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Das Geweih jagersprachlich auch Gehorn Krone oder Gewicht 1 ist der aus Knochensubstanz jahrlich neu gebildete Kopfschmuck mannlicher Hirsche Cerviden Fast alle Geweihe haben in ausgewachsenem Zustand ein erhebliches Gewicht Gehorn ist typischerweise das vergleichsweise kleine Geweih des Rehwildes als Verkleinerungsform von Geweih kommt im suddeutschen und osterreichischen Raum auch G e wicht e l vor Geweih des HirschesBeim Ren Rangifer tarandus tragen beide Geschlechter ein Geweih Geweihe dienen in erster Linie als Kampf und Imponierwaffe in der Brunftzeit aber auch als Abwehrmittel gegen Beutegreifer Mit bis zu 2 8 cm Wachstum pro Tag ist es bei Wapiti Cervus canadensis das sich am schnellsten bildende bekannte Organ im Tierreich Inhaltsverzeichnis 1 Abgrenzung 2 Funktionen 3 Wachstum 4 Nutzung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAbgrenzung Bearbeiten nbsp In der Brunft kampfende Rothirsche Der Platzhirsch verteidigt seinen Anspruch auf die Paarung mit den weiblichen Tieren nbsp Damhirsche tragen Schaufeln nbsp Schaufelgeweih des Elches Alces alces Chugach State Park AlaskaNicht zu verwechseln ist das Geweih mit dem Kopfschmuck der Horntrager wie bei Dickhornschaf Muffelwild Bison Steinbock Gamsen oder Ziegen Dieser besteht aus hohlem Horn Das Horn wachst ein Leben lang und wird nicht abgeworfen kann aber beschadigt werden oder abbrechen Dagegen werden Geweihe im alljahrlichen Zyklus im ausgehenden Winter abgeworfen und direkt folgend neu gebildet Funktionen BearbeitenDas Geweih dient der innerartlichen Auseinandersetzung wahrend der Brunft als Teil des Imponierverhaltens sowie im Kampf rivalisierender Hirsche um das Paarungsvorrecht Ausserdem kann es zur wirkungsvollen Verteidigung eingesetzt werden Eine Fulle weiterer Funktionen wird vermutet Hirsche nordlicher Breitengrade aber auch solche der Eiszeit bildeten und bilden in der Regel arttypisch machtigere Geweihe aus in teilweise schneebedeckten Regionen oft mit Schaufeln wahrend in schneelosen Regionen eher kleine und schaufelarme Geweihe vorherrschen Grosse und schaufelreiche Geweihe werden zum Freilegen der schneebedeckten Vegetation genutzt ein ausserst kraftezehrender altruistischer Einsatz zum Vorteil des gesamten Rudels Dafur spricht der Zusammenhang von Geweihausbildung und regionaler Schneehohe bei Karibus 2 sowie die jahreszeitliche Ausbildung und der Geweihabwurf zur Schneeschmelze Geweihtragende weibliche Tiere lassen vermuten dass das Geweih ofter vorteilhaft eingesetzt werden kann so zum Graben zur Behauptung innerhalb der Gruppe zur Revierverteidigung aber auch zur Verteidigung gegenuber Angreifern 3 Allerdings werden von manchen Biologen einige dieser Funktionserklarungen mit dem Hinweis auf die unverhaltnismassig energiereiche Geweihproduktion angezweifelt 4 Eine weitere Funktion wird in der Thermoregulation gesehen um im Sommer uber das im Wachstum von durchblutendem Bast umgebene Geweih Warme abgeben zu konnen 5 Wachstum Bearbeiten nbsp Schematischer Verlauf der Geweihentwicklung beim Rothirsch Cervus elaphus Spiesser Gabler Sechsender Achtender Zehnender in diesem Beispiel ein Kronenzehner dann Zwolfender und VierzehnenderDie Entwicklung des Geweihs wird in der Jagersprache als Schieben bezeichnet Gesteuert uber das mannliche Geschlechtshormon Testosteron wachsen aus der Stirn des Hirsches aus den beiden Rosenstocken zapfenformige Knochengebilde zwei Knochenstangen Geweihstangen die mit fortschreitendem Alter und je nach Art des Tiers Verzweigungen Enden Sprossen oder Verbreiterungen Schaufeln bilden konnen Je nach Anzahl dieser Enden wird der Hirsch in der Jagersprache als Sechsender Achtender Zehnender Zwolfender Vierzehnender usw bezeichnet Dabei wird die Endenzahl der gegebenenfalls endenreicheren Stange doppelt gezahlt Sind die Endenzahlen gleich spricht man beispielsweise von einem geraden Zehnender anderenfalls von einem ungeraden Die Enden heissen von unten nach oben Augsprosse Eissprosse Mittelsprosse und Krone wobei die Krone mehrere Enden hat 6 Einen Zehnender bei dem die Eissprosse fehlt der aber oben eine Krone hat nennt man Kronenzehner Einen Zehnender bei dem die Eissprosse vorhanden ist der aber oben nur eine Gabel hat nennt man Eissprossenzehner Diese Bezeichnungen sind bedeutsam beim Ansprechen des Rotwildes Mit ihnen werden die Individuen benannt da innerhalb eines Rudels normalerweise keine zwei Hirsche mit gleichem Geweih vorkommen Kleine Erhebungen am Geweih werden als Perlen bezeichnet Sie konnen in Grosse Form und Verteilung unregelmassig variieren Die Knochensubstanz der Geweihe wird wahrend der Wachstumsphase uber eine kurzbehaarte Haut den Bast durch Blutgefasse versorgt In dieser Phase bildet sich das Geweih beim Wapiti mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2 8 cm pro Tag damit ist es nach aktuellem Kenntnisstand das am schnellsten wachsende Organ im gesamten Tierreich Nach Abschluss des Wachstums wird die Blutversorgung eingestellt die Knochensubstanz stirbt ab der Bast trocknet aus und wird vom Tier an Buschen und Baumen abgescheuert gefegt Ein Geweih mit vollstandig entferntem Bast wird als Ledergeweih bezeichnet An Baumrinden kann das Fegen Schrammen hinterlassen die als geringfugige Wildschaden gelten Das frisch gefegte Geweih hat die weisse Farbe des freigelegten Knochens Die spatere braunliche Verfarbung entsteht durch Pflanzensafte die in die Knochensubstanz eindringen wahrend der Hirsch wiederholt sein Geweih in Busche und Baume schlagt Im Herbst bis Spatherbst des Jahres bildet sich beim Rehbock zwischen Geweih und Rosenstock eine Trennfuge an der das Geweih abbricht Beim Rothirsch geschieht dies im Spatwinter Storungen im Testosteron Haushalt Mangel Totalausfall oder Verletzungen an den Hoden fuhren regelmassig zu Geweihmissbildungen Die bekannteste ist der Peruckenbock Andere unregelmassige Gehornformen sind z B Tulpengehorn Frostgehorn Pechgehorn Ledergehorn Blasengehorn und Korkenziehergehorn nbsp Prapariertes Gehorn des Rehbocks nbsp Gehorn beim Rehbock nbsp Geweihe als Jagdtrophaen in Schloss Wolfegg Suddeutschland nbsp Das grosste bekannte Geweih entwickelte der ausgestorbene Riesenhirsch Megaloceros nbsp Behaarte filzige Haut auf einem neu gebildeten Geweih Bast Nutzung Bearbeiten nbsp Edelweiss in eine Hirschrose geschnitzt Aufgenaht auf den Stegtrager einer TrachtenlederhoseGeweihe zeichnen sich obwohl sie auch aus knocherner Substanz bestehen durch grosse Elastizitat aus Gewohnlich werden zur Verarbeitung Abwurfstangen genommen Geweih hat gegenuber den Knochen eine doppelt so hohe Dampfung und eignet sich daher fur Gegenstande die Druck und Schlag aushalten mussen wie Hacken oder Zwischenfutter von Beilen Seit dem Aurignacien wurde auch Kleinkunst aus Geweih hergestellt Aus dem Hohlen Fels 7 stammt ein graviertes Gerat aus Rentiergeweih Moglicherweise ist darauf ein schematisiertes Wildrind dargestellt Geweihe werden durch die Spantechnik Ritzen zweier parallel verlaufender Linien und Ausschneiden oder Ausheben des Spanes durch Steinbeile oder im Neolithikum mit einem sandbehafteten nassen Lederriemen oder einer Schnur zerlegt Geweihgerate sind Angelhaken Axte Geweihaxt von Syltholm Beile Lyngbybeil Beilklingen Druckstabe Hacken Hammer Gerat von Essen Frohnhausen Hakenenden fur Speerschleudern Harpunen Lanzenspitzen Lochstabe Meissel Nahnadeln Pickel Pfrieme Speere Zwischenfutter fur Beile sowie Zwischenstucke Durch Zerschlagen von Rentiergeweihen gewann man Splitterstucke aus denen man Werkzeuge oder Waffen herstellte Bei Geweihbeilen bildet die abgeschragte Seitensprosse die quer zum Geweihschaft verlaufende Schneide Sie kommen seit dem Mittelpalaolithikum vor verbreiteter aber erst seit dem Jungpalaolithikum Geweihhammer werden zum Klopfen von Fleisch und Haut als Schlegel fur Meissel bei der Knochenspaltung oder beim Feuersteinabbau Gezahe verwendet Geweihpickel bei denen die Geweihstange den Schaft und die Sprosse die Zacke bildet eignen sich zum Wuhlen und Hacken Sie wurden im neolithischen Bergbau eingesetzt Gezahe Geweihe werden vom heutigen Menschen Jager primar als Trophaen verwendet Trachtenkleider regional mit Knopfen aus Geweihmaterial ausgestattet Lederhose Fruher stellte man aus dem Geweih von Hirschen insbesondere vom Rothirsch die zur Zubereitung von Medikamenten benutzte aus gebrannten Stuckchen vom Hirschhorn lateinisch Cornu cervi bzw als gebrannte Hirschhorn Cornu cervi ustum 8 gewonnene Hirschhorn Asche 9 10 her die als Hirschhornsalz 11 zubereitet auch als Backtriebmittel dient Dem Hirschgeweih schrieb man zudem eine magisch heilende Kraft zu und verwendete es als Amulett 12 Schamanen trugen Hirschgeweihe als Zeremonialschmuck und Gottheiten wie der Hirschgott Cernunnos wurden ebenfalls damit dargestellt 13 Literatur BearbeitenIlse Haseder Gerhard Stinglwagner Knaurs Grosses Jagdlexikon Droemersche Verlagsanstalt Munchen 1996 Weltbild Verlag Augsburg 2000 ISBN 3 8289 1579 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Geweih Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Geweih Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Duden Eintrag zu Gewicht J A Schaefer S P Mahoney Antlers on female caribou biogeography of the bones of contention Eco Soc America 2008 T H Clutton Brock The functions of antlers Behaviour 1982 jstor org F F Darling A herd of red deer In Natural History Library edition Doubleday New York 1964 Bernard Stonehouse Thermoregulatory function of growing antlers In Nature 218 S 870 872 1 Juni 1968 doi 10 1038 218870a0 Das ROTWILD Memento des Originals vom 26 November 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www jagd bz In Sudtiroler Jagdportal Martina Barth Die gravettienzeitlichen Knochen und Geweihartefakte aus dem Hohle Fels und benachbarten Fundstellen im Achtal Schwabische Alb Page 1 In Mitteilungen der Gesellschaft 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