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Als Demokratischer Zentralismus wird das Organisations und Fuhrungsprinzip bezeichnet welches von Lenin fur die Kommunistischen Parteien entwickelt wurde und dadurch die Grundlage der Herrschaftssysteme der realsozialistischen Staaten wurde Hauptpunkt des Demokratischen Zentralismus ist der hierarchisch zentralistische Aufbau von Staat und Partei Durch die starke Disziplinierung nachgeordneter Stellen die an Entscheidungen hoherer Instanzen streng gebunden waren entwickelte sich der Demokratische Zentralismus zu einem autokratischen System Inhaltsverzeichnis 1 Demokratischer Zentralismus bei Lenin 2 Demokratischer Zentralismus unter Stalin 3 Demokratischer Zentralismus in der DDR 4 Einzelnachweise 5 WeblinksDemokratischer Zentralismus bei Lenin BearbeitenDas Prinzip des Demokratischen Zentralismus wurde von Lenin in seinem Buch Was tun 1901 1902 entwickelt in dem er sich an der SPD in Deutschland orientierte Lenin forderte in diesem Buch einerseits eine Zentralisierung des Parteiapparats das heisst jede niedrigere Instanz der Partei sollte der hoheren untergeordnet sein die hohere Instanz ist gegenuber der niedrigeren weisungsberechtigt andererseits die Rechenschaftspflicht aller Leitungen gegenuber ihren Wahlern und die Absetzbarkeit von Leitungen durch ihre Wahler eine strenge Parteidisziplin also auf allen Ebenen die Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit Der leninistische Parteiaufbau wurde in der Schrift Ein Schritt vorwarts zwei Schritte zuruck 1904 weiter prazisiert Darin schreibt Lenin der Aufbau der Partei sei in gewisser Weise burokratisch da sie faktisch von oben nach unten aufgebaut sei Als demokratisch wird diese Art von Zentralismus deshalb bezeichnet weil die hoheren Gremien einer Partei von unteren Gremien gewahlt werden und diesen rechenschaftspflichtig sind und somit eine breite Entscheidung der gesamten Parteimitgliedschaft reprasentieren wahrend niedrige Gremien nur einen Teil der Mitglieder reprasentieren Durch die jederzeitige Wahl und Abwahlbarkeit soll Machtmissbrauch vorgebeugt werden Diese Kontrolle wurde jedoch durch andere Prinzipien beeintrachtigt zwar raumte Lenin dem Einzelnen die Freiheit ein Kritik zu uben doch waren Fraktionsbildungen ab 1921 verboten was der amtierenden Parteifuhrung in Diskussionen einen Vorteil gegenuber jedweder Opposition verschaffte und schliesslich zur Auswahl der zu wahlenden Kandidaten durch die Parteifuhrung fuhrte Die Idee des Demokratischen Zentralismus trug auf dem II Kongress der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands SDAPR am 30 Juli 1903 in London massgeblich zur Spaltung in Bolschewiki deutsch Mehrheitler die Befurworter und Menschewiki deutsch Minderheitler die Gegner der leninschen Doktrin bei Im Lauf der Zeit verschaffte diese Doktrin der Kompromisslosigkeit und Radikalitat den Bolschewiki einen enormen Zulauf Besonders Rosa Luxemburg und spater auch Leo Trotzki kritisierten den Missbrauch des Begriffes des Demokratischen Zentralismus In Deutschland fuhrte 1919 unter anderem die Diskussion uber den Demokratischen Zentralismus zur Spaltung der KPD und zur Grundung der KAPD sowie zur Entwicklung des Ratekommunismus Unter Lenins Teilnahme wurde auf dem zweiten Kongress der Kommunistischen Internationale 1920 der Demokratische Zentralismus als Organisationsprinzip angenommen und damit fur alle Kommunistischen Parteien verbindlich Demokratischer Zentralismus unter Stalin BearbeitenUnter Josef Stalin kam es zu einer betrachtlichen Verscharfung der Konzeptionen Lenins sowohl in politischer als auch in praktischer Hinsicht Er veranderte den Demokratischen Zentralismus dahingehend dass er sechs Merkmale der Partei neu formulierte die uber drei Jahrzehnte im Zentrum der politischen Doktrin des Kommunismus standen 1 Nach dieser neuen Lehre ist die Partei der Vortrupp der Arbeiterklasse organisierter Trupp der Arbeiterklasse hochste Form der Klassenorganisation des Proletariats Instrument der Diktatur des Proletariats eine mit der Existenz von Fraktionen unvereinbare Einheit des Willensund als 6 Punkt wird dann schliesslich auch noch die Bekampfung des Opportunismus durch rechtzeitige Parteisauberungen festgelegt Des Weiteren mussten sich die Parteimitglieder den Beschlussen der leitenden Organe widerspruchslos beugen und diese auch durchfuhren Ein Abweichen von diesen Generallinien der Partei wurde als staatliches Verbrechen erklart und auf das Scharfste verurteilt 1 Diese neue Konzeption wurde dann auch fur alle anderen Kommunistischen Parteien als verbindlich erklart 1 Demokratischer Zentralismus in der DDR BearbeitenIn der DDR verstand man unter demokratischem Zentralismus auch die Organisationsform der Massenorganisationen und des Staates in bewusstem agitatorischem Kontrast zum Fuhrerprinzip und zur burgerlichen Demokratie Als Prinzipien wurden folgende Punkte beschrieben Wahlbarkeit der Leitungen von unten nach oben Auswahl der wahlbaren Kandidaten durch die Leitung von oben nach unten Rechenschaftspflicht und Absetzbarkeit aller Leitungsorgane standige Kontrolle dieser Leitungsorgane durch die Wahler Weisungsbefugnis ubergeordneter gegenuber nachgeordneten Organen Mitwirkung aller bei der Losung aller grundlegenden Aufgaben Kollektivitat der Leitung In der Praxis war die Weisungsbefugnis der jeweils oberen Instanz das entscheidende Element Die von oben nach unten vorgegebenen Entscheidungen uber Inhalte und Personen waren verbindlich Die Wahlbarkeit der Leitungen stand lediglich auf dem Papier Gewahlt wurden in offenen Abstimmungen die von Oben vorgegebenen Kandidaten Verwirklicht war nicht das demokratische sondern lediglich das zentralistische Element 2 Als Ebenen wurden dabei die Grundorganisation unterste Ebene entweder Betriebe Schulen oder abgegrenzte Territorien Kreis Bezirk und Zentrale verstanden Gewahlte Leitungen wurden durch hauptamtliche Mitarbeiter wie beispielsweise Instrukteure erganzt Zusammen mit der Kaderarbeit durch die gezielt Personen fur Leitungen lanciert wurden wurden die demokratischen Formen bis zur Bedeutungslosigkeit ausgehohlt Eine Aufgabe dieser Formen erfolgte jedoch erst im Rahmen der friedlichen Revolution Das Prinzip des Demokratischen Zentralismus war fur die SED im Parteistatut geregelt Der Organisationsaufbau der Partei beruht auf dem Prinzip des Demokratischen Zentralismus Dieser Grundsatz besagt a dass alle Parteiorgane von unten bis oben demokratisch gewahlt werden c dass alle Beschlusse der hoheren Parteiorgane fur die nachgeordneten Organe verbindlich sind straffe Parteidisziplin zu uben ist und die Minderheit sowie der Einzelne sich den Beschlussen der Mehrheit diszipliniert unterordnet Ziffer 23 des Statutes des SED 1976 3 Entsprechend war ein Verstoss gegen die von Oben vorgelegten Vorgaben ein Grund fur Parteiordnungsverfahren Wer gegen die Einheit und Reinheit der Partei verstosst ihre Beschlusse nicht erfullt die Partei und Staatsdisziplin verletzt ist zur Verantwortung zu ziehen Ziffer 8 des Statutes des SED 4 In der DDR wie den anderen sozialistischen Staaten war die Erzwingung der Einhaltung der Parteidisziplin uber das Prinzip des Demokratischen Zentralismus ein konstitutives Element der Parteidiktatur Einzelnachweise Bearbeiten a b c Wolfgang Leonhard Die Dreispaltung des Marxismus Ursprung und Entwicklung des Sowjetmarxismus Maoismus amp Reformkommunismus Dusseldorf Wien 1979 S 147 148 Klaus Marxen Gerhard Werle Toralf Rummler Petra Schafter Strafjustiz und DDR Unrecht 2002 ISBN 3 89949 007 X S 655 Ziffer 23 des Statutes des SED zitiert nach Klaus Marxen Gerhard Werle Toralf Rummler Petra Schafter Strafjustiz und DDR Unrecht 2002 ISBN 3 89949 007 X S 655 Ziffer 23 des Statutes des SED 1976 zitiert nach Klaus Marxen Gerhard Werle Toralf Rummler Petra Schafter Strafjustiz und DDR Unrecht 2002 ISBN 3 89949 007 X Seite 656Weblinks BearbeitenDemokratischer Zentralismus Abgerufen am 2 Dezember 2016 In Klaus Schubert Martina Klein Das Politiklexikon Begriffe Fakten Zusammenhange Dietz Verlag J H W Nachf 2016 ISBN 978 3 8012 0475 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Demokratischer Zentralismus amp oldid 236018865