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Die Hospitalkirche in Biedenkopf ist ein denkmalgeschutztes Kirchengebaude der evangelisch lutherischen Kirchengemeinde in Biedenkopf einer mittelhessischen Stadt im Landkreis Marburg Biedenkopf Sie zahlt zu den altesten Bauten in Biedenkopf und ist das alteste erhaltene Kirchengebaude der Stadt West Fassade mit Eingang an der HospitalstrasseChor und Turm Ansicht von OstenInnenansicht des Chors der einzige noch im Originalzustand erhaltene Teil der Kirche aus dem Jahr 1419 Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Geschichte 3 Architektur 3 1 Chor 3 2 Wappen 3 3 Schiff 4 Orgel 5 Hospital 6 Kirchengemeinde 7 Literatur 8 Weblinks 9 Einzelnachweise und AnmerkungenLage BearbeitenDie geostete Kirche befindet sich an der Ecke der Strassen Hospitalstrasse und Am Stadtpark Der Eingang zur Kirche an der westlichen Fassade liegt an der Hospitalstrasse der Kirchturm befindet sich am ostlichen Ende des Gebaudes Zur Bauzeit wurden die Kirche und die weiteren Gebaude des Hospitals auf einem Acker am Galgenberg auf freiem Feld ausserhalb der Stadtmauer errichtet Seinerzeit lag ostlich bzw oberhalb der Kirche der Friedhof der Stadt daruber verlief die alte Strasse von Eckelshausen nach Biedenkopf etwa dort wo heute die Strassen Schillerweg und Im Hofchen verlaufen 1 225Geschichte BearbeitenDie Hospitalkirche fruher Heilig Geist Kirche 2 genannt auch Hospitalkapelle oder Kapelle zum Heiligen Geist und das gesamte Hospital wurden 1419 erbaut als eine private Stiftung des Freiherrn Gerlach IV von Breidenbach Die Stiftungsurkunde ist uberliefert sie ist auf den 9 Mai 1417 datiert und von Landgraf Ludwig I von Hessen unterzeichnet In der Urkunde ist die Rede vom Bau eines Siechenspitals und einer Kapelle Die Freiherren von Breidenbach zu Breidenstein waren seinerzeit machtige und vermogende Adlige des Breidenbacher Grunds mit umfangreichen Besitzungen Der Bau entspringt einer Zeit der frommen Stiftungen die seit dem fruhen Mittelalter ublich waren um des Seelenheils eines einzelnen einer ganzen Familie oder Sippe willen manchmal auch zur Suhne und Busse 1 222 225Im Jahr 1617 als Biedenkopf zum reformierten Hessen Kassel gehorte siehe Konfessionsverhaltnisse in der Landgrafschaft Hessen Kassel 3 erfolgten umfangreiche Umgestaltungen 1817 musste das Hospital einer neuen Strasse weichen die Kapelle blieb erhalten Im Jahre 1826 erfolgte ein Umbau das Gewolbe des Kirchenschiffs wurde durch eine Flachdecke ersetzt Seit 1866 war die Kapelle das Gotteshaus der evangelisch lutherischen Kirchengemeinde und bis zum Abschluss der Bauarbeiten der Stadtkirche im Jahre 1891 einziges evangelisches Gotteshaus in Biedenkopf Im 19 Jahrhundert wurde die Kirche neugotisch umgestaltet In den 1930er Jahren wurde sie zu einem Gemeindesaal umgestaltet dabei entfielen die Langsemporen In Zeiten der Nutzung als Gemeindesaal war der Chor vom Schiff durch eine Rolljalousie getrennt 4 1974 wurde die Kapelle umfangreich renoviert und restauriert Eine Fussbodenheizung und eine Orgel wurden eingebaut die neugotische Orgelempore wurde durch die heutige ersetzt Architekt des Umbaus war Berthold Himmelmann aus Marburg Am 30 November 1974 fand die Wiedereinweihung statt 5 6 In den Jahren 2000 und 2001 erfolgte erneut eine komplette Sanierung und Renovierung im Mai 2001 wurde sie wieder eingeweiht 6 Architektur BearbeitenChor Bearbeiten Von der 1419 erbauten Hospitalkirche ist lediglich der spatgotische Chor erhalten der eine der spatesten Nachahmungen des Chors der Elisabethkirche in Marburg ist Der Chor wurde 1617 um sechs Stufen erhoht und ein sechseckiger Dachreiter mit Spitzhelm hinzugefugt Er besteht aus drei schmalen rechteckigen Jochen und einem Chorhaupt in Drei Achtel Schluss 7 Das Kreuzrippengewolbe ruht auf schlanken runden Wandpfeilern Die sieben Spitzbogenfenster des Chors sind mit spatgotischem Rankenornament verziert Der kraftige Chorbogen besteht aus Sandstein Die Kapitelle sind ausladend und uppig skulptiert Ein Verkundigungsengel Gabriel aus Sandstein unter einem Baldachin am nordlichen Wandpfeiler des Chorhauptes stammt aus der Erbauungszeit 4 Auf dem Band das von einer Schulter zu den Fussen fallt steht der Gruss AVE GRATIA PLENA DNS TECU eine Verkurzung von AVE GRATIA PLENA DOMINUS TECUM ubersetzt Sei gegrusst du Begnadete der Herr ist mit dir Lk 1 28 EU 6 Eine Sakramentsnische ist von Masswerk umrahmt rechts befindet sich eine gotische Piscina Bei der Restaurierung in 1974 erfolgte die Freilegung und Hervorhebung eines Wandfreskos auf den hellen Feldern der Chorwand hinter dem Altar eine Renaissancearbeit das Blumen und Blattwerk zeigt und wohl als Symbol der Dreieinigkeit zu deuten ist 5 Wappen Bearbeiten nbsp Grundriss des Chors mit Lage der WappenschildeAus der Erbauungszeit im Jahr 1419 sind Details uberliefert Im Chorraum der Hospitalkirche sind an den Kapitellen der Dienste und an den Schlusssteinen des Kreuzrippengewolbes insgesamt neun farbig gefasste Wappenschilde angebracht die man als Hinweise auf den Stifter interpretieren kann Vier Wappen mit einem roten Wolfseisen 8 in Gold konnen Gerlach IV von Breidenbach zugeordnet werden Zwei Wappenschilde mit einem Doppelhaken 9 bzw einer Wolfsangel in Gold referieren auf die Mutter des Gerlach der Margarete von Diedenshausen und nicht wie mehrfach angenommen auf das Adelsgeschlecht Lowenstein Ein einzelnes Wappen zeigt einen roten Zickzackbalken in Gold ein Verweis auf das Adelsgeschlecht der Brendel von Homburg aus deren Haus eine Elisabeth die erste Gemahlin Gerlachs war Ein zweifach vorhandenes Wappen das oben in Blau einen schreitenden Lowen und darunter in Silber vier rote mit ihren Ecken aneinanderstossende Wecken 3 1 zeigt kann dem Vogt von Fronhausen zugeordnet werden einer Nebenlinie der Schencken zu Schweinsberg das Wappen ist das von Gerlachs zweiter Frau Liutgard Vogt von Fronhausen 10 Alle Wappen sind somit Gerlach IV von Breidenbach dessen Mutter ersten und zweiten Gemahlin gewidmet 11 Neben den Wappenschilden zeigen weitere Kapitelle Blatter einen Engel Gabriel und figurliche Darstellungen 5 nbsp 1 Breidenbach nbsp 2 Diedenshausen nbsp 3 Brendel von Homburg nbsp 4 Vogt von FronhausenSchiff Bearbeiten Im Jahre 1617 wurde das Kirchenschiff vollig umgestaltet und erweitert Bei der Restaurierung 1974 konnten alte zugemauerte Turen und Fenster freigelegt werden deren Lagen heute im Aussenputz erkennbar sind Sie waren in unterschiedlichen Hohen angelegt und gehorten offenbar zu seinerzeit unterschiedlichen Etagen also nicht zu einem zusammenhangenden Kirchenraum 6 Die Holzkanzel im Stil der Spatrenaissance stammt aus 1617 sie ist stilistisch mit den Kanzeln der Johanneskirche der Dorfkirche in Breidenbach und der Dorfkirche in Wallau verwandt 1 221 Die Kanzel tragt die Inschrift SAIAE OCAP PREDIGE ALLES FLEISCH IST HAEW VND ALLE SEINE GVTE IST WIE EIN BLUM AUF DEM FELDE Jes 40 6 LUT 5 Orgel Bearbeiten nbsp Blick auf Kirchenschiff und OrgelEine erste Orgel fur die Hospitalkirche baute Peter Dickel von 1855 bis 1858 hinter einem neugotischen Prospekt auf der Westempore Sie verfugte uber sieben Register auf einem Manual und Pedal Im Jahr 1974 ersetzte sie der Orgelbaumeister Wolfgang Bottner aus Frankenberg Eder durch einen zweimanualigen Neubau mit 18 Registern Der Neorenaissance Prospekt stammt von der Orgel der Schlosskapelle in Breidenstein die Adam Eifert im Jahr 1904 gebaut hatte 12 Die Disposition lautet wie folgt 13 I Unterwerk C g3Rohrflote 8 Koppelflote 4 Quinte 2 2 3 Prinzipal 2 Stahlspiel III 4 Tremulant II Hauptwerk C g3Gemshorn 8 Gambe 8 Prinzipal 4 Offenflote 4 Waldflote 2 Mixtur III 1 1 3 Zymbel II 1 2 Trompete 8 Tremulant Pedal C f1Pommer 16 Gedacktbass 8 Offenbass 4 Octavbass 2 Dulcian 16 Koppeln II I I P II PHospital BearbeitenMit dem Begriff Hospital bzw Siechenspital wird in diesem Zusammenhang eine Gesamtheit von Immobilien Landereien und weiterer Vermogenswerte bezeichnet Der Begriff bezeichnet nicht nach heutigem Sprachgebrauch ein Krankenhaus sondern eine soziale karitative Einrichtung die nach heutigen Vorstellungen am ehesten mit einem Alten oder Pflegeheim vergleichbar ist Das Hospital in Biedenkopf war ein grosses soziales Hilfswerk fur Alte und Kranke Im Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung des Hochmittelalters gab es zunehmend unversorgte Arme Alleinstehende Alte und Sieche die der Stadt zur Last lagen und die nun im Hospital Heimat Geborgenheit und Versorgung fanden Das Hospital stand fur alle Burger von Biedenkopf offen und diente nicht nur der Aufnahme alter armer Leute sondern diente auch als Altersheim fur Beguterte Das Spital zum Heiligen Geist war nicht das erste seiner Art in Biedenkopf es soll zuvor ein Siechenhaus an der Billerbach bzw Siechenhecke gegeben haben Die Hospitalkapelle oder Kapelle zum Heiligen Geist war nur eins der vielen Hospitalgebaude Neben dem Haupt und Wohnhaus dem eigentlichen Spital gab es weitere Gebaude fur den Verwalter Scheunen Stalle ein Backhaus und weitere Wirtschaftsgebaude Die Gebaude befanden sich vom Standort der heutigen Metzgerei Ruppersberger bis zur Hospitalkirche und weiter in Richtung Suden bis gut zur Mitte der Hospitalstrasse moglicherweise sogar noch weiter Zu den Hospitalgutern gehorten u a 14 Morgen an Landereien in Biedenkopf sowie Hofe und Guter in Wehrshausen Damshausen Wollmar Aumenau und Holzhausen Zu den Landereien in Biedenkopf gehorte u a die Kreuzwiese Die Verwaltung des Hospitals unterlag sowohl der Stadt als auch der Kirche was gelegentlich zu Auseinandersetzungen fuhrte Aus 1801 ist bekannt dass das Hospital verschuldet war In 1817 hatte die Stadt mit dem Bau der heutigen Hospitalstrasse begonnen mit einem Durchbruch zum Marktplatz hin quer durch die Anlage des Hospitals In 1826 wurde das Hospital aufgelost Die Gebaude waren in einen baufalligen Zustand geraten und wurden 1827 auf Abbruch versteigert Die Stiftung wurde 1961 aufgelost Die Hospitalkirche jedoch verlor nie ihre Bestimmung 1 221ffKirchengemeinde BearbeitenDie der Hospitalkirche zugehorige evangelisch lutherische Kirchengemeinde in Biedenkopf teilt sich in zwei Bezirke auf den Westbezirk mit einem Pfarramt am Standort An der Kirche 11 Pfarrhaus aus 1717 und dem Ostbezirk mit einem Pfarramt am Standort Kottenbachstrasse 31a Gemeindehaus Gotteshauser der Gemeinde sind die Stadtkirche und die Hospitalkirche Literatur BearbeitenGerald Bamberger Hospitalstiftung Natascha Reuter Hrsg Hospitalstiftung Hospitalgebaude und Hospitalkirche 1417 2017 Geschichtliche Hintergrunde anlasslich der Jubilaumsfeier 600 Jahre Hospitalstiftung vom 2 bis 4 Juni 2017 Hospitalstiftung Biedenkopf 2017 Elisabeth Margarete Idelsberger Aus der Geschichte des Hospitals zu Biedenkopf Festvortrag aus Anlass der Wiedereinweihung der Hospitalkirche am 30 November 1974 nach der Materialsammlung von Dr Elsa Blocher In Hinterlander Geschichtsverein Biedenkopf Hrsg Beitrage zur Geschichte des Hinterlandes Band 1 Max Stephani Biedenkopf 1985 S 221 239 Ferdinand Luthmer Bearb Die Bau und Kunstdenkmaler der Kreise Biedenkopf Dill Oberwesterwald und Westerburg Heinrich Keller Frankfurt am Main 1910 S 31 35 online Frank W Rudolph Evangelische Kirchen im Dekanat Biedenkopf Grosser DKV Kunstfuhrer Deutscher Kunstverlag Berlin amp Munchen 2012 ISBN 978 3 422 02355 0 S 26 27 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hospitalkirche Biedenkopf Sammlung von BildernEinzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten a b c d Elisabeth Margarete Idelsberger Aus der Geschichte des Hospitals zu Biedenkopf Festvortrag aus Anlass der Wiedereinweihung der Hospitalkirche am 30 November 1974 nach der Materialsammlung von Dr Elsa Blocher In Hinterlander Geschichtsverein Biedenkopf Hrsg Beitrage zur Geschichte des Hinterlandes Band 1 Max Stephani Biedenkopf 1985 DNB 880051019 S 221 239 Erstausgabe 1974 zunachst erschienen in Hinterlander Geschichtsblatter Band 53 S 173 178 Karl Huth Biedenkopf Burg und Stadt im Wandel der Jahrhunderte Hrsg Magistrat der Stadt Biedenkopf Wetzlardruck GmbH Wetzlar 1977 S 270 Hessen Kassel und Hessen Darmstadt 1604 1638 Karte links Geschichtlicher Atlas von Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS a b Hans Feldtkeller Die Bau und Kunstdenkmaler des Landkreises Biedenkopf Kurzinventar Hrsg Der Landeskonservator von Hessen Die Bau und Kunstdenkmaler des Landes Hessen Regierungsbezirk Wiesbaden Eduard Roether Verlag Darmstadt 1958 DNB 451231864 S 16 a b c d Frank W Rudolph Evangelische Kirchen im Dekanat Biedenkopf Grosser DKV Kunstfuhrer Deutscher Kunstverlag Berlin amp Munchen 2012 ISBN 978 3 422 02355 0 S 26 27 a b c d Fuhrung durch die Hospitalkirche Abgerufen am 20 November 2022 Frank W Rudolph beschreibt den Grundriss des Chors als 5 8 Schluss Frank W Rudolph Evangelische Kirchen im Dekanat Biedenkopf 2012 S 26 Das rote Wolfseisen entspricht in der Formgebung uberwiegend dem goldenen Wolfseisen im Wappen der Gemeinde Breidenbach Doppelhaken im Heraldik Wiki Wolfhard Vahl Die Familie von Breidenbach und die Wappenschilde in der Hospitalkirche zu Biedenkopf In Verein fur hessische Geschichte und Landeskunde Kassel 1834 e V Hrsg Zeitschrift fur hessische Geschichte und Landeskunde ZHG Band 106 2001 ISSN 0342 3107 S 5 17 vhghessen de PDF abgerufen am 7 April 2013 Forschungsergebnissen von Dr Wolfhard Vahl vom Hessischen Staatsarchiv in Marburg ist zu entnehmen dass es als unzutreffend gilt dass Hermann von Lowenstein Gemahl von Gerlachs Stieftochter als zweiter Stifter zu betrachten ist wie es offenbar aus falschlicher heraldischer Deutung u a bei Idelsberger und Feldtkeller formuliert wird Ein weiteres wichtiges Indiz dafur dass lediglich Gerlach IV zu Breidenbach Stifter des Hospitals war ist dessen ausschliessliche Nennung in der Stiftungsurkunde Dieter Schneider Die Hospitalkirche zu Biedenkopf und ihre Orgeln In Hinterlander Geschichtsblatter Jg 56 Nr 4 1977 S 65 68 Biedenkopf Hospitalkirche In organindex de Abgerufen am 5 Juni 2017 50 910549 8 530873 Koordinaten 50 54 37 98 N 8 31 51 14 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hospitalkirche Biedenkopf amp oldid 228149490