisch und Russisch ab Zudem beschaftigte er sich mit Ukrainisch Franzosisch Englisch Italienisch und Niederlandisch Bei den Verhandlungen der Reichsregierung uber den Rapallovertrag 1922 mit der neu gegrundeten Sowjetunion die mittels dieses Vertragswerkes einen ersten Schritt zur internationalen Anerkennung unternahm wurde er als Dolmetscher zugezogen Hoetzsch scheint anfangs im Rapallovertrag auch fur das besiegte und international geachtete Deutschland Chancen gesehen zu haben wieder Grossmacht zu werden die ablehnende Haltung des westlichen Auslandes bestarkte ihn in dieser Uberzeugung Er betatigte sich im Deutschnationalen Handlungsgehilfen Verband bei der Deutschen Liga fur Volkerbund In den 40er Jahren unterhielt er Kontakte zum deutschen Widerstand nbsp Grab auf dem Invalidenfriedhof BerlinZwischen 1923 und 1934 hielt er sich mehrfach in Russland auf und nahm dort Kontakte zu wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen auf Er unterhielt Beziehungen zu einflussreichen russischen Diplomaten und Politikern In dieser Zeit war er Interessensvertreter fur alle Russland und Sowjetunion Begeisterten im Berlin der 20er Jahre Er grundete die Deutsche Gesellschaft zum Studium Osteuropas und 1925 die Zeitschrift Osteuropa die heute noch existiert Er organisierte und inspirierte russische Emigranten Deutsch Balten und Sowjetburger denn Berlin war damals das anerkannte Zentrum der Russland und Osteuropastudien Deshalb bezeichneten ihn die Nationalsozialisten als Salon und Kulturbolschewist obwohl er prinzipiell deutschnational eingestellt war jedoch einen Ausgleich mit Russland befurwortete Von 1914 bis 1924 edierte er die Kreuzzeitung Seit 1917 stand er im Disput mit dem Historiker Johannes Haller einem Vertreter der Kulturtragertheorie Nach seiner Zwangspensionierung lebte er zuruckgezogen in Berlin ab 1944 vorubergehend in Stettin 1945 wurde er von der Deutschen Verwaltung fur Volksbildung als Professor wieder angestellt Hoetzsch wollte an die Theoretiker Johann Gottfried Herder und August Ludwig von Schlozer anknupfen Er starb nach schwerer Krankheit 1946 in Berlin und wurde auf dem Invalidenfriedhof beigesetzt Nachgelassene Papiere von Hoetzsch darunter ein unveroffentlichtes Manuskript zum Leben und Wirken von Alexander I lagen am Leibniz Institut fur Ost und Sudosteuropaforschung und wurden 2018 dem Archiv der Humboldt Universitat ubergeben Ehrungen BearbeitenKorrespondierendes Mitglied der UCL School of Slavonic and East European StudiesSchriften Auswahl BearbeitenMonographien Die wirtschaftliche und soziale Gliederung vornehmlich der landlichen Bevolkerung im Meissnisch Erzgebirgischen Kreise Kursachsens Auf Grund eines Landsteuerregisters aus der zweiten Halfte des XVI Jahrhunderts Leipziger Studien aus dem Gebiet der Geschichte Bd 6 Heft 4 Leipzig 1900 Die Vereinigten Staaten von Nordamerika Monographien zur Weltgeschichte 20 ZDB ID 500713 6 Velhagen amp Klasing Bielefeld u a 1904 Stande und Verwaltung von Cleve und Mark in der Zeit von 1666 bis 1697 Urkunden und Aktenstucke zur Geschichte der inneren Politik des Kurfursten Friedrich Wilhelm von Brandenburg Zweiter Teil Leipzig 1908 Russland Eine Einfuhrung auf Grund seiner Geschichte von 1904 bis 1912 Berlin 1913 Russland Eine Einfuhrung auf Grund seiner Geschichte vom Japanischen bis zum Weltkrieg Berlin 1917 2 erw Aufl Auszuge Politik im Weltkrieg Historisch politische Aufsatze Bielefeld Leipzig 1916 Polen in Vergangenheit und Gegenwart Schutzengraben Bucher fur das deutsche Volk 48 ZDB ID 513341 5 Siegismund Berlin 1917 Die weltpolitische Krafteverteilung nach den Pariser Friedensschlussen Zentralverlag Berlin 1921 spater als Die weltpolitische Krafteverteilung seit den Pariser Friedensschlussen Osteuropa und Deutscher Osten Kleine Schriften zu ihrer Geschichte Ost Europa Verlag Konigsberg Berlin 1934 Katharina die Zweite von Russland Eine deutsche Furstin auf dem Zarenthrone des 18 Jahrhunderts Koehler und Amelang Leipzig 1940postum Grundzuge der Geschichte Russlands Herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Bernhard Stasiewski Stuttgart 1949 Neuauflage 1970 englische Ubersetzung New York 1966 Russland in Asien Geschichte einer Expansion Schriftenreihe Osteuropa 5 ZDB ID 401186 7 Mit einem Vorwort von Klaus Mehnert Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1966 Aufsatze und Artikel Die dringendste Aufgabe der Polenpolitik Flugschriften des Alldeutschen Verbandes 27 ZDB ID 1019621 3 Vortrag gehalten auf dem alldeutschen Verbandstage in Wiesbaden am 8 September 1907 J F Lehmann Munchen 1907 Das Deutschtum in den Vereinigten Staaten In Deutsches Reich und Volk Ein nationales Handbuch Im Auftrage des Kyffhauser Verbandes der Vereine Deutscher Studenten und mit Unterstutzung anderer nationaler Verbande hrsg v Alfred Geiser Munchen 1906 S 271 281 Digitalisat Staatenbildung und Verfassungsentwicklung in der Geschichte des germanisch slavischen Ostens In Zeitschrift fur osteuropaische Geschichte 1 1911 S 363 417 Adel und Lehenswesen in Russland und Polen und ihr Verhaltnis zur deutschen Entwicklung In Historische Zeitschrift 108 1912 S 541 592 Die auswartige Politik der Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Ziele In Handbuch der Politik Berlin und Leipzig 1914 Vorwort in Die Arbeitsschule in Sowjet Russland Fuhrer durch die von der Deutschen Gesellschaft zum Studium Osteuropas im Zentralinstitut fur Erziehung und Unterricht zu Berlin veranstaltete Ausstellung des Volksbildungskommissariats und der Gesellschaft fur kulturelle Verbindung der Sowjet Union mit dem Auslande in Moskau Konigsberg i Pr Osteuropa Verlag und Berlin W 35 1927 Vorwort In Der europaische Osten Dokumente zur Weltpolitik der Nachkriegszeit 6 ZDB ID 540346 7 Teubner Leipzig u a 1933 Vorwort In Sudosteuropa und naher Orient Dokumente zur Weltpolitik der Nachkriegszeit 7 Teubner Leipzig u a 1933 Herausgeber Peter von Meyendorff Ein russischer Diplomat an den Hofen von Berlin und Wien Politischer und privater Briefwechsel 1826 1863 Herausgegeben und eingeleitet von Otto Hoetzsch 3 Bande Berlin Leipzig 1923 Siehe auch BearbeitenHermann GreifeLiteratur BearbeitenFritz T Epstein Hoetzsch Otto In Neue Deutsche Biographie NDB Band 9 Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 00190 7 S 371 f Digitalisat Uwe Liszkowski Osteuropaforschung und Politik Ein Beitrag zum historisch politischen Denken und Wirken von Otto Hoetzsch Osteuropaforschung 19 2 Bande Berlin Verlag Spitz Berlin 1987 ISBN 3 87061 262 2 Zugleich Universitat Kiel Habilitations Schrift Karl Schlogel Von der Vergeblichkeit eines Professorenlebens Otto Hoetzsch und die deutsche Russlandkunde In Osteuropa Bd 55 Nr 12 2005 ISSN 0030 6428 S 5 28 online PDF 81 53 kB Martin Schumacher Hrsg M d R Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus Politische Verfolgung Emigration und Ausburgerung 1933 1945 Eine biographische Dokumentation 3 erheblich erweiterte und uberarbeitete Auflage Droste Dusseldorf 1994 ISBN 3 7700 5183 1 Marc Zirlewagen Otto Hoetzsch In 125 Jahre Vereine Deutscher Studenten Band 1 Ein historischer Ruckblick Akademischer Verein Kyffhauser Bad Frankenhausen 2006 ISBN 3 929953 06 4 S 223 225 Gerd Voigt Otto Hoetzsch Karl Stahlin und die Grundung des Russischen Wissenschaftlichen Instituts In Karl Schlogel Hrsg Russische Emigration in Deutschland 1918 bis 1941 Leben im europaischen Burgerkrieg Oldenbourg Akademie Munchen 1995 ISBN 3 05 002801 7 S 267 278 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Otto Hoetzsch Quellen und Volltexte Literatur von und uber Otto Hoetzsch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Otto Hoetzsch in den Historischen Pressearchiven der ZBW Otto Hoetzsch in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Otto Hoetzsch in den Akten der Reichskanzlei Otto Hoetzsch im Munzinger Archiv Artikelanfang frei abrufbar Otto Hoetzsch in der Historikergalerie der HU Berlin Memento vom 20 August 2010 im Internet Archive Hoetzsch Otto In Ostdeutsche Biografie Kulturportal West Ost Einzelnachweise Bearbeiten siehe Fritz T Epstein Hoetzsch Otto In Neue Deutsche Biographie NDB Band 9 Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 00190 7 S 371 f Digitalisat Kyffhauser Verband der Vereine Deutscher Studenten Anschriftenbuch Bd 12 1931 ZDB ID 504756 0 S 93 Peter Reinicke Hoetzsch Cornelie in Hugo Maier Hrsg Who is who der Sozialen Arbeit Freiburg Lambertus 1998 ISBN 3 7841 1036 3 S 257f Normdaten Person GND 118838180 lobid OGND AKS LCCN n85132430 VIAF 12388017 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hoetzsch OttoKURZBESCHREIBUNG deutscher Wissenschaftler und Politiker Deutschkonservative Partei DNVP KVP MdRGEBURTSDATUM 14 Februar 1876GEBURTSORT LeipzigSTERBEDATUM 27 August 1946STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otto Hoetzsch amp oldid 237733890