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Ein Kreuzrippengewolbe ist ein Gewolbe das durch selbsttragende Rippen Kreuzrippen historisch auch Ogiven gebildet und gehalten wird Die Rippen kreuzen sich dabei wie die Diagonalen in einem Rechteck sie leiten die Druck und Schubkrafte des Gewolbes auf die Pfeiler ab Jede Kreuzrippe setzt sich aus mehreren profilierten Werksteinen zusammen An der Stelle an der sich die Rippen kreuzen befindet sich ein Schlussstein Vierteiliges Kreuzrippengewolbe im Langhaus der Kathedrale von SalisburyDas Kreuzrippengewolbe ist ein typisches Element der gotischen Architektur Es ermoglichte hohe Kirchenraume Die Wande wurden im Vergleich zum Tonnengewolbe entlastet und konnten mit grosseren Fensterflachen versehen werden Als eines der ersten Kreuzrippengewolbe gilt das noch spatromanische Querhausgewolbe des Speyerer Doms nach 1081 Viele Aspekte die in diesem Artikel angesprochen werden beschranken sich nicht auf das Kreuzrippengewolbe sondern beschreiben generell das Prinzip Rippengewolbe Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung in der Spatromanik 2 Konstruktion 3 Architektonische Konsequenzen 4 Typen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntstehung in der Spatromanik Bearbeiten nbsp Kreuzrippengewolbe im Kreuzgang vom Kloster Bebenhausen Aquarell von Eduard von Kallee 1854Kreuzrippengewolbe sind der Form nach den zuvor entwickelten Kreuzgratgewolben ahnlich in der Konstruktion unterscheiden sie sich jedoch grundlegend da die Rippen nun tragende Funktion ubernahmen In der Romanik entstanden die ersten Kreuzrippengewolbe indem auf den Grat eine flache Bandrippe aufgesetzt wurde daher auch als Bandrippengewolbe bezeichnet die zunachst eine dekorative und konstruktiv gesehen anfanglich noch keine tragende Funktion hatte Als erste romanische Kreuzrippengewolbe gelten die Querhausgewolbe des Speyerer Doms nach 1081 1 Ungefahr gleichzeitig entstand ab 1093 mit den Kreuzrippengewolben der Kathedrale von Durham der erste einheitlich in allen Teilen mit Kreuzrippen eingewolbte Bau In dieser Entwicklungsphase pragten einfache Querschnitte die Rippenformen quadratisch mandelformig birnenformig etc aus denen sich dann das Gewolbe mit tragenden Kreuzrippen entwickelte Bestimmte Rippenquerschnittsformen standen in Zusammenhang mit einzelnen Monchsorden bzw einzelnen Klostern Beispielsweise bevorzugten die mit Bauaufgaben betrauten Konversen Laienbruder des Mutterklosters der Zisterzienser Clairvaux Rippenformen von quadratischem Querschnitt die sogenannte Kastenrippe Diese sind auch in allen Tochterklostern von Clairvaux nachweisbar Uber die zisterziensischen Konversen Clairvaux gelangte diese Rippenform auch in die weltliche Architektur so in die Burgen und Kastelle Friedrichs II in Suditalien Castel del Monte etc 2 Konstruktion BearbeitenEin Kreuzrippengewolbe besteht aus den vier Rippenbogen den entsprechenden vier Widerlagerpunkten in den Ecken und dem mittigen Schlussstein Obwohl die Kappen zwischen den Rippen nur als Fullwerk konstruiert wurden ergaben statische Untersuchungen dass die hauptsachliche Last erstaunlicherweise uber die Zwischenraume abgetragen wird Rippen und Kappen sind im Regelfall nicht kraftschlussig miteinander verbunden und weisen eine eigene Tragwirkung auf Die standfesten Kreuzrippenbogen sind an der Lastabtragung der Kappen kaum beteiligt 3 Bei der sogenannten Skelettbauweise werden zuerst die Gewolberippen auf Lehrbogen gebaut Mit dem Einsetzen des Schlusssteins werden sie kraftschlussig Danach werden die Kappen aus Mauersteinen oder Natursteinen gemauert Auf eine Schalung kann teilweise vollstandig verzichtet werden Wenn in der Langsachse des Baus mehrere Gewolbe genauer Gewolbejoche aufeinander folgen bezeichnet man die an die Langswand anstossenden Bogen als Schildbogen die Bogen zwischen den einzelnen Gewolben dagegen als Gurtbogen oder Gurte Liegen die Gewolbe von Mittel und Seitenschiffen auf gleicher Hohe Hallenkirche werden die Gewolbebogen die die Langsschiffe langs voneinander trennen als Scheidebogen bezeichnet nbsp Das Kreuzrippengewolbe ermoglichte freiere und komplexere Grundrisse gebundenes System mit sechsteiligem Gewolbe im Mittelschiff der Kathedrale von Laon nbsp Schubkrafte in einem Kreuzgewolbe nbsp Kreuzrippengewolbe im architektonischen Zusammenhang gotischer BauweiseArchitektonische Konsequenzen BearbeitenDurch die Konstruktion der Kreuz rippen gewolbe mit Spitzbogen konnte der Kirchenraum uberhoht werden Es wurde moglich im Vergleich zum Tonnengewolbe wesentlich hohere Raume herzustellen Baumeister mussten nicht mehr ein Gewolbe auf dicken Mauern und Seitenschiffen aufrichten um die statischen Krafte abzufangen Die Mauerwande konnten lichtdurchflutet gestaltet werden Die statischen Krafte konnten mit grosseren Raumhohen auf die Mauern oder Pfeiler abgeleitet werden Bei Verwendung von Spitzbogen war eine weitgehende Grundrissfreiheit gegeben da nun unterschiedliche Spannweiten der Schildbogen und Diagonalbogen nicht wie bei Rundbogen zwangsweise zu unterschiedlichen Hohen der Bogen fuhrten Da man nur noch fur den Bau der Rippen ein Lehrgerust brauchte und die Gewolbekappen zwischen den Rippen frei aufgemauert werden konnten und so fast ohne Schalung auskamen war ein geringerer Schalungsaufwand notwendig Die Gestaltung von Raumwolbungen wurde auf diesem Weg freier und weniger aufwendig als in der Romanik Mit der Konstruktion der Kreuzrippen war es ferner moglich die Biegebeanspruchung besonders im Scheitel zu uberwinden Die Gewolbekappen die in der Romanik nur radial gewolbt und an den quadratischen Grundriss gebunden waren konnten nunmehr mit unterschiedlicher Stutzweite gebaut werden wahrend die romanischen Rundbogen bei gleicher Scheitelhohe die gleiche Stutzweite haben mussten Typen BearbeitenDie Grundform mit zwei sich kreuzenden Rippen wird als vierteiliges Gewolbe bezeichnet Ist dieses Gewolbe in der Querrichtung durch eine vom Schlussstein zu den Aussenwanden gehende Rippe in sechs Kappen unterteilt spricht man von einem sechsteiligen Gewolbe das typisch fur fruhgotische Kirchenbauten ist Bei Verwendung der sechsteiligen Gewolbe entsteht das sog gebundene System bei dem einem Mittelschiffsgewolbe auf jeder Seite zwei Seitenschiffsgewolbe zugeordnet sind Liegt auch in Langsrichtung eine Scheitelrippe entsteht ein achtteiliges Gewolbe Kreuzrippengewolbe konnen durch weitere Rippen unterstutzt werden sodass Rippenfacher Rippensterne Rippennetze oder andere Muster entstehen konnen Dann werden die Gewolbe auch entsprechend bezeichnet Fachergewolbe Sterngewolbe Netzgewolbe Schlingrippengewolbe u a nbsp Fruhe Rippenkonstruktion in San Michele Arcangelo Perugia nbsp Fruhe Rippenkonstruktion in San Baudelio de Berlanga nbsp Vierteiliges Kreuzrippengewolbe in der Stiftskirche St Lambrecht Steiermark nbsp Farbig bemaltes vierteiliges Kreuzrippengewolbe in der Kollegiatkirche Neuenburg nbsp Mit Korkstucken beklebtes vierteiliges Kreuzrippengewolbe in der Marienkirche Reutlingen nbsp Modell eines sechsteiligen Gewolbes nbsp Sechsteiliges Kreuzrippengewolbe im Chor der Kathedrale St Pierre in Beauvais nach Einsturz durch Verdopplung der Saulenzahl aus einem vierteiligen entwickelt nbsp Sterngewolbe in Kulm Polen nbsp Sterngewolbe in der Andreaskirche Hildesheim nbsp Netzgewolbe in St Mary Redcliffe Bristol England nbsp Netzgewolbe in der Basilika Seckau Steiermark nbsp Netzgewolbe in der zweischiffigen Pfarrkirche St Oswald Moderbrugg Steiermark nbsp Netzgewolbe in der Pfarrkirche St Oswald Moderbrugg Steiermark nbsp Schlingrippengewolbe der Pfarrkirche in Konigswiesen nbsp Schlingrippengewolbe der Wallfahrtskirche Maria im Sand in Dettelbach nbsp Schlingrippengewolbe der Schlosskapelle des Dresdner Schlosses sogenannte SchutzkapelleLiteratur BearbeitenHans Koepf Bildworterbuch der Architektur Kroners Taschenausgabe 194 3 Auflage Kroner Stuttgart 1999 ISBN 3 520 19403 1 S 289 Joseph Eich Die Gewolbe ihr Wesen ihre Gestalt und ihr Bau Teil 1 Gewolbeformen Max Hittenkofer Strelitz 1921 DNB 365574333 Norbert Nussbaum Sabine Lepsky Das gotische Gewolbe Eine Geschichte seiner Form und Konstruktion Deutscher Kunstverlag Munchen u a 1999 ISBN 3 422 06278 5 Waldemar Swida Statik der Bogen und Gewolbe Theorie des Einzelbogens Berechnungsbeispiele unter Berucksichtigung der neuesten Belastungsannahmen DIN 1072 und Berechnungsbestimmungen DIN 1075 C F Muller Karlsruhe 1954 DNB 454971303 Stefan M Holzer Geruste und Hilfskonstruktionen im historischen Baubetrieb Geheimnisse der Bautechnikgeschichte Edition Bautechnikgeschichte hrsgn v Karl Eugen Kurrer u Werner Lorenz Berlin Ernst amp Sohn 2021 ISBN 978 3 433 03175 9 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gewolbe Album mit Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Kreuzrippengewolbe Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Die Datierung der Speyerer Querhaus Gewolbe ist umstritten hielt man sie bisher fur nach 1159 entstanden so pladiert Dethard von Winterfeld fur eine Entstehung um 1100 Dethard von Winterfeld Worms Speyer Mainz und der Beginn der Spatromanik am Oberrhein In Franz J Much Hrsg Baukunst des Mittelalters in Europa Hans Erich Kubach zum 75 Geburtstag Stuttgarter Gesellschaft fur Kunst und Denkmalpflege Stuttgart 1988 ISBN 3 926168 00 5 S 213 250 Dethard von Winterfeld Die Kaiserdome Speyer Mainz Worms und ihr romanisches Umfeld Zodiaque Echter Wurzburg 1993 ISBN 3 429 01489 1 S 88 Vgl Alexander Knaak Prolegomena zu einem Corpuswerk der Architektur Friedrich II von Hohenstaufen im Konigreich Sizilien 1220 1250 Studien zur Kunst und Kulturgeschichte 16 Jonas Marburg 2001 ISBN 3 89445 278 1 bes S 10 ff und S 110 ff Zugleich Tubingen Universitat phil Dissertation 1998 zum Einfluss der Konversen von Clairvaux auf die Bauwerke im hohenstaufischen Konigreich Sizilien und die Verwendung der Kastenrippe in diesen Gebauden Norbert Nussbaum Sabine Lepsky Das gotische Gewolbe Eine Geschichte seiner Form und Konstruktion Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1999 ISBN 3 534 01584 3 S 62 Normdaten Sachbegriff GND 4572138 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kreuzrippengewolbe amp oldid 236898611