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Als Tonnengewolbe bezeichnet man ein Gewolbe mit zwei gleich langen parallelen Widerlagern Elemente eines Tonnengewolbes Wange rote Flache Kappe blaue Flache Widerlager grune Kante Schildbogen Gurtbogen rote Kante Gratbogen blaue Kante zw roter und blauer Flache Inhaltsverzeichnis 1 Bezeichnungen 2 Altertum 3 Mittelalter 3 1 Spitztonne 3 2 Spatere Entwicklungen 4 Neuzeit 5 Ahnliche Bauformen 6 Verwandte Themen 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBezeichnungen Bearbeiten nbsp Ein Gewolbekeller in Stetten im Remstal Museum unter der YburgBei rundbogigem Querschnitt spricht man von einer Rundtonne bei spitzbogigem Querschnitt von einer Spitztonne Ein Tonnengewolbe ist gerade wenn es einen rechteckigen Grundriss hat es ist schief wenn dieser parallelogramm oder paralleltrapezformig ist Denkt man sich ein Tonnengewolbe von zwei sich kreuzenden Diagonalen auf den Grundriss bezogen unterteilt heissen die dreieckigen Segmente von den Widerlagern zum Scheitel Wangen oder Walme die beiden anderen von den Schilden zum Scheitelpunkt Kappen Die auf die Laibung projizierten Diagonalen die Wangen und Kappen trennen werden Gratbogen genannt Diese Segmente sind die Grundbausteine fur kompliziertere Gewolbeformen bei denen sich zwei oder mehr gedachte Gewolbe durchdringen Ein Tonnengewolbe das ein Hauptgewolbe senkrecht schneidet bildet im Schnittbereich eine Stichkappe Altertum Bearbeiten nbsp Rekonstruiertes Tonnengewolbe in der Romervilla von Bad Neuenahr AhrweilerIn der Antike war die Kunst Raume nicht mit einer flachen Decke sondern mit einem Gewolbe abzuschliessen weit entwickelt Dabei sind unter den altesten solche mit der besten Statik Die Lagerraume des im 13 vorchristlichen Jahrhundert errichteten Ramesseum im agyptischen Luxor haben als Querschnitt den Kettenbogen also eine auf den Kopf gestellte Kettenlinie Dieses Profil verteilt die Druckkrafte gleichmassig auf alle Teile des Gewolbes und ist auch ohne Widerlager stabil In antiken Rom wurden Tonnengewolbe mit halbkreisformigem Querschnitt ein Standardelement vieler Zweckbauten ebenso das aus zwei einander kreuzenden Tonnengewolben gebildete Kreuzgratgewolbe Jeder Bogen der zahlreichen Aquadukte war ein Tonnengewolbe Auch Thermen erhielten vorzugsweise Gewolbedecken Unter denen war die gewolbte Maxentiusbasilika eine Ausnahme Religiose Kultbauten wie die antiken Tempel und die fruhchristlichen Kirchen waren in der Regel nicht uberwolbt Ausnahmen waren Kuppelbauten wie das Pantheon Mit dem Ubergang von der antiken zur byzantinischen Baukunst wurden Gewolbe und Kuppeln in Kirchen haufiger als Beispiel sei die Hagia Sophia in Konstantinopel genannt nbsp Tonnengewolbe mit Kettenbogen Querschnitt Lagerraume des Ramesseums 13 Jh vor Chr nbsp Quertonnen des nordlichen Seiten schiffs der Maxentiusbasilika Rom 307 313 n Chr das Hauptschiff hatte ein Kreuzgratgewolbe nbsp Kreuzgratgewolbe der Diokletiansthermen 298 306 n Chr in der romischen Kirche Santa Maria degli Angeli e dei Martiri 1 nbsp Tonnengewolbe vorn und ganz hinten und Kreuzgratgewolbe im Tempietto Langobardo in Cividale del Friuli um 750Mittelalter BearbeitenMit der Eroberung Roms durch die Germanen gingen ab dem 5 Jahrhundert im westlichen Europa der Stein und Ziegelbau stark zuruck die Technik des romischen Betongusses ganz verloren Aber es entstanden weiterhin einzelne Gewolbebauten So wurde im 5 Jahrhundert in Poitiers ein Privathaus zur Taufkapelle St Johannis umgebaut und erhielt dabei eine Apsis mit einer Mischung aus Tonnengewolbe und Halbkuppel Der um 610 errichtete Tempietto Longobardo in Cividale del Friuli hat sowohl Tonnen als auch Kreuzgratgewolbe Gegen Ende des 7 Jahrhunderts entstanden die Krypten Bilder der Abtei Jouarre Ein Beispiel einer Tonnenwolbung des fruhen Mittelalters ist die Konigshalle von Santa Maria del Naranco in Asturien Nordspanien aus dem 9 Jahrhundert Der fruhmittelalterlichen Gewolbebau hatte zumeist geringe Spannweiten und konzentrierte sich auf Apsiden und Krypten Grossraume wurden meist nicht gewolbt Dies anderte sich erst um die Jahrtausendwende Zunachst wolbte man nur die schmaleren und niedrigeren Seitenschiffe wahrend die breiten hohen Mittelschiffe flachgedeckt blieben Die zweite Kirche der beruhmten und einflussreichen Abtei Cluny um 954 981 im franzosischen Burgund war moglicherweise im Mittelschiff durch eine Tonne gewolbt Damit ware sie eine der ersten wenn nicht die erste Kirche dieser Art Der damals unbekannte Raumeindruck muss gewaltig gewesen sein die neue Technik wurde aufgegriffen und nachgeahmt Etwa 50 Jahre spater folgte in den Pyrenaen die Klosterkirche von Saint Martin du Canigou und in der Schweiz die Kirche von Kloster Romainmotier Diese ersten Kirchen waren noch sehr schmal ob aus Grunden der Statik der geringen Wirtschaftskraft oder des geringen Bedarfs sei dahingestellt Nicht wenige dieser Versuche misslangen und etliche Gewolbe sturzten ein so z B in Tournus im Burgund bei der Abteikirche Saint Philibert Hier balancierte man beim Wiederaufbau grosse Teile des seitlichen Schubes dadurch aus dass man die eingesturzte Langstonne durch eine Folge kurzer Tonnen ersetzte deren Achse quer zur Kirchenachse lag Aus statischen oder auch asthetischen Uberlegungen ging man Mitte des 9 Jahrhunderts dazu uber die Gewolbe in gewissen Abstanden durch untergemauerte oder auch vor der eigentlichen Gewolbeschale errichtete Steinbogen die sogenannten Gurtbogen zu gliedern wie sie um das Jahr 850 damaligen Konigshalle und heutigen Kirche Santa Maria del Naranco in Asturien Spatere Beispiele sind die moglicherweise von der cluniazensischen Architektur beeinflussten katalanischen Kirchen Sant Vicenc in Cardona und Sant Cugat del Raco aus der ersten Halfte des 11 Jahrhunderts Gewaltige Tonnengewolbe haben auch die sogenannten Pilgerkirchen am Jakobsweg nach Santiago de Compostela namentlich die Bauten St Etienne in Nevers St Sernin in Toulouse Ste Foy in Conques Notre Dame du Port in Clermont Ferrand und die Kathedrale von Santiago de Compostela selbst Spitztonne Bearbeiten Spater erkannte man wieder dass sich die seitlichen Schubkrafte vermindern liessen wenn man den gering geneigten Scheitelbereich moglichst so kurz wie moglich hielt So baute man anstelle der bisherigen halbkreisformigen Gewolbetonnen Rundtonnen spitzbogige Gewolbe Spitztonnen eine Annaherung an die schon von den alten Agyptern entwickelte Optimalform Erstmals wurde dies in den Jahren 1088 1095 in der dritten Kirche von Cluny realisiert Die Spitztonne wurde zum typischen Merkmal der burgundischen Romanik beispielsweise in der Prioratskirche Sacre Cœur in Paray le Monial der Kirche des Zisterzienserklosters Fontenay und der Kathedrale von Autun nbsp Rundtonne mit Gurten in Santa Maria del Naranco bei Oviedo 1 Halfte 9 Jh n Chr nbsp Rundtonne in der Vorhalle von Saint Philibert in Tournus fruhes 11 Jh nbsp Quertonnen in Saint Philibert in Tournus fruhes 11 Jh nbsp Spitztonne in der Klosterkirche von Fontenay 12 Jh Spatere Entwicklungen Bearbeiten In der Gotik wurden Kreuzrippengewolbe und fur weniger stark gegliederte Raume Netzgewolbe entwickelt und bevorzugt Derartige Rippengewolbe waren wesentlich leichter als die antiken und romanischen Gewolbeformen Neuzeit BearbeitenErst in der Renaissance kehrte man im Kirchenbau zur nun erheblich weiter gespannten Tonnenwolbung zuruck um eine grandiose Raumwirkung zu erzielen Bedeutende Beispiele sind die Basilika Sant Andrea in Mantua die Kirche San Giorgio Maggiore in Venedig und vor allem der Petersdom mit seinem 27 Meter weiten Gewolbe uber dem Mittelschiff sowie die Michaeliskirche in Munchen mit einem machtigen uber den Fenstern und Seitenkapellen liegenden durchgehenden Tonnengewolbe Die Einfuhrung von Stahl und Beton erlaubten die Verwendung von Tonnengewolben und ahnlichen Strukturen bei unterschiedlichsten Gebauden Einige Beispiele sind der ehemalige Crystal Palace in London der Lehrter Bahnhof in Berlin die Empfangshalle des Kaiserbahnhofs in Potsdam und der Hauptbahnhof in Frankfurt am Main sowie das Tonnengewolbe in der Kuppelhalle des Bundeshauses in Bern Wegen ihrer monumentalen Wirkung wurden Tonnengewolbe im Beinhaus von Douaumont und im Valle de los Caidos gebaut Als moderne Halle kann die in den Jahren 1965 1969 in Munchen an der Friedenheimer Brucke mit flachen Kreissegment Bogen gebaute ehemalige Paketposthalle genannt werden die mit einer Spannweite von 146 8 Meter und einer Lange von 124 Meter die grosste freitragende Betonfertigteilhalle der Welt war nbsp Salzburger Dom 1614 1628 nbsp Empfangshalle des Hauptbahnhofs Wiesbaden 1904 1906 nbsp Bahnhof Hamburg HolstenstrasseAhnliche Bauformen BearbeitenKappendecke Tonnendach Nubisches GewolbeVerwandte Themen BearbeitenZur Statik von Gewolben siehe Gewolbeschub Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Tonnengewolbe Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Tonrohrengewolbe Fusee ceramique Einzelnachweise Bearbeiten Deutsche digitale Bibliothek Maxentiusbasilika Bilder Normdaten Sachbegriff GND 4185689 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tonnengewolbe amp oldid 230519706