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Ein normierter Raum oder normierter Vektorraum ist in der Mathematik ein Vektorraum auf dem eine Norm definiert ist Jeder normierte Raum ist mit der durch die Norm induzierten Metrik ein metrischer Raum und mit der durch diese Metrik induzierten Topologie ein topologischer Raum Ist ein normierter Raum vollstandig so nennt man ihn einen vollstandigen normierten Raum oder Banachraum Ein normierter Raum kann von einem Prahilbertraum uber die Skalarproduktnorm oder von einem Vektorraum mit Halbnorm als Faktorraum abgeleitet werden Normierte Raume sind ein zentrales Studienobjekt der Funktionalanalysis und spielen eine wichtige Rolle bei der Losungsstruktur partieller Differentialgleichungen und Integralgleichungen Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Geschichte 3 Beispiele 4 Verwandte Raume 4 1 Spezialfalle 4 1 1 Skalarproduktraume 4 1 2 Vollstandige Raume 4 2 Verallgemeinerungen 4 2 1 Halbnormierte Raume 4 2 2 Metrische und topologische Raume 4 2 3 Raume uber bewerteten Korpern 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksDefinition BearbeitenIst V displaystyle V nbsp ein Vektorraum uber dem Korper K displaystyle mathbb K nbsp der reellen oder der komplexen Zahlen und V R 0 displaystyle cdot colon V to mathbb R 0 nbsp eine Norm auf V displaystyle V nbsp dann nennt man das Paar V displaystyle V cdot nbsp einen normierten Vektorraum Eine Norm displaystyle cdot nbsp ist dabei eine Abbildung welche einem Element des Vektorraums eine nicht negative reelle Zahl zuordnet und die drei Eigenschaften Definitheit absolute Homogenitat und Subadditivitat besitzt Das heisst V R 0 displaystyle cdot colon V to mathbb R 0 nbsp ist eine Norm wenn fur alle x y displaystyle x y nbsp aus dem K displaystyle mathbb K nbsp Vektorraum und alle l displaystyle lambda nbsp aus K displaystyle mathbb K nbsp gilt x 0 x 0 displaystyle x 0 quad Leftrightarrow quad x 0 nbsp Definitheit l x l x displaystyle lambda x lambda cdot x nbsp absolute Homogenitat x y x y displaystyle x y leq x y nbsp Subadditivitat auch Dreiecksungleichung genannt Wenn klar ist um welche Norm es sich handelt kann man auch auf ihre explizite Angabe verzichten und nur V displaystyle V nbsp fur den normierten Raum schreiben Geschichte BearbeitenHermann Minkowski verwendete ab 1896 zur Untersuchung zahlentheoretischer Fragestellungen nach heutiger Terminologie endlichdimensionale normierte Vektorraume 1 Die axiomatische Definition des Vektorraums setzte sich erst in den 1920er Jahren durch 2 Minkowski stellte fest dass es zur Festlegung eines mit der Vektorstruktur vertraglichen Abstandes nur notig ist den Eichkorper anzugeben Ein Eichkorper ist die Menge aller Vektoren mit der Norm beziehungsweise Lange kleinergleich eins Beispielsweise ist die Vollkugel mit Radius eins ein Eichkorper Minkowski stellte ausserdem fest dass der Eichkorper eine konvexe und bezuglich des Koordinatenursprunges zentralsymmetrische Teilmenge ist siehe Minkowski Funktional 1 Das heute ubliche Normsymbol displaystyle cdot nbsp wurde erstmals von Erhard Schmidt 1908 verwendet Seine Arbeiten legten es nahe den Ausdruck x y displaystyle x y nbsp als den Abstand zwischen den Vektoren x displaystyle x nbsp und y displaystyle y nbsp aufzufassen In einer im Jahre 1918 erschienenen Arbeit verwendete Frigyes Riesz das Normsymbol systematisch fur die Supremumsnorm auf dem Raum der stetigen Funktionen uber einem kompakten Intervall 1 Nach Vorarbeiten von Henri Lebesgue aus den Jahren 1910 und 1913 entwickelte Stefan Banach in seiner Dissertation von 1922 die axiomatische Definition der Norm beziehungsweise des normierten Vektorraums Nach ihm sind die vollstandigen normierten Vektorraume die Banachraume benannt 1 Beispiele BearbeitenDie folgenden normierten Raume sind alle auch vollstandig der Raum der reellen oder komplexen Zahlen mit der Betragsnorm K displaystyle mathbb K cdot nbsp der Raum der reellen oder komplexen Vektoren mit der p Norm K n p displaystyle mathbb K n cdot p nbsp der Raum der reellen oder komplexen Matrizen mit der Frobeniusnorm K m n F displaystyle mathbb K m n cdot F nbsp der Raum der reell oder komplexwertigen in p ter Potenz summierbaren Folgen mit der ℓp Norm ℓ p ℓ p displaystyle ell p cdot ell p nbsp der Raum der reell oder komplexwertigen beschrankten Funktionen mit der Supremumsnorm B sup displaystyle B cdot sup nbsp der Raum der reell oder komplexwertigen stetigen Funktionen auf einer kompakten Definitionsmenge mit der Maximumsnorm C 0 max displaystyle C 0 cdot max nbsp der Raum der reell oder komplexwertigen in p ter Potenz Lebesgue integrierbaren Funktionen mit der Lp Norm L p L p displaystyle L p cdot L p nbsp der Raum der reell oder komplexwertigen beschrankt m fach stetig differenzierbaren Funktionen mit der Cm Norm C m C m displaystyle C m cdot C m nbsp Das folgende Beispiel ist genau dann vollstandig wenn der Vektorraum W displaystyle W nbsp vollstandig ist der Raum der beschrankten linearen Operatoren zwischen zwei reellen oder komplexen Vektorraumen mit der Operatornorm L V W L V W displaystyle mathfrak L V W cdot mathfrak L V W nbsp Verwandte Raume Bearbeiten nbsp Einordnung normierter Raume in verschiedene Arten abstrakter Raume der MathematikSpezialfalle Bearbeiten Skalarproduktraume Bearbeiten Hauptartikel Prahilbertraum Eine Norm kann muss aber nicht durch ein Skalarprodukt inneres Produkt displaystyle langle cdot cdot rangle nbsp definiert sein Jeder Innenproduktraum ist mit der von dem Skalarprodukt induzierten Norm x x x displaystyle x sqrt langle x x rangle nbsp ein normierter Raum Eine Norm ist genau dann durch ein Skalarprodukt induziert wenn im resultierenden Raum die Parallelogrammgleichung erfullt ist Ein vollstandiger Innenproduktraum heisst Hilbertraum Vollstandige Raume Bearbeiten Hauptartikel Vollstandiger Raum Ein normierter Raum heisst vollstandig wenn jede Cauchy Folge in diesem Raum einen Grenzwert besitzt Ein vollstandiger normierter Raum heisst Banachraum Jeder normierte Raum lasst sich durch Bildung von Aquivalenzklassen von Cauchy Folgen vervollstandigen Auf diese Weise erhalt man einen Banachraum der den ursprunglichen Raum als dichten Teilraum enthalt Verallgemeinerungen Bearbeiten Halbnormierte Raume Bearbeiten Hauptartikel Lokalkonvexer Raum Ist displaystyle cdot nbsp nur eine Halbnorm so spricht man von einem halbnormierten Raum Aus einem Raum mit Halbnorm erhalt man einen normierten Raum als Faktorraum Dazu werden Elemente x displaystyle x nbsp und y displaystyle y nbsp miteinander identifiziert die x y 0 displaystyle x y 0 nbsp erfullen In der Funktionalanalysis betrachtet man neben den normierten Raumen auch Vektorraume mit einer Menge von Halbnormen und kommt so zum Begriff des lokalkonvexen Raums Metrische und topologische Raume Bearbeiten Hauptartikel Metrischer Raum und Topologischer Raum Jede Norm induziert durch d x y x y displaystyle d x y x y nbsp eine Metrik Jeder normierte Raum ist also auch ein metrischer Raum V d displaystyle V d nbsp und weiterhin mit der Normtopologie T displaystyle mathcal T nbsp auch ein topologischer Raum V T displaystyle V mathcal T nbsp Damit sind in normierten Raumen topologische Begriffe wie Grenzwert Cauchy Folge Stetigkeit und Kompaktheit definiert So konvergiert eine Folge x n n displaystyle x n n nbsp genau dann gegen einen Grenzwert x displaystyle x nbsp wenn x n x 0 displaystyle x n x rightarrow 0 nbsp gilt Die Norm selbst ist eine stetige Abbildung in Bezug auf die durch sie induzierte Topologie Der metrische Raum ist eine echte Verallgemeinerung des normierten Raumes da es metrische Raume X d displaystyle X d nbsp gibt in denen sich a die Metrik d displaystyle d nbsp sich nicht durch eine Norm darstellen lasst und oder b X displaystyle X nbsp gar kein Vektorraum ist etwa in Ermangelung einer algebraischen Struktur Aquivalente Normen induzieren dieselbe uniforme Struktur und damit dieselbe Topologie In endlichdimensionalen Vektorraumen sind alle Normen zueinander aquivalent in unendlichdimensionalen Raumen ist dies jedoch nicht der Fall Ein topologischer Vektorraum heisst normierbar wenn seine Topologie von einer Norm erzeugt werden kann Nach dem Normierbarkeitskriterium von Kolmogoroff wird die Topologie eines hausdorffschen topologischen Vektorraums genau dann durch eine Norm erzeugt wenn dessen Nullvektor eine beschrankte und konvexe Umgebung besitzt Raume uber bewerteten Korpern Bearbeiten Der Begriff des normierten Raums kann allgemeiner gefasst werden indem statt Vektorraumen uber dem Korper K displaystyle mathbb K nbsp der reellen oder komplexen Zahlen beliebige Vektorraume uber bewerteten Korpern K displaystyle K cdot nbsp also Korpern mit einem Absolutbetrag displaystyle cdot nbsp zugelassen werden 3 Siehe auch BearbeitenGlattheitsbedingungen normierte Raume mit speziellen Eigenschaften der Norm Konvexitatsbedingungen normierte Raume mit speziellen Eigenschaften der EinheitskugelLiteratur BearbeitenRobert E Megginson An Introduction to Banach Space Theory Springer Verlag 1998 ISBN 0 387 98431 3 Dirk Werner Funktionalanalysis 5 erweiterte Auflage Springer Berlin u a 2005 ISBN 3 540 43586 7 Kapitel I Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Christoph J Scriba Peter Schreiber 5000 Jahre Geometrie Geschichte Kulturen Menschen Vom Zahlstein zum Computer Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 3 540 67924 3 S 511 512 Dirk Werner Funktionalanalysis 6 korrigierte Auflage Springer Verlag Berlin 2007 ISBN 978 3 540 72533 6 S 41 Falko Lorenz Einfuhrung in die Algebra II 2 Auflage Spektrum Akademischer Verlag 1997 S 69 Weblinks BearbeitenRaymond Puzio Normed vector space In PlanetMath englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Normierter Raum amp oldid 225446282