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Maurice Merleau Ponty 14 Marz 1908 in Rochefort sur Mer 3 Mai 1961 in Paris war ein franzosischer Philosoph und Phanomenologe Maurice Merleau Ponty Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Grundgedanken 2 1 1 Ambiguitat 2 1 2 Leib 2 1 3 Intentionalitat 2 2 Hauptwerke 2 3 Spatphilosophie 2 4 Wirkung und Rezeption 3 Politisches Engagement 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMerleau Ponty wurde hauptsachlich von seiner Mutter der er zeit seines Lebens eng verbunden blieb katholisch erzogen Die Schule beendete er mit dem baccalaureat Ab 1926 machte er die Bekanntschaft von Jean Paul Sartre Simone de Beauvoir und Jean Hyppolite 1930 legte er seine Agregation in Philosophie ab Beeinflusst haben ihn vor allem die Schriften von Leon Brunschvicg und Henri Bergson Auch der Schriftsteller Philosoph und Historiker Emile Brehier und Jean Laporte pragten ihn Von 1931 bis 1935 war Merleau Ponty Lehrer in Beauvais und Chartres Danach folgte 1935 1939 eine Arbeit als Repetitor an der Ecole normale superieure 1935 1937 arbeitete er auch an der Zeitschrift Esprit mit horte 1935 Hegel Vorlesungen bei Alexandre Kojeve und begann mit dem Studium von Karl Marx Von 1939 bis 1940 arbeitete Merleau Ponty als Philosophielehrer an verschiedenen Gymnasien in Paris 1944 1945 war er der Nachfolger Jean Paul Sartres am Pariser Lycee Condorcet 1945 wurde er promoviert Danach schloss sich eine Universitatslaufbahn in Lyon an wo er als Professor fur Philosophie lehrte Im Jahr 1948 war er Mitbegrunder des Comite francais d echanges avec l Allemagne nouvelle in Paris Von 1949 bis 1952 arbeitete er als Professor fur Kinderpsychologie und Padagogik an der Sorbonne 1952 wurde Merleau Ponty Professor fur Philosophie am beruhmten College de France 1955 brach er mit Sartre und Beauvoir 1959 widmete er sich verstarkt der Arbeit an Das Sichtbare und das Unsichtbare welches er nicht mehr abschliessen konnte da er am 3 Mai 1961 starb Er liegt auf dem Cimetiere du Pere Lachaise in Paris begraben zusammen mit seiner Mutter und seiner 2010 verstorbenen Frau Suzanne nbsp Grab auf dem Cimetiere du Pere Lachaise in ParisWerk BearbeitenMerleau Ponty ist neben Paul Ricœur Simone de Beauvoir Jean Paul Sartre Gabriel Marcel Emmanuel Levinas und Aron Gurwitsch einer der wichtigsten Vertreter der franzosischen Phanomenologie Aufgrund seiner engen Bindung zu Jean Paul Sartre und Simone de Beauvoir wird er oft fur einen Existenzialisten gehalten obwohl der Existentialismus in das Werk Merleau Pontys einfliesst kann er wegen seiner eher vorsichtigen Ablehnung einer Bestimmung der Existenz als absolut oder isoliert dennoch nicht dieser philosophischen Richtung zugeordnet werden Trotz aller Unterschiede zwischen den philosophischen Entwurfen sind viele einzelne seiner phanomenologischen Analysen mit denen z B Jean Paul Sartres deckungsgleich Merleau Pontys Philosophie lasst die Phanomenologie in einen intensiven Dialog mit den Denkstilen des Strukturalismus der Gestalttheorie Psychologie und verschiedenen philosophischen Denktraditionen eintreten Der Schwerpunkt seiner ausserst vielfaltigen und weit ausspannenden denkerischen Arbeiten ist dabei die Rolle des Leibes als den der Mensch sich selbst und die Welt erfahrt Grundgedanken Bearbeiten Nach intensiver Auseinandersetzung mit Husserl und dessen Assistenten und Schuler Heidegger bietet Merleau Ponty einen Dritten Weg zur Erhellung des fundamentalen Zusammenhangs von Dasein und Welt an indem er die grundlegende Verfasstheit des Subjekts nicht wie Husserl in der Intentionalitat seines Bewusstseins sieht und auch nicht in seinem Sein als Dasein im Sinne Heideggers sondern in seiner Leiblichkeit die er in einem oszillierenden Gesprach zwischen Empirismus und Intellektualismus herausarbeitet Die aus ihr zu verstehende ursprungliche Welterfahrung setzt er gegen das weltliche Sein des Daseins bei Heidegger und gegen die Konstitution der Welt bei Husserl die er als eine nachtragliche Rekonstruktion ansieht und als von einer phanomenologischen Deskription weit entfernt einschatzt Insbesondere an dieser Stelle zeigt sich die positive kritische Erweiterung der Phanomenologie durch Merleau Ponty Eine der wichtigsten Konsequenzen die er aus der Beschaftigung mit Husserls Phanomenologie zieht ist die Unmoglichkeit der vollstandigen Reduktion Wichtige Begriffe der Philosophie Merleau Pontys und fur deren Verstandnis konstitutiv sind Ambiguitat Leib le corps propre Intentionalitat die von dem Philosophen in der spezifischen Bedeutung der Phanomenologie Husserls gebraucht werden Insbesondere die Ambiguitat erweist sich als problematischer Begriff innerhalb dessen Merleau Ponty in seinem spateren Denken noch einmal eine gute und eine schlechte Ambiguitat unterscheidet Merleau Ponty greift den von Husserl gepragten Begriff der fungierenden Intentionalitat auf die sich hinter der bewussten Ausrichtung auf Gegenstande vollzieht Sie bleibt der Selbstreflexion des Ich lange verborgen da sie Bedingung der Moglichkeit von Selbstreflexion ist Demnach ist die fungierende Intentionalitat eine fundamentale der Natur des Menschen immanente Voraussetzung auch fur die Intentionalitat des Bewusstseins Ambiguitat Bearbeiten Der Leib der Welt ist ein Ausdruck den Merleau Ponty fur den Zwischenbereich zwischen Subjekt und Objekt pragte Diesen Leib fasste er thematisch mit dem Begriff Ambiguitat Doppeldeutigkeit Der Mensch steht der Welt nicht gegenuber sondern ist Teil des Lebens in dem die Strukturen der Sinn das Sichtbarwerden aller Dinge grunden Das Sichtbare und das Unsichtbare Ein wesentliches Beispiel fur diese Ambiguitat ist das der sich selbst beruhrenden Hande In diesem Phanomen taucht die ambigue Erfahrung auf Da wir fur uns weder reines Bewusstsein sind denn dann wurden wir uns ganzlich in unserer Fulle wahrnehmen noch reines Ding denn dann wurden wir ganzlich in dem aufgehen was wir sind siehe hierzu auch Sartre ist unser Sein oszillierend beides wie die Erfahrung des Beruhrens des Beruhrten zeigt Wie ein Vexierbild sind wir in einem Zwischenreich der Bedeutung zu suchen in dem nicht die einseitige Auflosung steht sondern das Aushalten des Offenen Zwar umfassen wir unsere eigene Hand erfassen sie aber nicht zur Ganze Der Leib ist deshalb nach Merleau Ponty ambig weil er weder ein reines Ding noch reines Bewusstsein ist Das Sein zeigt sich nicht in seiner Fulle es entzieht sich volliger Transparenz siehe Abschattung bei Husserl Die Grenzen der Wahrnehmung werden verdeutlicht an der Korrespondenz zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem Das Unsichtbare ist nicht ein Noch nicht gesehen Sein sondern eine grundsatzliche Verborgenheit siehe auch Heidegger und dessen Begriff der aletheia die im Sehen selbst gegrundet ist Perspektivitat Ein Gegenstand ist auf einem nicht thematisierten Hintergrund gegeben Ein in allen Perspektiven zugleich gesehener Gegenstand ist undenkbar bzw auch nicht vorstellbar Leib Bearbeiten Leib ist fur Merleau Ponty die vermittelnde Instanz zwischen Geist und Korper Da er wie oben angesprochen sich zwischen den beiden Positionen Empirismus und Intellektualismus bewegt ist Leib der Begriff fur den Ort der Fundierung des Menschen in der Welt Methodisch geht Merleau Ponty so vor dass er am Beispiel der Uberlegungen fertiger Theorien des Empirismus und Intellektualismus deren Konsequenzen und Implikationen aufzeigt damit er an deren Aussagegrenzen stosst und ihr Unbedachtes thematisiert In diesem Zusammenhang bringt er eine Fulle an Beispielen aus der Psychopathologie insbesondere Beschreibungen der beiden Gestaltpsychologen Adhemar Gelb und Kurt Goldstein Indem er diese Falle verwendet um die Erklarungsmodelle der Psychologie aber auch Philosophie nachzuzeichnen zeigt er deren Begrenzung als Erklarung auf Uber diese Beschreibungen und Analysen gelangt Merleau Ponty zu seinem Begriff des Leibes als Vermittler zwischen diesen beiden Positionen der Leib verweist auf eine Dritte Dimension jenseits von Empirismus und Intellektualismus So kommt er beispielsweise zu dem Schluss dass Raumlichkeit nicht als Extrakt einer intellektuellen Leistung zu verstehen ist sondern Endlich ist mein Leib fur mich so wenig nur ein Fragment des Raumes dass uberhaupt kein Raum fur mich ware hatte ich keinen Leib PhW 127 Damit stellt Merleau Ponty die Alltagsuberzeugung auf den Kopf die den eigenen Leib als Teil des Raumes wahrnimmt Dem stellt er jedoch entgegen dass wenn dem so ware wir einen abstrakten kognitiven Zugang zur Welt haben mussten dem widersprechen aber die phanomenologischen Analysen Im Gegenteil der Raum der uns umgibt scheint vielmehr Folge unserer ursprunglichen leiblichen Verankerung in der Welt zu sein Weil wir Leib sind haben wir Raum Damit ist z B die Geometrie nur eine Folge einer Einschrankung unser lebensweltlichen Raumbeziehung Intentionalitat Bearbeiten Husserls Intentionalitats Begriff ist konstitutiv fur das Denken Merleau Pontys Intentionalitat hat bei Husserl folgende Merkmale wovon aber nur einige von Merleau Ponty ubernommen werden Das Gerichtetsein auf ein Ding einen Sachverhalt usw Intentionalitat wird unterteilt in das worauf sich das Bewusstsein richtet noema und das intendierende Bewusstsein selbst noesis Bis hierher stimmen beide Autoren uberein Die folgenden drei Aspekte betrachtet Merleau Ponty als problematisch Auf der noesis Seite kann wiederum zwischen Erlebnisarten unterschieden werden den intentionalen Bewusstseinszustanden und den blossen Empfindungsdaten die nicht selbst intentional sind sondern als Trager der Bewusstseinszustande fungieren die allerdings nicht wie Husserl es manchmal missverstandlich formuliert Sinnesdaten im Sinne eines Empirismus darstellen Husserl revidiert diesen Begriff in seiner Spatphilosophie wieder Diese Akte konstituieren den Bewusstseinsstrom der wiederum so Husserl auf ein Ich als den Identitatspol des Bewusstseins verweist genau hier setzt die spatere Kritik Merleau Pontys an Die Uberlegungen eines Horizontes und der daraus resultierende Weltbegriff konnen von Merleau Ponty so wieder angenommen werden Auf der noema Seite gibt es einen Gegenstand der durch einen Sinn und eine Bedeutung intendiert wird Der Gegenstand wird vor dem Hintergrund einer notwendigen Reihe nicht thematisierter Bedeutungsgefuge verstanden die Husserl Horizonte nennt Die Synthese samtlicher Horizonte ist die Welt Merleau Ponty kritisiert den phanomenologischen Intentionalitats Begriff Husserls wo dieser als eine Gerichtetheit auf einen Gegenstand begriffen wird Stattdessen setzt er eine ursprungliche Intentionalitat voraus die in einem korperlichen Sichverhalten zu den Phanomenen besteht die vorpradikativ ist und deren Begriff sich eng an die Konzeption der Lebenswelt bei Husserl anlehnt Hauptwerke Bearbeiten Insbesondere in der Struktur des Verhaltens und der Phanomenologie der Wahrnehmung unternimmt Merleau Ponty den Versuch die klassischen Dichotomien von Geist und Leib Intellektualismus und Objektivismus zu uberwinden In Das Sichtbare und das Unsichtbare einer posthum veroffentlichten Sammlung von Texten Merleau Pontys tritt der wahrnehmende Leib als zentraler Gedanke zuruck Die Phanomenologie der Wahrnehmung In seinem Hauptwerk Die Phanomenologie der Wahrnehmung liefert Merleau Ponty eine vollstandige phanomenologische Analyse der Welt mit der er Husserls Forderung Zu den Sachen selbst zu einem Ende bringen mochte Ausgangspunkt von Merleau Ponty ist die Beschreibung der Erfahrung vor jeder erkenntnistheoretischen Konstruktion Welt ist also nach Merleau Ponty ein Phanomen das es nicht zu konstruieren sondern zu beschreiben gilt Damit einher geht die Annahme dass objektive Erkenntnis ohne jegliche Vorurteile nicht moglich ist Es gibt fur Merleau Ponty also keine eigenstandigen einheitlichen Empfindungen Eindrucke oder Erkenntnisse die erst nachtraglich durch Assoziationen in einen Zusammenhang gestellt wurden Die Erfahrung der Welt die Wahrnehmung ergibt sich namlich nicht aus einer nachtraglichen Zusammenstellung zuvor unabhangig voneinander vorhandener Elemente vielmehr stellt Welt eine allem einzelnen vorangehende ursprungliche Totalitat dar Auch die wissenschaftliche Analyse einzelner Momente geht also von dieser vorangehenden Totalitat aus Die Wahrnehmung kann daher weder vom Empirismus noch von einer idealistischen Transzendentalphilosophie erklart werden da beide von ihr abstrahieren und vergessen dass die Wahrnehmung konkret und an einen Sinn gebunden ist der sich im Verhaltnis des eigenen Korpers zur Welt ergibt Bezeichnend fur dieses Verhaltnis ist die Struktur Objekt Horizont Alle Objekte zeigen sich erst auf einem Hintergrund vor einem Horizont Der Horizont jedoch ist anders als das jeweilige Objekt transzendent so wie auch ein richtiger Horizont eben niemals zu erreichen ist So kann es auch in der Erfahrung der Welt nicht zu einer Betrachtung dieser als gesondertes Objekt kommen da der Korper sich immer mitten in ihr befindet und durch sein Verhalten mit ihr kommuniziert Dementsprechend lasst sich die Welt nicht auf gesonderte Eigenschaften beschranken sondern bildet immer ein Milieu dessen Bestandteile miteinander verbunden sind so wie es z B nicht die blosse Eigenschaft rot gibt sondern nur einen roten Teppich oder Himmel Dem entspricht die Darstellung der Wahrnehmung als phanomenologisches Feld in dem das Wahrgenommene aufeinander verweist und angewiesen ist und welches der Haltung und Bewegung des Korpers angemessen und nur von diesem her verstandlich ist So wird etwa Raumlichkeit nie als starr geometrisch erfahren sondern ist stets durch die Situation des eigenen Korpers bedingt und auch die Wahrnehmung der Dinge ist immer von ihrer Bedeutsamkeit ihrem Sinn fur den eigenen Korper bestimmt wahrend eine objektive Wahrnehmung nur abstrakt also reduktionistisch gedacht werden kann Diese Sinnhaftigkeit ist aber kein Subjektivismus denn der Korper ist immer schon in der Welt engagiert die ihn transzendiert und der Umgang mit anderen die nicht bloss Objekte sind ist eine unausweichliche Dimension der Existenz Um ihr gerecht zu werden bedarf es eines neuen Cogito das nicht mehr ein cartesianisches Subjekt setzt sondern uber die Erfahrung der Zeit als Modus der Wahrnehmung nicht als objektiver Ablauf das Ich als in einer Welt situiertes Phanomen begreift in dem Welt wie Ich aneinander gebunden sind da sie ohne dass das eine das andere verursacht einander durchgehend motivieren Spatphilosophie Bearbeiten Das Sichtbare und das UnsichtbareIn der Spatphilosophie wird der Ansatz radikalisiert Die Aufmerksamkeit verschiebt sich von der Perspektive der leiblichen Eigenerfahrung hin zu einer ontologischen Reflexion daruber dass eine sinnhafte Welt nur als sinnlich verkorperte Welt existieren kann Statt des Leibes tritt das Fleisch von Merleau Ponty chair genannt in den Mittelpunkt wobei hier der Begriff Fleisch fur den Versuch steht Differenz und Identitat in neuer d h nicht subjektzentrierter Art und Weise zu denken 1 Auch hier tritt insbesondere in dem Werk Das Sichtbare und das Unsichtbare die Motivation Merlau Pontys zu Tage der noch stummen Erfahrung Ausdruck zu verleihen Merleau Ponty geht dabei von einem Chiasmus Verflechtung von Leib und Welt im Fleisch chair aus die gesehene Welt ist nicht in meinem Leib und mein Leib ist letztlich nicht in der sichtbaren Welt als Fleisch das es mit einem Fleisch zu tun hat umgibt ihn weder die Welt noch ist sie von ihm umgeben Es gibt ein wechselseitiges Eingelassensein und Verflochtensein des einen ins andere Merleau Ponty 1994 S 182 Das Fleisch chair ist hier weder mit dem eigenen Leib noch mit blosser Materialitat zu verwechseln Es ist vielmehr die Textur aller sinnlicher Erfahrung Das Fleisch ist damit genau der Punkt an dem sich Leib und Welt treffen Der Leib ist immer schon Teil der sichtbaren Welt zugleich ist die Welt immer schon durch den Leib erfahren Das Fleisch ist nicht Materie es ist nicht Geist nicht Substanz Um es zu bezeichnen bedurfte es des alten Begriffes Element in dem Sinne wie man ihn fruher benutzt hat um vom Wasser von der Luft von der Erde oder vom Feuer zu sprechen Merleau Ponty 1994 S 183 Merleau Ponty bringt in diesem Zusammenhang immer wieder das Beispiel der linken Hand die die rechte beruhrt In dem Moment des Beruhrens ist das Spuren der Hand ein Innen und Aussen zugleich sie offenbart sich als gleichzeitig der Welt zugehorig da von aussen beruhrbar und sichtbar sowie von innen spurbar Zugleich schlagt dieser Zustand immer im letzten Moment um es ist unmoglich zugleich Subjekt und Objekt einer Erfahrung gleichermassen zu sein Diesseits der Alternative von korperlichem Ding und erlebtem Leib steht das Fleisch in Merleau Pontys experimentellem Spatwerk fur eine geradezu ontologische Matrix Wirkung und Rezeption Bearbeiten Im Gegensatz zu seinem beruhmten Kollegen Jean Paul Sartre hat Merleau Ponty nie dessen Breitenwirkung erreicht Dem steht aber eine anhaltende wenn auch unauffallige Wirkung innerhalb der Philosophie gegenuber bei der sich Merleau Ponty als einer der bedeutendsten Philosophen seiner Zeit erwies Die philosophischen Arbeiten von Charles Taylor und Bernhard Waldenfels verdanken ihm entscheidende Impulse und Hubert Dreyfus und John McDowell nehmen seine Uberlegungen auf fur die Vertiefung der Auseinandersetzung mit einem empiristischen Naturalismus In letzter Zeit nimmt die Rezeption Merleau Pontys in Bereichen ausserhalb der akademischen Philosophie zu die sich thematisch mit dem Leib Seele Dualismus auseinandersetzen Insbesondere geschieht dies in Richtungen der Korperpsychotherapie von manchen Vertretern auch bewusst Leibespsychotherapie oder Leibtherapie genannt und der Integrativen Therapie und Integrativen Bewegungstherapie von Hilarion Petzold mit der er sich vom biologistischen Organismusbegriff von Fritz Perls und seiner Gestalttherapie absetzt und Beruhrungspunkte zum Denken des Philosophen Michel Foucault im Bereich der Korperdisziplinen herstellt 2 Uber diesen Denkzweig ergeben sich Verbindungen zur Feministischen Philosophie 3 Merleau Pontys Philosophie ist ausserdem Grundlage fur die Wahrnehmungstheorie Alva Noes und Kevin O Regans und fur die Techniktheorie Gilbert Simondons Sein entre deux zwischen Selbst und Welt findet Einzug in den Embodimentzweig der Kognitionswissenschaften insbesondere in den Werken von Varela Thompson und Rosch 4 Schliesslich beeinflussten seine Essays uber den Maler Paul Cezanne Der Zweifel Cezannes 1945 und Das Auge und der Geist 1961 die neuere Kunstgeschichte Vor allem der altere der beiden Aufsatze gilt heute als Standardwerk der Cezanne Forschung Die Arbeiten Merleau Pontys wurden von Herbert Plugge 5 einem Vertreter der Heidelberger Schule der anthropologischen Medizin um Viktor von Weizsacker und Richard Siebeck aufgegriffen und beeinflussten somit diese Schule Hannah Arendt spricht vom Wert der Oberflache und von einer Umkehrung der metaphysischen Hierarchie indem sie sich auf Merleau Ponty bezieht Nur das konne erscheinen was an der Oberflache liege Sie meint damit die Prioritat einer philosophischen und wissenschaftlichen Suche nach dem Ding an sich das nach Kant unerkennbar ist da es nicht erscheint Hinter den Erscheinungen die sich bei der unermudlichen Wahrheitssuche als blosser Schein erweisen stehe immer wieder eine neue Erscheinung Der Begriff der Oberflachlichkeit werde damit relativiert dgl Begriffe wie die des Ergrundens und Begrundens Sie zitiert Merleau Ponty Es gibt keinen Schein ohne Erscheinung jeder Schein ist das Gegenstuck einer Erscheinung 6 7 Politisches Engagement BearbeitenMaurice Merleau Ponty stand lange Zeit im Schatten Jean Paul Sartres mit dem ihn zum einen die Intention verband die Husserlsche Phanomenologie zu konkretisieren zum anderen der Wille die politische Situation nach 1945 zu interpretieren und sich politisch zu engagieren In der Literatur zu Merleau Ponty blieben dessen politische Schriften jedoch bisher weitgehend ausgeklammert Humanismus und Terror aus dem Jahr 1947 Sinn und Nicht Sinn 1948 und Die Abenteuer der Dialektik 1955 Er selber war sich jedoch der konkreten historischen Situation in hohem Masse bewusst in der seine existentialistische Philosphie entstanden ist es ist die des geistigen politischen und nationalen Zusammenbruchs Frankreichs im Sommer 1940 der nationalsozialistischen Okkupation und des Kollaborationsregimes von Vichy 8 Seine Schrift Humanismus und Terror Ein Versuch uber den Kommunismus war eine Antwort auf Arthur Koestlers Buch Sonnenfinsternis in dem dieser im Anschluss an die grossen stalinistischen Sauberungen und Schauprozesse seine personliche Abrechnung mit dem Kommunismus veroffentlichte Merleau Ponty betrachtete das Problem der kommunistischen Gewalt als politisches Phanomen Es gehe nicht darum dass der Kommunismus die vom liberalen Denken aufgestellten Regeln nicht respektiere denn diese seien nur human im Abstrakten nicht aber in der Praxis Der Liberalismus beruhe auf der Ausbeutung von Kolonien und auf zwanzig Kriegen Seine humanen Ideen seien eine liberale Mystifikation denn ohne seine Gewalttaten sei der Liberalismus nicht denkbar Es gehe vielmehr darum ob die Gewalt die der Kommunismus ausube revolutionar sei und deswegen in der Lage im realen Leben menschliche Beziehungen zwischen den Menschen herzustellen Am Beispiel Bucharins und Trotzkis ging er der geschichtlichen Rolle des Terrors im Kommunismus nach und den Moglichkeiten des marxistischen Humanismus diesen Terror zu uberwinden Die Politik der stalinistischen Sowjetunion habe jedoch aufgehort revolutionar und fortschrittlich zu sein und ube Terror als Selbstzweck aus Diese ursprunglich 1946 1947 entstandene Schrift wurde 1966 nach dem Beginn des massiven amerikanischen Engagements im Vietnamkrieg von der edition suhrkamp wieder aufgelegt in der viele Texte erschienen die in der Studentenbewegung der 60er Jahre rezipiert und diskutiert wurden Im weiten Feld der Phanomenologie will die Philosophie Merleau Pontys eine grundsatzliche Neubestimmung des Verhaltnisses von Bewusstsein und Natur Von der Einbeziehung des Phanomens des Leibes in die philosophische Reflexion erwartet Merleau Ponty die Uberwindung der Alternative Realismus Idealismus Er versucht den Dualismus von Korper und Geist zu uberwinden indem er phanomenologisch jenes Ganze beschreibt als welches sich der Mensch erfahrt Der Leib nimmt in der philosophischen Reflexion Merleau Pontys eine ausgezeichnete Position ein und ist daher die Grundlage einer Neubestimmung von Existenz und Welt Allerdings bevorzugt er ein indirektes Verfahren der Annaherung an Phanomene Dabei hat er es weniger auf praktische Konsequenzen abgesehen als darauf einem Ethos der Wahrnehmung zu folgen Schriften BearbeitenJahr Franzosischer Originaltitel Deutscher engl Titel1942 La Structure du comportement Paris Presses Universitaires de France 1942 Die Struktur des Verhaltens Ubers und mit einem Vorw versehen von Bernhard Waldenfels Berlin New York de Gruyter 1976 1945 Phenomenologie de la perception Paris Gallimard 1945 Phanomenologie der Wahrnehmung Ubers und mit einem Vorw versehen von Rudolf Boehm Berlin de Gruyter 1966 19741933 1946 Le primat de la perception et ses consequences philosophiques Lagrasse Editions Verdier 1996 Das Primat der Wahrnehmung Hg und mit einem Nachwort versehen von Lambert Wiesing Ubers von Jurgen Schroder Frankfurt am Main Suhrkamp 2003 frz 1933 1946 1947 Humanisme et terreur essai sur le probleme communiste Paris Gallimard 1947 Humanismus und Terror Ubers von Eva Moldenhauer Frankfurt am Main Athenaum 19901948 Sens et non sens Paris Nagel 1948 1966 Sinn und Nicht Sinn Ubers von Hans Dieter Gondek Munchen Fink 20001948 Causeries 1948 Paris Seuil 2002 Causerien 1948 Radiovortrage Hg von Ignaz Knips Mit einem Vorwort von Bernhard Waldenfels Ubers von Joan Catharine Ritte Ignaz Knips und Emmanuel Alloa Koln Salon 2006 1949 1950 Conscience et l acquisition du langage Paris Bulletin de psychologie 236 vol XVIII 3 6 Nov 1964 Consciousness and the Acquisition of Language trans by Hugh J Silverman Evanston Northwestern University Press 1973 1949 1952 Merleau Ponty a la Sorbonne resume de cours 1949 1952 Grenoble Cynara 1988 Keime der Vernunft Vorlesungen an der Sorbonne 1949 1952 Hg und mit einem Nachwort versehen von Bernhard Waldenfels Ubers von Antje Kapust Munchen Fink 1994 1951 Les Relations avec autrui chez l enfant Paris Centre de Documentation Universitaire 1951 1975 The Child s Relations with Others trans by William Cobb in The Primacy of Perception ed by James Edie Evanston Northwestern University Press 1964 96 155 1953 Eloge de la philosophie Lecon inaugurale faite au College de France Le jeudi 15 janvier 1953 Paris Gallimard 1953 In Praise of Philosophy trans by John Wild and James M Edie Evanston Northwestern University Press 1963 1955 Les Aventures de la dialectique Paris Gallimard 1955 Die Abenteuer der Dialektik Ubers von Alfred Schmidt und Herbert Schmitt Frankfurt am Main Suhrkamp 19681958 Les Sciences de l homme et la phenomenologie Paris Centre de Documentation Universitaire 1958 1975 Phenomenology and the Sciences of Man trans by John Wild in The Primacy of Perception ed by James Edie Evanston Northwestern University Press 1964 43 95 1959 1960 Die Natur Aufzeichnungen von Vorlesungen am College de France 1956 1960 Hg und mit Anm versehen von Dominique Seglard Ubers v Mira Koller Munchen Fink 2000 1960 Eloge de la philosophie et autres essais Paris Gallimard 1960 1960 Signes Paris Gallimard 1960 Zeichen Hg und mit einer Einleitung versehen von Christian Bermes Ubers von Barbara Schmitz Hans Werner Arndt und Bernhard Waldenfels Hamburg Meiner 2007 frz 1960 1961 L Œil et l esprit Paris Gallimard 1961 Das Auge und der Geist Philosophische Essays Hg und mit einer Einleitung versehen von Christian Bermes Hamburg Meiner 20031964 Le Visible et l invisible suivi de notes de travail Edited by Claude Lefort Paris Gallimard 1964 Das Sichtbare und das Unsichtbare Hg und mit einem Nachwort versehen von Claude Lefort Ubers von Regula Giuliani und Bernhard Waldenfels Munchen Fink 19941968 Resumes de cours College de France 1952 1960 Paris Gallimard 1968 Vorlesungen I Schrift fur die Kandidatur am College de France Lob der Philosophie Vorlesungszusammenfassungen College de France 1952 1960 Die Humanwissenschaften und die Phanomenologie Ubers und mit einem Vorwort versehen Alexandre Metraux Berlin New York de Gruyter 1973 1969 La Prose du monde Paris Gallimard 1969 Die Prosa der Welt Hg von Claude Lefort Ubers von Regula Giuliani mit einer Einleitung von Bernhard Waldenfels Munchen Fink 1993Literatur BearbeitenSarah Bakewell Das Cafe der Existenzialisten Freiheit Sein und Aprikosencocktails C H Beck 4 Aufl Munchen 2017 ISBN 978 3 406 69764 7 Hans Bischlager Die Offnung der blockierten Wahrnehmung Merleau Pontys radikale Reflexion Aisthesis Bielefeld 2016 ISBN 978 3 8498 1155 6 David Morris Kym MacLaren Hrsg Time Memory Institution Merleau Ponty s New Ontology of Self Ohio University Press Athens 2015 ISBN 978 0 8214 4496 2 Frank Konig Vertieftes Sein Wahrnehmung und Korperlichkeit bei Paul Celan und Maurice Merleau Ponty Universitatsverlag WINTER Heidelberg 2014 ISBN 978 3 8253 6299 7 David Abram Im Bann der sinnlichen Natur die Kunst der Wahrnehmung und die mehr als menschliche Welt thinkOya Klein Jasedow 2012 Emmanuel Alloa Adnen Jdey Hrsg Du sensible a l oeuvre Esthetiques de Merleau Ponty La Lettre Volee Bruxelles 2012 ISBN 978 2 87317 379 1 Christian Bermes Maurice Merleau Ponty zur Einfuhrung 3 aktual Auflage Junius Hamburg 2012 ISBN 978 3 88506 399 5 Emmanuel Alloa La resistance du sensible Merleau Ponty critique de la transparence Kime Paris 2008 ISBN 978 2 84174 442 8 Wolfgang Faust Abenteuer der Phanomenologie Philosophie und Politik bei Maurice Merleau Ponty Konigshausen amp Neumann 2 Aufl Wurzburg 2012 ISBN 978 3 8260 4685 8 Wolfgang Faust Hrsg Mit Kopf und Korper Merleau Pontys Leibphanomenologie fur die Soziale 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Internet Encyclopedia of Philosophy The Merleau Ponty Circle englisch Europaische Seite englisch Justin Tauber Reading Merleau Ponty Cognitive science pathology and transcendental phenomenology Diss Sydney 2007 Lukas Wieselberg Philosoph Merleau Ponty vor 100 Jahren geboren Grundinformationen zu Merleau Ponty bei orf at Einzelnachweise Bearbeiten E Alloa Maurice Merleau Ponty Fleisch und Differenz in Leiblichkeit Geschichte und Aktualitat eines Konzepts Tubingen UTB Mohr Siebeck 2012 37 51 hier S 38 Vgl Hilarion Petzold Johanna Sieper J 2012a Leiblichkeit als Informierter Leib embodied and embedded Korper Seele Geist Welt Verhaltnisse in der Integrativen Therapie Quellen und Konzepte zum psychophysischen Problem und zur leibtherapeutischen Praxis In Petzold H G 2012f Die Menschenbilder in der Psychotherapie Interdisziplinare Perspektiven und die Modelle der Therapieschulen Wien Krammer 243 321 http www fpi publikation de images stories downloads polyloge petzold sieper 2012a leiblichkeit informierter leib embodied embedded konzepte polyloge 21 2012 pdf vom 12 September 2015 Vgl z B Dorothea Olkowski Gail Weiss Hrsg Feminist Interpretations of Maurice Merleau Ponty Pennsylvania State University Press 2006 ISBN 0 271 02918 8 Gayle Salamon Review dazu in NDPR 17 September 2008 Francisco J Varela Evan Thompson Eleanor Rosch The Embodied Mind Cognitive Science and Human Experience 2 Auflage Massachusetts Institute of Technology Massachusetts 2016 S 3 f 15 21 Rhein Neckar WIKI Herbert Plugge Maurice Merleau Ponty Le visible et l invisible Hrsg Claude Lefort Paris Gallimard 1964 S 63 Hannah Arendt Vom Leben des Geistes Bd I Das Denken 1971 R Piper amp Co Munchen 1979 ISBN 3 492 02486 6 S 36 zu Stw Merleau Ponty Bruno Schoch Marxismus in Frankreich seit 1945 Campus Frankfurt am Main 1980 ISBN 3 593 32802 X S 53 f Normdaten Person GND 118818619 lobid OGND AKS LCCN n79056034 NDL 00449795 VIAF 31991436 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Merleau Ponty MauriceKURZBESCHREIBUNG franzosischer PhilosophGEBURTSDATUM 14 Marz 1908GEBURTSORT Rochefort sur Mer Departement Charente Inferieure FrankreichSTERBEDATUM 3 Mai 1961STERBEORT Paris Frankreich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Maurice Merleau Ponty amp oldid 236336255