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Das Kloster Sankt Pauli ist ein ehemaliges Dominikanerkloster in Brandenburg an der Havel auf dem Gebiet der Neustadt Heute befindet sich in seinem Inneren das Archaologische Landesmuseum Brandenburg Das Sankt Paulikloster im Luftbild von SudenDas Kloster Sankt Pauli mit Klosterkirche Nebengebauden und Hof in der Draufsicht Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Entstehung 1 2 Auflosung des Klosters und Verfall 1 3 Rekonstruktion 2 Lage 3 Bauweise und Stil 4 Chorscheitelfenster 5 Friedhof auf dem ehemaligen Klosterweinberg 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenEntstehung Bearbeiten Nachdem die Brandenburger Markgrafen die alte Burg auf der Dominsel Brandenburg verlassen hatten wahlten die Askanier ein Gebiet am sudwestlichen Rande der Neustadt Brandenburg als Sitz ihrer Residenz aus Die Neustadt war von den Brandenburger Markgrafen vor 1196 planvoll gegrundet und angelegt worden 1267 starb Markgraf Otto III auf dem markgraflichen Hof umgeben von Dominikanern Sein Sohn Otto V der Lange verschenkte 1286 die markgrafliche Residenz an den 1215 gegrundeten Dominikanerorden Schon im selben Jahre wurde mit der Errichtung der Klosteranlage begonnen Dabei stellt der Chor den altesten Teil des Baus dar Erst ca 100 Jahre spater wurden die den Laien vorbehaltene Hallenkirche sowie die angrenzenden Klausurgebaude vollendet Im Jahre 1286 weihte Bischof Gebhard von Brandenburg die Kirche und stellte sie unter das Patrozinium des Apostels Andreas und der Maria Magdalena Beinahe einhundert Jahre spater nach Vollendung des Kloster Kirchen Komplexes wurde im Jahre 1384 die Kirche durch Bischof Dietrich III neu geweiht und den Heiligen Drei Konigen und dem heiligen Paulus gewidmet Auflosung des Klosters und Verfall Bearbeiten Mit dem Einzug der Reformation in die Mark Brandenburg endete die katholische Ara des Klosters Die Ordensleute durften auf Lebenszeit im Kloster verbleiben eine Aufnahme neuer Bruder aber wurde untersagt Im Jahre 1560 schenkte Kurfurst Joachim II die Klosteranlage der Neustadt Brandenburg Die Kirche wurde evangelisch die Klostergebaude einer karitativen Nutzung als neustadtisches Hospital und als Einrichtung der Altenpflege zugefuhrt In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs griff wahrend der Eroberung Brandenburgs durch die Rote Armee vom 26 und 27 April 1945 Feuer aus der Nachbarschaft auf die Klosteranlage uber Sie die Kirche und der Turm brannten bis zum 29 April aus Nur die Mauern blieben mitsamt den Gewolben der Kirchenschiffe und einigen Epitaphien erhalten Weil nichts zur Sicherung der Ruine geschah sturzte 1958 die sudliche Pfeilerreihe ein Daraufhin wurden die ubrigen Gewolbe abgetragen und der Turm und die Umfassungsmauern gesichert 1 Zu dem seit den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts geplanten Wiederaufbau zu musealen Zwecken kam es bis zum Ende der DDR nicht Rekonstruktion Bearbeiten Hauptartikel Archaologisches Landesmuseum Brandenburg im Paulikloster 2002 fiel die Entscheidung zur volligen Rekonstruktion des Klosters Ohne massiv in den Baukorper einzugreifen wurden moderne technische Erfordernisse mit dem ursprunglichen Klosterkonzept in Einklang gebracht Fur die Ausbesserung der schadhaften Bauabschnitte wurden in der Region angefertigte Ziegelsteine im sogenannten Klosterformat verwendet Die Gewolbe in der Klosterkirche wurden nicht wiederhergestellt Nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten wurde am 24 September 2008 das Archaologische Landesmuseum eroffnet Daruber hinaus wird das Kirchenschiff haufig fur andere kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte 2 oder den Brandenburger Klostersommer genutzt Lage BearbeitenEiner im Mittelalter verbreiteten Tradition folgend befindet sich dieses Kloster eines Bettelordens in medievaler Stadtrandlage Im Suden begrenzt die noch zum grossen Teil intakte Stadtmauer das Klosterareal Damit ergibt sich eine Gemeinsamkeit mit dem ehemaligen Franziskanerkloster St Johannis in der Altstadt Brandenburg am gegenuberliegenden Havelufer Eine vom stadtischen Treiben abgeschiedene marginale Lage begunstigte die Monche in ihren kontemplativen Bestrebungen ohne sie jedoch allzu sehr in ihren geistlichen Verpflichtungen der Stadtbevolkerung gegenuber zu behindern Bauweise und Stil BearbeitenDie Kirche ist ein schlichter dreischiffiger gotischer Hallenbau ohne Chorumgang Die gesamte Anlage wurde in markischer Backsteintechnik errichtet Ein durch Klosterkirche und Nebengebauden gebildeter quadratischer Kreuzgang um einen Innenhof einen ehemaligen Friedgarten schliesst sich sudlich an An seiner Sudostecke vor dem Ubergang zum Ostflugel der Klosteranlage wird das Kirchenschiff von einem fragil wirkenden schmalen Turm begleitet Chorscheitelfenster Bearbeiten nbsp ChorfensterDie Glasmalereien im Chorscheitelfenster der Lautkirche zu St Pauli wurden nach funfundsechzigjahriger Auslagerung an den Klosterkomplex zuruckgefuhrt und zu Ostern 2008 nach vorheriger Restaurierung mit Mitteln des Landes Brandenburg der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und aus Spenden der Bevolkerung an ihrem ursprunglichen Platz eingesetzt Kriegsbedingt wurden die Bleiglasscheiben vor der Zerstorung des Pauliklosters wahrend der Kampfhandlungen um Brandenburg an der Havel im April 1945 ausgelagert und zunachst von der Gemeinde zu St Gotthardt etwa 30 Jahre spater von der Kirchengemeinde zu St Katharinen in Verwahrung genommen Die Gemeinde hangte sie 1975 in das Chorscheitelfenster zu St Katharinen ein wo sie wegen ihrer insgesamt geringeren Grosse und des vorgelagerten Altares kaum zur Geltung kamen Nach abgeschlossener Restaurierung der Klosteranlage wurde der Beschluss gefasst das Fenster an seinen ursprunglichen Platz zuruckzufuhren Das Chorscheitelfenster ist in Teilen etwa 30 Jahre alter als die Fenster der St Marienkirche zu Frankfurt Oder Es zahlt zu den altesten und schonsten mittelalterlichen Kirchenfenstern Brandenburgs und ist das zehntalteste Buntglasfenster Deutschlands In der Mark Brandenburg wird nur ein einziges Buntglasfensterfach der Dorfkirche zu Lindena Mitte 13 Jahrhundert alter datiert Das Chorscheitelfenster zu St Pauli besteht aus 12 Reihen und 3 Spalten insgesamt also 36 Fachern begleitet von aufgesetztem Masswerk von denen 22 Facher nach traditioneller Besetzung Motive der christlichen Typologie des Mittelalters zeigen Sinn und Zweck der typologischen Darstellung alt und neutestamentlicher Szenen war die Intention zu belegen dass alttestamentliche Zitate auf Geschehnisse des Neuen Testaments verweisen und somit eine legitime Nachfolge des Christentums in den von Gott mit den Juden geschlossenen Bund untermauert wird Der Rest der Felder ist mit Ausnahme der sich oben anschliessenden Masswerksfelder mit Ornamentdarstellungen belegt Ublicherweise gestaltete man typologische Fenster die in aller Regel den Platz des exponiertesten also des Chorscheitelfensters einnahmen nach festen Regeln So wurden bei dreispaltigen Fenstern die Szenenabfolge von Christi Geburt bis Christi Himmelfahrt von unten nach oben in der Mittelspalte dargestellt Diese dem Neuen Testament zugeordneten Bilder wurden dann jeweils links und rechts von Bildzitaten des Alten Testamentes flankiert welche sich als Verweis auf den Gottessohn und sein Wirken interpretieren liessen In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts erfuhr das Chorscheitelfenster eine grundliche Restaurierung durch eine bislang unbekannte Werkstatt Kunsthistorisch sachverstandig wurden abhandengekommene Felder unter anderem durch Hinzuziehung von typologischen Vorlagen aus der mittelalterlichen Biblia pauperum Armenbibel erganzt Dabei wurde jedoch der hartere kantigere und ausdrucksvollere Darstellungsstil der Gotik zugunsten des Zeitgeschmacks des 19 Jahrhunderts abgeandert Die Figuren bekamen gefalligere weichere susslichere Konturen und Zuge Bei dem Chorscheitelfenster von St Pauli lassen sich originale und restaurierte bzw erganzte Glasfelder sehr gut durch Betrachtung der Ruckseiten unterscheiden da die alten Fensterflachen einen ungleich hoheren Korrosionsstand aufweisen Beachtenswert ist ebenfalls der Umstand dass der mittelalterliche Glasmaler zum direkten Malen nur die Farbe Schwarz verwandte Diese Farbe wurde auf verschieden eingefarbte Glasflachen aufgebracht die dann mosaikartig miteinander durch Bleistrange verbunden wurden Friedhof auf dem ehemaligen Klosterweinberg BearbeitenBei Ausgrabungen in der Neustadtischen Heidestrasse in Vorbereitung eines Bauprojekts wurden im Fruhjahr 1995 etwa 500 Graber gefunden die jedoch teilweise stark gestort oder schlecht erhalten waren Diese Bestattungen stammten von dem fruhneuzeitlichen Pauli Friedhof der 1583 auf dem ehemaligen Weinberg des mittelalterlichen Klosters angelegt und bis 1795 genutzt wurde Die Schliessung des Bestattungsareals erfolgte wegen Uberbelegung nach einer Ruhrepidemie in der Garnison Weitere Eingriffe auf dem ehemaligen Friedhofsgelande in den Jahren 2007 und 2010 erhohten die Anzahl der geborgenen Skelette sodass 218 Bestattete untersucht werden konnten Die Skelette wurden von der Anthropologin Bettina Jungklaus begutachtet Die meisten Verstorbenen waren im fortgeschrittenen Alter oder Erwachsene Bei den Greisen waren es doppelt so viele Frauen wie Manner Der Anteil von Kindern war mit knapp 20 eher niedrig es kann aber sein dass wegen der schlechten Lagebedingungen die Kinderskelette bereits verfallen waren Die mittlere Korpergrosse lag fur die Zeit im Durchschnitt was auf eine schlechte Versorgung mit tierischem Protein schliessen lasst Es wurden viele degenerative Erkrankungen und gehauft schwere Zahnkaries festgestellt 3 4 5 6 nbsp Blick von Nordosten auf Chor und Kirchenschiff nbsp Ansicht von Osten nbsp Die Klosteranlage aus westlicher Richtung nbsp Kirche vom Klosterhof nbsp Romanisches Fenster am Ubergang zwischen Kirche und Kloster nbsp Archaologisches Landesmuseum nbsp St Paulikloster mit Turm vom Friedgarten aus sudwestlicher Richtung Dezember 2006Literatur BearbeitenMatthias Barth Romanik und Gotik in Brandenburg und Berlin Architektur und Baudekor des Mittelalters Bergstadtverlag Wurzburg 2009 Friedrich Grasow Bearb Brandenburg die tausendjahrige Stadt Ein Gang durch Kultur und Baukunst vergangener Jahrhunderte 928 1928 Selbstverlag der Stadt Brandenburg Brandenburg 1928 Otto Tschirch Geschichte der Chur und Hauptstadt Brandenburg an der Havel Festschrift zur Tausendjahrfeier der Stadt 1928 29 J Wiesike Brandenburg 1928 Nachdruck der 3 Auflage Wiesike Brandenburg Havel 1941 hrsg von Uwe Czubatynski Becker Potsdam 2012 ISBN 978 3 88372 044 9 Fachvortrag von Privatdozent Dr Frank Martin TU Berlin Corpus Vitrearum Medii Aevi Potsdam Mara Bittner Zitha Pothe und Maraike Winkler vom 18 Oktober 2007 zu St Pauli Brandenburg an der Havel bezuglich des aktuellen Sachstandes zur Beforschung der mittelalterlichen Glasmalerei am Beispiel des Chorscheitelfensters zu St Pauli Brandenburg an der Havel Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kloster St Pauli Brandenburg an der Havel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eintrag zur Denkmalobjektnummer 09145535 in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg Suche nach Kloster St Pauli Brandenburg an der Havel In Deutsche Digitale Bibliothek Offizielle Homepage zur Vermarktung des Kirchenschiffes Virtuelle Prasentation der Glasmalereien von St Pauli im Open Access Forschungsmodul Glasmalereien im Kontext Bericht des Preussischen Landboten mit Aufnahmen des Klosters vor der Restaurierung aus dem Jahre 2003 Baugeschichte des KlostersEinzelnachweise Bearbeiten Gotz Eckardt Hrsg Schicksale deutscher Baudenkmale im zweiten Weltkrieg Eine Dokumentation der Schaden und Totalverluste auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik Band 1 Henschelverlag Kunst und Gesellschaft Berlin 1980 S 138f Weihnachtskonzert 2017 im Paulikloster Projekt Brandenburg Havel Pauli Friedhof Nicht mehr online verfugbar In anthropologie jungklaus de Archiviert vom Original am 3 Mai 2018 abgerufen am 4 Juni 2017 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www anthropologie jungklaus de Bettina Jungklaus Der fruhneuzeitliche Friedhof in der Brandenburger Neustadt In Archaologische Gesellschaft in Berlin und Brandenburg e V in Zusammenarbeit mit dem Brandenburgischen Landesamt fur Denkmalpflege und Archaologischen Landesmuseum und dem Landesdenkmalamt Berlin Hrsg Archaologie in Berlin und Brandenburg 1995 1996 Konrad Theiss Verlag Stuttgart 1997 ISBN 978 3 8062 1331 7 S 131 132 Bettina Jungklaus Die anthropologische Bearbeitung der Skelette vom fruhneuzeitlichen Pauli Friedhof der Brandenburger Neustadt In Veroffentlichungen des Brandenburgischen Landesmuseums fur Ur und Fruhgeschichte Band 31 Brandenburgisches Landesmuseum fur Ur und Fruhgeschichte 1997 ISSN 0946 7734 S 85 94 Bettina Jungklaus Menschliche Skelette vom Pauli Kloster Ergebnisse der anthropologischen Untersuchung In 16 Jahresbericht 2006 2007 Historischer Verein Brandenburg Havel Brandenburg an der Havel 2007 S 141 145 52 406255555556 12 563022222222 Koordinaten 52 24 22 5 N 12 33 46 9 O Normdaten Korperschaft GND 2139942 6 lobid OGND AKS VIAF 143883867 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kloster St Pauli Brandenburg an der Havel amp oldid 238990351