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Die Textilindustrie in der Ostschweiz war der wesentliche Wirtschaftsfaktor in den Gebieten der heutigen Kantone St Gallen Appenzell Inner und Ausserrhoden und Thurgau sowie im angrenzenden osterreichischen Bundesland Vorarlberg im Mittelalter und der fruhen Neuzeit Wahrend Jahrhunderten lebten Tausende von Familien und Arbeitern vom Handel und der Produktion von Textilien Besonders bekannt und bedeutsam wurde die Ostschweizer Textilindustrie in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts durch die St Galler Stickerei die das wichtigste Exportgut der Schweiz vor dem Ersten Weltkrieg war 1 2 Appenzeller Weberpaar am Handwebstuhl um 1830 wichtigstes Arbeitsmittel bis etwa 1850Vorstufe zum Weben das Spinnen Seidenspulerin in Heiden AR 1914 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Leinwandgewerbe 1 2 Baumwolle 1 3 Stickerei 2 Lebensbedingungen 3 Finanzielle Situation 4 Stadtische Politik bis 1798 5 Das Ende des Textilzeitalters 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Entwicklung der Ostschweizer Textilindustrie lasst sich grob in drei Phasen unterteilen Das Leinwandgewerbe bluhte seit dem fruhesten Mittelalter bis Anfang des 18 Jahrhunderts Abgelost wurde das Leinen durch die Produktion von Baumwollgeweben Die Baumwollindustrie wurde schliesslich um 1850 mit der Erfindung der Handstickmaschine durch die Stickerei abgelost Die Blute der Stickerei dauerte bis zum Ende der Belle Epoque also dem Anfang des Ersten Weltkriegs und noch etwas daruber hinaus Seit dem Zweiten Weltkrieg hat die Textilindustrie der Ostschweiz gemessen an ihrer fruheren Grosse nur noch geringe Bedeutung besonders die St Galler Stickerei gilt allerdings nach wie vor als wegweisend fur die Stickerei weltweit Leinwandgewerbe Bearbeiten Die Anfange der Textilindustrie in St Gallen gehen auf das achte Jahrhundert zuruck Urkunden des Klosters erwahnen dass Bauern Flachs oder Leinwand abzugeben hatten Die erste Blute der Textilindustrie begann im 12 Jahrhundert durch die Einfuhrung des Fernhandels Gegen Ende des folgenden Jahrhunderts hatten die wichtigeren Stadte im Bodenseeraum ein ausgebautes Leinwandgewerbe Zu diesen Stadten gehorten Augsburg Ulm Kempten Ravensburg Wangen Kaufbeuren Lindau Konstanz Schaffhausen und eben auch St Gallen Um 1350 begann die Stadt St Gallen sich von der abtischen Herrschaft zu losen siehe Geschichte der Stadt St Gallen Sie bekam das Recht den eigenen Burgermeister zu wahlen und gab sich eine Zunftverfassung Die Stadt fuhrte strenge Leinwandsatzungen ein die bestimmten wie die Qualitat der produzierten Leinwand zu bewerten sei Von der Stadt wurden sogenannte Leinwandschauer eingesetzt die die Qualitat der Ware uberpruften und dann mit einem Qualitatskennzeichen markierten Waren die Satzungen zunachst noch denen von Konstanz sehr ahnlich wurden sie gegen Ende des 15 Jahrhunderts stark verfeinert in dem etwa weitere Abstufungen bei den Qualitatskriterien moglich wurden nbsp St Gallen im Jahr 1548 deutlich sichtbar sind die grossen Bleichefelder im VordergrundDie St Galler Leinwandschau hatte auch dank kluger Politik der sich verselbstandigenden Stadt bald faktisch das Monopol im Leinwandmarkt Die gesamte Qualitatskontrolle sowie das Bleichen das Farben das Zuschneiden und das Verpacken der Ware sowie spater der Export waren auf die Stadt begrenzt Die St Galler Leinwand war in ganz Europa ein Inbegriff fur qualitativ sehr hochwertiges Gewebe und wurde nach uberall dorthin exportiert Kaufleute brachten sie nach Venedig Mailand Genua Lyon Barcelona Valencia Granada Frankfurt am Main Antwerpen Nurnberg Breslau Warschau Danzig Krakau und Wien Diese fruhen Handelsbeziehungen machten St Gallen zu einer vermogenden Stadt und fuhrten zu ihrer zweiten grossen Blute die erste erlebte sie zur Zeit Othmars und seiner ersten Nachfolger als der Furstabt noch zur Hauptsache Abt war und das Kloster als Zentrum des Wissens leitete statt als Furst weit ab von der Heimat den Ruhm mit dem Schwert zu suchen Die grosse Nachfrage nach St Galler Produkten bewirkte eine stetige Steigerung der Produktion Waren im Jahr 1400 noch etwa 2000 Tucher a 100 Meter produziert worden waren es 1530 bereits rund 10 000 und 1610 fast 24 000 gute Tucher Die Stadt St Gallen allein hatte diese Nachfrage niemals allein befriedigen konnen Die Bauern der Umgebung produzierten den fur die Tuchfertigung benotigten Flachs und spannen teilweise daraus das Garn selbst Mit der Zeit begann man auch auf dem Land je langer je mehr Webstuhle aufzustellen Im Gegensatz zu anderen Orten konnten die landlichen Weber in St Gallen ihre Ware zu den gleichen Bedingungen anbieten wie die zunftisch organisierten Weber der Stadt vorausgesetzt die Qualitat stimmte Sie hatten sogar einen gewissen Vorteil da sie nicht der Zunftordnung unterstanden und so beispielsweise auch ungelerntes Hilfspersonal und Kinder einsetzen konnten Auch die Tatsache dass sich die in der Landwirtschaft verankerte Bevolkerung des Hinterlandes nicht ausschliesslich auf die industrielle Tatigkeit stutzen musste machte ihre Arbeit noch zusatzlich billiger Bald war die Weberei im Appenzellerland so stark verbreitet dass das selbst produzierte Flachs und Garn nicht mehr genugte und dieses importiert werden musste So gab es bereits in der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts immer mehr Familien die ihren Lebensunterhalt ausschliesslich durch die Weberei bestritten und die Landwirtschaft aufgaben In den guten Jahren an der Wende zwischen dem 17 und dem 18 Jahrhundert fuhrte diese neue Einkommensmoglichkeit zu einer starken Bevolkerungszunahme Diese fruhe Industrialisierung machte die Bevolkerung sehr abhangig von den weit entfernten Absatzmarkten und den Warenpreisen siehe Abschnitt Lebensbedingungen Ende des 17 und Anfang des 18 Jahrhunderts begannen die Dorfer in der Umgebung von St Gallen die Leinwand auch selbst zu exportieren was zuvor immer wieder am intensiven Widerstand der Stadt die ihr Handelsmonopol verteidigte gescheitert war Die St Galler Leinwandschau war bereits Anfang des 17 Jahrhunderts durch den Dreissigjahrigen Krieg und Pestausbruche in eine schwere Krise geraten Die stadtische Politik sich Neuerungen zu widersetzen und an ihren althergebrachten hohen Qualitatsanspruchen festzuhalten schrankte die Bewegungsfreiheit der Kaufleute zu sehr ein so dass diese zunehmend in den kleineren Orten der Umgebung ihre Ware einkauften Hier konnten sie auch billigere und minderwertigere Ware erwerben denn langst nicht alle Kunden erwarteten die absolute Spitzenqualitat der stadtischen St Galler Leinwand Auch der Zwang die in der Stadt gekaufte Leinwand auch dort veredeln zu lassen entfiel Baumwolle Bearbeiten Ungefahr gleichzeitig mit dem Verlust des exklusiven Vertriebsmonopols fur die Leinwand der Stadt St Gallen begann sich die erste ganz grosse Umstrukturierung in der Ostschweizer Textilindustrie abzuzeichnen Es war dies der Umstieg von der Leinwand auf die Baumwolle Tragender Kopf hinter dieser Umstrukturierung war Peter Bion wahrscheinlich ein hugenottischer Glaubensfluchtling der nach St Gallen geflohen war und dort ein Handelsgeschaft eroffnete Dort bot er vorwiegend Waren aus Fernost an neben Gewurzen vor allem wertvolle Stoffe wie Seide oder Mousseline oder Baumwollstoffe aus Zurich Bion begann 1721 dann als erster mit der Herstellung von Barchent einem Mischgewebe aus Leinwand und der neuen Baumwolle Dies brachte ihm zunachst Arger mit der Weberzunft ein da er selbst der Schneiderzunft angehorte und daher aufgrund der Zunftordnung kein Tuch weben oder weben lassen durfte Er trat daraufhin zur Weberzunft uber und gab seinen Laden auf Allerdings ignorierte er die Zunftregeln weiterhin so gut es ging und begann im Zurcher Hinterland und in Glarus wo die Baumwollindustrie schon etwas Fuss gefasst hatte Baumwollgarn fur die von ihm eingestellten Weber herstellen zu lassen Ab 1730 begann sich die Baumwollindustrie langsam durchzusetzen Im Kanton Appenzell begann sich nun die Baumwollspinnerei und weberei zusatzlich zur Leinwandindustrie zu verbreiten Der Handel mit den neuen Baumwollprodukten bluhte sosehr dass gegen Mitte des 18 Jahrhunderts die althergebrachte Leinwandindustrie in eine bedeutende Krise fiel Leinwand war nicht mehr modern und auch noch teurer als die Baumwollprodukte Im Kloster St Gallen entstand 1801 die erste mechanische Baumwollspinnerei und sozusagen erste Fabrik der Schweiz 3 Versuche die Baumwollindustrie die sich bisher frei entfalten konnte und auch in der Stadt St Gallen nicht der Zunftordnung unterstand doch noch zu regulieren und unter eben jene Zunftordnung zu stellen also Handel und Verarbeitung von Baumwollgarn und Baumwolltuchern streng zu beaufsichtigen scheiterten 1748 und 1759 am Widerstand des Kaufmannischen Direktoriums Dies war die Vereinigung der stadtischen Kaufleute und uber lange Zeit der wesentliche liberale Gegenpol zur sonst sehr konservativ orientierten stadtischen Politik Besonders die spateren politischen und wirtschaftlichen Veranderungen im 19 Jahrhundert hat das Kaufmannische Direktorium wesentlich mitgepragt auch als potenter Geldgeber Dieser politische Erfolg Mitte des 18 Jahrhunderts zeigte erstmals die neue politische Kraft die von der Wirtschaft und vom Drang zur Handels und Gewerbefreiheit ausging Die zweite Halfte des 18 Jahrhunderts gehorte nun zu einem wesentlichen Teil dem Handel mit und der Produktion von Baumwollprodukten Barchent Mousseline und Baumwolltucher fanden reissenden Absatz so dass besonders im Appenzellerland gutes Geld zu verdienen war und es erneut eine deutliche Bevolkerungszunahme erfuhr Die geblumte Leinwand das war solche die mittels eines speziellen Verfahrens mit Blumenmustern versehen war teilweise bereits durch Einsatz des Jacquard Webstuhls war von der alten Textilart ebenfalls sehr gefragt Neben der Weberei wurde auch die Zulieferung der Rohstoffe insbesondere des Garns immer wichtiger Zwischen 1750 und 1780 breitete sich die Baumwollspinnerei in grosse Teile des Appenzellerlandes des Toggenburgs und im Rheintal aus Auch jenseits von Rhein und Bodensee im suddeutschen Raum und im Vorarlberg wurde fur die St Galler Baumwollindustrie Garn gesponnen Wahrscheinlich beschaftigte allein die Baumwollspinnerei um 1780 40 000 Personen Die produzierten Baumwolltucher wurden in verschiedenen Formen verschiedenen Qualitaten und unterschiedlichsten Farbmustern produziert und angeboten Diese wurden spater teilweise noch bedruckt oder bestickt Die Veredelungsindustrie die Tucher bedruckte farbte oder bestickte erfuhr mit dem Aufschwung der Produktion naturlich auch deutliche Zuwachsraten so dass auch Textildruckereien gegen Ende des 18 Jahrhunderts in grosser Zahl neu eroffnet wurden und vielen Menschen Arbeit gaben Eine Sonderstellung in der Veredelungsindustrie sollte spatestens seit 1850 die Stickerei einnehmen denn sie begann um diese Zeit durch die Erfindung der Handstickmaschine die Weberei nach und nach einzuholen und spater gar zu verdrangen Preis und Lohnentwicklung wahrend der grossen Hungersnote von 1771 und 1817 4 1760 1771 1817 1820Nahrungsmittel1 Viertel Korn 50 kr 6 fl 30 kr 11fl 1 fl 10 kr1 Viertel Haber 18 kr 2 fl 3 fl 22 kr1 Viertel Weissmehl 1 fl 4 kr 5 fl 52 kr 14 fl 1 fl 26 kr1 Zentner Kartoffeln 40 kr 1 fl 30 kr 11 fl 40 kr1 Pfund Rindfleisch 4 kr 10 kr 15 kr 9 kr1 Pfund Butter 10 kr 20 kr 44 kr 17 kr1 Pfund Brot 2 kr 16 kr 30 kr 3 krLohneSpinnerlohn pro Schneller 5 12 15 kr 2 3 kr 2 3 krWeberlohn pro Woche 5 fl 24 kr 1 fl 48 kr 2 4 flfl Gulden kr Kreuzer 60 Kreuzer entsprachen einem GuldenVor dem letzten Hohenflug der Baumwollweberei kam es allerdings zu zwei schweren Einschnitten Den grossen Hungersnoten von 1771 und 1817 Der Absatz war schon vorher massiv eingebrochen und die Arbeitslosigkeit gestiegen Die meisten Textilarbeiter hatten keinen Ruckhalt mehr in der Landwirtschaft und als dann auch noch eine Missernte folgte verarmten viele Heimarbeiter Zuerst konnten sie sich teilweise noch durch Verkauf oder Verpfandung von Land und Haus uber Wasser halten spater aber half auch das nicht mehr Rund 5000 Menschen starben in den Kantonen St Gallen Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden entweder direkt an den folgen des Hungers oder an Krankheiten wie Ruhr Pocken oder Typhus in der Folge ungenugender oder schlechter Ernahrung Auch zwischen diesen Hungersnoten konnte die Situation fur die meisten Bevolkerungsschichten mehr schlecht als recht gemeistert werden Denn auch in den 1790er Jahren waren die Lebensmittelpreise trotz guter Ernten sehr hoch Deutschland benotigte das Getreide aufgrund verschiedener Kriege selbst Die einheimischen Bauern nutzten die Situation zu ihrem Vorteil und hielten die Preise der eigenen Lebensmittel kunstlich hoch In diesem Umfeld wirtschaftlich schwerer Zeiten erstaunt der zunehmende Konflikt der unteren Bevolkerungsschichten mit der Obrigkeit wenig Sowohl auf katholischer Seite im Furstenland als auch in der reformierten Stadt wurden bisher Hungersnote und anderes Ubel als gottgegeben und als Folge menschlichen Fehlverhaltens dem Schopfer gegenuber gegeisselt Doch die aufklarerischen Gedanken waren auch in die Ostschweiz gelangt und es gelang der Geistlichkeit je langer je weniger diese zu unterdrucken siehe Geschichte des Kantons St Gallen Auf die Wirtschaft bezogen folgte daraus die Loslosung aus der Leibeigenschaft das Ende steuerlicher Vorteile fur die Oberschicht und schliesslich die freie Marktwirtschaft Das Zeitalter der Mechanisierung begann mit der Spinnerei Spinnmaschinen waren um 1790 herum erstmals in England aufgestellt worden und das damit produzierte Maschinengarn eroberte bald das Festland Es war von besserer Qualitat als das handgesponnene Garn und erst noch billiger Die Industrielle Revolution in England hatte den Textilsektor erreicht und damit die europaischen Textilzentren in ihrem Herzen getroffen Viele Spinner die jetzt ihre Arbeit verloren fanden jedoch bald wieder solche in der noch immer im Aufschwung befindlichen Weberei oder der Stickerei Die Kontinentalsperre verbesserte die Situation auf dem Festland vorubergehend da wahrend dieser Zeit der Import englischer Ware nicht mehr moglich war 1801 eroffnete in St Gallen die General Societat der englischen Baumwollspinnerei in St Gallen die erste Aktiengesellschaft und auch die erste Maschinenstickerei der Schweiz Dieser war der Erfolg zwar nicht vergonnt sie ging nach wenigen Jahren Konkurs mehrere entscheidende Impulse gingen dennoch von ihr aus So wurden in der Folge weitere Spinnfabriken in der Ostschweiz eroffnet und es wurde 1828 die Maschinenfabrik St Georgen zum Unterhalt alter und zum Bau neuer Textilmaschinen gegrundet die spater zu einer der grossten Maschinenfabriken der Schweiz wurde Das Aufkommen der Maschinenstickerei war der Baumwoll und Stickindustrie sehr zutraglich denn in fruheren Jahren war immer wieder das Garn ausgegangen Die erste Halfte des 19 Jahrhunderts war noch fest in der Hand der Baumwollweberei Einige wesentliche Verbesserungen an den Handwebstuhlen erhohten die Produktivitat der Weber um mit der gesteigerten Nachfrage Schritt halten zu konnen So wurde nach 1800 der sogenannte Schnellschutzen eingefuhrt eine Vorrichtung mit der das Schiffchen mit einem Hebel durch den Stoff geschossen werden konnte was die Arbeitsgeschwindigkeit des Webers deutlich erhohte und zudem breitere Webstuhle zuliess 1801 wurde mit der Schnell oder Chlorbleiche auch die bisherige aufwendige Sonnenbleiche uberflussig Dies hatte dann wiederum einen massiven Einfluss auf das Landschaftsbild insbesondere im Umkreis der Stadt St Gallen indem die bis dato als Bleichen verwendeten Gebiete vor den Mauern der Stadt jetzt fur den Siedlungsbau verwendet werden konnten Geblieben sind Ortsbezeichnungen wie Kreuzbleiche oder Bleicheli nbsp Plattstich Handwebstuhl in einem Webkeller in Appenzell AusserrhodenAuch ein paar neue Webverfahren wurden noch eingefuhrt die jeweils vorubergehend durch neue Produktmoglichkeiten den Absatz wieder erhohten 1821 der Jacquard Webstuhl der mittels Lochkarten das Weben fast beliebiger Muster ermoglichte 1823 der Plattstichwebstuhl der eine Verbindung von Sticken und Weben zuliess und 1840 die Spickplatte Die mechanische Weberei wurde 1825 erstmals in der Schweiz in Rheineck eingefuhrt Spater wurde diese erste Maschinenwebfabrik ins Vorarlbergische verlegt und vernunftige weitere Versuche mit mechanischen Webstuhlen gab es erst wieder 1837 im thurgauischen Wangi Viel erfolgreicher waren hier wie auch in der Spinnerei die englischen Webfabriken Die meisten Ostschweizer Kaufleute und Fabrikanten begannen daher um der englischen Konkurrenz auszuweichen Spezialstoffe herzustellen die mit den mechanischen Webstuhlen noch nicht oder zumindest nicht in gleicher Qualitat hergestellt werden konnten Dies hatte fur die einheimischen Kaufleute diverse Vorteile insbesondere dass dadurch die wenig kapitalintensive Heimindustrie beibehalten werden konnte Der letzte grosse Aufschwung in der Weberei fur die Ostschweiz wurde mit der vermehrten Produktion von bunten Stoffen erreicht denn diese konnten mit Maschinen noch nicht vernunftig hergestellt werden 1850 wurde dann auch diese allmahlich mechanisiert Durch die Zusammenfassung der ganzen Arbeitsprozesse vom Spinnen uber das Farben und Weben bis zum Veredeln in einer einzelnen Fabrik waren diese jetzt allmahlich konkurrenzfahig So entstanden zwischen 1850 und 1865 mindestens 17 neue Buntweberei Fabriken mit weit uber 2000 Webstuhlen Daneben eroffneten auch diverse Fabriken fur Weissweberei diese wurden vor allem in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts je langer je wichtiger weil die weissen Stoffe fur die meisten Stickereien als Stickboden Ausgangsmaterial benotigt wurden Gegen Ende des Jahrhunderts waren noch etwa ein Drittel der mechanischen Webstuhle fur Buntweberei ausgelegt wahrend es 1880 noch umgekehrt war In der Handweberei waren im Kanton St Gallen 1868 2417 Webstuhle fur Weissweberei und 9691 fur Buntweberei ausgelegt 1880 waren es nur noch 366 fur weisse Stoffe aber immerhin noch 2796 fur bunte 1900 war die Handweberei fast ganz zusammengebrochen es gab noch 59 Webstuhle fur Weissweberei und 425 fur Buntweberei Stickerei Bearbeiten nbsp Handstickmaschine der Maschinenfabrik Karl Bleidorn Arbon um 1890 Hauptartikel St Galler Stickerei Die Stickerei sollte St Gallen schliesslich die dritte und bei weitem grosste Blute ihrer Textilgeschichte ermoglichen 1753 hatte das Handelshaus Gonzenbach erstmals Mousseline per Hand besticken lassen Auch dieses neue Textilhandwerk verbreitete sich ungeheuer rasch so dass um 1790 bereits um die 50 000 Frauen fur St Galler Handelshauser Handstickarbeiten ausfuhrten die Handstickerei war und blieb wahrend der ganzen Zeit im Gegensatz zur Maschinenstickerei reine Frauenarbeit Um 1850 kamen die ersten funktionierenden Handstickmaschinen auf den Markt die bald reissenden Absatz fanden und in der ganzen Ostschweiz verbreitet wurden In einigen Regionen des Kantons St Gallen stand mindestens in jedem zweiten Haus eine solche Handstickmaschine die Stickfabriken nicht eingerechnet Die Stickerei verdrangte bald vielerorts die Weberei und wurde zum grossten Exportzweig der Schweiz um die Jahrhundertwende Der zweite Entwicklungsschritt bei der Stickerei war die Entwicklung der Schifflistickmaschine durch Isaak Grobli Diese ermoglichte deutlich schnelleres Arbeiten und die Verlangerung der Arbeitsfaden wodurch die Unterbruche durch das Auswechseln und Nachfadeln der Nadeln verkurzt werden konnten Eine weitere Vereinfachung des Arbeitsvorgangs erfolgte 1884 durch die Erfindung der Fadelmaschine dies machte das zeitaufwendige einzelne Einfadeln der vielen Nadeln uberflussig Lebensbedingungen Bearbeiten nbsp Handstickerinnen in einer appenzellischen Wohnstube um 1830In der Textilindustrie war wahrend langer Zeit die Heimarbeit die Regel In fast jedem Haus insbesondere im Kanton Appenzell Ausserrhoden stand zu Beginn des 19 Jahrhunderts ein Webstuhl oder zumindest ein Spinnrad Bereits besassen grosse Teile der Bevolkerung keinen eigenen Boden fur die Landwirtschaft mehr Selbst dort wo noch Landwirtschaft betrieben wurde wurde zumindest wahrend der Wintermonate gestickt gewoben oder gesponnen Die Arbeitszeit war lang 13 oder 14 Stunden pro Tag ausser am Sonntag waren die Regel und die Arbeit war sehr eintonig Abwechslung brachte beim Weben lediglich die Zeit wenn ein Tuch fertig war und neue Kettfaden eingezogen werden mussten Die Spinnerinnen Spinnen war meistens Frauenarbeit waren dafur im Gegensatz zu den Webern nicht an eine Lokalitat gebunden Sie arbeiteten in der Stube oder wenn das Wetter gut war auch im Freien oder gemeinsam mit anderen Spinnerinnen auf dem Dorfplatz Viele der Beiarbeiten in der Textilindustrie waren Kinderarbeit Teilweise mussten die Kinder bereits mit sechs Jahren im elterlichen Gewerbe mithelfen und Sticknadeln einfadeln oder fertig bestickte Stoffe ausschneiden Mit zwolf Jahren waren drei bis vier Stunden fadeln oder andere Beiarbeiten die Regel mit vierzehn Jahren bereits vier bis sieben Stunden zusatzlich zur Schule Sobald ich am Morgen aufgestanden bin so muss ich in den Keller hinab um zu fadeln und dann kann ich das Morgenessen geniessen Nachher muss ich wieder fadeln bis es Zeit zur Schule ist Wenn diese um elf Uhr beendigt ist gehe ich schnell nach Hause und muss wieder fadeln bis zwolf Uhr Dann kann Ich Das Mittageseen geniessen und muss wieder fadeln bis ein Viertel vor 1 Uhr Dann gehe ich wieder in die Schule Wenn ich heimkomme muss ich wieder fadeln bis es dunkel wird und dann kann ich das Abendessen geniessen Nach dem Essen muss ich wieder fadeln bis um zehn Uhr manchmal wenn die Arbeit pressant ist so muss ich bis um elf Uhr fadeln im Keller So geht es alle Tage Aus einem Schulaufsatz eines zwolfjahrigen Kindes eines Stickers um 1880 6 nbsp Kinderarbeit in einer Spinnmaschinenfabrik Bild aus den Vereinigten Staaten Dass diese eintonige und stundenlange Arbeit der Kinder fur ihre Entwicklung und fur ihre Konzentrationsfahigkeit in der Schule nicht forderlich war braucht nicht weiter erortert zu werden Neben der Stickerei wurde auch in der Spinnerei sehr stark auf Kinderarbeit gesetzt Die Spinnereifabrikanten liessen ihre Arbeiter und Kinder zu absolut widrigen Arbeitsbedingungen 15 und mehr Stunden pro Tag an den Maschinen arbeiten zu Hungerlohnen Erst mit der langsamen Verbesserung der Marktlage und der damit einhergehenden Modernisierung wurden die Arbeitsbedingungen etwas besser Im Laufe der Jahrzehnte wurde auch die Arbeitszeit reduziert Bis in die 1860er Jahre hinein war die Arbeitszeit in den Fabriken sukzessive auf zwolf Stunden pro Tag reduziert worden Die Arbeiter in den Fabriken waren den Fabrikanten praktisch vollstandig ausgeliefert Die Arbeitgeber diktierten Lohne und Arbeitszeiten und verlangten Arbeitsdisziplin und unbedingten Gehorsam Ublich war es auch vom vereinbarten Lohn noch Abzuge fur unsaubere Arbeit notige Nacharbeiten und so weiter einzubehalten Solche waren fur den Arbeiter nicht vorhersehbar und oft willkurlich und ihr Umfang war rein von der Profitgier des Arbeitgebers gepragt Das galt uberdies nicht nur fur die Fabrikarbeiter sondern auch fur die Heimsticker und weber Eine gewisse Verbesserung der Situation der Arbeiter und insbesondere der Kinder wurde erst 1878 durch die Verabschiedung des Eidgenossischen Fabrikgesetzes erzielt Es verbot die Kinderarbeit in Fabriken vollstandig und forderte von den Arbeitgebern dass sie die Arbeitsbedingungen und Abzuge mit den Arbeitern klar und im Voraus vereinbarten Das gefiel naturlich den Arbeitgebern nicht besonders und auch die Politiker im St Gallenland schauten anfanglich grosszugig weg so dass sich das Gesetz nur langsam durchsetzen liess Das Gesetz galt nur fur Fabriken so dass es indirekt zum Forderer der Heimarbeit wurde In den Heimstickbetrieben konnten die Kinder nach wie vor uneingeschrankt ausgenutzt werden und auch die Hochstarbeitszeit von 11 Stunden taglich war hier nicht bindend Auch die Heimarbeiter selbst opponierten nicht gegen die Aus nutzung der Kinderarbeit da sie zur Sicherung ihrer eigenen Existenz schlicht eine Notwendigkeit darstellte nbsp Innerrhoder Handstickerinnen fur die Firma Edmund Broger in Berlin 1916Die Heimsticker bekamen ihre Auftrage in den meisten Fallen von sogenannten Ferggern und nur selten direkt von den Exporteuren Die Fergger ubernahmen von einem Handelshaus die Auftrage und verteilten sie an ihre Sticker Bei der Auftragsubergabe wurde uber den Lohn fur die Arbeit verhandelt Oft verkaufte der Fergger den Stickern auch das zur Herstellung notige Garn Von seinem Lohn musste der Sticker die Abzuge fur die Nachstickerin die eventuell vorhandene Fehler korrigieren musste gewartigen Weil nicht nur der Auftraggeber sondern auch der Fergger moglichst viel verdienen wollten waren diese Abzuge zuweilen sehr hoch Ausweichmoglichkeiten blieben dem Sticker kaum er konnte bei den grobsten Auswuchsen hochstens versuchen den Fergger zu wechseln Auch den ubriggebliebenen Lohn konnte er nicht vollumfanglich fur sich selbst brauchen denn die Bezahlung seiner Hilfskrafte insbesondere der Fadlerin die ihn bei der Arbeit an der Maschine zu unterstutzen hatte waren seine Sache Der Fadlerlohn blieb in der Familie wenn der Sticker fur diese Arbeit seine Kinder oder seine Frau einspannen konnte was aus genau diesem Grund sehr haufig geschah Trotz dieser schlechten Situation was seine Entlohnung betraf waren die Sticker in der Regel nicht allzu schlecht gestellt und galten als angesehene Leute mit handwerklichem Konnen Die Einzelsticker hatten entsprechend auch ein sehr hohes Ansehen von sich selbst Sie sahen sich als vornehme Industriearbeiter und keinesfalls als Proletarier Sie wollten sich selbst von den normalen Fabrikarbeitern abgehoben sehen denn sie waren selbststandige Arbeiter und ihre eigenen Herren Von ihrem Geschick hing Einkommen und Vermogen ab Viele kamen allerdings nie langfristig zu Vermogen da man das verdiente Geld gerne schnell wieder ausgab namentlich im Wirtshaus fur guten Wein oder fur standesgemasse Kleider Uberhaupt hatte die Kleidung bei den Textilarbeitern eine sehr hohe Bedeutung und man gab zuweilen mehr fur neue Kleider aus als fur besseres Essen Nicht zuletzt wollte gerade die junge Generation durch diese Zurschaustellung ihrer finanziellen Moglichkeiten potentielle Partner anlocken Die Heirat war namlich oft fast der einzige Weg sich aus der Abhangigkeit der Eltern zu losen fortzuziehen und auf eigene Kasse Weben oder Sticken zu konnen statt auf diejenige der Eltern Finanzielle Situation BearbeitenWie im vorhergehenden Absatz angedeutet war das Einkommen der Textilarbeiter wesentlich von der Willkur der Auftraggeber abhangig Daneben hatte allerdings vor allem auch die Konjunktur einen sehr grossen Einfluss auf das Wohlergehen der Arbeiter Stockte der Absatz wurde der Lohn gekurzt oder fiel ganz weg Das Exportprodukt Textilien machte die Arbeiter und mit ihnen die ganze Region von der Konjunktur der weltweiten Markte abhangig die auch von den Exporteuren nicht eingeschatzt werden konnte Besonders hart traf es die Heimarbeiter da sie in schweren Zeiten einfach keine Auftrage mehr erhielten Die Flexibilitat mit der durch die Heimarbeit die Fertigungsauftrage vergeben werden konnten trafen in der Krise praktisch direkt die Arbeiter Selbst in guten Zeiten waren die Lohne niedrig Von der Situation der Heimarbeiter berichtet ausfuhrlich der Baumwollfergger Ulrich Braker 1735 1798 in seinem vielbeachteten und der Weltliteratur zugerechneten Werk Er gilt als einer der ganz wenigen Schriftsteller die das Ostschweizer Textilwesen aus der unmittelbaren Sicht der Unterschicht beschrieben haben Ein Weber verdiente 1835 zu einer guten Zeit zwischen 1fl 20kr und 2fl 30kr pro Woche Um seine funfkopfige Familie zu ernahren brauchte er 34 Kreuzer pro Tag mit Sparen 31 Das macht pro Woche zwischen 3fl 37kr und 3fl 58kr der Gulden zerfallt in 60 Kreuzer was ganz offensichtlich nicht ausreicht Er war also zwingend auf die Mitarbeit seiner Familienmitglieder angewiesen Dabei sind in voriger Rechnung Mietzinsen Kleider Holz etc noch nicht einmal eingerechnet Richtig schlimm wurde es allerdings bei schlechter Konjunktur Die faktische Monokultur die die Textilindustrie in der Ostschweiz erzeugt hatte machte die ganze Landschaft von dieser abhangig Gingen die Exporte zuruck fielen die Lohne zuweilen ins Bodenlose Die Textilarbeiter hatten vielerorts auch langst keinen Ruckhalt mehr in der Landwirtschaft oder eigenen Boden der sie ernahren konnte und so wurde dann die Not sofort sehr offensichtlich Bis ins 20 Jahrhundert hinein waren aber offen ausgetragene Arbeitskampfe sehr selten Dies hat verschiedene Grunde Zum einen den bereits erwahnten Berufsstolz der Handmaschinensticker zum anderen ihre gegenseitige Isolation durch die Heimarbeit und ihre damit begrundete Abneigung gegenuber gewerkschaftlich organisierten Vereinigungen Zu den ersten grossen Protesten kam es im ersten Jahrzehnt des 20 Jahrhunderts durch die besser organisierten Schifflisticker Diese hatten etwas die Abneigung gegen den Zusammenschluss verloren da sie viel ofter zusammen in einer Fabrik arbeiteten als die Handmaschinensticker Trotz steigender Absatze waren die Lohne 1904 und 1908 zweimal bereits deutlich nach unten korrigiert worden Zu jener Zeit waren naturlich auch eventuelle Arbeitsausfalle oder Kurzarbeit nicht versichert In den Kopfen der Firmenbesitzer hielt sich noch immer das alte Bild wonach sie alleine wussten was das Beste fur die Arbeiter sei So soll der Arboner Stickerkonig Arnold B Heine wahrend einer Aussperrung in seinem Betrieb der New Yorker Handelszeitung erklart haben die Arbeiter mussten lernen dass Zitat sie den Leitern der Fabriketablissements und nicht den Agitatoren zu folgen haben Und zwar Zitat weil wir ihre Interessen besser beurteilen konnen und mehr am Herzen haben als ihre unverantwortlichen Fuhrer 7 Doch die Zeit in der die Fabrikbesitzer Lohne und Anstellungsbedingungen nach Belieben festlegen konnten war vorbei Stadtische Politik bis 1798 BearbeitenDie Textilindustrie und der Handel waren zentrale Treiber der Politik der freien Reichsstadt St Gallen Diese war zwar offiziell seit dem 16 Jahrhundert von den 6 Zunften getragen wird aber mit zunehmender Dauer mehr und mehr als aristokratisch beschrieben 8 Die zielbewusste Ausrichtung der Politik auf das Leinwandgewerbe begann in der zweiten Halfte des 15 Jahrhunderts Damals wurden die ersten Abkommen der Stadt mit der Eidgenossenschaft geschlossen wodurch sie auch von Freihandelsabkommen der Eidgenossenschaft etwa mit Frankreich profitieren konnte Diese erlaubten den Zollfreihandel mit wichtigen franzosischen Markten was einen deutlichen Vorteil gegenuber der Konkurrenz darstellte St Gallen verstand es auch durch eine extrem protektionistische Politik die Konkurrenz aus anderen Schweizer Orten auszubooten Um die einen sehr guten Ruf geniessende Veredelungsindustrie zu schutzen wurden auch Massnahmen gegen das Kopieren der Verfahren eingeleitet und ausreisewillige Handelsleute die sich in anderen Orten niederlassen wollten mit bedeutenden Geldbetragen zur Umkehr uberredet Neben der Zunftregierung der Stadt ihrerseits allein durch das Wesen der Zunfte bereits wirtschaftspolitisch gepragt existierte seit 1730 die Kaufmannische Corporation die sich aus Interessengemeinschaften der Handelshauser gebildet hatte Diese Corporation war vergleichbar mit der Handelskammer anderer Stadte und beeinflusste die Politik massgebend nicht zuletzt auch deshalb weil sie sehr finanzkraftig war Ihre Vorschlage wurden von den Raten der Stadt fast immer durchgewinkt Im Gegensatz zur stadtischen Politik die mit dem Eintreten der Helvetik komplett umgekrempelt wurde existierte die Kaufmannische Corporation bis ins 20 Jahrhundert hinein Mit ein Trager der protektionistischen Politik und auch eine Ursache dafur dass die damalige Stadtrepublik aus heutiger Sicht meistens als aristokratisch beschrieben wird war das komplizierte Wahlverfahren in die Rate Die Zunfte schlugen ihre Kandidaten in einem mehrstufigen Prozess den Raten vor Erst nachdem sich die Rate uber die Kandidaten praktisch einig waren wurden diese der Volksversammlung zur Abstimmung vorgelegt Da aber das Diskutieren uber Kandidaten vor und nach der Wahlveranstaltung verboten war konnte nie eine echte politische Diskussion stattfinden und die Kandidaten wurden fast immer entsprechend den Vorschlagen gewahlt Was allerdings gegen die Sicht einer Aristokratie in der Stadt spricht sind zweierlei Dinge Erstens kam es durchaus auch einmal vor dass der vorgeschlagene Kandidat vom Volk abgelehnt wurde etwa wenn sich der Unmut uber die Obrigkeit zu lange aufgestaut hatte Und zweitens war es zwar haufig aber nicht immer so dass die politischen Amter von wohlhabenden und bedeutenden Familien besetzt wurden Auch einfache Zunftleute konnten hin und wieder in politische Amter gehoben werden Naturlich hatte der Protektionismus auch seine Nachteile Anpassungen an neue Entwicklungen und neue Markte waren deutlich erschwert und teilweise gar verunmoglicht worden was zeitweise gar zu unnotigen wirtschaftlichen Ruckschlagen fuhrte etwa als der Wert der neu entwickelten Baumwollindustrie lange nicht erkannt wurde Ware nicht Peter Bion eigentlich ein Fremder in St Gallen zum Vorreiter der Baumwollindustrie geworden hatte die Stadt wohl noch hundert Jahre langer an der Leinenverarbeitung festgehalten und den Strukturwandel im Textilwesen verpasst Fur die stadtische Wirtschaft war der Protektionismus in guten Zeiten ein Segen in schlechten aber haufig ein Fluch Diese stadtische Politik durch die Zunftordnung dominiert wurde nach dem Einmarsch der Franzosen 1798 durch modernere Strukturen ersetzt Trotzdem blieb Handel und Wirtschaft ein wesentlicher Schwerpunkt der stadtischen Politik als die bedeutendste Blutezeit der Textilindustrie gilt ja das folgende 19 Jahrhundert Das Ende des Textilzeitalters Bearbeiten nbsp Bevolkerungsentwicklung der Stadt St Gallen bis 1910 waren Tablat und Straubenzell noch eigenstandige Gemeinden Hatte sich bis anhin die Textilindustrie wenn auch mit Veranderungen immer wieder erholen konnen so war sie um 1920 herum endgultig in eine strukturelle Krise geraten Die Mode hatte sich geandert funktionale Kleidung war jetzt gefragt und nicht mehr noble Spitzen In der auch fur andere Industrien schweren wirtschaftlichen Situation die dann schliesslich in der Weltwirtschaftskrise von 1929 gipfelte konnten oder wollten sich auch die Oberschichten keine teuren Stickereien mehr leisten Hochadel im engeren Sinne gab es ja auch in Kontinentaleuropa nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr Von 1914 bis 1935 sank der Wert der exportierten Stickereien von 200 Millionen auf 12 Millionen Franken verbunden mit riesigen Entlassungswellen und Auftragsruckgangen Viele Abnehmerstaaten darunter insbesondere die USA betrieben nun auch eine extensive Schutzpolitik zugunsten ihrer einheimischen Produktion indem sie die Stickereiimporte mit uberrissenen Zollen belegten oder wie Deutschland gar ganz verboten Der Staat bezahlte den Stickern Pramien fur das abschalten und verschrotten ihrer Maschinen doch das half den Betroffenen nur sehr vorubergehend Viele von ihnen fanden wahrend Jahrzehnten nur noch Gelegenheitsjobs um sich und ihre Familien uber Wasser zu halten Die Wirtschaftskrise in der Ostschweiz dauerte bis deutlich nach dem Zweiten Weltkrieg Sie zeigte sich auch deutlich in den Einwohnerzahlen der betroffenen Kantone und Stadte Besonders die Kantone St Gallen und Appenzell haben in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts durch Abwanderung viele Einwohner verloren Die Stadt St Gallen hatte erst in den 1960er Jahren wieder mehr Einwohner als 1910 In einigen Dorfern Ausserrhodens war der Ruckgang sogar noch einschneidender Erst mit dem Aufschwung in der Hochkonjunktur der Nachkriegszeit stieg der Absatz wieder etwas allerdings auf einem sehr tiefen Niveau und praktisch nur noch fur Automatenstickereien oder automatische Webstuhle Die Lohne der dort noch beschaftigten Hilfsarbeiter waren gering und entsprechend war ihre Kaufkraft schlecht was den gesamtwirtschaftlichen Aufschwung fur die Ostschweiz bremste Denn trotz des starken Ruckgangs auf nur noch 2 der Erwerbstatigen im Jahr 1941 war die Textilindustrie ein recht bedeutender Teil der Ostschweizer Industrie Zwischen 1940 und 1955 erhohte sich kurzfristig sogar die Zahl der Beschaftigten nochmals Mit der Erhohung des Kapitalbedarfs fur die neuen teuren und leistungsfahigen Stickautomaten ging nicht nur die Zahl der Fabriken Heimarbeit kam schon gar nicht mehr in Frage zuruck sondern erneut auch die der benotigten Arbeiter Das endgultige Ende einer Epoche war nicht mehr aufzuhalten 1970 waren in der Stickereiindustrie im Kanton St Gallen noch 3943 Personen beschaftigt im Kanton Appenzell 1707 und im Thurgau 301 Literatur BearbeitenAlbert Tanner Das Schiffchen fliegt die Maschine rauscht Weber Sticker und Fabrikanten in der Ostschweiz Unionsverlag Zurich 1985 ISBN 3 293 00084 3 Max Lemmenmeier Stickereiblute In Sankt Galler Geschichte 2003 Band 6 Die Zeit des Kantons 1861 1914 Amt fur Kultur des Kantons St Gallen St Gallen 2003 ISBN 3 908048 43 5 Daniel Buchel Kaufleute Ratsherren und vornehme Gesellschafter Leinwandgewerbe Gesellschaft und Regiment der Stadt St Gallen in der Fruhneuzeit In Sankt Galler Geschichte 2003 Band 4 Fruhe Neuzeit Bevolkerung Kultur Amt fur Kultur des Kantons St Gallen St Gallen 2003 ISBN 3 908048 43 5 Georg Wyler Aufstieg und Niedergang der thurgauischen Stickerei Industrie In Thurgauer Jahrbuch Bd 58 1983 S 9 33 e periodica ch Peter Muller Stgall Textilgeschichten aus acht Jahrhunderten hg vom Textilmuseum St Gallen Baden Hier Jetzt 2011 ISBN 9783039192144Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Textilindustrie in der Ostschweiz Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Albert Tanner Stickerei In Historisches Lexikon der Schweiz Anne Marie Dubler Textilindustrie In Historisches Lexikon der Schweiz Erinnerungen an die HandstickereiEinzelnachweise Bearbeiten Anne Wanner JeanRichard Marcel Mayer Produktion und Vermarktung von Sankt Galler Stickereien in St Galler Geschichte Band 6 Seite 147 Stickereitradition in St Gallen St Gallen Bodensee Tourismus 15 Januar 2009 archiviert vom Original am 12 August 2014 abgerufen am 20 Februar 2011 1912 stand die Stickerei an der Spitze der Schweizer Exportguter gefolgt von der Uhren und der Maschinenindustrie Uber 50 Prozent der damaligen Weltproduktion an Textilien stammte aus St Gallen heute sind es noch 0 5 Prozent nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www pr2 de WI2017 St Gallen Universitat St Gallen Institut fur Wirtschaftsinformatik abgerufen am 20 Mai 2023 Tanner Seite 94 1 Schneller entsprach nach Ostschweizer Mass 769 Metern Je nach Garndicke und qualitat benotigte die Spinnerin dafur auf der Handspindel etwa 6 10 Stunden mit dem Spinnrad etwa die Halfte Tanner Seite 166 Neue Zurcher Nachrichten 3 Juni 1908 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3Dhttps 3A 2F 2Fwww e newspaperarchives ch 2F 3Fa 3Dd 26d 3DNZN19080603 01 2 10 GB 3D IA 3D MDZ 3D 0A SZ 3D doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D New Yorker Handelszeitung nicht gesehen Ganzer Abschnitt Daniel Buchel Kaufleute Ratsherren und vornehme Gesellschafter Leinwandgewerbe Gesellschaft und Regiment der Stadt St Gallen in der Fruhneuzeit Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Textilindustrie in der Ostschweiz amp oldid 238184698