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Die Handspindel ist ein einfaches Gerat zum Verspinnen von Fasern zu Garn Sie besteht aus einem stabformigen Schaft und einem Schwunggewicht Schwungmasse Das Schwunggewicht stabilisiert die Drehbewegung und kann durch eine Verdickung des Schaftes oder einen auf den Schaft geschobenen Spinnwirtel auch Wirtelstein oder Wurtel gebildet werden Es befindet sich ublicherweise oben Kopf oder Hochwirtelspindel oder im unteren Bereich des Schaftes Fussspindel Auch Spindeln mit einem zentralen Schwunggewicht oder zwei auf Abstand angebrachten Spinnwirteln sind bekannt Runenbeschrifteter Spinnwirtel schwedisch Slandtrissa aus Blei Gotland Spinnwirtel aus KnochenBuckquoy SpinnwirtelInhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Funktionsweise 2 1 Fallspindel 2 2 In der Hand gehaltene Spindel 2 3 Standspindeln 3 Arten 4 Handspinnen heute 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksGeschichte BearbeitenDa der Spindelschaft oft aus verganglichem Material Holz gefertigt war der Wirtel hingegen eher aus unverganglichem Bernstein Geweih Knochen Keramik Koralle Glas Metall Stein oder Holz wird aus Funden wirtelformiger Objekte auf die Verwendung von Handspindeln geschlossen Eigenschaften die einen Wirtel ausmachen sind eine rotationssymmetrische Form ein mittiges Loch senkrecht zur Rotationsebene das gross genug ist einen Spindelschaft hindurchzustecken sowie eine gewisse Grosse und ein gewisses Gewicht die fur ein gutes Funktionieren d h moglichst lange gleichmassige taumelfreie Rotation notig sind In der Archaologie ist daher eine Verwechslung mit sehr grossen Perlen nicht ausgeschlossen Belege fur Spinnwirtel in Europa stammen aus dem 6 Jahrtausend v Chr aus fruhneolithischen Siedlungen in Griechenland z B Achilleion 1 Der Buckquoy Spinnwirtel aus Kalkstein der auf den zu Schottland gehorenden Orkney Inseln gefunden wurde stammt aus dem 7 bis fruhen 9 Jahrhundert auf ihm ist ein Segensspruch in Ogham Schrift zu finden 2 In Skandinavien wurden Spinnwirtel aus Knochen Sandstein Schiefer Speckstein und Ton gefunden Einige seltene Exemplare waren aus Blei Bronze Elfenbein Glas z B im Grab von Kville Berg in Tanum in Bohuslan Pechkohle Gagat Marmor Quarz oder Quarzit und Holz in Uppsala und der Klosterkirche von Vreta in Ostergotland gefunden hergestellt Erst mit dem Aufkommen des Spinnrades im 13 Jahrhundert kamen Handspindeln und Spinnwirtel nach und nach ausser Gebrauch Bereits 2000 Jahre zuvor hatten Ackerbauern in der Levante Textilien hergestellt Ob diese aus Flachs bzw Lein oder tierischer Wolle waren ist wegen fehlender Erhaltung unklar Erhaltene Leinenbekleidung taucht gegen Ende des 4 Jahrtausend v Chr in Agypten auf Das handgewebte Leinengewand von Tarchan gilt als das alteste erhaltene Kleidungsstuck und soll radiokarbondatiert mit 95 prozentiger Wahrscheinlichkeit aus der Zeit zwischen 3 482 3 102 v Chr stammen 3 Wirtel werden in vielen vorgeschichtlichen Grabern und Siedlungen gefunden 4 Ein Spinnwirtel aus Bernstein gefunden im vendelzeitlichen Frauengrab von Hallveda 5 zeigt durch den Materialwert die besondere Bedeutung der Wirtel nbsp Spinnerin mit Fallspindel in Osttimor nbsp Gehaltene Spindel in den Pyrenaen 19 Jh nbsp Gehaltene Spindel in EcuadorEinige lokal verfugbare meist steinerne Materialien wurden auch verziert verwendet Kalkstein Knochen Kreide Sandstein Schiefer Speckstein und Ton oder Keramik Als Wirtel wird auch in heutigen Ringspinnmaschinen das Teil bezeichnet uber das die Spindel angetrieben wird Der Schaft Stab der Handspindel alleine wird manchmal auch als Spindel bezeichnet Das obere Schaftende kann unterschiedlich geformt sein spitz zulaufend mit einem Metall oder geschnitztem Haken mit einer Kerbe oder Rille bzw einer Mittel oder spiralformigen Nut versehen Funktionsweise BearbeitenEine Handspindel hat zwei Hauptfunktionen Erstens daran befestigte Fasern miteinander zu verdrehen indem sie sich eine Zeitlang von selbst weiterdreht wenn man sie einmal in Schwung versetzt hat Zweitens die Aufbewahrung fertig gedrehten Garns das auf den Spindelschaft aufgewickelt wird Die Handhabung des Faservorrats und der Spindel unterscheidet sich je nach Faser Verwendungszweck des Garns und kulturellen Gewohnheiten Drei grundlegende Arten der Handhabung lassen sich unterscheiden Fallspindel Bearbeiten Hierbei wird der Faservorrat in einer Hand gehalten die andere Hand dreht abwechselnd die Spindel und zieht die gewunschte Menge Fasern aus dem Vorrat Das bedeutet dass die Spindel immer wieder losgelassen werden muss so dass sie sich frei am Spinnfaden hangend dreht Mit wachsender Lange des Spinnfadens hangt die Spindel immer tiefer Spatestens wenn sie den Boden erreicht hat muss das Garn aufgewickelt werden Da das Gewicht der Spindel am Spinnfaden hangt muss dieser eine entsprechende Reissfestigkeit aufweisen so dass diese Technik sich eher schlecht fur kurze Fasern und feine Garne eignet Ausserdem sollte die Spindel besonders symmetrisch und ausgewogen sein damit sie nicht ins Taumeln gerat Da der Abstand zum Boden moglichst gross sein sollte damit man nicht oft aufwickeln muss steht der die Spinnende fur gewohnlich In der Hand gehaltene Spindel Bearbeiten Wird ein Rocken verwendet sind beide Hande zum Spinnen frei so dass die eine Hand die Fasern auszieht wahrend die andere ausschliesslich die Spindel dreht Diese Hand halt und dreht standig die Spindel so dass zumindest ein Teil des Gewichts vom Spinnfaden genommen wird Diese Technik ist schneller als die Fallspindel Technik und eignet sich besser zur Herstellung dunnen Garns Im europaischen Hochmittelalter und bis weit ins 19 Jahrhundert hinein finden sich Abbildungen dieser Technik eine Variation davon ist in Lateinamerika gebrauchlich Sie kann im Sitzen ebenso wie im Stehen und Gehen betrieben werden Standspindeln Bearbeiten Wird die Spindel mit dem unteren Ende aufgestutzt spricht man von einer Standspindel englisch Supported Spindle Um ein seitliches Ausbrechen der Spindel zu verhindern werden oft spezielle Schalen benutzt in denen die Spindel steht Besondere Spindeln sind nicht zwingend notig aber oft sind die Fuss Enden angespitzt um die Reibung zu minimieren Da das Gewicht der Spindel nicht am Spinnfaden hangt konnen mit Standspindeln besonders feine kurzfaserige Garne gesponnen werden wie Baumwolle mit der indischen Takli Die Spindel kann aber auch besonders gross und schwer sein wie z B Navajospindeln die ca 75 cm lang sind Der die Spinnende sitzt meistens Arten BearbeitenMan unterteilt diese anhand der Form bzw des Wirtelsitzes in Tiefwirtelspindeln engl Bottom oder Down Whorl wenn der Wirtel sich unterhalb der Schaftmitte befindet In Europa war hauptsachlich diese Art von Spindel verbreitet Hochwirtelspindeln engl Top Whorl wenn sich der Wirtel oberhalb der Schaftmitte befindet Diese Spindelform benotigt zwingend einen Haken oder eine umlaufende Nut am oberen Schaftende Der Spinnfaden wird dort unterhalb des Wirtels aufgewickelt Diese Art von Handspindel war u a in Agypten und Asien verbreitet Diese Art von Handspindeln erfreut sich wachsender Beliebtheit und wird heutzutage ausgehend von den USA in wachsenden Stuckzahlen und mit moderneren Fertigungstechniken hergestellt Sonderformen mit dem Wirtel genau in der Mitte Akha Spindel oder mit zwei Wirteln Spanische Doppelwirtel Spindel 6 Balkanspindel Handspinnen heute Bearbeiten nbsp Moderne HochwirtelspindelnAuch heute noch dient die Handspindel in vielen weniger industrialisierten Gegenden der Erde zur Herstellung von Textilien des taglichen Gebrauchs Auch unter der langsam wieder wachsenden Zahl der Hobby Spinner wird die Handspindel verwendet Der Vorteil der Handspindel gegenuber dem Spinnrad ist dass sie leicht transportiert und wahrend vieler Tatigkeiten des normalen Lebens benutzt werden kann z B beim Schafehuten beim Gehen beim Warten auf den Bus oder im Wartezimmer Dadurch relativiert sich die langsamere Spinngeschwindigkeit gegenuber dem ortsfesten Spinnrad etwas Eine Arbeitskraft in einer heutigen industriellen Spinnerei produziert jedoch mehrere tausend Mal mehr Garn als von Hand gemessen in kg Garn pro Arbeitsstunde Literatur BearbeitenUlrike Classen Buttner Spinnst Du Na klar Geschichte Technik und Bedeutung des Spinnens von der Handspindel uber das Spinnrad bis zu den Spinnmaschinen der Industriellen Revolution Isenbrunn 2009 ISBN 978 3839117422 Connie Delaney Spindle Spinning From novice to expert Kōkōvōkō Press Corinth KY 2000 ISBN 0 9660952 0 0 Abby Franquemont Respect the spindle Spin infinite yarns with one amazing tool Interweave Press Loveland CO 2009 ISBN 978 1 59668 155 2 Wolfgang La Baume Der Gebrauch der Handspindel vom Altertum bis zur Neuzeit In Studien zur europaischen Vor und Fruhgeschichte Festschrift Herbert Jankuhn 1968 S 431 437 Priscilla A Gibson Roberts High whorling A spinner s guide to an old world skill Nomad Cedaredge CO 1998 ISBN 0 9668289 0 9 Bette Hochberg Handspindles Bette and Bernard Hochberg Santa Cruz CA 1993 ISBN 0 9600990 4 2 C Michael Schirren Zu neolithischen Spinnwirteln aus dem Suden Schleswig Hosteins In Zur jungeren Steinzeit in Norddeutschland Einblicke in das Leben der ersten Bauern 2000 S 31 41 Hermann Maurer Fruhneolithische Spinnwirtel und Webstuhlgewichte aus dem politischen Bezirk Horn Niederosterreich Das Waldviertel 24 35 1975 S 74 75 und zwei Abbildungen Volltext Einzelnachweise Bearbeiten Marija Alseikaite Gimbutas Shan M M Winn Daniel M Shimabuku Sandor Bokonyi Achilleion a Neolithic settlement in Thessaly Greece 6400 5600 B C Institute of Archaeology University of California Los Angeles 1989 S 256 Phasen Iia Iva Buckquoy Spinnwirtel in der Ausstellungsvitrine des Orkney Museums Vergrosserung durch Anklicken des Fotos UCL Petrie Museum s Tarkhan Dress world s oldest woven garment In University College London University College London Gower Street London 15 Februar 2016 abgerufen am 11 Februar 2023 englisch Radiocarbon testing conducted in 2015 by the University of Oxford s radiocarbon unit and published this week on Antiquity s Project Gallery has established that the dress was made between 3482 3102 BC with 95 accuracy Siehe z B Schmidt Heinrich Schliemann s Sammlung trojanischer Altertumer Konigliche Museen zu Berlin beschrieben von Hubert Schmidt Reimer Berlin 1902 Einleitung S XVII Robert Beltz Die Vorgeschichte von Mecklenburg Susserott Berlin 1899 S 119 oder in jungster Zeit Sascha Mauel Die Spinnwirtel und Webgewichte der bronze und eisenzeitlichen Siedlung von Kastanas Zur Textilproduktion Nordgriechenlands im 2 vorchristlichen Jahrtausend University of Copenhagen Kopenhagen 2009 S 5 ff Marten Stenberger Romische Kaiserzeit In Ders Nordische Vorzeit Band 4 Vorgeschichte Schwedens Wachholtz Neumunster 1977 ISBN 3 529 01805 8 S 391 Nadja Riedmann Spanien Universitat Innsbruck In www uibk ac at Archiviert vom Original am 26 November 2018 abgerufen am 26 November 2018 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www uibk ac at Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Drop spindles Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Spinnen mit der Handspindel Landschaftsmuseum Obermain Beschreibung verschiedener Handspindeltypen bei Spinnradclub Video Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Handspindel amp oldid 230879658