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Das politische System der DDR war eine Diktatur ohne eine tatsachliche Gewaltenteilung 1 Sie vereinigte die Eigenschaften des realen Sozialismus mit den Prinzipien des so genannten Demokratischen Zentralismus Die politische Macht war nicht auf verschiedene Trager verteilt Unter Widerspruch zu Artikel 5 Satz 3 der Verfassung der DDR ging sie stattdessen fur die gesamte Zeit ihrer Existenz von dem umfassend und unkontrolliert herrschenden Fuhrungs und Herrschaftszentrum der DDR aus dem Politburo des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands SED das ebendieser marxistisch leninistischen Partei vorstand der durch Artikel 1 der Verfassung der DDR der Alleinfuhrungsanspruch fur alle Bereiche der DDR zustand 1 Verfassung der DDR von 1949 Entscheidend war die reale Machtposition der Sozialistischen Einheitspartei Sie zwang die ubrigen Parteien in die Nationale Front und bestimmte Einheitswahlisten So stellte die SED in den Volksvertretungen stets die grosste Fraktion Verfassung der DDR von 1968 74 Die Volkskammer erhielt eine noch starkere Position Der SED wurde nun auch von Verfassung wegen eine fuhrende Rolle gegeben Das Politburo der SED war das oberste Entscheidungsgremium der DDR hier beim VII Parteitag der SED im April 1967 in BerlinDie Deutsche Demokratische Republik war im Selbstverstandnis ein sozialistischer Staat und verwirklichte die Grundprinzipien einer Volksrepublik Da die Regierungsform durch die Herrschaft einer Partei der so genannten Staatspartei gepragt wurde spricht man bei der DDR auch von einer Parteidiktatur Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau und Funktion der Staatsorgane 1 1 Volkskammer 1 2 Staatspartei und Blockparteien 1 3 Regierungsgremien 2 Staatsaufbau 3 Rechts und Sicherheitsorgane 4 Gesellschaft 5 Aussenpolitische Einbindung 6 Literatur 7 EinzelnachweiseAufbau und Funktion der Staatsorgane BearbeitenVolkskammer Bearbeiten nbsp Tagung der Volkskammer der DDR im Plenarsaal des Palastes der Republik November 1989 Formell oberstes Organ war die Volkskammer das Parlament der DDR die aber kein Parlament im Sinne einer reprasentativen Demokratie war sondern angeblich die ungeteilte Volkssouveranitat in radikaler Demokratie und im Verhaltnis der gesellschaftlichen Gruppen verkorpern sollte Diese wahlte die Mitglieder des Staatsrats als kollektives Staatsoberhaupt und des Ministerrats als Regierung der DDR Ausserdem wahlte sie den Prasidenten und die Richter des Obersten Gerichts und den Generalstaatsanwalt die jederzeit von der Volkskammer abberufen werden konnten also ohne richterliche Unabhangigkeit Sie tagte nur etwa viermal jahrlich und entschied bis 1989 mit einer Ausnahme 1972 die Einfuhrung der Fristenlosung bei Schwangerschaftsabbruchen durch das Gesetz uber die Unterbrechung der Schwangerschaft einstimmig Eine Opposition war in der SED Diktatur nicht erlaubt Die 500 Abgeordneten der Volkskammer wurden alle vier ab 1971 funf Jahre durch eine allgemeine gleiche Wahl gewahlt doch geheim war die Wahl nur dem Verfassungsanspruch nach Die Zusammensetzung der Volksvertretung stand bereits vor den Wahlen fest da die Verteilung der Sitze auf die Parteien und Massenorganisationen des Demokratischen Blocks vorher uber eine Einheitsliste festgelegt wurde Die demokratische Form wurde durch die Wahlform mit einer Einheitsliste der Nationalen Front entwertet in deren Resultat ein umfassender Fuhrungsanspruch der SED gesichert wurde Das DDR Wahlsystem sah keine freien Wahlen und in der Praxis keine geheimen Wahlen vor Es war ublich mittels Faltens alle vorgeschlagenen Kandidaten ohne Benutzung einer Wahlkabine zu wahlen Abweichungen wurden mitunter notiert und konnten negative Folgen nach sich ziehen Aus der Liste konnten einzelne Namen gestrichen werden doch wurde dies kaum praktiziert Bereits die Nutzung der Wahlkabine konnte als verdachtig auffallen Wahlen wurden so zu einer blossen Akklamation des angeblichen Volkswillens der in der Regel zu offiziellen Wahlergebnissen mit 99 prozentiger Zustimmung fuhrte Obendrein jedoch wurden die ausgezahlten Ergebnisse noch im Sinne der SED fur die Veroffentlichung verfalscht wie es bei den letzten Kommunalwahlen im Mai 1989 nachgewiesen worden ist Siehe auch Gesetzgebungsverfahren DDR Staatspartei und Blockparteien Bearbeiten nbsp Emblem der SEDWie in anderen realsozialistischen Staaten lag die Staatsgewalt nicht bei den auf der jeweiligen Ebene formell hochsten Gremien sondern faktisch bei der herrschenden Partei der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands Sie stimmte sich im Vorgehen eng mit der Sowjetunion ab wo die Macht bei der KPdSU lag Tatsachlich wurde die Macht daher von den jeweiligen Strukturen der Staatspartei SED das heisst den Mitgliedern des Politburos und des Sekretariats des Zentralkomitees der SED ausgeubt Der absolute Fuhrungsanspruch der SED war seit dem 6 April 1968 offiziell in der Verfassung der DDR verankert und wurde am 1 Dezember 1989 in der Wende noch von der alten Volkskammer gestrichen In Artikel 1 der Verfassung der DDR hiess es Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern Sie ist die politische Organisation der Werktatigen in Stadt und Land unter Fuhrung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch leninistischen Partei 2 Neben der SED gab es vier weitere Parteien die Christlich Demokratische Union CDU die Liberal Demokratische Partei Deutschlands LDPD die Nationaldemokratische Partei Deutschlands NDPD und die Demokratische Bauernpartei Deutschlands DBD Sie hiessen Blockparteien weil sie mit der SED in der Nationalen Front zusammengeschlossen waren diese war ursprunglich aus dem Antifaschistisch Demokratischen Block entstanden Dazu gehorten ferner die Massenorganisationen Freier Deutscher Gewerkschaftsbund FDGB Freie Deutsche Jugend FDJ Demokratischer Frauenbund Deutschlands DFD und der Kulturbund Die Massenorganisationen hatten in den DDR Volksvertretungen eigene Abgeordnete Diese waren meist SED Mitglieder und verstarkten so die tatsachliche Macht der SED Jedoch vollzogen auch die Blockparteien die Politik der SED mit Die Blockparteien bekamen jeweils einen Minister in der Regierung Regierungsgremien Bearbeiten nbsp Gruppenbild des Ministerrates der DDR im Juni 1981Der Ministerrat der DDR hatte seit 1967 knapp 40 Mitglieder davon die meisten aus der SED und seit 1971 nur noch je eines aus den Blockparteien 3 Im Mittelpunkt seiner Tatigkeit stand die Planung und Leitung der verstaatlichten Wirtschaft fur die zahlreiche Fachministerien zustandig waren Das kollektive Staatsoberhaupt seit 1960 der Staatsrat der DDR bestand aus den 22 29 Mitgliedern unter dem Vorsitzenden Walter Ulbricht ab 1973 Willi Stoph bzw ab 1976 Erich Honecker Er hatte seit 1974 rein reprasentative Aufgaben Vorher war Wilhelm Pieck der reprasentative Prasident der DDR Die faktische Macht lag bei der SED Fuhrung Dem etwa 25 kopfigen Machtzentrum dem Politburo der SED stand der Generalsekretar vor Dort galten strikte Parteidisziplin und ein so genanntes Fraktionsverbot das heisst es musste Einstimmigkeit erreicht werden Die Mitglieder und Kandidaten wurden formal vom Zentralkomitee der SED gewahlt das zwischen den Parteitagen die alle funf Jahre stattfanden jahrlich zwei bis dreimal tagte Das Sekretariat des Zentralkomitees war ein burokratischer Apparat von etwa 2 000 Funktionaren unter elf Sekretaren die verschiedene Sachgebiete vertraten und Mitglieder des Politburos waren Damit lag eine Doppelstruktur von Staat Ministerien etc und Partei Politburo Sekretariate etc vor in der die Partei den Vorrang hatte Die innerparteilichen Wahlen wurden durch Vorschlagslisten des Apparates im Vorfeld bestimmt Eine Zentrale Parteikontrollkommission wachte uber das erwartete Verhalten aller 2 26 Mio Mitglieder der SED 1989 und ubte durch regelmassigen Austausch der Parteibucher die Kontrolle aus Ein weiteres Machtzentrum bildete seit 1960 ein Nationaler Verteidigungsrat unter dem Vorsitz des Generalsekretars dem ausschliesslich SED Mitglieder angehoren durften Er hatte das alleinige Weisungsrecht gegenuber den zentralen Fuhrungsbereichen und den Bezirksleitungen Ihm oblag auch die Verantwortung fur die Grenzsicherung durch den Schiessbefehl an der Berliner Mauer und innerdeutschen Grenze nbsp Bezirke der DDR und Ost Berlin ab 1952Staatsaufbau BearbeitenDer strikt zentralistisch ausgerichtete Staatsaufbau setzte sich auf die Verwaltungsgliederung in 15 Bezirke und 217 Kreise in Staat und SED fort Der vom Bezirkstag gewahlte Rat des Bezirkes wurde dominiert von der SED Bezirksleitung unter dem 1 Bezirkssekretar die der zentralen SED Leitung unterstellt waren Eine Bezirksplankommission fuhrte die Vorgaben der Staatlichen Plankommission aus Eine Ebene tiefer standen die Landkreise und kreisfreien Stadte Stadtkreise mit gleichen Strukturen Kreistag Rat des Kreises Rat der Stadt SED Kreisleitung mit dem 1 Kreissekretar Kreisplankommission unter diesen wiederum die Gemeinden bzw Stadtbezirke Eine kommunale Autonomie und Selbstverwaltung bestand so nicht Die Grenzen zwischen Partei und staatlichen Organen blieben bewusst undeutlich um ohne administrative Zwange stets nach politischen Kriterien entscheiden zu konnen 4 Rechts und Sicherheitsorgane BearbeitenDas Rechtswesen der DDR entsprach nicht der westlichen Auffassung von Rechtsstaatlichkeit Es gab weder Rechtsweggarantie noch Verwaltungsgerichte um gegen staatliche Massnahmen zu klagen Ersetzen sollte dies nach Artikel 103 der Verfassung ein umfangreiches Recht Petitionen oder Eingaben an staatliche Organe zu machen deren Entscheidung aber der staatlichen Willkur unterlag 5 In der DDR waren Rechtsanwalte nicht unabhangig vom Staat Sie hatten kein Recht auf Akteneinsicht Rechtsanwalte bekamen wie die Richter lediglich einen zusammenfassenden Bericht Die Moglichkeit selbst die Akten durch einen Rechtsanwalt insbesondere in Strafprozessen uberprufen zu lassen bestand nicht Burger die aus politischen Grunden durch oppositionelle Ausserungen und Taten auffielen wurden kriminalisiert und als Straftater inhaftiert Das Strafgesetzbuch wurde in einigen politisch relevanten Paragraphen so willkurlich dehnbar formuliert dass scheinbar legale Verurteilungen leicht fielen besonders wegen des Gummiparagraphen 106 staatsfeindliche Hetze Unter besonders enger Kontrolle der SED standen die direkten staatlichen Sicherheitsorgane wie die Nationale Volksarmee die Polizei wie auch der umfangreiche Uberwachungs und Spitzelapparat des Ministeriums fur Staatssicherheit MfS Die Besetzung der wichtigsten Amter in allen Bereichen bedurfte ihrer Bestatigung Nomenklatura an ihrer Unterordnung unter der Partei kam kein Zweifel auf Gesellschaft BearbeitenZusatzlich erfolgte zur Herrschaftssicherung eine Politisierung der gesamten Gesellschaft Mit der totalitaren Ideologisierung und der damit verbundenen Zensur in Medien Literatur und Kunst wurde gleichzeitig mit einer neuen Terminologie ein Feindbild propagiert das sich gegen den Westen richtete und welches vor allem die Jugend verinnerlichen sollte Die Abgrenzung von der Bundesrepublik war fur die DDR eine Existenzfrage Politisch Andersdenkende waren Repressalien ausgesetzt Das gesamte Bildungssystem in der DDR stand unter den ideologischen Vorgaben der SED in den Bildungsinhalten der fast vollstandigen Erfassung in der Freien Deutschen Jugend dem Wehrunterricht und der Zwangsschulung aller Studenten in Marxismus Leninismus Aussenpolitische Einbindung BearbeitenDie Verfassung band die DDR seit 1968 an die Sowjetunion Die DDR war international im Warschauer Pakt und im Rat fur gegenseitige Wirtschaftshilfe RGW eingebunden und seit 1973 Mitglied der Vereinten Nationen Von Bedeutung war die Unterzeichnung der KSZE Schlussakte 1975 in Helsinki in der sich die DDR erneut zur verbindlichen Einhaltung der Menschenrechte verpflichtete Literatur BearbeitenJurgen Frolich Hrsg Burgerliche Parteien in der SBZ DDR Zur Geschichte von CDU LDP D DBD und NDPD 1945 bis 1953 Verlag Wissenschaft und Politik Koln 1995 ISBN 3 8046 8813 6 Florian Grassler War die DDR totalitar Eine vergleichende Untersuchung des Herrschaftssystems der DDR anhand der Totalitarismuskonzepte von Friedrich Linz Bracher und Kielmansegg Extremismus und Demokratie Bd 30 Nomos Baden Baden 2014 ISBN 978 3 8487 1855 9 Sigrid Meuschel Legitimation und Parteiherrschaft Zum Paradox von Stabilitat und Revolution in der DDR 1945 1989 Edition Suhrkamp 1688 NF 688 Suhrkamp Frankfurt am Main 1992 ISBN 3 518 11688 6 Zugleich Berlin FU Habil Schr Hedwig Richter Die DDR UTB 3252 Profile Schoningh Paderborn 2009 ISBN 978 3 8252 3252 8 S 11 25 Klaus Schroeder Der SED Staat Geschichte und Strukturen der DDR Bayerische Landeszentrale fur Politische Bildungsarbeit A 104 ZDB ID 1173393 7 Unter Mitarbeit von Steffen Alisch Bayerische Landeszentrale fur Politische Bildungsarbeit Munchen 1998 Falco Werkentin Recht und Justiz im SED Staat Deutsche Zeitbilder 2 durchgesehene Auflage Bundeszentrale fur Politische Bildung Bonn 2000 ISBN 3 89331 344 3 Einzelnachweise Bearbeiten a b Gerhard Werle Klaus Marxen Toralf Rummler Petra Schafter Strafjustiz und DDR Unrecht Gewalttaten an der deutsch deutschen Grenze De Gruyter 2002 Reprint 2012 S 654 Verfassung der DDR Abschnitt I Grundlagen der sozialistischen Gesellschafts und Staatsordnung Kapitel 1 Politische Grundlagen vom 6 April 1968 in der Fassung vom 7 Oktober 1974 Hans Georg Lehmann Chronik der DDR 1945 49 bis heute Beck sche schwarze Reihe 314 2 durchgesehene Auflage Beck Munchen 1988 ISBN 3 406 31596 8 Schroder Der SED Staat S 421 Beatrix Bouvier Die DDR ein Sozialstaat Sozialpolitik in der Ara Honecker Dietz Bonn 2002 ISBN 3 8012 4129 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Politisches System der DDR amp oldid 238491809